Das Geschehen auf der Autobahn Strafbarkeit des A I. § 113 I StGB

Professor Dr. Gerhard Dannecker
Hausarbeit
Sommersemester 2015
Übung im Strafrec ht für Fortgeschrittene
Tatkomplex 1: Das Geschehen auf der Autobahn
Strafbarkeit des A
I. § 113 I StGB
1. Objektiver Tatbestand
 zur Vollstreckung berufener Amtsträger (+)
 Vollstreckungshandlung nach § 113 StGB (+)
 Widerstand mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt (§ 113 I
Alt. 1 StGB) oder tätlicher Angriff (Alt. 2)
 (-), A hat nur mit Selbstverbrennung gedroht
 dem doppelten Schutzzweck des § 113 StGB (Schutz staatlicher
Vollstreckungshandlungen und Schutz der dazu berufenen
Organe) entsprechend muss sich die angekündigte Gewalt
gegen den Vollstreckenden wenden
Keine Drohung mit einer durch tätiges Handeln gegen die
Person des Vollstreckenden gerichteten Kraftäußerung
2. Ergebnis: § 113 I StGB (-)
II. § 240 StGB
1. Objektiver Tatbestand
 Nötigungshandlung: Drohung mit einem empfindlichen Übel (+)
 Nötigungserfolg: Sich-Entfernen des P (+)
2. Subjektiver Tatbestand (+)
3. Rechtswidrigkeit
 keine Rechtfertigungsgründe (+)
 Verwerflichkeit i.S.d. Zweck-Mittel-Relation (+)
4. Schuld (+)
5. (P) Rückgriff auf § 240 StGB möglich, wenn § 113 StGB wegen
Fehlens der geforderten Tathandlung ausscheidet?
 tvA/ Rspr: Rückgriff auf § 240 StGB zulässig, aber Strafrahmen des
§ 113 StGB
 Arg: Strafbarkeitslücken schließen
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 Kritik: § 113 StGB wird unterlaufen; Strafrahmen von § 113
StGB und § 240 StGB mittlerweile identisch
 hM: keine Anwendung des § 240 StGB, wenn die Nötigungsmittel
unterhalb der Schwelle des § 113 StGB bleiben
 Arg: nur so kann die Privilegierungsfunktion des § 113 StGB
erhalten werden; anderenfalls könnte § 113 StGB, der
nunmehr einen identischen Strafrahmen wie § 240 StGB
aufweist, aus dem Strafgesetzbuch gestrichen werden, weil
ihm kein eigener Anwendungsbereich verbleiben würde;
daher lässt sich aus der weiteren Existenz des § 113 StGB
eine Sperrwirkung gegenüber § 240 StGB herleiten
6. Ergebnis: § 240 StGB (-)
III. Ergebnis
A ist im ersten Tatkomplex straflos.
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Tatkomplex 2: Das Geschehen in der Kneipe
A. Strafbarkeit des C
I. § 113 StGB
 (-),keine Vollstreckungshandlung des P, weil dieser als Privatperson (und
gerade nicht in seiner Funktion als Vollstreckungsbeamter!) in einer
Kneipe ein Feierabendbier zu sich nimmt
II. § 223 I StGB
1. Objektiver Tatbestand
 Tathandlung iSd § 223 StGB (-), in dubio pro reo
2. Ergebnis: § 223 StGB (-)
III. § 231 I StGB
1.Objektiver Tatbestand (+)
 Schlägerei oder von mehreren verübter Angriff (+)
 Beteiligt (+)
2. Subjektiver Tatbestand (+)
3. Objektive Bedingung der Strafbarkeit (+)
 Tod oder schwere Folge gem. § 226 StGB (+)
 Verursachung der schweren Folge durch die Schlägerei/ den
Angriff (+)
4. Strafbarkeitsausschluss gem. § 231 II StGB (-)
5. Rechtswidrigkeit und Schuld (+)
6. Ergebnis: § 231 I StGB (+)
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IV. Ergebnis: C ist strafbar gem. § 231 I StGB.
