Psychotherapieforschung: Gegenstand und Methoden

Fakultät Math.Nat., Fachrichtung Psychologie, Institut für Klinische Psychologie
Psychotherapieforschung:
Gegenstand und Methoden
Dipl. Psych. Katharina Schierz
Professur für Behaviorale Psychotherapie
Dresden, 04. Januar 2016
Ihre Dozentin für heute
Diplom‐Psychologin Katharina Schierz
Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie
Lehrstuhl für Behaviorale Psychotherapie
[email protected]‐dresden.de
(0351) 463 36956
Forschungsthemen
– Diagnostik Sexueller Beeinträchtigungen
– Evaluierung des Strukturierten Interviews für Sexuelle Funktionsstörungen (SISEX) nach DSM‐5
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Schwerpunkte und Ziele
für die heutige Veranstaltung
• Forschungsfeld III: Anwendungsfeld Psychotherapieforschung
• Inhaltliche Schwerpunkte/Lernziele
– Entwicklung der Psychotherapieforschung im 20. Jahrhundert.
– Ablauf der Überprüfung einer psychotherapeutischen Intervention.
– Prinzipien und Methoden der Wirksamkeitsprüfung.
• Am Ende der Veranstaltung sollten Sie
– Die Eckpfeiler der historischen Entwicklung der Psychotherapie‐
forschung kennen.
– Einschätzen können, ob die Wirksamkeit einer Intervention überzeugend nachgewiesen ist und ggf. Konzept, Methodik und/oder Umsetzung kritisieren können.
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Gliederung
1.
2.
3.
4.
5.
Gegenstand der Psychotherapieforschung
Phasen der Psychotherapieprüfung
Wirksamkeitsstudien
Nutzen und Notwendigkeit der Psychotherapieforschung
Grenzen der Psychotherapieforschung
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GEGENSTAND DER PSYCHOTHERAPIEFORSCHUNG
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Fragen der Psychotherapieforschung
• Wirkt PT?
– Warum wirkt PT? Warum wirkt sie manchmal nicht?
– Wie kann man untersuchen, ob PT wirkt?
• Wie wirkt sie, wenn sie wirkt?
– Wirkt jede PT gleich?
– Wenn ja, warum gibt es verschiedene PT?
– Wenn nein, worin sind Unterschiede begründet?
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Untersuchungsgegenstand
Von
„Wirkt die Psychotherapie an sich?“
Bis hin zu
„Was muss speziell bei traumatisierten Patienten hinsichtlich der Methode der Reizkonfrontation beachtet werden?“
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Phasen psychologischer Interventionsforschung nach Grawe (1997)
• Legitimationsphase:
– Ist PT (an sich) wirksam?
• Wettbewerbsphase:
– Welche Form der PT ist besser (oder sogar am besten)?
• Verschreibungsphase:
– Welche Form der PT ist bei wem (unter welchen Umständen) indiziert?
• Prozessforschungsphase:
– Auf welche Weise wirkt PT?
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Klaus Grawe (1943‐2005)
‐ Pionier der Psychotherapieforschung ‐
• Zahlreiche Forschungen über die Wirksamkeit der verschiedenen Psychotherapierichtungen
– 1994 „Psychotherapie im Wandel“  Metaanalyse mit 897 Wirksamkeitsstudien
• Versuch, den Schulenstreit zu überwinden
– Als Gutachter zu Fragen des deutschen Psychotherapeutengesetzes Einsatz für ein schulenübergreifendes Modell
• Ziel der Entwicklung einer allgemeinen Psychotherapie
– Extraktion therapieübergreifender Wirkfaktoren als notwendige Voraussetzungen für das Gelingen von PT:
Therapeutische Beziehung, Ressourcenaktivierung, Problemaktualisierung, Motivationale Klärung, Problembewältigung
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Phasen psychologischer Interventionsforschung nach Grawe (1997)
• Legitimationsphase  Ist PT (an sich) wirksam?
– Entwicklung psychotherapeutischer Verfahren anfangs fest in Therapieschulen verankert.
– In 1950er Jahren dienten meist unsystematische Fallstudien als empirische Basis.
– Begründer der Therapieschulen trennten dabei oft nicht zwischen Feststellung und Interpretation.
– Eysenck setzt 1952 Startschuss für moderne empirische Psychotherapieforschung mit seiner Kritik bisheriger Psychotherapie: „Psychotherapie ist nicht wirksamer als spontane Remission.“
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Phasen psychologischer Interventionsforschung nach Grawe (1997)
• Wettbewerbsphase  Welche Form der PT ist besser?
