Predigt Expedition zum Ich Woche 7 Wie ging es Ihnen gerade nochmal bei dem Durchgang durch unsere Expedition? Welche Worte haben Sie besonders angesprochen? Was ist zwischen Ihnen und Gott passiert in den letzten sechs Wochen? Was glauben Sie im Moment? Und wie wollen Sie diesen Glauben leben? Nachdem wir in den vergangenen sechs Wochen sehr viel über Glaubens-Inhalte gehört und gelesen haben, dachte ich mir, die heutige Predigt sollte sich zum Abschluss ganz explizit der Frage widmen: „Wie sieht denn nun ein christliches Leben aus? Was bedeutet es für das alltägliche Leben, als Christ zu leben? Die Bibel ist voll von Beschreibungen, wie ein solches Leben aussieht – so voll, dass ich das heute nur andeuten kann. Aber andeuten immerhin kann ich es Ein christliches Leben also zeichnet sich aus durch 1. Christus als Herr meines Lebens Das hervorstechendste Merkmal eines Christen ist es, dass er nicht mehr sein eigener Herr ist. Als Christ haben wir unsere Selbstbestimmung sozusagen delegiert – an Jesus Christus. Wie Paulus schreibt: „Ich lebe, doch nun nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir.“ (Gal 2,20) Ein Gebet, das dies auf den Punkt bringt, ist das hier: Oh Heiliger Geist, komm in mein Herz und erfülle mich! Ich öffne das Fenster meiner Seele, um dich einzulassen, mein Leben soll dir gehören! Komm, schaffe dir Raum in mir und erfülle mich mit Licht und Wahrheit. Ich für mich bin nichts weiter als ein leeres, zerbrechliches Gefäß: Erfülle mich, auf dass ich mein Leben aus der Kraft des Geistes lebe. Ein Leben voller Güte und Wahrheit, ein Leben voller Schönheit und Liebe, ein Leben voller Weisheit, Geduld und Stärke. Aber vor allem: Lass Christus in mir Gestalt gewinnen! Hilf den Thron in meinem Herzen räumen und mache Christus zu meinem Herrn und König, auf dass wir eine Einheit werden: er in mir und ich in ihm. Heute und an allen Tagen. Und in Ewigkeit. Amen. Als Christ sind wir nicht mehr unser eigener Herr. Das heißt nicht, dass wir als Christ unseren Willen, unseren Verstand und unsere Gefühle an der Garderobe abgeben müssen und zu einer leeren, willenlosen Marionette verkommen. Aber das heißt, dass wir unsere Entscheidungen mit Jesus besprechen. Dass wir in den Versuch, unser Leben und die Welt zu verstehen, die Worte der Bibel mit einbauen und diesen Worten großes Vertrauen entgegenbringen. Dass wir in unsere Gefühle – gerade in die schwierigen und negativen – bewusst Jesus hineinbitten, anstatt sie vor ihm zu verbergen. 2. Kontakt mit Gott Der erste Punkt „Christus als Herr meines Lebens“ bedeutet nicht, dass ein neuer Boss da oben über mein Leben hier unten verfügt und wir uns regelmäßig neue Instruktionen abholen. Das wäre ein furchtbar falsches Gottesbild. Jesus hat Gott als einen liebenden Vater beschrieben, als einen, der sich nach uns sehnt, nach unserer Liebe und unserer Aufmerksamkeit. Gott möchte nicht einfach bloß seinen Willen durchsetzen, er möchte zuerst einmal schlicht mit uns zusammen sein. Und dazu versucht er ständig, mit uns Kontakt aufzunehmen: durch bestimmte Ereignisse, durch leise Gedanken, durch die Worte der Bibel und durch Gottesdienste. Gott redet. Ständig. Mit jedem von uns. Um daraus eine Beziehung werden zu lassen, braucht es auf unserer Seite allerdings zwei Dinge: Erstens, dass wir bewusst auf Gott hören. Dass wir uns immer wieder Zeiten nehmen, diese Kontaktaufnahmen Gottes