B. Strafbarkeit des B
I. § 113 I StGB (-), s.o.
II. § 223 I StGB (-), in dubio pro reo
III. § 231 I StGB
1. Tatbestand (+)
2. Objektive Bedingung der Strafbarkeit (+)
(P) Zurechnung des Erfolges einer Schlägerei, der nach Verlassen der
Schlägerei eintritt
 MM: Täter muss im Zeitpunkt des Eintritts der schweren Folge an
der Schlägerei beteiligt sein
 Arg: Das Gesetz stellt auf das Risiko ab, das sich im Erfolg
manifestiert hat. Dieses muss der Täter geschaffen
haben.
 hL + Rspr: Entscheidend ist allein, dass sich der Täter überhaupt an
der die schwere Folge verursachenden Schlägerei beteiligt hat.
 Arg: § 231 StGB ist ein reines Gefährdungsdelikt;
Strafgrund ist die abstrakte Gefährlichkeit einer
Schlägerei zwischen mehr als 2 Personen; daher ist die
schwere Folge nicht Tatbestandsvoraussetzung, sondern
objektive Bedingung der Strafbarkeit; ein ursächlicher
Beitrag des Täters bzgl. der schweren Folge ist gerade
nicht erforderlich
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4. Strafbarkeitsausschluss gem. § 231 II StGB (-)
5. Rechtswidrigkeit und Schuld (+)
6. Ergebnis: § 231 I StGB (+)
IV. Ergebnis: B ist strafbar gem. § 231 I StGB.
C. Strafbarkeit des A
I. § 113 I StGB (-), s.o.
II. § 212 I StGB (-), kein Tötungsvorsatz
III. §§ 223 I, 224 I Nr. 2, 4, 5 StGB durch gezielten Tritt mit dem beschuhten
Fuß
1. Objektiver Tatbestand
 Tathandlung iSd § 223 StGB (+)
 Schuh als gefährliches Werkzeug iSd § 224 I Nr. 2 StGB?
 gemeinschaftlich, § 224 I Nr. 4 StGB (-)
 das Leben gefährdende Behandlung, § 224 I Nr. 5 StGB (+)
2. Subjektiver Tatbestand (+)
3. Rechtswidrigkeit und Schuld (+)
4. Ergebnis: §§ 223 I, 224 I Nr. 2, 5 StGB (+)
IV. § 227 I StGB
1. Tatbestand
 Körperverletzung (+)
 Fahrlässige Todesherbeiführung (+)
 Kausalität zwischen Tritt und Tod (+)
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 Unmittelbarkeitszusammenhang/ gefahrspezifischer
Zusammenhang (-)
(P) Knüpft § 227 StGB an den Körperverletzungserfolg oder an
die Körperverletzungshandlung an?
o Letalitätstheorie (frühere Rspr. + tvA):
Körperverletzungserfolg
 Arg: hohe Strafandrohung ab 3 Jahre
o Neue Rspr. + hL: Körperverletzungshandlung
 Wortlaut des § 227 StGB
 der Körperverletzungshandlung sind spezifische
Gefahren immanent
o kein Streitentscheid, da Körperverletzung Ursache der
schweren Folge war.
o Keine Gefahrrealisierung, des Tritts, Handlung eines
Dritten hat die tödliche Folge herbeigeführt
2. Ergebnis: § 227 I StGB (-)
V. §§ 227 I, 13 StGB (-), hier wird die Gefahr nicht durch das Ausbleiben der
gebotenen Handlung geschaffen, sondern durch den vorherigen Tritt gegen
den Oberkörper. Daher kann nur an dieses positive Tun angeknüpft werden.
VI. § 222 StGB (+)
1. Tatbestandsmäßigkeit (+)
 Erfolgseintritt (+)
 Kausalität (+)
 Sorgfaltspflichtverletzung (+)
 Pflichtwidrigkeitszusammenhang (+)
(P) Wegfall der objektiven Zurechenbarkeit wegen
eigenverantwortlichen Dazwischentretens eines Dritten?
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 eA: Adäquanzzusammenhang: Zurechnung entfällt nur,
wenn das Dazwischentreten eines eigenverantwortlich
handelnden Dritten so sehr außerhalb der allgemeinen
Lebenserfahrung liegt, dass mit ihm vernünftigerweise nicht
mehr zu rechnen war, oder in Fällen, in denen der später
Handelnde an die vorausgehende Tat überhaupt nicht
anknüpft
 Arg: Die weite Äquivalenztheorie bedarf eines
einschränkenden Korrektivs. Nur wenn die fahrlässig
gesetzte Bedingung bis zum Erfolg tatsächlich
fortwirkt und das Eingreifen des Dritten im Bereich
des Vorhersehbaren lag, darf eine strafrechtliche
Haftung begründet werden.