– Bemühungen, psychotherapeutische Interventionen zu legitimieren 
Wettbewerb der Therapieschulen beginnt
– z.B. „Wirkt Psychoanalyse besser als Verhaltenstherapie?“.
– Überblicksarbeiten zu Psychotherapie‐Vergleichsstudien (Luborsky et al., 1975; Smith & Glass, 1977) kommen zum Ergebnis, dass PT wirkt, die einzelnen Psychotherapieformen jedoch im Ausmaß ihrer Wirksamkeit keine bedeutsamen Unterschiede aufweisen – „Dodo‐Bird‐Verdict“ gilt bis in die 1990er Jahre.
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Phasen psychologischer Interventionsforschung nach Grawe (1997)
• Wettbewerbsphase  Welche Form der PT ist besser?
Berner Therapievergleichsstudie (bis dahin umfangreichste Metaanalyse) (Grawe et al., 1990)
– Therapieformen unterscheiden sich hins. Wirksamkeit!
– Wirkungsvolle Therapiemethoden: Kognitive Verhaltenstherapie, Gesprächspsychotherapie und Psychoanalytische Therapien.
– Therapieerfolg stark abhängig von Problembereich und Patientenvariablen.
– Wege zur Veränderung therapieabhängig sehr verschieden.
– Empfehlung für Therapeuten: individuelle Anpassung an Patienten.
 Ablehnung des Dodo‐Verdikts
•
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Phasen psychologischer Interventionsforschung nach Grawe (1997)
• Verschreibungsphase  Welche Form der PT ist bei wem (unter welchen Umständen) indiziert?
– Differenzierung bei der Entwicklung und Überprüfung neuer therapeutischer Ansätze spätestens seit 1990er Jahren.
– Spezifische Interventionen sollen analog der Verschreibung von Medikamenten spezifischen Problemen zugeordnet werden.
– Zunehmend indikationsbezogene Therapieprogramme im Fokus, die sich häufig nicht mehr eindeutig Therapieschulen zuordnen lassen.
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Phasen psychologischer Interventionsforschung nach Grawe (1997)
• Prozessforschungsphase  Auf welche Weise wirkt PT?
– Die Prozessforschung untersucht die Psychotherapie selbst.
• Was geschah eigentlich in der Therapie?
• Kann man allgemeine und spezifische Wirkfaktoren bestimmen?
• Hier stehen also die Prozesse im Mittelpunkt, die in der therapeutischen Situation beteiligt sind (z.B. Therapiebeziehung)
– Phase 4 läuft parallel zu allen bereits genannten Phasen.
– Ziele
• Erklärung der gefundenen positiven Effekte.
• Grundlage für Neu‐ und Weiterentwicklung von Interventionen.
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Phasen psychologischer Interventionsforschung nach Grawe (1997)
1. Legitimationsphase –
besonders RCTs und Meta‐Analysen
2. Wettbewerbsphase –
konservativer Ansatz (Funktioniert das bereits Entwickelte?)
besonders RCTs und Meta‐Analysen
3. Verschreibungsphase –
vermehrt Vorhersageanalysen, Klienten‐orientierte Ansätze
4. Prozessforschungsphase –
Wirkfaktorenanalyse
progressiver Ansatz (gezielte Verbesserung und Neuentwicklung)
Der Kern der Psychotherapieforschung
Die relevante Frage der Psychotherapieforschung ist also nicht: „Ist Psychotherapie wirksam?“
sondern:
„Welche Form der Psychotherapie, durchgeführt von welchem Therapeuten ist bei welchem Patienten mit welcher Störung wie effektiv, und woran zeigt sich das?“
(Kiesler, 1966)
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PHASEN DER PSYCHOTHERAPIEPRÜFUNG
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Phasen der Psychotherapieprüfung
(in Analogie zur Pharmaprüfung)
•
•
•
•
•
Phase I
Phase II Phase III Phase IV (Phase V 04.01.2016
Konzeptentwicklung
Exploration mit Pilot‐Studien
Wirksamkeitsprüfung
Anwendung bei Routinebedingungen
Patient Focused Therapy)
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Phasen der Psychotherapieprüfung
Phase I ‐ Konzeptentwicklung
• Erarbeitung von Therapiekonzeptionen
• Beschreibung des Forschungsgegenstands anhand klinischer Erfahrungen, Plausibilität und hinsichtlich bereits etablierter störungsspezifischer oder allgemeiner Befunde.
