MFT wirksam für Kinderschutz?! – Theorie und Praxis Eia Asen, Anna Freud Centre, University College London Psychiater und Systemischer Therapeut etwas zur Multifamilienarbeit (MFA / MFT) • gleichzeitige Behandlung von 6 – 8 (10) Familien in Gruppen • ambulant, tagesklinisch, ‘stationär’ • in verschiedenen ‘Dosierungen’: stundenweise – täglich, wöchentlich oder weniger frequent, über Monate / Jahr • in offenen, ‘halb-offenen’ oder geschlossenen Gruppen • ein Begleit- und manchmal auch ein Hauptverfahren MultiFamilienArbeit / Therapie (MFA /MFT) Wofür? Schizophrenie und andere Psychosen Depressive Erkrankungen Anorexia nervosa (Jugendalter) Alkoholabhängigkeit und -missbrauch Chronische somatische Erkrankungen Multi-Problem & Multi-Helferfamilien Verhaltensstörungen bei Kindern und Jugendlichen Zwänge Hochstrittige Familien Schulprobleme und Lernstörungen Der gemeinsame „Nenner“ Merkmale von Multiproblemfamilien (‘Multihelferfamilien’) Mehr als ein Familienmitglied hat Probleme (psychologisch, medizinisch, erzieherisch) Familien ‘chaotisch’ (Gewalt, Missbrauch, Drogenabhängigkeit, multiple Partner) Soziale Benachteiligung (Armut, Isolation, Arbeitslosigkeit, Diskriminierung) Ablehnung traditioneller Therapieangebote (“unmotiviert”, “unfreiwillig”) Multiples Helfersyndrom (Multi-Institutionsfamilien) ‘Chronische’ Beziehungen zwischen Helfern und ‘Hilflosen’ EPISTEMIC TRUST Beziehungen und Ver-Bindungen in der Gruppe erleben Helfersystem Nachbarschaft Schule Freunde Familie Kind Multi-Kontextuelle Arbeit Familie Elter / Kind Freunde, ‘Kultur’ Ind self Elternpaar Helfer / Institutionen Medien, Politik Systemischer Ansatz Der Systemische Ansatz... • Fokussiert nicht (nur) auf den Problemträger, sondern auf ein ganzes System • Sieht Kind / Mutter / Vater / Lehrer nur in soweit als Individuum, wie er / sie als Element auf das System wirkt und dessen Wirkungsfeld ausgesetzt ist • Betrachtet die ‚Störung‘ des Problemträgers als Ausdruck der gestörten Abläufe des Makro-systems z.B. Schulprobleme eines Schülers kann man auch als Inter-System Probleme sehen Deshalb…. Multi-Systemische Kooperation Multi-Systemische Kooperation Multifamilienarbeit sollte sein... Konkret und Lebensnahe Beobachten, Bearbeiten und Verändern von scheinbar banalen familiären Alltagssituationen Ressourcenzentriert Eltern und Kinder entdecken ihre eigenen Stärken und Kompetenzen Therapeuten begeben sich auf den Rücksitz Multi-Perspektivisch und Wider-Spiegelnd Die Schwierigkeit, eigene Erfahrungen mit dem eigenen Kind für sich selbst zu nützen, löst sich auf bei der Sicht auf ähnliche Probleme bei anderen Schaffung von lebensnahen Situationen Das Beobachten, Bearbeiten und Verändern von scheinbar banalen familiären Alltagssituationen mit konkreten Interventionen über die Gruppe die Stimme des Kindes verstärken das Kind als ebenbürtiger Partner und ‘Experte’ Presse-Konferenz – die Kinder als Experten Die MultiFamilienArbeiter Haltung… Wohlwollende Neugier Selbstreflektivität Sokratische Haltung Wie fühlt es sich wohl an Du zu sein, Herrchen? Warum bist Du so erregt? Ich weiss’ dass ich nicht WEISS was Du fühlst, Frauchen, aber vielleicht… Wie kommt es, dass ich immer Schwierigkeiten mit Kanninchen habe? Du bist so sauer und laut, Herrchen vielleicht lässt Dich das vergessen wie sehr Du mich eigentlich lieb’ hast Wechselwirksamkeit Hat das mit den Kanninchen vielleicht was mit meiner Kindheit zu tun? Autobiographische Kontinuität 20 Spezifische Anwendungsbereiche der Multifamilienarbeit 1. Therapeutische Einschätzung der Elternfähigkeit (Gutachten) 2. Familienklassenzimmer / Familienschule 3. Hochstrittige