Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung des Ausbaus digitaler

Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung des Ausbaus digitaler
Hochgeschwindigkeitsnetze (DigiNetzEG) – Stellungnahme des BREKO
1. Einleitung:
Der Bundesverband Breitbandkommunikation (BREKO) unterstützt grundsätzlich Maßnahmen zur
Synergienutzung, die die Kosten des Breitbandausbaus senken können. Dies gilt dort, wo diese
Maßnahmen wirtschaftlich und technisch sinnvoll sind, zur Erschließung von bisher unterversorgten
Gebieten (weiße NGA-Flecken) führen und damit einen Beitrag zur Erreichung der Breitbandziele der
Bundesregierung, bis 2018 eine flächendeckende Verfügbarkeit von 50Mbit/s herzustellen, leisten.
Die Tiefbaukosten machen - insbesondere in ländlichen Gebieten - bis zu 80% der Ausbaukosten aus,
so dass gerade dort deutliche Effekte möglich sein könnten. Deshalb setzen die BREKOMitgliedsunternehmen, auch auf den Einsatz alternativer Verlegetechniken, wie untiefe Verlegung,
Mini- bzw. Micro-Trenching, die Verlegung der Glasfaser in Abwasserrohren oder die oberirdische
Verlegung als Freileitung auf Beton-, Stahl- oder Holzmasten. Mit solchen Methoden lassen sich die
Tiefbaukosten, die typischerweise bei etwa 80 Euro pro Leitungsmeter oder mehr liegen, auf bis zu
30 Euro oder weniger pro verlegtem Meter senken.
Die Umsetzung der Vorgaben der EU-Kostenreduzierungssrichtlinie im Wege von Ergänzungen und
Anpassungen im TKG darf nicht dazu führen, dass Breitbandausbau in der Fläche verzögert wird oder
Ausbauanreize entfallen. Zu Recht nennt der Gesetzentwurf in Ziffer A.I.2 (S.38) der Begründung als
Ziel die Schaffung von Investitionsanreizen. Dieses Ziel darf durch das Gesetz nicht konterkariert
werden. Mit Blick auf die Nachhaltigkeit muss der Gesetzgeber sicherstellen, dass gesetzliche
Mitnutzungsansprüche sich nicht als Investitionshemmnis auswirken. Anderenfalls würden die mit
der Richtlinie verfolgten Ziele nicht erreicht. Die Gesetzesänderung darf nicht zu Rechts- und
Planungsunsicherheit führen.
Geplante Änderungen in den §§ 77a ff TKG-E müssen sich zur Vermeidung von Unsicherheiten für
Infrastruktur ausbauende Unternehmen auf Gebiete beschränken, in denen gegenwärtig noch keine
digitalen Hochgeschwindigkeitsnetze vorhanden sind.
Der BREKO unterstützt Open-Access-Modelle und hält freiwillige Kooperationen für grundsätzlich
zielführend. Der bisherige § 77b TKG zielt auf die Unterstützung freiwilliger Kooperationen ab. Die
Einführung einer verbindlichen Mitnutzung verschiebt demgegenüber das Verhandlungsgleichgewicht, da der Nachfrager einer Mitnutzung kein Interesse an einer freiwilligen Kooperation haben
muss, da er seinen Mitnutzungsanspruch ggf. auch regulatorisch durchsetzen kann. Es ist daher
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darauf zu achten, dass die Durchführung ernsthafter Verhandlungen der regulatorischen
Durchsetzung des Mitnutzungsanspruchs als Voraussetzung vorgelagert ist.
Die Mitgliedsunternehmen des BREKO haben in den vergangenen Jahren auch in ländlichen
unterversorgten Gebieten NGA-Netze ausgerollt und Breitbandausbau vorangetrieben. Nach
Feststellungen des „Wissenschaftlichen Arbeitskreises für Regulierungsfragen“ (WAR) bei der BNetzA
wurden im Zeitraum 2004-2013 mehr als 55 Prozent der Investitionen im TK-Markt durch
Wettbewerber der Deutschen Telekom vorgenommen. Ausweislich des Jahresberichtes 2014 der
BNetzA entfielen Im Jahr 2014 sogar 57 Prozent der Investitionen auf die Wettbewerber. Die
Mitgliedsunternehmen des BREKO haben allein in 2014 1,7 Mrd. EUR in den Breitbandausbau
investiert. 55 Prozent der NGA-Anschlüsse außerhalb der Ballungsräume wurden von BREKOUnternehmen ausgebaut.