• Dazu gehören auch Untersuchungen zur Verträglichkeit und Akzeptanz eines Verfahrens.
• Therapiemethode wird unter Zuhilfenahme theoretischer Annahmen u. Kasuistiken konstruiert.
• Die Intervention muss hinsichtlich expliziter Regeln beschreibbar sein (z.B. via Manual).
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Phasen der Psychotherapieprüfung
Phase II ‐ Exploration
• Systematische Fortsetzung der Exploration
• z.B. Einzelfall‐ bzw. Zeitreihenanalysen mit bestimmten Patienten mit eng definierten Einschlusskriterien.
• Methodik ist hier noch nicht streng experimentell kontrolliert, sondern folgt den im Einzelfall angemessenen Erfordernissen für Plausibilitätsprüfungen und der Exploration von möglichen Risiken und Nebenwirkungen.
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Phasen der Psychotherapieprüfung
Phase III ‐ Wirksamkeitsprüfung
• Ist für den wissenschaftlichen Stellenwert eines Verfahrens von besonderer Bedeutung.
• Die mittlerweile gut elaborierte Intervention kommt „auf den Prüfstand“ (erweiterte klinische Prüfung)  Efficacy‐Studien
• Nachdem genügend Wirksamkeitsnachweise vorliegen, wird ein Verfahren i.d.R. anerkannt.
 Wirksamkeit muss konfirmativ belegt werden.
• i.d.R. prospektive, randomisierte, kontrollierte Studien („randomized controlled trials“, RCT) an einer klar definierten Zielgruppe mit hohen methodischen Anforderungen.
• Prinzipiell auch Einzelfallstudien möglich.
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Phasen der Psychotherapieprüfung
Phase IV ‐ Anwendung bei Routinebedingungen
• Verfahren müssen sich jetzt unter klinischen Alltagsbedingungen bewähren  Effectiveness‐Studien
• Untersuchungen anhand erheblich vergrößerter Fallzahl unter Praxisbedingungen bei systematischer Lockerung der strengen Kontrollen der efficacy‐Studien.
• Ziele
– Nachweis von Verbesserungen der Ziel‐Symptomatik auch in naturalistischen Bedingungen.
– Erhöhung der externen bzw. ökologischen Validität (vs. der Erhöhung der internen Validität in Phase III).
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Phasen der Psychotherapieprüfung
Phase V ‐ „Patient focused therapy research”
• = Ergänzung der Therapieevaluation
• Fortlaufende Dokumentation und Evaluation von Prozessen und Ergebnissen und Rückmeldung dessen.
 eigenständige u. „progressive“ Weiterentwicklung der angewandten Therapie im Einzelfall.
• Ziele:
– Herauskristallisieren von Profilen von erfolgreichen und nicht erfolgreichen Therapien hinsichtlich der Patienten‐/Problemmerkmale und Rückmeldung dieser.
– Verbesserung der Qualität der Behandlungen über die Zeit, z.B.
• Minimierung von Misserfolgen und Therapieschäden
• Systematische Verstärkung positiver Effekte oder
• Reduktion von Behandlungsdauern.
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Phasen der Psychotherapieprüfung
•
•
•
•
•
Phase I
Phase II Phase III Phase IV (Phase V 04.01.2016
Konzeptentwicklung
Exploration mit Pilot‐Studien
Wirksamkeitsprüfung
Anwendung bei Routinebedingungen
Patient Focused Therapy)
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WIRKSAMKEITSSTUDIEN
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Vokabeln zu Wirksamkeit
• Efficacy: Wirksamkeit von Therapieverfahren unter optimalen Bedingungen (kontrollierte Studie)
• Effectiveness: Wirksamkeit von Therapie unter Versorgungsbedingungen (z.B.: ohne Selektion von Patienten)
• Efficiency: Grad an Wirksamkeit in Relation zum Aufwand des Verfahrens
Quelle: Reinecker (2005)
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Wirksamkeitsstudien
‐ Anforderungen ‐
• Transparenz und Nachvollziehbarkeit gewährleisten
 Verbindlicher Leitfaden gemeinsamer Standards für die Beschreibung von Studien („Consolidated standards of Reporting Trials“, CONSORT) mit einer Checkliste von 22 Punkten, über die Studienautoren verbindlich berichten müssen (S. 617 in Wittchen & Hoyer, 2011).
