Geschichtliche Entwicklung Grube Schwalbach

Grube Schwalbach und ihre geschichtliche
Entwicklung
sowie
Heimatkundlicher Rückblick auf den Platz am alten
Schacht
Für Dorothée
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Bild auf der Vorderseite: Grube Kronprinz Friedrich Wilhelm/ Schwalbacher Schächte
01.07.1914
Herausgeber: Hermann André
Copyright © 2015 by Hermann André
Grube Schwalbach und ihre geschichtliche Entwicklung
sowie
Heimatkundlicher Rückblick auf den Platz am alten
Schacht
Von Grubeninspektor Matthias André, Schwalbach
Vorwort
Dieses Buch umfasst die Neuauflage zweier heimatgeschichtlicher Arbeiten
meines Vaters Matthias André aus den Jahren 1959 und 1960.
1. Die Grube Schwalbach und ihre geschichtliche Entwicklung bis zur
heutigen Grube Ensdorf.
Diese Arbeit wurde in der Festschrift des Bergmanns - Vereins St. Barbara
Schwalbach anlässlich des Bergmannstreffens verbunden mit Fahnenweihe
am 12. Juli 1959 erstmals veröffentlicht. Eine erweiterte Fassung mit dem Titel
„Die Geschichte des Steinkohlenbergbaus im Kreise Saarlouis“ hat mein Vater
in den „Heimatkundlichen Jahrbüchern des Kreises Saarlouis“ Ausgaben 1960
sowie 1961 - 63 herausgegeben.
2. Heimatkundlicher Rückblick auf den Platz am „Alten Schacht“.
Vortrag meines Vaters anlässlich der Feier zur Einweihung des neuen
Saalbaus der Gemeinde Schwalbach - Griesborn im Oktober 1960,
abgedruckt im Lokalanzeiger Schwalbach - Griesborn vom 15., 22. und 29.
Oktober 1960
Die beiden Texte wurden inhaltlich nahezu unverändert übernommen und reichen
zeitgeschichtlich von etwa 1730 bis in das Jahr 1960. Die Rechtschreibung wurde
dem heutigen Stand angepasst. Außerdem wurden viele historische Fotos zusätzlich
eingefügt. Die Anlagen wurden um eine umfassende chronologische Darstellung der
wichtigsten Ereignisse der Grube Schwalbach sowie um eine Übersicht aller
Schächte ergänzt. Darüber hinaus habe ich am Ende den beruflichen Werdegang
meines Vaters aufgezeigt.
Friedrichsthal im Juli 2015
Hermann André
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1. Die Grube Schwalbach und ihre geschichtliche
Entwicklung bis zur heutigen Grube Ensdorf
Mächtige Bergehalden und hochragende Schachtfördergerüste, die mit ihren Tag
und Nacht sich unermüdlich drehenden Seilscheiben wie ein weithin sichtbares
Symbol unserer hastenden, jagenden Zeit wirken, beherrschen weithin das
Landschaftsbild des Saarlandes zwischen dem Warndt und Neunkirchen.
In unserem Heimatkreis Saarlouis sind diese charakteristischen äußeren Zeichen
des
Bergbaues
nur
spärlich
vertreten.
Von
den
zur
Zeit
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Hauptschachtförderanlagen der Saarbergwerke, die den saarländischen
Kohlenreichtum zu Tage fördern, aufbereiten und verschicken, liegt nur eine einzige
im Kreise Saarlouis, nämlich die Doppelschacht-Förderanlage Duhamel. Hier wird die
gesamte Kohlenförderung der beiden einzigen im Kreise Saarlouis gelegenen
Gruben Duhamel und Griesborn, die heute unter dem Namen Grube Ensdorf
zusammengefasst sind, gehoben, aufbereitet und versandt.
Die alte Grube Schwalbach, später Grube Kronprinz Friedrich Wilhelm bzw.
Berginspektion I benannt, ist die eigentliche Stammgrube, aus der sich die beiden
heutigen Gruben entwickelt haben. Die Grube Schwalbach zählte mit zu den ältesten
Gruben des Saarlandes, wie wir später sehen werden.
Griesborn und Duhamel bauen die beiden obersten bauwürdigen Flöze der Ottweiler
Gruppe der Flammkohlenschichten (Oberes Oberkarbon) des Saarkohlenbeckens,
und zwar das Schwalbacher und das Wahlschieder Flöz ab. Neuerdings ist im
Liegenden des Wahlschieder Flözes noch das von der Grube Göttelborn her
bekannte Flöz Grangeleisen erschlossen worden und wird zurzeit für den Abbau
vorgerichtet. Die Kohlenvorräte und damit die Lebensdauer unserer Gruben haben
sich dadurch nicht unwesentlich erhöht.
Die Kohle dieser 3 Flöze ist eine sehr gute und begehrte Hausbrandkohle mit
ungefähr 40% flüchtigen Bestandteilen, die sich aber schlecht zum Verkoken eignet.
Die Baufeldgrenzen der heutigen Gruben Duhamel und Griesborn verlaufen im
Westen ungefähr entlang der Saar, im Osten bis zu einer Linie EtzenhofenNiedersalbach, im Norden bis zu einer Linie Fraulautern-SchwarzenholzNiedersalbach und im Süden bis zu der Linie Bommersbacher Mühle (Bous)Etzenhofen. Durch die am weitesten nach Nordwesten herausgeschobene, von den
bergbaulichen und industriellen Zusammenballungen zwischen dem Warndt und
Neunkirchen etwas isolierte Lage, mit ihrem vielfach noch bäuerlichen Hinterland
sind unsere Gruben hier noch in der glücklichen Lage, ihren Belegschaftsstand und
Nachwuchs fast ganz aus der näheren Umgebung rekrutieren zu können. Bei uns
und in den umliegenden Ortschaften hat sich in den Familien bis heute noch eine
durch ein starkes Heimatgefühl bestimmte und durch viele Generationen
gewachsene bergmännische Tradition erhalten. Wenn auch die sogenannten
Bergmannsbauern heute, durch die Zeitverhältnisse bedingt, in unseren
Bergmannsdörfern nach und nach zu verschwinden drohen, so hat sich trotzdem in
der Belegschaft hier noch ein sehr gesunder, bodenständiger Einschlag erhalten, der
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sich zum Vorteil für die Gruben und Segen für unseren Heimatort SchwalbachGriesborn auswirkt.
Wir kommen nun zur Betrachtung der Geschichte der alten Grube Schwalbach und
ihrer Entwicklung bis zu den heutigen Gruben Griesborn und Duhamel.
a) Die früheste Zeit des Steinkohlenbergbaues in unserer Heimat bis zur
französischen Revolution.
Wir haben mehrere Zeugnisse, die beweisen, dass der Verwendung der Steinkohle
als Brenn- bzw. Heizmaterial im Saarland ein sehr hohes Alter zugesprochen werden
kann. Wie Landeskonservator J. Keller berichtet, hat man bei den Ausgrabungen
einer neu entdeckten Wasserversorgungsanlage der römischen Siedlung am Fuße
des Halberges in dem römerzeitlichen Schutt eines zugefüllten Wasserschachtes
eine Anzahl Steinkohlen gefunden. Auch früher schon hat man in dieser
Römersiedlung am Halberg in den Zerstörungsschichten eines Kellers eine
ungestörte Lagerung von Steinkohlen gefunden.
