Staatsanwaltschaft Hamburg

Staatsanwaltschaft Hamburg
Staatsanwaltschaft, GeSt. 7101, Postfach 30 52 61, 20316 Hamburg
Herrn Rechtsanwalt
Chan-jo Jun
Salvatorstraße 21
97074 Würzburg
Eingcrigen
1 In/ 2D16
Gorch-Fock-Wall 15-17
20355 Hamburg
Telefon(040) 42843 -Zentrale -0
040 42843-1791 /-4346
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Zimmer 19
Hamburg, 08.03.2016
Jun Rechtsanwälte;
Aktenzeichen:
7101 AR 57 / 16
(bitte immer angeben)
Strafanzeige vom 22.02.2016 gegen Marc Zuckerberg u.a. Verantwortliche der
Facebook Inc. bzw. der Facebook Ireland Ltd.
Vorwurf: Volksverhetzung pp.
Ihr Zeichen: CJ-ns 113/15
Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Jun,
von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen Marc Zuckerberg oder andere
Verantwortliche der Facebook Inc. bzw. Facebook Ireland Ltd. ist gemäß §§ 152 Abs. 2,
170 Abs. 2 StPO abgesehen worden.
Hinsichtlich des angezeigten Martin Ott ist der Sachverhalt bereits abschließend in der
Sache 7101 Js 740/15 behandelt worden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus,
dass mit der Anzeige weitere nicht gelöschte inkriminierte Seiten mitgeteilt werden.
Gegen die übrigen angezeigten (natürlichen) Personen besteht kein Anfangsverdacht
einer Volksverhetzung nach § 130 StGB, des Verwendens von Kennzeichen
verfassungswidriger Organisationen gemäß § 86a StGB oder einer anderen Straftat im
Zusammenhang mit dem Betreiben des sozialen Netzwerks Facebook und dem NichtLöschen von Inhalte mit volksverhetzenden oder sonst strafbaren Inhalten.
Die aufgezeigten Handlungen der Angezeigten unterliegen nicht der deutschen
Strafgewalt. Die hierfür notwendigen Anknüpfungsprinzipien (z. B. Territorialgrundsatz,
aktiver oder passiver Personalitätsgrundsatz, VVeltrechtsprinzip oder Grundsatz der
stellvertretenden Strafrechtspflege) sind nicht erfüllt.
Insoweit fehlt es in erster Linie an einem innerstaatlichen Tatort. Nach § 3 StGB gilt das
deutsche Strafrecht für Taten, die im Inland begangen werden. Tatort im Sinne des § 9
Abs. 1 Alt. 1 StGB ist zunächst der Handlungsort. Bei der Bestimmung des Tätigkeitsortes bei sog. Distanz-, insbesondere Internetdelikten, kommt es insbesondere darauf
an, von wo aus die strafbaren Texte in das Netz gestellt werden und wo der Server
seinen Sitz hat (vgl. hierzu Fischer, StGB, 63. Auflage 2016, § 9 StGB Rdn. 5 ff. m.w.N.).
Wenn Inhalte allein durch Handlungen im Ausland auf einem ausländischen Server
abgelegt oder dort nicht gelöscht werden, besteht kein inländischer Handlungsort (vgl.
Fischer, a.a.O., Rdn. 5b).
Öffentliche Verkehrsmittel:
Sprechzeiten:
Konto der Justizkasse Hamburg:
U 1 - Stephansplatz U 2 - Gänsemarkt
montags
bis
freitags
von
9.00
bis
13.00
Uhr
Bundesbank
Buslinien 112 und 36- Johannes-Brahms-Platz
IBAN: DE10 2000 0000 0020 0015 01
Entsprechend sind bei den hier allein in Betracht kommenden Unterlassungsdelikten
Begehungsorte alle diejenigen, an denen sich der Täter während der Zeit seiner
möglichen Handlungspflicht aufhält und handeln kann (vgl. Fischer, a.a.O., Rdn. 9
m.w.N.), also wo es die angezeigten Personen unterlassen haben, etwaige strafbare
Inhalte zu löschen.