 Pflichtwidrigkeitszusammenhang (+), da bei einer
Schlägerei typischerweise mit dem Dazwischentreten
von Dritten zu rechnen ist
 aA: Abgrenzung der Verantwortungsbereiche der Beteiligten
 Verantwortung des Erstverursachers endet, wenn ein
Dritter vollverantwortlich eine neue, selbstständig auf
den Erfolg hinwirkende Gefahr begründet, die sich
dann allein im Erfolg realisiert.
 Pflichtwidrigkeitszusammenhang ist ausnahmsweise
zu bejahen, wenn der Täter die rechtlich relevante
Gefahr durch Verletzung von Sicherheitsvorschriften
schafft, die gerade dem Schutz vor Vorsatz- oder
Fahrlässigkeitstaten Dritter dienen, oder wenn das
Verhalten des Dritten so spezifisch mit der
Ausgangsgefahr verbunden ist, dass es bereits als
typischerweise in der Ausgangsgefahr begründet
erscheint
 Arg: Sinn und Zweck strafrechtlicher Normen ist die
Vermeidung vorhersehbarer und beherrschbarer
Erfolge. Diese Beherrschbarkeit endet, wenn eine
andere vollverantwortlich handelnden Person dessen
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Entschluss durch ihren eigenen ersetzt und dies nicht
als typische Folge des Handelns vorhersehbar ist.
 Streitentscheid: Selbst bei Abschichtung nach objektiven
Verantwortungsbereichen ist trotz des Dazwischentretens eines
vorsätzlich handelnden Dritten objektive Zurechenbarkeit
gegeben, wenn das Verhalten des Dritten so spezifisch mit der
Ausgangslage verbunden ist, dass es bereits typischerweise in
der Ausgangsgefahr begründet erscheint. Der Sturz und das
Sich-Aufrichten im Rahmen einer Schlägerei schafft
typischerweise die Gefahr, dass ein anderer Teilnehmer der
Schlägerei die entstandene wehrlose Lage zu eigenen
Vorsatztaten ausnutzt.
2. Rechtswidrigkeit und Schuld (+)
3. Ergebnis: § 222 StGB (+)
VII. § 231 I StGB (+)
VIII. Konkurrenzen
o A hat sich strafbar gemacht nach §§ 223, 224 I Nr. 2, 5 StGB, § 222 StGB
und § 231 StGB, die in Idealkonkurrenz gem. § 52 StGB stehen.
D. Gesamtergebnis TK 2
o A ist strafbar gem. § 222, 224 I Nr. 2, § 231 I, 52 StGB.
o B ist strafbar gem. § 231 I StGB.
o C ist strafbar gem. § 231 I StGB.
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Tatkomplex 3: Die Autofahrt
A. Strafbarkeit des A auf der Heimfahrt vor dem Zwischenfall an der Ampel
gem. § 316 I StGB
I. Objektiver Tatbestand
 Führen eines Fahrzeuges im Straßenverkehr (+)
 Fahruntüchtigkeit (+)
(P) Alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit
o relative Fahruntüchtigkeit unter 1,1 Promille, aber
alkoholbedingte Fahrfehler oder Ausfallerscheinungen
o ab 1,1 Promille absolute Fahruntüchtigkeit; kein
Gegenbeweis
o A hatte 1,3 Promille.
II. Subjektiver Tatbestand (+)
III.
IV.
V.
 Wissen um Fahrunsicherheit oder damit rechnen und sich
Abfinden mit dieser Möglichkeit
 A hat wollte sein Auto zunächst bei der Kneipe stehen lassen, hat
diesen Entschluss jedoch auf Grund des Drängens des C verworfen.
Daraus lässt sich schließen, dass er mit seiner alkoholbedingten
Fahruntüchtigkeit gerechnet hat und sich damit abgefunden hat.