Dabei wurden im erheblichen Maße Leerrohre verlegt, Standorte für aktive Technik aufgebaut und
FTTB/H ausgebaut. 76 Prozent des Glasfaserausbaus (FTTB / FTTH) in Deutschland sind bisher durch
die alternativen Carrier vorgenommen worden. Vor diesem Hintergrund sind symmetrische
Mitnutzungs-Regelungen, die unabhängig von einer marktbeherrschender Stellung gelten sollen, im
Anschlusssegment kritisch.
2. Erfüllungsaufwand
Für das Szenario eines Ausbaus im gesamten Bundesgebiet im Wege der Mitbenutzung geht der
Gesetzentwurf von einem Einsparpotenzial von 25 Prozent aus. Vor dem Hintergrund der
Erfahrungen unserer Mitgliedsunternehmen halten wir diesen Wert für zu hoch gegriffen. Aufgrund
der unterschiedlichen Struktur von Telekommunikationsnetzen und Netzen der Versorgungswirtschaft sind Synergien zwar im Einzelfall erreichbar, oft aber auch nicht wirtschaftlich zu
realisieren. Versorgungsnetze werden oft mit der Netztopologie als Ringnetz oder vermaschtes Netz
aufgebaut. Telekommunikationsnetze (speziell FTTB/FTTH-Netze) werden i.d.R. als Strahlennetze
konzipiert. Die Ringstrukturen werden hier eher im Backbone genutzt. Es gibt somit nur begrenzte
Schnittmengen, in denen ein strahlenförmiges Netz und ein Ring- oder Maschen-Netz die gleichen
Trassen nutzen können. Hinzu kommt, dass die Netze der Energie- und Wasserversorgung von den
Standorten von Wasserhochbehältern, Umspannwerken oder Gasdruckregelanlagen hin zum Kunden
keine Zugangspunkte mehr vorsehen. Sofern der Verteilpunkt für die TK-Leitungen nicht den gleichen
Standort wie die oben genannten Anlagen hat, reduziert dies nochmals die Anzahl der Trassen, in
denen eine Mitverlegung möglich wäre.
Dem begrenzten (und gegenwärtig schwer zu bewertenden) Kostensenkungspotenzial stehen
dagegen sichere Aufwände gegenüber, deren Schätzung als deutlich zu niedrig erscheint und nicht
mit den erwarteten Zielen in Einklang zu bringen sind. Wenn die Zugangsansprüche tatsächlich
intensiv genutzt werden würden, würde der Aufwand der Unternehmen für Informations-, Prüf-,
Kommunikations-, Verhandlungs-, Vertragsabschluss- und Vertragsüberwachungsaufwand sowie für
ggf. erforderliche Streitbeilegungs- und Gerichtsverfahren deutlich höher ausfallen als veranschlagt.
Auch die Darstellung von sinkenden Verbraucherpreisen ist nicht überzeugend. Für den
flächendeckenden Ausbau notwendige Investitionen sind bislang unterblieben, weil sie wirtschaftlich
nicht darstellbar waren. Sofern die Investitionskosten für die Anbindung unterversorgter Gebiete nun
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tatsächlich soweit sinken, dass Investitionen getätigt werden können, ist damit aber noch nichts über
den Grad der Wirtschaftlichkeit gesagt. Sofern sinkende Verbraucherpreise aber nur durch erhöhte
Konkurrenz in bereits versorgten Gebieten erreicht werden, ist zu berücksichtigen, dass damit kein
positiver Beitrag zum Ziel der Richtlinie – Schließung weißer Flecken – geleistet würde, und dass
damit erhebliche Eingriffe in Grundrechte und in einen nach wie vor nur durch Regulierung
funktionierenden Markt verbunden wären, die sich möglicherweise nicht als nachhaltig erweisen
werden.