Auch der frühere Pastor Schmitt von Dillingen (1832-48) berichtet in seiner Schrift:
Der Kreis Saarlouis und seine nächste Umgebung unter den Römern und Kelten,
Trier 1850, dass er beim Ausgraben eines römischen Hypokaustus (unterirdische
Heizungsanlage) in der Nähe von Beckingen außer anderen Überbleibseln auch
Reste von Steinkohlen gefunden habe.
Diese Forschungsergebnisse sind für die Geschichte des saarländischen Bergbaues
von größter Bedeutung, zeigen sie doch einwandfrei, dass man zur Zeit der
römischen Besetzung unserer Heimat die Steinkohle schon als Brennmaterial
gekannt und gegraben hat.
Die erste urkundliche Erwähnung der Steinkohle innerhalb des Saarlandes
stammt aus dem Jahre 1357. In dieser Urkunde untersagen die Edelleute Friedrich
und Simon von Saarbrücken als Lehen der Grafen von Saarbrücken das Graben von
Steinkohlen auf dem Banne von Dudweiler. In einer Urkunde aus dem Jahre 1430
behält sich Friedrich von Greifenclau seine Einwilligung vor, wenn die Gräfin von
Saarbrücken auf seinem Erbe neue Gruben anlegen will (Hoppstädter in Saarbr.
Zeitung vom 27.8.1953).
Obwohl nach dem damaligen gemeinen deutschen Recht die Steinkohlen als nicht
zum Bergregal gehörig galten, haben die Saarbrücker Landesherren doch schon
sehr früh sich das Verfügungsrecht über die Steinkohlen zu sichern gewusst. Ein
Schöffenweistum von Neumünster bei Ottweiler aus dem Jahre 1429 stellt die
Steinkohle in dieser Beziehung schon mit den Metallen, Erzen usw. auf gleiche
Linie. Es lautet:
„Item hait der scheffen gewiset, daz alle fondt in der graffeschafft von Ottwillre, is sy
uff dem lehen oder anderswo, under der erden oder über der erden, is s y von golde,
silber, kupfer, bly, isen, steynekohlen oder anders, wie oder was man fondt nennen
mag, das der eyner herrschaft von Saarbrucken sy und mit rechte zugehorent.“
Tatsächlich scheint vom 15. Jahrhundert ab die an verschiedenen Stellen des
Saargebietes durch Landeseinwohner beginnende regelmäßige Kohlengräberei stets
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nur mit ausdrücklicher Landesherrlicher Erlaubnis betrieben worden zu sein, und es
musste auch dafür entweder ein fester jährlicher Zins (die „Grubengült“) oder ein
gewisser Teil der Förderung (der sechste bis neunte Wagen) an die Herrschaft
entrichtet werden. Den Kohlengräbern wurde zur Regelung ihres gegenseitigen
Verhältnisses vom Landesherren eine zunftmäßige Ordnung gegeben und der Zins
dann von der Zunftgemeinde erhoben. Während die Erlaubnis zum Kohlengraben in
der Regel auf unbestimmte Zeit galt und eine widerrufliche war, kam es vom Anfang
des 18. Jahrhunderts ab auch zu Verleihungen bzw. Verpachtungen auf eine
bestimmte Reihe von Jahren („in Temporalbestand“). Dieser Zustand währte bis in
die Mitte des 18. Jahrhunderts.
Das Kohlengraben in dieser frühen Zeit war aber noch kein planmäßig
durchgeführter Bergbau. Die Kohlengräber selbst waren Bauern, die die auf ihrem
eigenen Grund und Boden austretenden Kohlenflöze für sich ausbeuteten und auch
die Kohle schon zum Verkauf brachten. Erst nach und nach, als die Vorräte an der
Tagesoberfläche, die man im Tagebau gewinnen konnte, allmählich erschöpft waren,
begann das Kohlengraben im Stollenbau unter der Erde durch berufsmäßige
Bergleute. Ein solcher berufsmäßiger Bergbau wurde auch schon sehr früh in
Schwalbach betrieben.
In Berichten der nas sau-saarbrückischen Kammerräte Schmoll und
Heintz aus dem Jahre 1730, die auf Veranlassung der in Usingen wohnenden
Fürstin Charlotte-Amalia erstattet wurden, sind zum ersten Mal Kohlengruben
bei Schw albach erw ähnt und zw ar 2 Kohlengruben mit je zw ei
Kohlengräbern.
In diesen Berichten war festgestellt, dass „bis hero nur auf den Raub geschafft
worden“ und dass die Kohlengräber „jeder vor sich und niemanden zum Vorteil…den
Berg sehr umbwielet und sich vergraben.“
Man hat bei diesen Besichtigungen aber wahrscheinlich auch festgestellt, dass mit
dem Kohlengraben und -handel schönes Geld zu verdienen ist, denn in den
Berichten wird der Fürstin empfohlen, die zu entrichtende Abgabe, die „Grubengült“,
erheblich zu erhöhen.
Die durch den steigenden Verbrauch immer mehr zunehmende Bedeutung der
Steinkohle als Handelsware und die daraus erwachsende Aussicht, sich bei einer
wirtschaftlicheren und zweckmäßigeren Gewinnung der Kohle eine gute
Einnahmequelle für die Landeskasse zu sichern, lassen dann bei dem Fürsten
Wilhelm Heinrich den Entschluss reifen, „die Steinkohlengruben einzuziehen und
bergmännisch administrieren zu lassen.“ Eine zu dem Zwecke erfolgte Vernehmung
sämtlicher Kohlengräber in den Verhandlungen vom 15., 16. und 18. Januar 1751
ergab, dass „die Kohlengräber weder Erb- noch Temporalleyhen“, überhaupt keine
andere Berechtigung zur Kohlengewinnung nachzuweisen vermochten als die
widerrufliche Erlaubnis des Fürsten, und dass selbst diese von vielen nicht
beigebracht werden konnte. Die weiteren Verhandlungen führten dann auch in
kurzem dahin, dass die sämtlichen Steinkohlengruben enteignet und durch Fürstliche
Verordnung vom 27. November 1754 für landesherrliche Rechnung in Betrieb
genommen wurden.