überhaupt zu bemerken. Und dass wir uns darin üben, die oftmals eher leise Stimme Gottes aus all den anderen Stimmen um uns herum und in uns drinnen herauszuhören. Auf unserer Homepage finden Sie unter der heutigen Predigt auch nochmal eine alte Predigt von mir zu der Frage, wie das gehen kann, auf Gott zu hören. Das Zweite ist dann unser Antworten. Gott möchte nicht einfach nur reden und gehört werden. Gott sehnt sich danach, dass wir eintreten in ein lebendiges Gespräch mit ihm. Dass wir ihm sagen, wie es uns geht, was uns Sorgen macht, wo wir Hilfe brauchen, wo wir dankbar sind, usw. usf. Wenn Christsein also in seinem Kern Kommunikation und Gemeinschaft mit Gott bedeutet, ist ein Christsein ohne ein regelmäßiges eigenes Hören auf Gott und Reden mit ihm schlicht nicht denkbar. Und dieses Hören und Reden wird sich im Normalfall im Bibellesen, im Gebet, in der Stille und in der Natur, im Gottesdienst und in der Gemeinschaft mit anderen Christen vollziehen. Die weiteren Punkte, die ich jetzt nenne, sind eine Folge aus den ersten beiden Punkten: 3. Großzügigkeit Wenn ich nicht mehr der Herr und Besitzer meines Lebens, dann bin ich auch nicht mehr Herr und Besitzer über meine Zeit, mein Geld, meinen Besitz, meine Fähigkeiten und all das andere, wovon wir normalerweise ausgehen, dass es uns gehört. Dass es meins ist und dass ich damit machen kann, was ich für richtig halte. Ich werde dann – je mehr Christus mein Herz verändert und je mehr ich von der Großzügigkeit Gottes begreife – selber immer großzügiger werden – mit meiner Zeit, meinem Geld, meinem Besitz und meinen Fähigkeiten. 4. Demut/Dienen/Verzicht Je länger wir Christ sind, desto stärker werden wir spüren, dass unser Ego und unser Stolz gar nicht so viele Streicheleinheiten nötig haben, wie wir immer dachten. Dass es im Leben nicht vorrangig um uns, um unsere Bedürfnisse und um unser Ansehen geht, sondern mindestens gleichwertig um die Bedürfnisse und das Ansehen der Menschen um uns herum. Wir werden uns selbst weniger wichtig – auch deshalb, weil wir erleben, dass Gott sich um unsere grundlegenden Bedürfnisse kümmert und uns versorgt. Die Angst, zu kurz zu kommen und der Impuls, sich mit aller Macht ein großes Stück vom Lebenskuchen abschneiden zu müssen – all das beruhigt sich mit der Zeit. Wird angenehm leise und lässt Raum entstehen für ein Leben, das Gott und andere Menschen liebevoll im Blick behält. An dieser Stelle kommt auch das Thema „Verzicht“ ins Spiel. Wir leben heute in einer Zeit der totalen Bedürfnisbefriedigung. Unsere normalen Bedürfnisse sind sogar schon so sehr gesättigt, dass die Werbung ständig versuchen muss, neue Bedürfnisse zu erschaffen. Gottes Reich tickt da anders. Wenn wir als Christ leben, werden wir merken, wie Gott uns in einzelnen Bereichen zum Verzicht, zu deutlichen Einschränkungen oder zumindest zu klaren Veränderungen anleitet: Beim Shoppen, beim Essen, beim Trinken, bei der Sexualität, beim Fernsehen, beim Chatten, beim Computerspielen, bei der Arbeit oder noch auf ganz anderen Gebieten unseres Lebens. 5. Leben aus der Vergebung Je länger wir Christ sind, desto sensibler werden wir dafür werden, wo unser Leben überall nicht Gottes Ideen und Vorstellungen von unserem Leben entspricht. Das wird dazu führen, dass wir immer häufiger unsere Schuld zu Christus bringen – und entschuldigt und ent-lastet in unseren Alltag zurückkehren. „Wenn wir aber unsre Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Ungerechtigkeit.