Zwischenergebnis:
Die Angaben zum Erfüllungsaufwand und zu einer Verringerung der Kosten des Ausbaus müssen –
auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten - auf eine realistische Grundlage gestellt werden,
denn es dürfen keine unrealistischen Hoffnungen in Bezug auf den Beitrag des DigiNetzG zum
Breitbandausbau geweckt werden. Ohne Anreize und Sicherheit für eigenwirtschaftliche
Investitionen und geeignete Fördermaßnahmen für wirtschaftlich nicht erschließbare Gebiete wird
ein flächendeckender Ausbau nicht zu bewerkstelligen sein
3. Zu den einzelnen Normen:
a) § 3 Nr. 26 TKG-E
Der Begriff der „Telekommunikationslinie“ ist mit Blick auf die Neuregelung des § 69 Abs. 1 TKG-E
zentral für die Berechtigung zur Nutzung öffentlicher Wege. Nach der Definition in § 3 Nr. 26 TKE-E
werden alle unter- und oberirdisch geführten Leitungen erfasst. Bei „Betreibermodellen“ verlegen
eine Kommune oder ein Zweckverband Leerrohre, die dann für den Betrieb eines öffentlichen TKNetzes zur Verfügung stehen sollen. Die Begründung zu § 69 Abs. 1 TKG-E (S-55-56) führt diesen
Anwendungsfall explizit auf und spricht dabei von „Leerrohrnetzen“, während in § 3 Nr.26 TKG-E auf
„Kabelkanalrohre“ abstellt.
Um Unklarheiten zu vermeiden sollte – sofern mit „Leerrohren“ und „Kabelkanalrohren“ das Gleiche
gemeint ist - eine einheitliche Terminologie gewählt werden, anderenfalls wären „Leerrohre“ explizit
in den Katalog des § 3 Nr.26 TKG aufzunehmen. Ergänzend oder alternativ ist auch eine Aufnahme
der Eigentümer von Leerrohrnetzen, die der Verlegung von Telekommunikationslinien dienen, in § 69
Abs. 1 TKG-E sinnvoll.
b) § 68 Abs. 3 S. 1 TKG-E
Wir begrüßen, dass das Schriftformerfordernis für die Zustimmung des Trägers der Wegebaulast in
der Neufassung wegfallen soll. Die Maßnahme trägt der erforderlichen deutlichen Beschleunigung
der Antragsbearbeitung Rechnung. Zudem entspricht es technologischer Entwicklung, auch eine
elektronisch übersandte Zustimmung des Wegebaulastträgers ausreichen zu lassen. Vice versa
müssen auch Anträge auf Zustimmung in elektronischer Form möglich sein. Als weitere Maßnahme
zur Beschleunigung des Verfahrens sollte darüber nachgedacht werden, ob die Zustimmung des
Wegebaulastträgers nach Ablauf einer angemessenen Frist nicht als erteilt anzusehen sein sollte.
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c) § 69 Abs. 1 TKG-E
Der BREKO begrüßt ausdrücklich die Erweiterung der Antragsbefugnis auf Eigentümer und Betreiber
öffentlicher Telekommunikationslinien. Die Maßnahme trägt der Entwicklung neuer, arbeitsteiliger
Geschäftsmodelle in der Telekommunikationsbranche Rechnung. Insbesondere zur effektiven
Realisierung und Nichtdiskriminierung von Betreibermodellen ist die Erweiterung der
Aktivlegitimation notwendig und wichtig, Betreibermodelle sind im Entwurf der Förderrichtlinie des
Bundes sowie in der NGA-Rahmenregelung explizit vorgesehen.
Ergänzend oder alternativ wäre auch eine Aufnahme der Eigentümer von Leerrohrnetzen, die der
Verlegung von Telekommunikationslinien dienen in § 69 Abs. 1 TKG-E möglich.
Entsprechend der angepassten Regelung in § 68 Abs. 3 S. 1 sollte in § 69 Abs. 1 S. 1 TKG-E ebenfalls
die Möglichkeit der elektronischen Beantragung des Wegerechts (neben der schriftlichen)
aufgenommen werden
d) § 70 TKG-E
Die Regelung in § 70 Abs. 2 TKG-E entspricht inhaltlich wesentlich der des bisherigen § 70 Satz 1 TKG.
Durch den Verweis auf § 77d TKG wird der Mitverlegungsanspuch für neue Telekommunikationsleitungen auf eine NGA-fähige Infrastruktur, faktisch also Glasfaser, beschränkt. Dies sollte dann der
Klarstellung halber auch direkt in § 70 TKG aufgenommen werden. Dies entspricht auch der Intention
der Kostensenkungsrichtlinie der Kommission. Zudem sollte der Duldungsanspruch aus § 70 TKG-E
entsprechend der bestehenden Regelung des § 70 TKG nur dann zur Anwendung kommen, soweit
eine Verlegung von weiteren TK-Linien aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen ausscheidet.