Rechtswidrigkeit
 Rechtfertigende Einwilligung des C (-), da alleiniges Schutzgut des
§ 316 I StGB allgemeine Sicherheit des Straßenverkehrs
 Keine Dispositionsbefugnis
Schuld (+)
Ergebnis: § 316 I StGB (+)
B. Strafbarkeit des C auf der Heimfahrt vor dem Zwischenfall an der Ampel
gem. §§ 316, 26 StGB (+)
I. Objektiver Tatbestand
 Vorsätzlich begangene rechtswidrige Haupttat (+)
 Bestimmen (+)
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II. Subjektiver Tatbestand
 Vorsatz bzgl. vorsätzlich begangener rechtswidriger Haupttat (+)
 Vorsatz bzgl. Bestimmen (+)
III. Rechtswidrigkeit und Schuld (+)
IV. Ergebnis: §§ 316, 26 StGB (+)
C. Strafbarkeit des A durch Fortsetzung der Fahrt inklusive Zwischenfall an der
Ampel
I. § 315 c I Nr. 1 a StGB (-)
1. Objektiver Tatbestand (-)
 Führen eines Fahrzeugs im Straßenverkehr (+)
 Fahruntüchtigkeit (+)
 konkrete Gefährdung für Leib und Leben eines anderen oder für
eine Sache eines anderen von bedeutendem Wert
(P1) Beifahrer als Gefährdungsopfer?
o Frühere Rspr: (+),Mitfahrt im PKW eines alkoholisierten
Fahrers begründet eine Gefahr
o Heutige Rspr. + hL: nur bei Beinahe-Unfall, bei dem der
Ausgang bei lebensnaher objektiver Betrachtung nur noch
vom Zufall abhängt – liegt vor
o kein Streitentscheid, da konkrete Gefahr gegeben
(P2) Gehören tatbeteiligte Mitfahrer zu dem durch § 315 c
geschützten Personenkreis?
o MM: (+), weil der Wortlaut des § 315 c StGB keine
Beschränkung auf Tatfremde enthält
o Rspr. + hL: (-), Tatbeteiligte nehmen am Rechtskreis des
Täters teil und stehen daher nicht stellvertretend für die
Allgemeinheit
2. Ergebnis: § 315 c I Nr. 1 a StGB (-)
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II. § 316 I StGB (+)
III. § 223 I StGB (-), mangels Vorsatz
IV. § 229 StGB
1. Tatbestand (+)
 Köperverletzung (+)
 Gesundheitsschädigung (+)
 Sorgfaltspflichtverletzung (+)
 Pflichtwidrigkeitszusammenhang
 Freiverantwortliche Selbstgefährdung des C?
 (P) Abgrenzung zwischen Selbst- und Fremdgefährdung
 bei der Fremdgefährdung kann nach hM der Erfolg zugerechnet
werden, die Rechtswidrigkeit kann jedoch bei Vorliegen einer
Einwilligung entfallen
 Maßgebliches Kriterium zur Abgrenzung zwischen Selbst- und
Fremdgefährdung ist die Tatherrschaft. Bei einer Autofahrt hat
ab dem Zeitpunkt des Losfahrens allein der Fahrer die
Tatherrschaft. Damit liegt eine Fremdgefährdung vor, sodass
der Körperverletzungserfolg dem A zurechenbar ist.
2. Rechtswidrigkeit (-)
 Einwilligung(+)
3. Ergebnis: § 229 StGB (-)
VI. Ergebnis
A ist strafbar gem. § 316 I StGB.
D. Strafbarkeit des C bei Fortsetzung der Fahrt inklusive Zwischenfall an der
Ampel
I. §§ 316, 26 (+)
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II. Ergebnis: C hat sich gem. §§ 316, 26 StGB strafbar gemacht.
E. Strafbarkeit des R
I. § 303 StGB (-), mangels Vorsatz
II. § 142 I Nr. 1 StGB (-)
1. Objektiver Tatbestand (+)
 Unfall im Straßenverkehr (+)
 Unfallbeteiligter iSd § 142 V StGB (+)
 Entfernen ohne Ermöglichung der Feststellung seiner Person,
seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung (+)
2. Subjektiver Tatbestand (-)
 R war beim Verlassen des Unfallorts nicht bekannt, dass er einen
Unfall verursacht hat, ihm war auch nicht klar, dass er möglicherweise
an einem Unfall beteiligt war
3. Ergebnis: § 142 I Nr. 1 StGB (-)
III. § 142 II Nr. 2 StGB
 Objektiver Tatbestand
 Unfall im Straßenverkehr (+)
 Unfallbeteiligter iSd § § 142 V StGB
 berechtigtes oder entschuldigtes Entfernen
(P) Ist das unvorsätzliche Entfernen dem berechtigten oder
entschuldigten Entfernen gleichgestellt?