• Prospektiv angelegtes Studienhandbuch
– Hier vorab Festlegung aller Fragestellungen, Hypothesen, Design‐
aspekte, Messmethoden, Auswertungsstrategien & Erfolgskriterien
• Vor Studienbeginn Stellungnahme der Ethikkommission einholen (und ggf. entsprechende Änderungen vornehmen)
• Fortlaufende Überwachung des Studienablaufs und Zwischenauswertungen
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Wirksamkeitsstudien
‐ Anforderungen ‐
• Wahl von primären und sekundären Outcome‐Variablen
– so dass Studienziel theor. & klinisch‐praktisch beurteilt werden kann.
• Auswahl des Designs
– Parallelgruppendesign, Crossover‐Design, faktorielles Design, – Multicenterstudien
• Einschluss von Kontrollbedingungen
– Placebo vs. keine Behandlung (oft Wartegruppe) vs. unterschiedliche Behandlungsintensitäten vs. andere aktive Behandlung
• Minimierung von systematischen Verzerrungen
– Randomisierung – Verblindung (blind, doppelblind)
• Stichprobengröße, Datenanalyse & Teststärkeproblematik
– Effektstärken als „gemeinsame Währung“
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Wirksamkeitsstudien
‐ Vergleichsmöglichkeiten ‐
• Nachweis der Überlegenheit („superiority trail“).
• Nachweis der Äquivalenz/Nichtunterlegenheit („non‐inferiority trail“).
• Nachweis einer Dosis‐Wirkungs‐Beziehung.
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Wirksamkeitsstudien
‐ Anerkennung einer Psychotherapiemethode ‐
• „Gut etablierte Therapien“ („empirically supported treatments“)
nach Chambless & Hollon (1998)  APA Task Force
– Zumindest 2 gute Studien mit Kontrollgruppen und randomisierter Patientenzuweisung, in denen die Effektivität demonstriert wurde – oder mindestens 9 Einzelfallstudien.
– Dabei müssen die Untersuchungen mit Behandlungsmanualen durchgeführt worden sein.
– Merkmale der Untersuchungsgruppen müssen spezifiziert sein.
– Die Effekte müssen von zumindest zwei unabhängigen Untersuchern bzw. Untersuchgruppen gezeigt worden sein.
 Anerkennung einer Psychotherapiemethode
Quelle: Reinecker (2005)
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Bewertung des APA‐Ansatz
Kritik
Nutzen
Kriterien nicht valide
• z.B. keine Adherence‐Prüfung
wissenschaftliche Anerkennung wird expliziert, transparent und angreifbar (konstruktiver Prozess)
Überbetonung von RCTs • diskriminiert andere Forschungsstrategien (z.B. Phase 4)
Von allgemeinen („Psychotherapie wirkt“) zu spezifischen Aussagen („Gruppen‐KVT wirkt bei Jugendlichen mit Sozialen Ängsten“) Störungsspezifisches Vorgehen unangemessen („Störungen statt Probleme“)
Informiert Ausbildung und Versorgung
Störungsunspezifische Verfahren nicht evaluier bar (z.B. supportive Th.) Außendarstellung des Fachs und Berufs
Entwicklung neuer Verfahren behindert
Konkurrenzfähigkeit mit anderen Fächern (bes. Medizin)
Politische Motivation
Klarere Forschungsaufgaben
Kritik an Manualisierung
Notwendige Erweiterung um Phase 4 (und 5) hebt Kritik teilweise auf.
NUTZEN UND NOTWENDIGKEIT DER PSYCHOTHERAPIEFORSCHUNG
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Psychotherapieforschung
‐ Nutzen und Notwendigkeit ‐
• PT‐Forschung besitzt große Relevanz für die klinische Praxis, Gesundheitsverwaltung und Gesundheitspolitik.
• PT‐Forschung sorgt für ein hohes Qualitätsniveau der täglichen Behandlungspraxis
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dient damit als gesundh. Verbraucherschutz des Patienten als Kunden.
erhöht die Berufszufriedenheit der Therapeuten.
fördert bei Therapeuten die Reflexion der eigenen Arbeit und fördert damit die berufliche Entwicklung.
gewährleistet Kosteneffektivität gegenüber Kostenträgern.
führt zu gesellschaftlichen Einsparungen (z.B. durch weniger Arztbesuche & Krankheitstage, Arbeitsfähigkeit etc.).