Weiter ist zu beachten, dass § 70 TKG auch die Rechtsgrundlage für die Duldung der Mitnutzung mit
Blick auf bereits verlegte TK-Linien abgibt. Insoweit wäre ggf. eine Bestandsschutzregelung
aufzunehmen, durch die klargestellt wird, dass die Mitnutzung für bereits verlegte, nicht NGA-fähige
TK-Linien durch die Neuregelung nicht berührt wird.
e) § 77a TKG-E
Der umfangreiche Auskunftsanspruch aus § 77a TKG-E sollte aus Gründen der Prozessökonomie und
zur Vermeidung unverhältnismäßiger Verpflichtungen eingeschränkt werden.
Bereits nach dem heutigen Wortlaut der Vorschrift können sowohl Eigentümer als auch Betreiber
öffentlicher Versorgungsnetze zur Auskunft verpflichtet sein. Das hat bereits bei der
Auskunftsverpflichtung zum Infrastrukturatlas in nicht wenigen Fällen zu einer ineffizienten
Doppelbearbeitung geführt. Diese Fälle würden sich mit der Einführung des in § 77a TKG-E
vorgesehenen Einzelauskunftsanspruchs deutlich erhöhen, wenn der Auskunftsberechtigte sich
gleichzeitig an Eigentümer und Betreiber öffentlicher Versorgungsnetze wenden könnte, weil er sich
dadurch eine schnellere oder sicherere Auskunft erhofft. In § 77a TKG-E sollte daher eine Klarstellung
aufgenommen werden, an wen sich der Auskunftsberechtigte zu wenden hat. Dadurch könnten
unnötige Belastungen, unnötiger Aufwand und Fehler bei der Beantwortung von Anträgen
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vermieden werden. Die Gesetzesbegründung (S.60) verweist darauf, dass Betreiber der geeignete
Adressat für Auskunft ist. Dies sollte dann auch so umgesetzt werden. Eine entsprechende
Eingrenzung des Kreises der Auskunftsverpflichteten sollte bei der Neuregelung des
Infrastrukturatlas in § 77b TKG-E vorgesehen werden.
Die Informationspflicht, die einen Vor-Ort-Termin einschließt, führt bei den auskunftsverpflichteten
Unternehmen zu einem hohen personellen Aufwand. Daher ist eine Regelung zur Kostentragung für
den entstehenden Aufwand aufzunehmen. Dies zumal wegen der geringen Anforderungen an den
Antragsteller (es ist nur das betreffende Gebiet zu bezeichnen) von einer sehr weitgehenden Nutzung
des Informationsanspruchs ausgegangen werden muss. Zumindest anlasslos (also ohne Bezug auf ein
konkretes Ausbauvorhaben) gestellte Anfragen sollten deshalb abgewiesen werden können.
f) § 77c TKG-E
Bei der Regelung der Vor-Ort-Begehung ist der Anspruch auf die Betreiber öffentlicher
Versorgungsnetze zu beschränken (s.o. die Ausführungen zu § 77a TKG). Zudem bleiben die
Voraussetzungen und der notwendige Inhalt eines Antrags auf eine Vor-Ort-Begehung unklar. Der
Gesetzentwurf spricht hier lediglich von „zumutbaren Anträgen“, liefert aber keine Kriterien dafür, in
welchen Fällen ein Antrag „unzumutbar“ wäre. Auch die Begründung zu § 77c TKG-E (S.64 f.) gibt
hierüber wenig Aufschluss, sondern verweist lediglich darauf, dass auf ein „angemessenes Verhältnis
von Informationsbedürfnis einerseits und Untersuchungsaufwand andererseits“ zu achten sei. Die
entsprechende Abwägung sei in jedem Einzelfall vorzunehmen. Da der Antragsteller und der
auskunftsverpflichtete Betreiber Informationsbedürfnis und Untersuchungsaufwand naturgemäß
unterschiedlich einschätzen dürften, ist bereits abzusehen, dass die Regelung zu einer Vielzahl von
(wiederum aufwändigen) Streitbeilegungs- bzw. gerichtlichen Verfahren führen wird. Es ist daher
erforderlich, die Voraussetzungen eines „zumutbaren Antrags“ konkreter zu beschreiben.