o Frühere Rspr: (+), weil der Begriff „entschuldigt“ nicht im
dogmatischen Sinn zu verstehen sei, sondern weit
auszulegen sei, sodass darunter auch das vorsatzlose
Handeln falle
o HL + BVerfG: (-); Verstoß gegen Analogieverbot
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 Ergebnis: § 142 II Nr. 2 StGB (-)
IV. Ergebnis: R ist straflos.
F. Gesamtergebnis TK 3
 Bezüglich der Strafbarkeit von A und C gem. § 316 I StGB liegt jeweils nur
eine Straftat nach § 316 StGB vor. Demnach hat sich A nach § 316 I StGB
strafbar gemacht und C nach §§ 316 I, 26 StGB.
 R ist straflos.
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Tatkomplex 4: Das Strafverfahren
A. Strafbarkeit des Z
I. § 154 StGB
1. Objektiver Tatbestand (-)
 Falschaussage (-)
o hM (objektive Theorie): Aussage ist falsch, wenn sie
inhaltlich nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt.
 Die Frage des Richters zielte ausschließlich auf das
subjektive Vorstellungsbild des Zeugen, weil allein
seine Erinnerung abgefragt wurde.
 Sofern der Zeuge sein Vorstellungsbild bezüglich
Tatzeit und Tatort seinen Erinnerung entsprechend
wiedergibt, liegt nach der objektiven Theorie keine
Falschaussage vor.
o Subjektive Theorie: Eine Aussage ist nur dann falsch, wenn
sie inhaltlich nicht mit dem Vorstellungsbild des
Aussagenden deckt.
 Die Aussage des Z deckt sich mit seinem
Vorstellungsbild, daher liegt auch nach der
subjektiven Theorie keine Falschaussage vor.
o Pflichttheorie: Entscheidend ist, ob der Aussagende bei
kritischer Prüfung der Erinnerung bzw. der Wahrnehmung
das Auseinanderfallen von Aussageinhalt und Wirklichkeit
hätte erkenne können.
 Auch nach dieser Auffassung liegt keine Falschaussage
des Z vor.
o Streitentscheid: nicht erforderlich, da nach allen
Auffassungen keine Falschaussage vorliegt.
2. Ergebnis: § 154 StGB (-)
II. § 161 StGB (-), weil Z sein Vorstellungsbild richtig wiedergibt.
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III. Ergebnis: Z ist straflos.
B. Strafbarkeit des E
I. § 153 StGB (+)
1. Objektiver Tatbestand
 Zeuge (+)
 falsche uneidliche Aussage (+)
 vor Gericht (+)
2. Subjektiver Tatbestand (+)
3. Rechtswidrigkeit und Schuld (+)
4. Ergebnis: § 153 StGB (+)
II. Ergebnis: E ist strafbar gem. § 153 StGB.
C. Strafbarkeit des A bzgl. der „Anstiftung“ des E
I. §§ 153, 26
1. Objektiver Tatbestand
 Vorsätzlich begangene rechtswidrige Haupttat (+)
 Bestimmen (-)
 E war omnimodo facturus
3. Ergebnis: §§ 153, 26 (-)
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II. §§ 153, 159, 30 I StGB (+)
1. Vorprüfung
 Keine Vollendung (+), E war zur Tatbegehung bereits
entschlossen und konnte daher nicht dazu bestimmt werden
 Strafbarkeit des Versuchs (+), §§ 159, 30 I StGB
2. Tatentschluss
 Tatentschluss bzgl. vorsätzlich begangener rechtswidriger
Haupttat des E (+)
 Tatentschluss bzgl. Bestimmen (+)