Gemessen hieran haben die angezeigten Personen ausschließlich im Ausland
gehandelt. Nach dem Inhalt der Strafanzeige und amtsbekannt haben sie ihren Wohnsitz
bzw. ihre Arbeitsstätte jeweils in den Vereinigten Staaten von Amerika bzw. in Irland,
jedenfalls nicht in der Bundesrepublik Deutschland.
Darüber hinaus kann Tatort gemäß § 9 Abs. 1 Alt. 3 StGB zwar auch der Erfolgsort sein,
also der Ort, an dem ein zum gesetzlichen Tatbestand gehörender Handlungserfolg
eintritt bzw. nach der Vorstellung des Täters eintreten sollte. Allerdings ist § 9 Abs. 1 Alt.
3 StGB bei abstrakten Gefährdungsdelikten wie der Vorschrift des Verwendens von
Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen und der Volksverhetzung zur
Vermeidung einer unangemessenen Allzuständigkeit des deutschen Strafrechts nicht
anwendbar, da dies - gerade im Zeitalter der sich immer weiter entwickelnden InternetNutzung - dazu führen würde, dass im Ausland straflose Äußerungshandlungen hier
unter Strafe gestellt wären, eine Strafverfolgung aber gleichwohl faktisch nicht erfolgen
könnte, da die Beschuldigten nicht im deutschen Hoheitsgebiet aufhältig sind (vgl.
Fischer a.a.O., § 9 Rdn. 5c ff. m.w.N. - vgl. auch: BGH NStZ 2015, 81-83).
Andere Umstände, die den Geltungsbereich des deutschen Strafrechts eröffnen würden,
sind nicht ersichtlich. Die hier in Rede stehenden Tatbestände sind in der abschließenden Aufzählung von Katalogtaten von verfolgbaren Auslandstaten nicht enthalten. Die
verfahrensgegenständlich tangierten Straftatbestände gehören weder zu den hier
verfolgbaren Auslandstaten gegen inländisch geschützte Rechtsgüter nach § 5 StGB
oder zu den hier verfolgbaren Auslandstaten gegen international geschützte Rechtsgüter
nach § 6 StGB noch gilt das deutsche Strafrecht für Auslandstaten in anderen Fällen
i.S.d. § 7 StGB.
Aus entsprechenden Gründen, also mangels räumlicher Geltung des Gesetzes (vgl. § 5
OWiG), kann auch Ihrem Antrag auf Festsetzung bzw. Beantragung einer Geldbuße
nach § 30 OWiG nicht entsprochen werden.
Da das deutsche Strafrecht im Übrigen an menschliches Verhalten anknüpft und
bestimmte Verhaltensweisen von Menschen unter Strafe stellt, scheidet eine
Strafverfolgung der ebenfalls angezeigten juristischen Personen ebenfalls aus.
Es wird anheimgestellt, Ihre Strafanzeige bei den US-amerikanischen und/oder irischen
Strafverfolgungsbehörden anzubringen, wenn Sie sich davon Erfolg versprechen.
Schließlich wird - unbeschadet des Umstandes, dass auch im Hinblick auf den
angezeigten Fall Nr. 153 die Voraussetzungen des § 406e StPO mangels vorgetragenen
oder sonst ersichtlichen berechtigten Interesses an der Informationserteilung nicht
vorliegen - auf die Gewährung der beantragten Akteneinsicht verzichtet, weil sich die
Akte in der Strafanzeige nebst Anlagen sowie der Ihnen hiermit bekannt gemachten
Einstellungsentscheidung erschöpft und daher mutmaßlich kein Interesse an einer
Akteneinsicht besteht.
Mi undliche' ßen
Pasch kowski
Staatsanwalt