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GRENZEN DER PSYCHOTHERAPIEFORSCHUNG
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Grenzen der Psychotherapieforschung
• Allegiance
– = Bias in Richtung eigener therapeutischer Effekte
– Therapieergebnisse korrelieren mit bis zu .85 mit der Präferenz der Untersucher mit „ihrem“ Verfahren
• Kleine Stichproben/hohe Kosten
– Aufwand zur Durchführung von Psychotherapiestunden ist groß
– bei beschränkten Ressourcen: zu kleine Stichproben • Drop‐out
– Ausfall von Patienten vor regulärem Therapieende oder vor Katamnese‐Untersuchung – Ergebnisse können bedeutsam verzerrt werden
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Grenzen der Psychotherapieforschung
• Behandlungsintegrität
– „Experimentelle vs. Naturalistische Studien“: Sind die beforschten Interventionen überhaupt via Manual planbar?
– Externe bzw. ökologische Validität von Studien unter experimenteller Kontrolle eingeschränkt
• „Malen‐nach‐Zahlen‐Psychotherapie“
– Nur bei einem Teil unselegierter Patienten steht eine bestimmte Störung im Vordergrund.
– Schwierig für seltenere Störungen und komorbide Kombinationen von Störungen mehrfach evaluierte Therapieprogramme zu entwickeln.
– Eine einseitig störungsorientierte Sicht kann eine Berücksichtigung von Ressourcen erschweren.
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Grenzen der Psychotherapieforschung
• Immer mehr Psychotherapeuten arbeiten integrativ
– d.h. sie beziehen Konzepte und Interventionen aus anderen als ihrer angestammten Therapierichtung mit ein (abh. vom Einzelfall).
– Diese Art von therapeutischer Arbeit ist jedoch nach verbreiteten Normen (Forderung nach Manualen) schwer untersuchbar.
– Andere Möglichkeiten (z.B. klares Definieren von Prinzipien, genaues Untersuchen und Beschreiben, was dann tatsächlich in den Therapien abläuft) müssten noch vermehrt genutzt werden.
– Es erfordert aber immer erheblichen Zusatzaufwand, nicht nur die Handlungen und Reaktionen der untersuchten Patienten zu erheben und auszuwerten, sondern auch stets zu beachten und zu supervidieren, was die Therapeuten tun.
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ZUSAMMENFASSUNG
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Zusammenfassung
• Nach Grawe unterscheidet man 4 Phasen der Entwicklung der Psychotherapieforschung.
– Wobei die ersten drei Phasen konservativer Natur sind, indem sie der Legitimation von PT, dem Nachweis der Überlegenheit von Verfahren & der Optimierung von Indikationsentscheidungen dienen.
– Die Prozessforschungsphase progressives Potential besitzt, indem durch das bessere Verständnis der Wirkungsweise von PT Neu‐ bzw. Weiterentwicklungen von Interventionen stattfinden können.
• Der idealtypische Ablauf der Psychotherapieprüfung erfolgt ebenfalls in vier (+1) Phasen.
– Besondere Bedeutung hat dabei die Wirksamkeitsprüfung.
– Eine große Herausforderung ist die Balance zwischen interner (Efficacy‐Studien) und externer Validität (Effectiveness‐Studien).
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Zusammenfassung
• Die Wirksamkeitsprüfung von Interventionen orientiert sich (idealerweise) an strengen Regeln
– An deren Ende die Anerkennung einer Therapiemethode steht.
• Der Nutzen von Psychotherapieforschung sollte auf Ebene des Einzelnen und der Gemeinschaft betrachtet werden.
– Wobei im Einzelnen sowohl das Wohl des Patienten (Symptom‐
verbesserung bei angemessenen Aufwand‐Nutzen‐Verhältnis) als auch das optimale Arbeiten des Therapeuten gemeint ist.
– Gesamtgesellschaftlich stehen Effizienzaspekte im Vordergrund.
• Die Grenzen von Psychotherapieforschung sollten im Blick behalten und Studien mit Achtsamkeit betrachtet werden
– Richtlinien/Leitfäden helfen, die Güte von Studien zu beurteilen.
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Literatur
•
Jacobi, F. (2011). Entwicklung und Beurteilung therapeutischer Interventionen. In: H.‐U. Wittchen & J. Hoyer (Hrsg.), Klinische Psychologie & Psychotherapie (2. Auflage). Berlin: Springer, S. 609‐640.
•
Zusatzliteratur:
– Caspar, F. & Jacobi, F. Psychotherapieforschung (2007). In: W. Hiller, E. Leibing, F. Leichsenring, S. Sulz (Hrsg.), Lehrbuch der Psychotherapie (Band 1: Wissenschaftliche Grundlagen der Psychotherapie. 4. Auflage). CIP‐Medien, S. 395–410.
– Reinecker, H. (2005). Grundlagen der Verhaltenstherapie. Weinheim: Beltz.
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