Eltern – ‘Kinder im Kreuzfeuer’ ‘Therapeutische Gutachten’ Einschätzung der Veränderungfähigkeit der Eltern / Kinder / Familie Bauen von typisch ‘realistischen’ Kontexten Bewusstes Aufsuchen von potenziell problematischen Krisenprovokation Interventionen, die den Familien helfen sich zu ändern Multi-Familienarbeit ist nicht nur eine Form der Systemischen Arbeit sondern vor allem auch ein Setting für Wandel, das Folgendes erlaubt: • Detaillierte Beobachtung von konkreten ‘Alltagsproblematiken’ in ‘realen’ Settings mit ‘in situ’ Interventionen • Unentwegte Schaffung von multiplen Minikontexten mit immer wieder neuer Aufgabenstellung • Inter-Familienarbeit, experimentieren mit neuen Interaktionen und ‘Treibhauseffekt’ • Intra-Familienarbeit mit ad hoc Einzel-, Paar– und Familien-‘Stehungen’ (- Sitzungen, ‘Laufungen’, und ‘Kniehungen’) Wer hat hier nun Probleme – Schule, Schüler oder Familie? Familienklassenzimmer und Familienschule • Ziel ist die Inklusion des Schülers in eine Regelschulklasse • Eltern werden verpflichtend eingebunden und sind mitverantwortlich für ihre Kinder in der Schule • Verbesserung der Kooperation („Bündnis“) von Lehrern, Eltern und weiteren HelferSystemen Typische Themenbereiche im Familienklassenzimmer - Konzentration - Motivation - Selbststeuerung – Verhalten im Klassenzimmer - Verhalten auf dem Schulhof (Kameradschaftlichkeit, Mobbing etc) - Arbeitshaltung und Arbeitsstrategien Familie + Klassenzimmer= Familienklassenzimmer – 10 Schüler (Kindergarten, Unterstufe, Mittelstufe: 5 – 15 Jahre) – in Regelschulen (und manchmal in Förderschulen) – Elterliche Präsenz – 1 x pro Woche, 2 – 4 Stunden – 3, 6 oder 9 Monate – Lernen und Familiengruppenarbeit – Verhaltensziele und Konsequenzen – Hilfe von ‘gestandenen’ Elternpartnern und Schüler-‘Kumpeln’ Familie + Schule = Familienschule – – – – – – – (10 – 50) Schüler (5 – 15 Jahre) Elterliche Präsenz 4 – 5 x pro Woche, meistens 9 Monate Paralleler Besuch einer Regelschule (nachmittags) Lernen und Familiengruppenarbeit Verhaltensziele und Konsequenzen 3 systemisch ausgebildete Lehrer in Doppelfunktion(en) – Hilfe von ‘gestandenen’ Elternpartnern und Schüler-‘Kumpeln’ Familienschule + Familienklassenzimmer Familien-Klassenzimmer (in Regelschulen) Weniger komplex Mehr komplex Familien-Schule (Förderschule) Die Eltern haben Verantwortung für ihre Kinder Verantwortungsübergabe sichtbar machen Ablauf Familien kommen an - informeller Austausch über vergangene Woche Ablauf • Informeller Austausch über vergangene Woche • Anfangsrunde: Befindlichkeit, Eisbrecherspiel, Themen • Ziele vorlesen und beklatschen • Unterricht (Eltern beobachten ihr Kind mit Beobachtungsbogen) - Arbeit an Hausaufgaben - Gruppenaktiviäten und –spiele Tagesplan einer Familienschule Verhaltensziele in der Schule und zu Hause • Spezifische, beobachtbare und ‘machbare’ Ziele • Zuerst in Schule, später auch zu Hause, einschl. Ziele für Eltern / Familie • Tägliche Benotung wie Ziele erreicht worden sind • Konsequenzenpläne Verhaltenziele der Schülers • • • • • • Ich halte Ordnung mit meinem Schulmaterial Wenn es klingelt, setze ich mich an den Platz Ich nehme einen Auftrag an Ich melde mich im Unterricht Ich rufe im Unterricht nicht dazwischen Ich teile der Lehrerin mit, wenn ich eine Auszeit brauche • Ich rede ruhig mit meinem Vater, auch wenn ich anderer Meinung bin Beurteilung Zielerreichung Volksschule Kriens (n. Luzern) Unterrichtsbeobachtung meines Kindes:___________________ Datum:__________ Fach: Ziel 1: _______________________________________________________________________ _ Einschätzung: 1 2 3 4 5 6 Was hat ihr Kind gut