Besser wäre es, die Vereinbarung einer gemeinsamen Begehung den Beteiligten zu überlassen. Die
Regelungen zur Begehung, z.B. im Vorfeld der Errichtung eines Schaltverteilers durch die Telekom
Deutschland GmbH oder zur Kollokation von Kabelverzweigern, zeigen, dass eine Begehung in vielen
Fällen vermieden werden könnte, sofern ein entsprechender Informationsaustausch erfolgt. Da aber
eine Vor-Ort-Inspektion für den Infrastrukturinhaber einen zusätzlichen Aufwand auslöst, kann diese
in keinem Fall kostenlos erfolgen. Dabei muss der Personalaufwand in die Kostenberechnung mit
einbezogen werden. Eine kostenfreie Begehung wird durch die Richtlinie auch nicht verlangt. Die für
die Telekom regulierten Entgelte für eine Begehung im Zuge der Errichtung eines Schaltverteilers
bzw. einer KVz-Kollokation könnten als Vergleichsmaßstab herangezogen werden. Für einen
kleineren Betreiber werden Vor-Ort-Untersuchungen ressourcenseitig deutlich schwerer darstellbar
sein.
g) § 77d TKG-E
Die Neuregelung vereinheitlicht zunächst die in Inhalt, Struktur und Wortlaut fast gleichen
bestehenden Regelungen der bisherigen §§ 77c-e TKG zur Mitnutzung von Bundesfernstraßen,
Bundeswasserstraßen und von Eisenbahninfrastruktur, deren Eigentümer sich überwiegend in der
Hand des Bundes oder eines mehrheitlich dem Bund gehörenden Unternehmens befindet. Dies wird
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unter den Gesichtspunkten der Gesetzesökonomie und Transparenz seitens des BREKO ausdrücklich
begrüßt.
Soweit mit der Regelung erstmals ein verbindlicher Mitnutzungsanspruch gegenüber Eigentümern
und Betreibern anderer Versorgungsnetze begründet wird, ist allerdings die Einschränkung
vorzunehmen, dass ein solcher Anspruch nur mit Blick auf bisher nicht mit digitalen
Hochgeschwindigkeitsnetzen erschlossenen Gebieten bestehen kann. Anderenfalls würden sich die
Regelungen - entgegen der in der EU-Richtlinie und dem Gesetzentwurf selbst formulierten
gesetzgeberischen Absicht – nicht investitionsfördernd, sondern im Gegenteil investitionshemmend
auswirken, da jede Investition in eine NGA-Netzinfrastruktur unter der Bedingung der Mitnutzung
durch einen Dritten stünde, der mit einem erheblich geringeren Investitionsaufwand gleichwertige
Dienstleistungen am Markt anbieten könnte. Dies würde sogar unabhängig von der jeweiligen
Marktposition gelten, so dass ein marktbeherrschendes Unternehmen sogar die Mitbenutzung der
von einem nicht marktbeherrschenden Unternehmen errichteten NGA-Infrastruktur verlangen
könnte.
Da eine solche Konstellation nicht nur weit über die Intention und den Regelungsgehalt der
Kostensenkungs-Richtlinie hinausreichen, sondern auch erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen würde, ist der Mitnutzungsanspruch aus § 77d TKG auf Gebiete zu beschränken, in
denen noch keine digitalen Hochgeschwindigkeitsnetze bestehen („weiße NGA-Flecken“). Im Übrigen
sollte der Errichtung und Nutzung NGA-fähiger Infrastrukturen freiwilligen Kooperationen, wie OpenAccess- oder Ko-Finanzierungsmodellen vorbehalten bleiben.
In der als Anlage beigefügten Stellungnahme von Prof. Holznagel (Universität Münster) werden die
erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen einen uneingeschränkten Mitbenutzungsanspruch zutreffend zusammengefasst. Dabei ist ein über die Mitbenutzung in „weißen NGAFlecken“ hinausreichender Zugangsanspruch weder erforderlich noch angemessen. Zweck der
Richtlinie ist es, den Ausbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen zu forcieren. Dieser Zweck ist erfüllt,
wenn in dem betreffenden Gebiet bereits eine NGA-Infrastruktur besteht, so dass ein
entsprechender Eingriff gegenüber dem Ersterschließer nicht gerechtfertigt ist.