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Als Entschädigung für das den Untertanen weggenommene Recht zum
Kohlengraben, ferner auch zur Hebung des Kohlenverbrauchs, zur Förderung des
Ackerbaues, der zur Düngung der Felder in umfangreichem Maße gebrannten Kalk
verbrauchte, sowie um auch das ihm sonst aus den saarländischen Wäldern als
Brennholz weggeholte Holz vorteilhafter anderweitig verkaufen zu können, gestattete
Fürst Wilhelm Heinrich 1758 „aus bloßer Gnade“ einzelnen Gemeinden, sich die
Kohlen zum Brennen des für die Felddüngung erforderlichen Kalkes „Gratis
herauszuholen und desfalls einige Gruben zu eröffnen“. Diese Vergünstigung wurde
nach und nach - allerdings mit der Einschränkung, dass die Kohle nicht mehr durch
die Einwohner selbst gewonnen, sondern von den herrschaftlichen Gruben zu einem
ermäßigten Taxpreise bezogen werden konnten - den sämtlichen Gemeinden zuteil
und ist sehr bald (zuerst 1766) auch auf den gewöhnlichen Hausbrand der
Untertanen ausgedehnt worden. Dies ist der Ursprung des heute noch im Saargebiet
bestehenden Anrechtes auf die sogenannten Gemeindeberechtigungskohlen für alle
Saareinwohner, die heute noch innerhalb der Grenzen des ehemaligen Fürstentums
Nassau-Saarbrücken wohnen.
Mit dem Übergange der Gruben in landesherrlichen Besitz beginnt für den
Saarbergbau ein neuer Abschnitt seiner Entwicklung. Anstelle der bisherigen
planlosen Gräberei am Ausgehenden der Flöze wird nunmehr eine eigentlich
bergmännische Gewinnung durch Tagesstrecken und Röschen eingeleitet, die dann
nach und nach auch zu einer umfassenderen Lösung der Flöze durch tiefe Stollen
und zu einem wirtschaftlicheren, mehr oder minder berggerechten Abbau führt.
Gleichen Schritt mit der Verbesserung des Betriebes der Gruben halten die
Bestrebungen, die Absatzmöglichkeiten für die gewonnenen Steinkohlen zu
erweitern. Im Inland wird der Kohle allgemeiner Eingang zum Hausbrande und eine
zunehmende Verwendung in den verschiedensten, teilweise erst neu ins Leben
gerufenen Industriezweigen verschafft. Ferner wird der Absatz nach dem Ausland
durch Maßnahmen aller Art gefördert.
Auch den technischen Betrieb suchte der Fürst Wilhelm Heinrich nach Möglichkeit zu
verbessern. Fürstliche Beamte mussten die Gruben befahren, darüber berichten und
Vorschläge zur Betriebsverbesserung machen.
Für die Leitung und Verwaltung der Gruben wurden besondere Bergsteiger
eingesetzt. Der erste Bergsteiger in Schwalbach war ein Mathias B ö h l e r, vor dem
Jahre 1763.
1769 ordnete die Fürstliche Rentkammer an, „sämtliche Gruben zu markscheiden
und davon ordentliche Risse anzufertigen“. Mit dieser Aufgabe wurden erfahrene
Bergsteiger betraut.
Von dem Betriebszustande der Grube zu Schwalbach sagt ein gemeinschaftlicher
Befahrungsbericht des Berginspektors Jakobi und des fürstlichen Berginspektors
Engelcke vom 13. April 1766: „Bei Schwalbach schlechte, kostspielige
Förderung; es ist ein tieferer Stollen nicht mehr anzubringen und
daher Fortbau mit Schächten vorgeschlagen “.
Obwohl ein eigentlicher Tiefbau noch auf keiner Grube stattfand, war man doch
bereits in den 1760er und 1770er Jahren bei Schwalbach und Griesborn, wo die
Oberflächenbeschaffenheit eine tiefere Lösung der Flöze durch Stollen erschwerte,
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mehrfach mit Unterwerksbauen
unter die
vorhandenen Stollensohlen
niedergegangen, hatte jedoch dabei mit starken Wasserzuflüssen zu kämpfen.
In einer Zusammenstellung des Berginspektors Engelcke vom 3. Mai 1773 über die
„bebauten Stollen“ sind bei Schwalbach „2 Stollen mit 6 Kohlengräbern“ aufgeführt.
Auch bei dem benachbarten Griesborn wurden in dieser Zeit schon Kohlen
gegraben. In den oben angeführten nassau-saarbrückischen Berichten sind die
Griesborner Gruben aber nicht aufgeführt, da Griesborn seit 1581 territorial
zum Herzogtum Lothringen gehörte. Lothringen fiel im Jahres 1766 an
Frankreich. Griesborn war also seit dieser Zeit französisch und die
deutsch-französische
Grenze
verl ief
zwischen
Griesborn
und
Schwalbach.
Die erste urkundliche Erw ähnung der Griesborner Gruben finden wir in
einer Urkunde aus dem Archiv der Präfektur Meurthe-Moselle in Nancy mit dem Titel:
„Einregistrierung der Grubenkonzession für Griesborn für 20 Jahre an die Herren
Bailly und Mailfair“. Aus diesem umfangreichen Aktenstück ist zu ersehen, dass der
König von Polen als Landesherr von Lothringen im Jahre 1751 eine
Generalkonzession für den Betrieb sämtlicher Gruben Lothringens an die Herren
Sounini gegeben hat. Die Herren Sounini haben die Konzession für die Gruben bei
Griesborn am 22. 4. 1751 an den Ritter von Barrat abgetreten, der sie wiederum
durch notariellen Akt vom 21. 1. 1770 an den Herrn Bailly aus Saarlouis abgab und
zwar für die Dauer von 7 Jahren. Bailly scheint ein großzügiger Unternehmer
gewesen zu sein und hat viel Geld aufgewendet, um die Griesborner Gruben
ertragreich zu gestalten. Unter anderem hat Bailly im Jahre 1773 in Griesborn eine
„pompe à feu“ eingesetzt, um die Wasser aus der Grube nach über Tage zu
pumpen. Griesborn kann damit den Ruhm für sich in Anspruch nehmen, die erste
derartige Bergwerksdampfmaschine zur Wasserlösung innerhalb des französischen
und deutschen Bergbaues überhaupt eingesetzt zu haben.
Nach diesen bedeutenden Aufwendungen für die Griesborner Gruben richtete Bailly
mit seinem Kompagnon Mailfair im Jahre 1773 ein Gesuch an König Ludwig XV von
Frankreich und bat unter Hinweis auf die großen Kosten, die er sich gemacht habe,
um Verlängerung seiner am 1. 1. 1777 ablaufenden Konzession um weitere 20
Jahre.
Der König genehmigte am 25.September 1773 diesen Antrag und
„…..erlaubt den Herren Bailly und Mailfair mit Ausschluss aller anderen, während
zwanzig Jahren nacheinander vom 1. Januar 1777 ab die Kohlengruben des Bannes
Griesborn zu benutzen, welcher in dem Gebiet liegt, das begrenzt ist im Norden
durch den Bann von Ensdorf, im Osten durch den Bann von Schwalbach und das
Gebiet von Nassau, im Süden durch den Boden des Kaiserreiches und im Westen
durch den Bann von Bommersbach und Bous. Die besagten Herren Bailly und
Mailfair haben die Verpflichtung, sich dem Reglement von 1744 betreffend den
Betrieb von Kohlengruben anzupassen. Sie müssen die Besitzer entschädigen,
deren Boden sie beschädigen würden. Sie müssen außerdem jährlich die Summe
von 400 Frs. zum Unterhalt der Bergwerksschule in die Hände dessen zahlen, den
Seine Majestät bestimmen wird…..“
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Bemerkenswert aus dieser Urkunde ist, dass damals in Frankreich schon
„Bergwerksschulen“ bestanden haben, zu deren Unterhalt alle Grubenbesitzer
einen bestimmten Jahresbeitrag leisten mussten!