“ (1. Joh 1,9) Das wird unser Herz nicht unverändert lassen und wir werden auch zunehmend großzügiger werden mit der Vergebung von Dingen, die andere uns angetan haben. Man kann nicht ständig Vergebung in Anspruch nehmen und selbst anderen gegenüber hartherzig bleiben. So. Die Liste ließe sich noch um viele, viele Punkte erweitern, aber ich hoffe doch, dass etwas spürbar geworden ist von dem, was es heißt, ein Christ zu sein und als Christ zu leben. Es ist ein Leben von eigentümlicher Schönheit, aber zugleich auch nicht ganz von dieser Welt. Irgendwie weltfremd, könnte man sagen. Interessanterweise sind das fast genau die Worte, die auch Paulus in seinem Römerbrief verwendet: „Weil Gott so barmherzig ist, fordere ich euch nun auf, liebe Brüder, euch mit eurem ganzen Leben für Gott einzusetzen. Es soll ein lebendiges und heiliges Opfer sein - ein Opfer, an dem Gott Freude hat. Das ist ein Gottesdienst, wie er sein soll. Deshalb orientiert euch nicht am Verhalten und an den Gewohnheiten dieser Welt, sondern lasst euch von Gott durch Veränderung eurer Denkweise in neue Menschen verwandeln. Dann werdet ihr wissen, was Gott von euch will: Es ist das, was gut ist und ihn freut und seinem Willen vollkommen entspricht.“ (Römer 12,1f.) Wenn Sie jetzt vielleicht mit einer Mischung aus persönlicher Betroffenheit, innerem Widerstand gegen das Radikale des Gehörten und zugleich mit der Sehnsucht nach genau einem solchen Leben dasitzen, dann kann ich Sie zum einen beruhigen: Je länger wir mit Gott leben, je länger wir Seite an Seite mit dem Auferstandenen unterwegs und von seinem Geist erfüllt sind, desto mehr werden wir uns in einem solchen Leben widerfinden – und zwar ohne Scheinheiligkeit und ohne innere Verrenkungen, sondern aus tiefem Herzen. In Galater 5,22f. heißt es: „Die Frucht des Heiligen Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung.“ Wir können und sollen all das also nicht einfach aus eigener Kraft heraus herstellen. Es ist ein Geschenk und wird in dem Maße unser Leben bestimmen, wie Jesus mit seinem Heiligen Geist Raum bekommt in uns. Das ist das eine. Das andere gilt aber ebenfalls. Von Zeit zu Zeit fordert Gott uns an einer ganz bestimmten Stelle unseres Lebens heraus. Er sagt: „So. Bis hierher hast du dein Leben in diesem Bereich (z.B. Geld, Zeit, Sexualität, Beziehungen, Umgang mit Worten) so und so gestaltet. Wenn du weiter mit mir unterwegs sein willst (oder überhaupt anfangen willst, mit mir unterwegs zu sein), musst du diese Gewohnheit aufgeben. Gib sie auf. Wende dich ab. Reiß dieses Unkraut aus. Und lass uns gemeinsam etwas wunderschönes Neues einpflanzen. „Die Kirche darf keinen Menschen darauf festnageln, auf welche Weise er sich zu bekehren hat. Aber von einem kann und darf sie ihn nicht entbinden: Nämlich von der Tatsache, dass es kein Christsein ohne Buße bzw. Bekehrung gibt.“ (Expedition zum Ich). Unser Leben, unser Denken und unser Fühlen ist nicht so (bei niemandem von uns), wie Gott es sich ursprünglich vorgestellt hat und wie er es von uns fordert. Ein Christsein ohne Buße, ohne Umkehr und ohne Neuausrichtung gibt es nicht. Ich möchte Ihnen Mut machen diesen Weg zu gehen, er ist großartig. Und das Beste ist: Sie gehen ihn nicht alleine, diesen Weg. Gott höchstpersönlich geht mit. Amen.
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