3. Unmittelbares Ansetzen (+)
4. Rechtswidrigkeit und Schuld (+)
5. Rücktritt (-), dafür hätte A die wahrheitswidrige Aussage des E
verhindern müssen
6. Ergebnis: §§ 153, 159, 30 I StGB (+)
III. Ergebnis: A ist strafbar gem. §§ 153, 159, 30 I StGB.
D. Strafbarkeit der F
I. § 153 StGB
1. Objektiver Tatbestand
 Zeuge (+)
 falsche uneidliche Aussage (+)
 vor Gericht (+)
2. Subjektiver Tatbestand (+)
3. Rechtswidrigkeit (+)
4. Schuld
 § 35 I 1 StGB (-), da A durch seine Straftat die Notstandssituation
selbst herbeigeführt hat, sodass er nach § 35 I 2 StGB zur Duldung
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verpflichtet ist; diese Duldungspflicht besteht auch gegenüber
nahestehenden Angehörigen
5. Strafmilderung gem. § 157 StGB (-), da F nicht Angehörige des A iSd §
11 I Nr.1 StGB ist
6. Ergebnis: § 153 StGB (+)
II. § 258 I StGB
1. Objektiver Tatbestand
 Verfolgungsvereitlung (+), da der A auf Grund der Aussage der F
freigesprochen wird
2. Subjektiver Tatbestand (+)
3. Rechtswidrigkeit und Schuld (+)
4. Strafausschließung gem. § 258 VI StGB (-), da F keine Angehörige gem.
§ 11 I Nr. 1 ist
5. Ergebnis: § 258 I StGB (+)
III. § 145 d II Nr. 1 StGB
1. Objektiver Tatbestand
 Täuschung über den Beteiligten an einer rechtswidrigen Tat
(P) Reicht es für § 145 d II Nr. 1 StGB aus, dass durch das
Verschaffen eines Alibis impliziert wird, dass ein anderer die Tat
begangen haben muss?
o tvA: Das Verschaffen eines Alibis genügt, weil den
Strafverfolgungsbehörden hierdurch ein höherer
Ermittlungsaufwand entsteht.
o hM: Nicht jede Erschwerung der Ermittlung reicht. Wird
lediglich ein Alibi zu Gunsten einer Person gestellt, wird
dadurch nicht automatisch eine konkrete falsche Fährte zu
Lasten eines Dritten gelegt.
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o Streitentscheid zu Gunsten der hM, sodass die Täuschung
über den Beteiligten an einer rechtswidrigen Tat zu
verneinen ist.
2. Ergebnis: § 145 d II Nr. 1 StGB (-)
IV. Konkurrenzen
 F hat sich gem. § 153 StGB und § 258 StGB strafbar gemacht, die in
Idealkonkurrenz zueinander stehen.
E. Strafbarkeit des A bzgl. der „Anstiftung“ der F
I. §§ 153, 26 StGB
1. Objektiver Tatbestand
 Vorsätzlich begangene rechtswidrige Haupttat (+)
 Bestimmen (+)
2. Subjektiver Tatbestand
 Vorsatz bzgl. des Bestimmens (+)
 Vorsatz bzgl. der vorsätzlich begangenen rechtswidrigen Haupttat
 (-), A ging davon aus, die F sei gutgläubig und sage daher
unvorsätzlich falsch aus
 A hat Vorsatz bzgl. einer „mittelbaren Täterschaft“, die es im
Rahmen der Aussagedelikte jedoch nicht gibt
 einen Anstiftungswillen des A kann man nur dann
annehmen, wenn man vertritt, dass dieser als
wesensgleiches Minus vom Täterwillen erfasst ist
 aber: dadurch die Privilegierung des § 160 StGB unterlaufen
wird (§ 160 StGB erfasst Fälle der „mittelbaren Täterschaft“
im Rahmen der Aussagedelikte, die es als solche nicht gibt);
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die Strafandrohung des § 160 StGB liegt unter der des §§
153, 26 StGB
 kein Vorsatz bzgl. der vorsätzlich begangenen
rechtswidrigen Haupttat
3. Ergebnis: §§ 153, 26 StGB (-)
II. § 160 I StGB
1. Objektiver Tatbestand
 Verleiten eines anderen zu einer falschen uneidlichen Aussage (+)
 (P) Ist eine Vollendungsstrafbarkeit gem. § 160 StGB möglich,
wenn der Hintermann nur Gutgläubigkeit des Aussagenden
annimmt und der Aussagende in Wahrheit bösgläubig ist?