Der vorher erwähnte Bericht Engelckes über die Schwalbacher Gruben hebt auch die
„starken Wasserkosten der Baillyschen Kohlengewinnung in Griesborn“ hervor.
Um der Konkurrenz dieser lothringischen Kohlenförderung in Griesborn besser
entgegentreten zu können, wurde im Jahre 1774 als Ersatz für die zum Teil
erschöpften alten Schwalbacher Gruben eine Grube in Knausholz angehauen.
Diese scheint jedoch um 1810 wieder außer Betrieb gekommen zu sein.
Der nassau-saarbrückische Bergbau in Schwalbach und der französische in
Griesborn scheinen in damaliger Zeit einen scharfen Konkurrenzkampf geführt zu
haben. Eine zu Metz im Jahre 1803 herausgegebene amtliche Beschreibung des
„Departements de la Moselle“, die auch die Notiz über den Einsatz der oben schon
erwähnten „Pompe à feu“ im Jahre 1773 in Griesborn enthält, berichtet weiter, dass
„die hohen Kosten einer solchen Maschine einerseits und der niedrige Kohlenpreis
der benachbarten Saarbrücker (= Schwalbacher) Gruben andererseits die
Unternehmer veranlasst haben, die Griesborner Gruben einzustellen. Heute ist die
Grube vollständig ersoffen“.
Diese Stilllegung ist wahrscheinlich zwischen 1789-1790 erfolgt. Erst im Jahre 1844
wurde der Abbau im Griesborner Feld von Schwalbach aus wieder in Angriff
genommen.
Von 1773 ab wurden auch von der Grube Griesborn schon Kohlen auf der Saar
verfrachtet. Von allen saarabwärts verschifften Kohlen erhob übrigens die
französische Regierung bei Wallerfangen einen Durchfahrtszoll.
Soweit über die ersten Griesborner Gruben.
Einen interessanten Einblick in die Betriebsgestaltung der Grube Schwalbach und
die Tätigkeit eines Bergsteigers der damaligen Zeit bietet eine landesherrliche
Anweisung an den „Bergsteiger Adolph Schutz der Schwalbacher und Reisweiler
Gruben“ vom 18. April 1787: Diese hochinteressante Dienstanweisung an den
Schwalbacher Bergsteiger ist in ihrem vollen Wortlaut in dem Beitrag „Der Steiger“ in
der Nr. 6, Monat Juni 1956, der Werkszeitschrift der Saarbergwerke „Schacht und
Heim“ wiedergegeben. Als besonders bemerkenswert möchten wir daraus erwähnen,
dass in dieser Anweisung die Arbeitszeit unter Tage schon auf 8 Stunden
festgesetzt ist und über Tage auf 12 Stunden. Der 8-Stunden-Tag war also im
Schwalbacher Bergbau schon vor 200 Jahren üblich. Später kam er allerdings
wieder in Wegfall, wurde, wie wir den Werkakten entnehmen, 1818 auf Grube
Schwalbach wieder eingeführt, kam wieder in Wegfall, bis er nach dem großen
Bergarbeiterstreik des Jahres 1889 unter Tage als 8 ½ - Stundentag wieder
allgemein und diesmal endgültig eingeführt wurde.
Der steigende Kohlenbedarf machte es notwendig, unter der Einwohnerschaft immer
mehr Leute für die Arbeit in der Grube zu gewinnen. Es ist verständlich, dass die
bergmännische Arbeit in der dunklen Grube bei der bäuerlichen Bevölkerung zuerst
nicht sehr beliebt war. Man arbeitete doch lieber in Gottes freier Natur als im
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ungewohnten dunklen Stollen. Um einen besonderen Anreiz zur Grubenarbeit zu
geben, wurden vom Landesherrn für die Bergleute Vorteile mancher Art geschaffen.
Die ersten Anfänge einer sozialen Fürsorge für die Bergleute reichen z.B. bis in
diese Zeit zurück.
Durch Verordnung vom 17. Mai 1769 wurde eine „Bruderbüchse“ für die Bergleute
sämtlicher landesherrlicher Gruben ins Leben gerufen. Anfänglich ohne feste
Verfassung und in der Hauptsache nur auf die Krankenunterstützung beschränkt, ist
diese Bruderbüchse später der Grundstock geworden, aus welchem sich allmählich
die Saarbrücker Knappschaftskasse entwickelt hat. An Beiträgen („Büchsengeldern“)
wurde von jedem in Arbeit stehenden Bergmann 1 Kreuzer auf je 1 ½ Gulden
Lohnverdienst erhoben. Außerdem sind auch alle Strafgelder in die Büchse
abgeführt worden. Die Leistungen der Bruderbüchsen bestanden in freier Kur und
Arznei nebst einem Krankengeld von 30 Kreuzern wöchentlich, ausnahmsweise auch
in Unterstützung bei besonderer Armut. Soweit die Einnahmen der Büchse zur
Bestreitung der Ausgaben nicht ausreichten, leistete die fürstliche Kasse den
erforderlichen Zuschuss. Außer dieser sozialen Fürsorge wurden den Kohlengräbern
auch noch andere Vorteile und Freiheiten verschiedenster Art gewährt. So wurde
durch fürstliche Verordnung vom 21.2.1776 bestimmt, dass jeder Kohlengräber
außer den Gemeindeberechtigungskohlen jährlich auch noch 1 Fuder (=30 Zentner)
Kohlen zum Kalkbrande zu einem die Förderkosten nur wenig übersteigenden Preise
erhalten solle (Deputatkohlen!).
Ein Erlass vom 25. Januar 1788 verfügte noch folgendes:
1. Ein leibeigener begüterter Untertan, welcher in der Grube arbeitet, entrichtet
zwar das ganze Frongeld (= Geldsteuer statt der Fronarbeit), genießt aber die
Freiheit von Natural- und Jagdfronen.
2. Ein leibeigener nicht begüterter Untertan, der in der Grube arbeitet, zahlt nur
das halbe Frongeld und ist auch frei von Natural- und Jagdfronen.
Durch diese Fürsorge und vielen Vergünstigungen sowie auch durch die
Besonderheit der bergmännischen Arbeit im Reich der Finsternis und Gefahr, bei der
die Kameradschaft und gegenseitige Hilfsbereitschaft selbstverständlich waren, kam
der Bergmann nach und nach immer mehr zu Ansehen, und es entwickelte sich
allmählich der Bergmannsstand mit der eigenartigen, festen Berufstradition, wie wir
ihn heute kennen.
b) Während der französischen Revolution und der napoleonischen Zeit
Im Jahre 1793 wurde Nassau -Saarbrücken von den französischen
Revolutionstruppen besetzt und kam unter französische Verwaltung. Fürst
Ludwig war unter dem Vorwand einer Badereise geflüchtet und hat sein Land nie
wieder gesehen. Von 1793 bis 1794 wurden die Gruben unter Leitung des
ehemaligen fürstlichen Berginspektors Knörzer und des Rentmeisters Eberhardt als
Regiebetrieb für Rechnung der französischen Republik betrieben. Da jedoch
während der ersten Revolutionsjahre alles drunter und drüber ging, kam nicht viel
dabei heraus.