gemacht? _______________________________________________________________________ _ Was sollte ihr Kind noch anders machen? _______________________________________________________________________ _ Wer oder was könnte dabei helfen um das Ziel zu erreichen? _______________________________________________________________________ _ Wie wird an den Zielen gearbeitet? • Bindungs- und Beziehungsfördernde Arbeit - (Rollen)Spiele, Familienskulpturen (Ton- und ‚live‘), gemeinsame Aktivitäten wie backen, malen, Ausflüge • Ressourcenstärkende Aktivitäten - Familienwappen / Familienfluss / die Kinder als ‚Eltern‘ • Kommunikationstärkende Arbeit - Mentalisieren üben (sich in andere hineinversetzen und sich der eigenen Gefühle und Bedürfnisse gewahr werden) – wie wird man selbst von anderen gehört, verstanden und erlebt? - Elterliche Verantwortungsarbeit - Hausaufgaben, ‚10 Familiengebote‘ - Unterrichtsbeobachtung und Reflexion Resultate (FH Bern) • Eltern sind sehr begeistert: - fühlen sich verstanden - haben Austauschmöglichkeiten - entwickeln neue Erziehungskompetenzen • Wertschätzende Atmosphäre wird geschaffen • Wirkungen auf Beziehungsebene ersichtlich • FKZ fördert die Zusammenarbeit zwischen Eltern und Schule • Herausforderungen: Einbezug von fremdsprachigen Eltern – problematische Interaktion zwischen den Schüler/innen The London Family School 48 (28) Schüler und deren Familien 4 x 12 Multifamiliengruppen Verweildauer 6-9 Monate Alter 5 – 14 Jahre Hochstrittige Eltern – Kinder im Kreuzfeuer Wie (er)geht es den Kindern dabei? • • • • • Angstzustände Schlaf- und Konzentrationsstörungen Depressivität Hyperaktivität Aggressivität und andere Formen von Verhaltensstörungen Häusliche Gewalt in Partnerschaften • Körperliche Gewalt und Übergriffe • Sexuelle Gewalt • Psychische Gewalt (Drohungen, Demütigung, emotionale Manipulation, Nötigung, Bespitzelung) • Sozial interaktive Gewalt (Finanzielle Kontrolle / Unterdrückung, Verbot von sozialen Kontakten) Betroffene Kinder sind diesen Formen Häuslicher Gewalt zwischen ihren Eltern ausgesetzt – o< über Jahre Hochstrittige Eltern • Jeder Elternteil hat seine eigene ‘Wahrheit’ • Beide Eltern leiden an ‘Tunnelvision’ • Kind ‘muss’ Partei nehmen • Ein Elternteil wird vom Kind dämonisiert, der andere idealisiert • Kinder lernen, ihre wahren Gefühle und Gedanken zu verbergen Das Londoner Modell der Arbeit mit Hochstrittigen Eltern und deren Kinder 1. Individuelle parallele Sitzungen mit Vater und Mutter 2. Elterliche Paarsitzungen (manchmal) 3. Vorbereitung des ‘entfremdeten’ Elternteils für Kontaktaufnahme 4. Vorbereitung des Kindes (und des anderen Elternteils) für Kontaktaufnahme 5. Erste Kontakte 6. Familienarbeit 7. Multi-Familien Gruppenarbeit Caring for young minds 'Kids First' Workshops Therapeutic groups helping children and families going through parental separation or divorce Multi-Familien Gruppenarbeit (inspiriert auch von van Lawick / Groen) Informations-Abend (‘Kick-Off’) Sitzung 1 (Woche 1) Eingefleischte Muster Sitzung 2 (Woche 2) Schreiende Eltern Sitzung 3 (Woche 4) Schreiende Kinder Sitzung 4 (Woche 6) Eskalieren und De-eskalieren Sitzung 5 (Woche 8) Kinder- und Elternarbeit Sitzung 6 (Woche 12) Rückfall-Prävention und Versöhnungsarbeit Fazit: Die Aufgaben, die den Kindern in Multiproblemfamilien zugewiesen werden, sind oft viel zu schwer…. 51 wir müssen Kinder ent-lasten und MFT kann viel erreichen und wirksam sein! 52 Kinderschutz sollte immer heissen: KIDS FIRST! Therapeutic groups helping children and families going through parental separation or divorce KIk
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