Darüber hinaus wäre ein solch weitgehender Mitnutzungsanspruch auch unverhältnismäßig und
stellt einen Eingriff in die durch Art.12 Abs.1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit und das
Eigentumsgrundrecht nach Art.14 Abs.1 GG dar. Durch den in § 77d TKG-E vorgesehenen
umfassenden Mitbenutzungsanspruch wird die Befugnis des Netzbetreibers zur exklusiven Nutzung
seiner Infrastruktur erheblich beschränkt. Durch die dem mitnutzungsberechtigten Betreiber
eröffnete Möglichkeit, auf Basis der Mitnutzung in der betreffenden Region selbst NGA-Anschlüsse
anzubieten, werden die Wettbewerbsbedingungen erheblich zulasten des erschließenden
Unternehmens beeinflusst und die auf eine langfristige Wirtschaftlichkeitsberechnung basierende
Infrastrukturinvestition entwertet. Da sich die Mitnutzung zudem nicht auf die gesamte Infrastruktur
richten muss, sondern auf einzelne besonders attraktive Teile beschränkt werden kann, würden
zudem „cherry-picking“-Strategien zulasten des erschließenden Unternehmens ermöglicht.
Für die Einzelheiten der verfassungsrechtlichen Betrachtung verweisen wir auf die anliegend
beigefügte Stellungnahme von Prof.Holznagel.
Um dem auf die Erschließung „weißer NGA-Flecken“ ausgerichteten Zweck der Richtlinie zu
entsprechen sollte § 77d Abs. 1 S. 1 um folgenden Halbsatz ergänzt werden: „wenn dadurch ein
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Gebiet erstmalig mit digitalen Hochgeschwindigkeitsnetzen erschlossen werden kann.“ Entsprechend
wäre auch Satz 2 Nr. 3 um das Wort „erstmalig“ zu ergänzen
h) § 77d Abs. 2 TKG-E
§ 77d Abs. Abs.2 TKG-E soll die Mindestanforderungen an das vom Infrastrukturinhaber auf Anfrage
abzugebende Angebot beschreiben. Die Regelung bleibt allerdings sehr allgemein. Auch die
Gesetzesbegründung liefert kaum Anhaltspunkte. Ist aber der Mindestinhalt des abzugebenden
Angebots nicht konkret definiert, könnte schon dies zu einer Vielzahl aufwändiger
Streitbeilegungsverfahren führen.
Die Auswirkungen einer Mitnutzung auf den Business-Case des Infrastrukturinhabers müssen in
Betrachtung „fairer und angemessener Bedingungen“ mit einfließen können.
i) § 77d Abs. 4 S. 1 TKG-E
Es ist nicht ersichtlich warum freiwillig ausgehandelte Vereinbarungen zwischen dem
Verpflichtenden und einem Mitnutzungsnachfrager der BNetzA vorgelegt werden sollen. Dies stellt
einen nicht erforderlichen Eingriff in die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der betroffenen
Unternehmen dar. Sofern eine diskriminierende Behandlung eines anderen Zugangsnachfragers
befürchtet wird, würde es ausreichen, wenn sich die BNetzA anlassbezogen in einem konkreten
Streitbeilegungsverfahren Verträge des betreffenden Infrastrukturinhabers mit anderen
Unternehmen vorlegen lässt.
h ) § 77f TKG-E
Nach § 77f TKG-E können Eigentümer oder Betreiber öffentlicher Versorgungsnetze Einnahmen aus
Mitnutzungen von der Berechnungsgrundlage für Endnutzertarife ihrer Haupttätigkeit ausnehmen.
Dies ist grundsätzlich zu begrüßen, weil anderenfalls Endnutzertarife im Kerngeschäft des
verpflichteten Unternehmens durch Einnahmen aus einer telekommunikationsrechtlich begründeten
Verpflichtung quersubventioniert würden.
i) §77g TKG-E
§ 77g Abs.2 TKG beschreibt die Gründe, aus denen eine Mitnutzung abgelehnt werden darf. Der
Katalog der Ablehnungsgründe ist dabei abschließend. Da die Erfahrung mit Mitnutzungen bisher
fehlt, erscheint eine abschließende Regelung aber als nicht sachgerecht. Es ist zu erwarten, dass in
der Praxis weitere Konstellationen auftreten werden, bei denen eine Mitnutzung entweder nicht
möglich, unzumutbar oder jedenfalls nicht zweckdienlich ist. Um einen schnellen Anpassungsbedarf
des Gesetzes zu vermeiden, sollte daher eine offenere Gestaltung gewählt werden. Auch Art. 3 Abs.