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Die Schwalbacher Bauern nahmen ganz vergnügt den vollen Ertrag der Gruben für
sich als „Berechtigungskohlen“ in Anspruch und gruben da, wo die Flöze zu Tage
austraten, auch noch auf ihren Feldern Kohlen, um sie mit gutem Gewinn zu
verkaufen.
Um diesen ungeordneten und unhaltbaren Zuständen ein Ende zu bereiten, wurden
am 18. Prairial des Jahres II (Juni 1795) die Schwalbacher Gruben durch die
Distriktsverwaltung Saarlouis an die Gesellschaft Stablo, Canné und Pierre Causter
für eine Jahresmiete von 6 550 Livres verpachtet.
Der Generaldirektor der Distriktverwaltung Bella hob jedoch schon am 26. Frimaire
des Jahres IV (Dezember 1796) den Pachtvertrag mit der Comp. Stablo, Canné und
Pierre Causter, betreffend die Grube Schwalbach, wieder auf. Die Gruben kamen
jetzt wieder unter die staatliche Verwaltung der Französischen Republik. Der „Bürger
Watremetz“ wurde zum „Inspekteur des Mines et Usines des Pays conquis entre
Rhin et Moselle“ ernannt.
Durch eine glückliche Fügung hat sich in den Archivbeständen der Saargruben ein
ganzes Aktenbündel über diese, durch den Bürger Watremetz vollzogene
Besitzergreifung der Schwalbacher Gruben für die französische Republik und die ein
halbes Jahr später erfolgende Verpachtung der Gruben an die Privatgesellschaft
D’Equer, Paris, erhalten.
Das Aktenbündel trägt die für den Uneingeweihten rätselhafte Aufschrift: „Compagnie
Equer, Augmentation du Prix des Kreutzers“, zu Deutsch: „Gesellschaft Equer.
Erhöhung des Kreutzerpreises“. Wir verdanken Herrn Paul Sainte-Claire Deville
(technischer Direktor der Saargruben während der Völkerbundzeit) die Kenntnis
dieses Aktenbündels durch Veröffentlichung in der Broschüre: „Le charbon
d’affouage à prix de faveur sous la révolution et le premier empire“ von Paul SainteClaire Deville; Bulletin de la Société des Amis de la Sarre pour 1927, Straßburg.
In dieser Veröffentlichung sind an Hand von eingehenden Berichten des Watremetz
und anderer an ihre Behörden sowie vieler Verfügungen hin und her die näheren
Umstände dieser Besitzergreifung und auch die Auseinandersetzungen mit den
damit durchaus nicht einverstandenen Schwalbachern wiedergegeben. Leider muss
ich es mir aus Raummangel versagen, diese teilweise ergötzlichen, in direkter Rede
und Gegenrede berichteten Vernehmungen der verantwortlichen Schwalbacher im
Wortlaut wiederzugeben.
Wir folgen bei der nachstehenden Schilderung der damaligen Vorgänge im
Wesentlichen der Darstellung in der vorgenannten Broschüre.
Am 16. Nivause des Jahres IV (Januar 1797) begab sich der „Bürger Watremetz“
nach Schwalbach, um hier die Gruben für den Staat in Besitz zu nehmen. Das war
aber durchaus nicht nach dem Sinn der Schwalbacher, denn diese hätten die
turbulenten Zeiten lieber dazu benützt, die Gruben wieder in eigenen Besitz zu
nehmen und auf eigene Rechnung zu betreiben, so wie ihre Väter es vor der
Verstaatlichung der Gruben (1754) mit gutem Gewinn getan und wie sie selbst es in
der ersten Zeit nach dem Einmarsch der franz. Revolutionstruppen auch wieder
versucht hatten. Sie wollten deshalb mit allerlei illegalen Mitteln und durch einen
passiven Widerstand die staatliche Übernahme der Gruben hintertreiben. Watremetz
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verhandelt tagelang mit den Schwalbachern, die widerspenstig sind und sich
weigern, für das neue Regime ordnungsgemäß weiter die Kohlen zu graben. Er gibt
in seinen Berichten an den Revolutionssitz in Paris die Verhandlungen mit dem
Bürgermeister Josef Lang von Schwalbach, der vorher gleichzeitig als
Grubeneinnehmer bei den Pächtern Stablo, Canné und Causter angestellt war, dem
Grubenkontrolleur Karl Adam aus Schwalbach und anderen zum Teil in direkter Rede
und Gegenrede wieder. Aus diesen Berichten ist zu ersehen, wie die Schwalbacher
mit allen Mitteln den Watremetz zu hintergehen suchten. Sie verbreiteten sogar das
Gerücht, österreichische Ulanen seien in der Gegend und eine Patrouille hätte die
Schwalbacher Grubenkasse geplündert. Lang und Adam hatten damit erreicht, dass
Watremetz vorsichtshalber 3 Tage nicht mehr in Schwalbach erscheint. Während
dieser Tage verkuppeln die Schwalbacher auch noch die über Tage lagernden
Kohlenvorräte an die früheren Pächter und schaffen sie nach Saarlouis.
Als Watremetz erkennt, dass die Geschichte mit den Ulanen falsche, absichtlich
verbreitete Gerüchte waren, hatten die Schwalbacher die Kohlenhalden gesäubert
und das Geld dafür einkassiert. Watremetz scheint keine große Autorität besessen
und auch keine Machtmittel zur Verfügung gehabt zu haben, um die staatliche
Besitzergreifung gegenüber diesem passiven Widerstand der Schwalbacher
Einwohner mit dem erforderlichen Nachdruck durchzusetzen. Förderung und Absatz
gingen unter diesen Umständen naturgemäß immer mehr zurück. Die
Revolutionsregierung in Paris aber brauchte Geld und wollte Einnahmen von dem
Grubenbesitz haben. Sie entschied deshalb schon nach einigen Monaten, die
Gruben wieder an eine Privatgesellschaft zu verpachten. So übernahm die
Gesellschaft Equer, Paris, am 1. Messidor des Jahres V (19. Juni 1797) die Gruben.
Der Pachtpreis für die Grube Schwalbach betrug 9000 Livres jährlich. Dies war
natürlich auch wieder nicht nach dem Sinn der Schwalbacher. Da die Pachtfirma
Equer außerdem sich noch weigerte, den Schwalbacher Haushalten die von der
Nassau-Saarbrückischen Verwaltung seit 1766 zuerkannten
Gemeindeberechtigungskohlen zu liefern, stieß auch sie auf einen geschlossenen
und hartnäckigen Widerstand. Die Schwalbacher greifen wieder zu der schon früher
mit Erfolg geübten Selbsthilfe, kümmern sich nicht um den Besitzwechsel und graben
auf eigene Faust und illegal Kohlen wo und wie sie wollen und treiben auch noch
einen schwungvollen Handel damit.