o BGH: vollendete Verleitung zum Falscheid nach § 160 I StGB
 Arg: der Verleitende hat die Gefährdung der
Rechtspflege als von ihm gewollten Erfolg durch
Herbeiführung einer objektiv falschen Aussage
erreicht
 Kritik: objektiver und subjektiver Tatbestand werden
nach dieser Auffassung unterschiedlich ausgelegt;
objektiv reicht es aus, eine Falschaussage
hervorzurufen, und nur subjektiv muss man einen
Gutgläubigen zu einer Falschaussagen verleiten
wollen; subjektiver und objektiver Tatbestand müssen
eigentlich deckungsgleich sein, es sei denn, es steht
etwas anderes im Gesetz, was hier nicht der Fall ist
o tvA: Wenn der Hintermann den Aussagenden
fälschlicherweise für gutgläubig hält, ist eine Vollendung
gem. § 160 StGB nicht möglich; es kommt nur eine
Versuchsstrafbarkeit gem. § 160 II StGB in Betracht
 Arg: bei Bösgläubigkeit liegt ein Exzess des
Vordermannes vor, da das vollendete Verleiten in
Parallele zur mittelbaren Täterschaft die
Gutgläubigkeit des Aussagenden voraussetzt
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 Kritik: § 160 StGB sollte diejenigen Fälle erfassen, die
nicht bereits von der Anstiftung erfasst sind
o Streitentscheid zu Gunsten des BGH, da die Gefährdung der
Rechtspflege erreicht wurde und § 160 StGB als
Auffangtatbestand für Fälle dieser Art geschaffen wurde
(a.A. mit entsprechender Begründung vertretbar)
2. Subjektiver Tatbestand (+)
3. Rechtswidrigkeit und Schuld (+)
4. Ergebnis: § 160 I StGB (+)
III. Ergebnis: A ist strafbar gem. § 160 I StGB.
F. Gesamtergebnis Tatkomplex 4
 E hat sich gem. § 153 StGB strafbar gemacht.
 F ist strafbar gem. §§ 153, 258, 52 StGB.
 A hat sich gem. §§ 153, 159, 30 I StGB und gem. § 160 I StGB strafbar
gemacht, die in Realkonkurrenz zueinander stehen.
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Tatkomplex 5: Das Zivilverfahren
§ 263 I StGB
1. Objektiver Tatbestand
a) Täuschung über Tatsachen (+)
b) Irrtum (+)
c) Vermögensverfügung
 R wollte, dass der Richter auf eine Verurteilung zu Schadensersatz aus §
823 I BGB verzichtet, worin eine Vermögensverfügung gesehen werden
könnte -> Prozessbetrug
 (P) Verfügender (Richter) und beabsichtigter Geschädigter (A) fallen
auseinander
 Lagertheorie (+), das Näheverhältnis im Sinne der Lagertheorie ergibt
sich nach allgemeiner Ansicht beim Prozessbetrug aus der gesetzlichen
Befugnis des Richters, über die Zuordnung von Vermögensteilen zu
entscheiden.
 Befugnistheorie (+)
 Faktische Nähetheorie (+) auf Grund der hoheitlichen Stellung
d) Vermögensschaden (+)
 VSS: Anspruch A gegen R aus § 823 I BGB
o Tatbestand
 Eine Rechtsgutsverletzung (+), R hat sein Eigentum
beschädigt.
 Die Verletzungshandlung des R (Streifen des Autos) war
kausal für die Rechtsgutsverletzung und zurechenbar.
o Rechtswidrigkeit (+)
o Verschulden: Fahrlässigkeit (+)
o Schaden (+) i.H.v. 500 Euro
o Zwischenergebnis: § 823 I BGB (+)
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2. Subjektiver Tatbestand
a) Vorsatz (+)
b) Bereicherungsabsicht (+)
3. Rechtswidrigkeit und Schuld (+)
4. Ergebnis: § 263 I StGB (+)
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Endergebnis:
 A ist strafbar gem. § 222 - § 52 - §§ 223, 224 I Nr. 2, 5 - § 52 - § 231 I - § 53 § 316 I - § 53 - §§ 153, 159, 30 I StGB - § 53 - § 160 I StGB.
 B ist strafbar gem. § 231 I StGB.
 C ist strafbar gem. § 231 I StGB - § 53 - §§ 316, 26 StGB.
 R ist strafbar gem. § 263 I StGB.
 E hat sich gem. § 153 StGB strafbar gemacht.
 F ist strafbar gem. § 153 - § 52 - § 258 StGB.