3 der Richtlinie, der die europarechtliche Basis für die Vorschrift des § 77g TKG-E darstellt, adressiert
ebenfalls nur Regelbeispiele und keinen abschließenden Katalog.
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Im Sinne der Förderung von Open-Access-Kooperationen begrüßen wir, dass § 77g Abs. 2 Nr. 6 TKG-E
dem Infrastrukturinhaber die Möglichkeit einräumt, statt einer Mitnutzung geeignete
Vorleistungsprodukte anzubieten. Der Klarstellung halber sollten besonders marktübliche
Vorleistungen, wie ein Bitstromzugang oder die Nutzung von „Dark Fibre“ als Regelbeispiele für eine
„tragfähige Alternative“ explizit in der Vorschrift genannt werden.
Entscheidend für das Zugangsverweigerungsrecht muss es sein, dass dem Antragsberechtigten ein
tragfähiges alternatives Angebot zur Verfügung steht – von wem dies unterbreitet wird, muss dabei
unerheblich sein. Eingriffe in bestehende Netznutzungsverträge können damit abgemildert werden. §
77g Abs.2 Nr. 6 könnte daher um die Worte „oder ein Dritter“ ergänzt werden.
Redaktionell sollte das Wort „Mitnutzung“ in § 77g Abs.2 Nr.6 Zeile 4 durch „Alternative“ oder
„Vorleistung“ ersetzt werden, da es im vorliegenden Zusammenhang gerade nicht um die
Mitnutzung, sondern um deren Substitution geht.
j) § 77h und § 77i Koordinierung von Bauarbeiten
Die Koordinierung von Bauarbeiten kann sinnvoll sein, um mehrfache Grabungsarbeiten zu
vermeiden. Einige Bundesländer (z.B. Niedersachsen) haben dazu eigene Baustellenatlanten
aufgesetzt. Der Prozess für die Koordinierung sollte einheitlich geregelt werden, um die Einführung
paralleler Prozesse und Mehraufwände bei Unternehmen zu vermeiden, die in mehreren
Bundesländern tätig sind.
§77i Abs. 6 TKG schreibt für „ganz oder teilweise aus öffentlichen Mitteln finanzierte Bauarbeiten für
die Bereitstellung von Verkehrsdiensten“ sowie bei der Erschließung von Neubaugebieten die
bedarfsgerechte Mitverlegung von Leerrohren vor. Diese Maßnahme erscheint mit Blick auf den
zukunftsorientierten Ausbau mit FTTB/H als grundsätzlich sinnvoll. Allerdings darf die spätere
Nutzung der Leerrohrkapazitäten nicht willkürlich erfolgen und muss wettbewerblichen Grundsätzen
entsprechen.
k) § 77k TKG-E
Im Rahmen des § 77k TKG-E wären die „hochgeschwindigkeitsfähigen gebäudeinternen
Infrastrukturen“ noch zu definiere. Fallen hierunter auch Inhouse-Kupfernetze, die z.B. mit „G.fast“
ertüchtigt werden könnten ?
l) § 77n TKG
§ 77n TKG behandelt das Streitschlichtungsverfahren bei der BNetzA für den Fall, dass es zu keiner
Einigung über die Mitnutzung kommt. Die BNetzA entscheidet über die Mitnutzung und deren
Bedingungen, einschließlich eines „fairen und angemessenen“ Mitnutzungsentgeltes (§ 77n Abs.2
TKG-E). Die Vorgaben für die Entgeltbemessung („fair und angemessen“) sind nicht ausreichend
konkret. Das Gesetz sollte die Maßstäbe für die Festlegung der Entgelte genauer vorgeben, so dass
anerkannte betriebswirtschaftliche Erwägungen abgebildet werden können. Anderenfalls wird die
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Planungsunsicherheit zu einem Investitionshindernis werden und es ist mit unnötigen Streitigkeiten
und Verfahren zu rechnen. Die Festlegung „fairer und angemessener“ Entgelte sollte auch die
Marktpositionen des Mitnutzungsverpflichteten und des Nachfragers auf dem Breitbandmarkt
berücksichtigen.