Auch dieser Kampf der Schwalbacher mit der Gesellschaft Equer, dessen äußerer
Anlaß der Streit um die Berechtigungskohlen war, ist in der Broschüre an Hand der
Akten ausführlich geschildert. Man erkennt aus dem vielen Hin und Her, dass es den
Schwalbachern letzten Endes auch hier weniger um die Berechtigungskohlen ging,
sondern dass sie den Verwaltungswechsel dazu benutzen wollten, das alte Recht
ihrer Väter, selber auf eigenem Grund und Boden Kohlen nach Belieben graben zu
dürfen, wieder zu erlangen. Schließlich wird die Gemeinde von der Gesellschaft
Equer vor das Verpachtungsgericht des Oberamtes St. Johann zitiert, welches
verfügt:
„Resolutum bey Oberamt St. Johann den 14ten April 1798: Rescribatur der
Gemeinde Schwalbach, das Fördern der Steinkohlen auf eigene Rechnung bey 50
Reichsthaler Strafe zu unterlassen, welches Rescript besagte Gemeinde foermlich zu
insinuieren ist, quo facto remittatur gegenwaertiges dem Buerger Savoye“
Unterschrieben Zinck
Insinuert den 16ten April
Unterschrieben Schmiedt, Amtsbott (1)
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Die Gemeinde machte sich aber wenig Sorge um das Urteil und gräbt lustig weiter.
Am 18.ten Bluetenmonat VI (7. Mai 1798) wird der Vertreter der Gemeinde auf
Antrag des Citoyen Joseph Aubert, Bevollmächtigter der Kompanie Equer
aufgefordert, am 26. Bluetenmonat vor dem Friedensrichter in Lebach zu erscheinen.
Es kommt aber niemand dieser Aufforderung nach. So gehen die Schwierigkeiten
über ein Jahr lang hin und her, ohne dass eine Einigung erzielt werden konnte.
Schließlich hat man höherenorts ein Einsehen und gibt der Gesellschaft Equer den
Auftrag, mit den Schwalbachern vertraglich zu vereinbaren, dass jeder
Haushalt pro Jahr wieder 30 Zentner Gemeindeberechtigungskohlen zu
4 Kreutzern den Zentner erhä lt. Nun erst beruhigen sich die Schwalbacher und
die Gesellschaft Equer kann die Gruben ordnungsgemäß betreiben. Damit schließt
die interessante Episode über den passiven Widerstand der Schwalbacher Bergleute
ab. Diesem zähen und erfolgreichen Kampf der Schwalbacher um ihre
Berechtigungskohlen ist es wahrscheinlich überhaupt zu verdanken, dass diese
Berechtigung über die Wirren der Revolutionszeit hinaus gerettet wurde und so bis
heute erhalten blieb.
Die Kirchengemeinde Schwalbach verpachtete an die „Société d’Equer“ le 2.
Fructidor l’an VII (August 1799) ein Stück Land auf dem Wege nach Elm „wo der
neue Stollort ist darin angelegt worden, die geförderten Kohlen darauf stehen, das
Holzplatz, die Grubenhütten und so weiter für den jährlichen Pachtpreis von 8
Gulden 15 Kreuzer“. Das Original des Vertrages befindet sich im Pfarrarchiv
Schwalbach. Als Kuriosum ist noch zu erwähnen, dass die nachfolgende Königl.Preußische Grubenverwaltung diesen Pachtpreis noch bis zum Ende des vorigen
Jahrhunderts weiter bezahlt hat, wie aus den Pfarrakten zu ersehen ist, obschon das
Gelände seit 1830 nicht mehr für Grubenzwecke benutzt, sondern längst als
Ackerland bebaut wurde.
Mit Ablauf des Pachtvertrages mit der Firma Equer-Paris am 31. 12. 1807 übernahm
der französische Staat am 1.1.1808 wieder den Betrieb sämtlicher Saargruben.
Damit wurde die Grube Schwalbach ebenfalls wieder Staatsbetrieb.
Kaiser Napoleon I ließ jetzt die Kohlenlagerstätten an der Saar
methodisch erforschen . Diese Arbeit und die Aufteilung in Concessionsfelder
wurden von den französischen Professoren der von Napoleon 1807 in Geislautern
gegründeten ersten Bergschule an der Saar durchgeführt. Es waren die Professoren
und Ingenieure Duhamel, Beaunier und Calmelet, die diese Aufgabe innerhalb von
3 Jahren erledigten. Sie fassten das Ergebnis ihrer Untersuchung in einem Atlas mit
66 Kartenblättern zusammen, eine bemerkenswerte Arbeit für die damalige Zeit.
Nach der Rußlandkatastrophe im Jahre 1812 kam Napoleon auf seiner rasenden
neuntägigen Schlittenfahrt Moskau-Paris am 17.12.1812 durch Saarbrücken, fand
dabei noch Zeit, sich diesen Atlas zeigen zu lassen und traf die Entscheidung, die
Saargruben nun endgültig in einer einzigen staatlichen Unternehmung
zusammen zu lassen .
W ir sind in der glücklichen Lage, als wertvolles heimatkundliches
Dokument aus dem vorerwähnten Grubenatlas eine Kopie des Blattes
41, das Schw albach und Umgebung be trifft, zu besitzen (Ausschnitt
siehe Rückseite des Einbands). Das Blatt 41 gibt Aufschluss über die
Kohlengräbereien in und um Schwalbach, und über das Aussehen der Dörfer um die
Wende des 18./19. Jahrhunderts. Aus dem Blatt ersehen wir:
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In und um Schwalbach wurde damals nur das „Schwalbacher Flöz“ gebaut. Der
Abbau bewegte sich zwischen dem Ausgehenden des Flözes und dem Niveau einer
im Flöz in Südwest - Nordost - Richtung im Schwalbachtal als Sumpfstrecke
aufgefahrenen Grundstrecke , die es gestattete, die beim Abbau über dem
Sumpfstreckenniveau zufließenden Wasser am südwestlichen Streckenende in den
Schwalbach auf natürlichem Wege auslaufen zu lassen. Da die Flöze nach Norden
einfallen, hatten alle Baue, die südlich, bzw. oberhalb der eingezeichneten
Grundstrecke lagen, dadurch natürlichen Wasserabfluss und alle Baue nördlich
dieser Sumpfstrecke mussten die Wasser mit Handpumpen bis in die Sumpfstrecke
pumpen.
Die „offizielle“ Grube und der Hauptbau waren östlich von Schwalbach unmittelbar
nördlich der heutigen Elmer Straße gegenüber den Anwesen 60a - 64 bei den
Punkten A, F, G, E, wo die kleinen parallelen Striche a, a, a, a die Abbaustrecken
des Schemelbaues zeigen. Desgleichen bei G die Schemel b, b, b, b im
Unterwerksbau. Die Schemel wurden streichend 3 Lachter breit ins Flöz getrieben,
die Pfeiler dazwischen waren 1 Lachter breit und mussten wegen schlechter
Hangendlage stehen bleiben. Die Tagesanlage ist durch das punktierte Quadrat bei
den Punkten D und E angedeutet. Dies war die Stelle, wo man die Kohlen auf Halde
legte und von wo aus sie auch verkauft wurden. Die Ackerfelder an dieser Stelle
haben heute noch im Volksmund die Flurbezeichnung: „beim Grubenhäuschen“.
Ausschnitt aus Grubenatlas der französischen Ingenieure Beaunier und Camelet aus dem Jahre 1807/08
Die Kohlenschürfungen aus frühester Zeit, die Kohlengräbereien aus der NassauSaarbrückischen Zeit und wahrscheinlich auch die illegalen Gräbereien während der
Revolutionszeit sind zu erkennen bei den Buchstaben H, H, H, K, O, L, R, T, I usw. In
Knausholz wurden in damaliger Zeit ebenfalls Kohlen gegraben und zwar in einem
durch den östlichen Hauptsprung verworfenen Flözteil des Schwalbacher Flözes
(siehe auch Rückseite des Einbandes).
Ich darf in diesem Zusammenhang auch noch darauf hinweisen, dass in dieser
napoleonischen Zeit, und wahrscheinlich noch viel früher, auch in Elm und zwar in
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der Nähe der heutigen Schachtanlage Elm schon Kohlen gegraben wurden. Um
1800 war dort auch ein Wohnhaus für einen Grubensteiger erbaut worden. Das
Schellerbachtal in der Gegend der heutigen Schachtanlage hat heute noch den
Flurnamen „das Kohlfeld“.
Ein in der Broschüre von Saint-Claire-Deville wiedergegebener Bericht eines
Steigers Kirchberg der Grube Schwalbach an den Berg-Inspektor Knörzer ist mit:
„Elm, den 2. Floreal, im Jahr VI“, datiert. Kirchberg hat also damals schon in Elm
gewohnt oder hatte dort seine Dienststelle.
Einen weiteren Hinweis auf einen in Elm wohnhaften höheren Grubenbeamten fand
ich in der Inschrift eines Grabdenkmals auf dem alten Köllner Friedhof bei der alten
evangelischen St. Martinskirche in Kölln (Köllertal). Die Inschrift lautet:
„Ruhestätte des Carl August Heinz
Keniglicher Oberberggeschworener geboren zu Johann
Sächsischen Erzgebirge
den 5. April 1789 und gestorben zu Elm den 1. Juli 1846“
Georgenstadt
im
Dieser Oberberggeschworene Karl August Heinz ist ein Vorfahre des Saarländischen
Heimatdichters Albert Korn aus Dillingen. Er kam nach 1815 mit seinem Bruder
Gottlieb von Johanngeorgenstadt (Erzgebirge) ins Saargebiet und war von 1833 bis
1838 Obersteiger und von 1838 bis 1846 Oberberggeschworener der Grube
Kronprinz Friedrich Wilhelm mit Wohnsitz in Elm.
Sein Sohn Karl-August Hein, geb. 16.12.1814, gestorben 30.1.1888, war ebenfalls
Berggeschworener der Grube Schwalbach und zwar von 1848 bis 1874. Am 1. 3.
1874 wurde er zum Berg-Inspektor der Berg-Inspektion I in Ensdorf ernannt. Diesem
Berggeschworenen Heinz wurde 1867 bei einem großen Brandunglück der Grube
Schwalbach die Rettungsmedaille für seinen tatkräftigen Einsatz bei dem Unglück
verliehen. Am 1.10.1882 trat er in den Ruhestand.
In den Betriebsakten ist ferner vermerkt, dass im Jahre 1869 der Bauwerksmeister
Schultheiß der Grube Schwalbach noch in dieser Dienstwohnung in Elm wohnte. Das
Haus wurde 1892 auf Abbruch verkauft. Nur eine lebende Hecke, mit der das ganze
Anwesen eingefriedet war, gibt heute noch Aufschluss über den Umfang des
damaligen Besitzes. Im Volksmund hat dieses Grundstück heute noch den Namen
„Steigers Garten“.
Eine Erinnerung an die Zeit des Bergbaues unter napoleonischer Herrschaft bildet
der südlich von Schwalbach gelegene Ortsteil Quatre-vents. Nach Niessen,
Geschichte des Kreises Saarlouis, baute die damalige Bergverwaltung auf der Höhe
jenseits des Schwalbaches für einen ihrer Beamten ein Haus und nannte dasselbe
„Quatre-vents“ oder „au quatre vents“, im Schwalbacher Dialekt „Katterwann“
genannt. Das Haus ist heute im Besitz der Bergmanns-Familie Fery-Rupp. Wie wir
aus dem Kartenblatt der französischen Ingenieure Beaunier und Calmelet von 1807
ersehen, ist dieses Haus auf dem Blatt 41 mit „Maison Gatterwang“ bezeichnet.
Sollte man da nicht annehmen, dass Gatterwang der ursprüngliche Flurname war,
der sich erst nach und nach in dieser französischen Zeit in Quatre-vents gewandelt
hat? Wie kämen sonst die französischen Ingenieure dazu, statt des französischen
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Quatre-vents das deutsche „Gatterwang“ zu schreiben? Um dieses Haus Gatterwang
haben sich nach und nach auch Bergleute angesiedelt, so dass schließlich ein
ganzer Ortsteil hier entstanden ist.
Besonders hervorzuheben sind aus dieser napoleonischen Zeit die Bemühungen um
eine Besserung der sozialen Verhältnisse der Bergleute, insbesondere die erste
feste Gründung einer eigentlichen Knappschaftskasse für die Beamten und
Bergleute der Saarbrücker Steinkohlengruben.
Zwar war die im Jahre 1769 (vergl. oben) auch unter der französischen Herrschaft
beibehalten worden, aber sie scheint, da sie nur eine Unterstützung in
Krankheitsfällen vorsah, den Wünschen der Bergleute nicht genügt zu haben. Auf
Anregung aus ihrer eigenen Mitte verpflichteten sich in der ersten Hälfte des Jahres
1797 die Bergleute sämtlicher Gruben der ehemals Nassau- Saarbrückischen Lande
in einem schriftlichen Vertrage zu gegenseitiger Unterstützung und bildeten unter
dem Namen „Knappschafts-Kasse“ einen besonderen Fonds, dessen Verwaltung
einer aus ihrer Mitte gewählten Vertretung anvertraut wurde. Der Berginspektor
Knoerzer erließ bereits am 1. Juli 1797 ein Arbeiter-Reglement, welches die
Vereinigung in einer Knappschaft anordnet und das die auf Übertretung seiner
Vorschriften gesetzten Strafen der Knappschaftskasse zuweist, im übrigen auch den
Eintritt in die Knappschaft von einer eidlichen Verpflichtung auf das Reglement selbst
abhängig macht. Am 21. Februar 1801 wurde ein Knappschafts-Reglement
aufgestellt, das in Form eines Gesellschaftsvertrages abgefasst und sowohl von den
Mitgliedern der Grubenverwaltung (an ihrer Spitze der Berginspetor Knoerzer), wie
auch von den Vertretern der verschiedenen Grubenbelegschaften unterzeichnet
wurde. Nach demselben soll sich die Mitgliederschaft auf sämtliche Bergleute und
Bergbeamte, einschließlich des Berginspektors, erstrecken.
c) Die Grube Schwalbach von 1815 bis heute
Im zweiten Pariser Frieden vom 20.11.1815 musste Fran kreich das
Saargebiet wieder an Preußen abtreten . Die offizielle Übernahme erfolgte am
30. November 1815 zu Saarbrücken und am 2. Dezember zu Saarlouis durch den
Landes-Kommissarius Oberappellationsrat Math. Simon. Am 22. April 1816, nach
Auflösung der vorläufigen Verwaltung, wurde das Saargebiet dem Bezirke der neu
errichteten Königl. Regierung in Trier zugeteilt.