Bei der speziellen Regelung in Bezug auf die Mitnutzung von TK-Netzen in § 77n Abs. 3 ist
hervorzuheben, dass auch ausweislich der Gesetzesbegründung (S.85) die besonderen Effekte einer
„TK-marktinternen Mitnutzung“ gesehen werden und die Ziele des § 2 Abs.2 TKG, die Auswirkungen
auf vor- und nachgelagerte Märkte sowie Anreizwirkungen für Investitionen in den Breitbandausbau
berücksichtigt werden sollen. Entsprechend müssen für marktmächtige Unternehmen andere
Maßstäbe greifen als für Unternehmen ohne besondere Marktmacht. Einen Vorschlag hierzu
unterbreitet Prof Holznagel unter Ziffer III.2 der als Anlage beigefügten Stellungnahme. Gleichwohl
bleiben die inhaltlichen Vorgaben im Entwurf zu viel zu vage („Chance auf Kostendeckung“,
„Berücksichtigung der Folgen auf Geschäftsplan und Investitionen“). Hier sind genauere Vorgaben
notwendig, zudem muss die Art und Weise der Berücksichtigung verbindlich geregelt werden.
Der Anwendungsbereich von Absatz 3 ist bislang begrenzt auf die „Mitnutzung eines öffentlichen TKNetzes“. Dies sollte
um die Formulierung „oder ein diesbezüglich geltend gemachtes
Verweigerungsrecht im Sinne von § 77g Abs. 2“ ergänzt werden, damit die TK-rechtlichen
Besonderheiten auch im Falle der Entscheidung über eine verweigerte Mitnutzung oder der
Angemessenheit einer Alternativlösung berücksichtigt werden können.
Sofern durch Mitnutzungsansprüche in bestehende Verträge zwischen Eigentümern oder Betreibern
öffentlicher Versorgungsnetze, Telekommunikationsdiensteanbietern und Telekommunikationsnetzbetreibern eingegriffen wird, müssen bei der Festlegung der fairen und angemessenen Bedingungen
auch die wirtschaftlichen Auswirkungen auf den Vertragspartner berücksichtigt werden können.
Denn Telekommunikationsanbieter können auch dadurch betroffen sein, dass Zugangsansprüche ihre
Rechte aus Verträgen, etwa Netznutzungsverträgen oder Kooperationsverträgen, entwerten.
4. Zusammenfassung
Die Intention der Kostensenkungsrichtlinie und des vorliegenden Gesetzentwurfs, den Ausbau
digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze durch die Mitnutzung mitverlegungsfähiger Infrastrukturen zu
fördern, ist vom Grundsatz her zu begrüßen. Dabei sollten zum einen verhandelte Lösungen stets den
Vorrang vor regulierten Zugängen genießen. Es ist daher richtig, ernsthafte Verhandlungen als
Voraussetzung für ein Schlichtungsverfahren bei der BNetzA vorzusehen.
Im Sinne einer verfassungs- und richtlinienkonformen Umsetzung der EU-Vorgaben ist insbesondere
die Mitnutzung von TK-Infrastrukturen auf „weiße NGA-Flecken“ zu begrenzen. Diese zu schließen ist
der ausdrückliche Zweck der Kostensenkungs-Richtlinie. Darüber hinausgehende Zugangsansprüche
- jedenfalls soweit die TK-Infrastruktur nicht marktbeherrschender Betreiber betroffen ist – wären
unverhältnismäßig und stoßen auf erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken.
Schließlich dürfen die durch eine Mitnutzung branchenfremder Infrastrukturen zu erreichenden
Synergieeffekte nicht überschätzt werden. Unterschiedliche Netztopologien und –zugangspunkte
führen erfahrungsgemäß oft dazu, dass eine Mitnutzung durch einen TK-Netzbetreiber dessen
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Kostensituation nicht wirklich positiv beeinflusst. Ein „Patchwork-Ausbau“ würde in vielen Fällen
teurer kommen als ein kompletter Neubau durch das TK-Unternehmen. Allerdings kann es im
konkreten Einzelfall Konstellationen geben, in denen eine Mitnutzung vorhandener
Versorgungsinfrastrukturen einen kostensenkenden Effekt haben kann.
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