Für die Verwaltung der Steinkohlengruben wurde am 8. Dezember 1815 eine „Königl.
Bergamts-Kommission zu Saarbrücken“ errichtet und diese später der seit dem 1.
Januar 1816 bestehenden „Rheinischen Oberbergamts-Kommission zu Bonn“ - aus
welcher durch „Allerhöchste Kabinetts-Order“ vom 16.Juni 1816 das „Königl.
Rheinische Oberbergamt“ hervorging - zugeteilt. Am 22. September 1816 trat an die
Stelle der Bergamts-Kommission das neu errichtete „Königl. Bergamt zu
Saarbrücken“, das außer dem Saarbrücker Staats-Steinkohlenbergbau noch den
gesamten Privat- Bergbau- und Hüttenbetrieb der preußischen linksrheinischen
Landesteile südlich der Mosel umfasste.
Zur Leitung der Grubenbetriebe war der Bezirk des Bergamtes in 2 Bergmeistereien
geteilt. Entsprechend der allmählichen Zunahme des Betriebs-Umfanges erfolgte
1848 eine weitere Teilung des Saar- Bezirks in 3, 1852 in 4 und 1857 in 5
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Bergmeisterei-Reviere. Den unmittelbaren Betrieb der Gruben führten in jedem
Revier je 1 oder 2 Revier-Obersteiger.
In Privatbesitz, doch ebenfalls unter Aufsicht des Bergamtes, verblieb lediglich die
aufgrund der französischen Bergwerksgesetze verliehene Grube Hostenbach. Die
Preußische Verwaltung war bemüht, den Betrieb der übernommenen
Steinkohlengruben mit allen Mitteln zu heben und zu fördern. Der an zahlreichen
Punkten zersplitterte Betrieb wurde durch allmähliche Einstellung der kleineren
Gruben zusammengezogen. Auf den noch verbleibenden Gruben wurde ein Reihe
wichtiger Stollen zur tieferen Aufschließung der Flöze und, wo dies nicht mehr durch
Stollen möglich war, der Tiefbau in Angriff genommen.
Abbau und Förderung erfuhren wesentliche Verbesserungen. 1829 wurde die
bisher übliche Karrenförderung in den Hauptstrecken durch die
„englische W agenförderung auf Schienen“ ersetzt . Zur Hebung des
Absatzes wurden die bestehenden Landstraßen ausgebaut und neue Abfuhrwege
angelegt. So wurde im Jahre 1835 durch die Grubenverwaltung die Straße von
Schwalbach nach Saarlouis als „fiskalische Straße“ ausgebaut und die „fiskalische
Fähre“ über die Saar bei Ensdorf gebaut. Ebenso wurde das Wasserstraßennetz
weiter ausgebaut. Durch die Eröffnung des Rhein-Marne-Kanals im Jahre 1843
sowie durch die Fertigstellung des Saarkanals (=Verbindungskanal zwischen der
Saar und dem Rhein-Marne-Kanal von Saargemünd nach Süden) und die 1862
begonnene Kanalisierung der Saar von Saargemünd bis Ensdorf erhielten die
saarländischen Wasserverkehrswege Anschluß an das Wasserstraßennetz von
Elsaß-Lothringen, Frankreich und Westdeutschland.
Dadurch war eine große Verbesserung für den gesamten saarländischen Verkehr
geschaffen.
Den bedeutendsten Auftrieb für das gesamte Wirtschaftsleben und damit auch für
den Bergbau brachte aber erst der Bau der großen saarländischen
Eisenbahnlinien in den Jahren 1849 bis 1861.
Durch die Inbetriebnahme dieser großen Bahnlinien wurde die Eisenbahn auch zu
einem der bedeutendsten Großabnehmer der Steinkohle, und der flüssigere Verkehr
brachte für das mit dem 19. Jahrhundert beginnende Maschinenzeitalter und damit
für den Bergbau und die gesamte übrige Industrie an der Saar den gewaltigsten
Aufschwung.
Die am Schlusse stehende Tabelle über die Entwicklung der Förderung, Belegschaft
und Löhne der Grube Schwalbach zeigt diese sprunghafte industrielle Entwicklung
im 19. Jahrhundert in eindrucksvoller Weise am Beispiel einer einzelnen Grube.
Nach diesem allgemeinen Überblick über die Entwicklung der Gruben und der
Wirtschaft im Saargebiet nach 1815 wollen wir wieder zu unserer Grube Schwalbach
zurückkehren.
Die ältesten noch vorhandenen Betriebsakten der Grube reichen bis zum
Jahre1817 zurück. Zur Verwaltung der Grube Schwalbach gehörten damals noch
die Gruben Rittenhofen und Guichenbach. Auf Grube Rittenhofen war ein
tonnlägiger Schacht zur Förderung eingerichtet worden. 1817 wurde wegen
schlechter Betriebslage der zwei Gruben Guichenbach und Schwalbach bei
Herchenbach der Abbau des Schwalbacher Flözes als neue Grube Herchenbach in
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Angriff genommen. Durch Oberbergamtsdekret vom 29.6.1818 erhielt diese neue
Grube den Namen „Grube Kronprinz Friedrich Wilhelm“.
Bereits im Jahre 1824 wurde erwogen, die Grube Herchenbach nach Gewinnung der
über der Stollensohle anstehenden Kohlen wieder einzustellen und dafür auf Grube
Schwalbach mit dem Tiefbau zu beginnen und bei Hirtel eine neue Grube
einzurichten. Nach Einstellung des Betriebes der Grube Herchenbach (am 19. 5.
1827 letzte Förderung) wurde der Name „Kronprinz Friedrich Wilhelm“ auf die beiden
Gruben Schwalbach und Hirtel übertragen.
Das Hirteler Flöz wurde bei der Eiweiler Mühle durch einen Stollen gelöst.
Die Betriebsakten verzeichnen im Jahre 1821 auch die Einstellung der Grube
Rittenhofen.
Hölzerne Rohre, Rinnen und Schemel, aufgefunden im August 1950 in alten, noch gut erhaltenen Bauen der früheren Grube
Rittenhofen, die im Jahre 1821 stillgelegt wurde
Eichenholz-Türstockzimmerung mit Eichenbohlen verschalt, frühere Grube Rittenhofen
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Ende der Leseprobe von:
Geschichtliche Entwicklung Grube Schwalbach - Grube
Schwalbach und ihre geschichtliche Entwicklung sowie
Heimatkundlicher Rückblick auf den Platz am alten Schacht
Hermann André
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