Lehrveranstaltung Prof. Dr. Dietmar Herz Sommersemester 2016 – Seminar: Zionismus: Theorien des Jüdischen Staates Zionismus ist die politische und geistesgeschichtliche Grundlage des Staates Israel: Die Einwanderung, der Aufbau proto-staatlicher Institutionen und schließlich die Staatsgründung und Konsolidierung des Staates erfolgten auf der Grundlage der zionistischen Theorie. Wirkmächtig wurden dabei vor allem zwei Strömungen: Der sozialistische/sozialdemokratische Zionismus und die revisionistische Bewegung. Keineswegs waren dies aber die einzigen Konzepte – von besonderer Bedeutung ist ebenso beispielsweise der „kulturelle Zionismus“ 1. Eine besondere Form ist der „amerikanische Zionismus“, der die besten Entfaltungsmöglichkeiten für jüdisches Leben im Rahmen der amerikanischen Verfassung sah und also die Auswanderung nach Amerika (statt nach Palästina) für sinnvoll und notwendig hielt. Der Kurs ist in erster Linie als ein Lektürekurs (im Sinne eines gemeinsamen Lesens von zentralen Texten der zionistischen Staatstheorie) gedacht. Dabei sollen vor allem Texte der im Folgenden genannten Autoren besprochen werden (die Liste ist weder vollständig, noch „geschlossen“, Ergänzungen sind also möglich): - Theodor Herzl, „Das neue Ghetto“; „Der Judenstaat“; „Altneuland“; ausgewählte Texte aus den „Tagebüchern“ 2 - Der amerikanische Zionismus: Louis Dembitz Brandeis3 (ausgewählte Texte) - Sozialdemokratischer/sozialistischer Zionismus: Ber Boroschov4, Eduard Bernstein5, Aaron David Gordon 6 - Das Gedankengut des Revisionismus: Wladimir Zeev Jabotinsky 7, Menachim Begin 8 - Alternative Konzepte: Hannah Arendt 9, Tony Judt 10, Judith Butler 11 Die Texte (soweit nicht einfach erhältlich) werden in der ersten Sitzung des Seminars (am 13.04.2016) bereitgestellt. Je nach Teilnehmerzahl soll eine/einer oder zwei Teilnehmer des Seminars einen Text für die Diskussion aufbereiten; die für die Erörterung im Seminar ausgewählten Texte sind aber von allen Studierenden zu lesen (- insoweit dienen die hier nötigen Literaturangaben nur einer ersten Orientierung, außer Deutsch und Englisch sind keine besonderen Sprachkenntnisse erforderlich). Die Diskussion der Texte erfolgt in einer (in der zweiten Sitzung vorgestellten) formalen Vorgehensweise, die auch eine kurze schriftliche Zusammenfassung enthält. Die Teilnahme an allen Seminardiskussionen (berechtigte Gründe für ein Fehlen einmal ausgeschlossen) und die Übernahme eines zu besprechenden Textes sind die im Seminar (für 6 Leistungspunkte) zu erbringenden Leistungen. Eine schriftliche Arbeit, darüber hinaus, ist nicht vorgesehen. 1 Ascher Hirsch Ginsberg, Pseudonym: Achad Ha'am, Lo seh ha-Derech („Dies ist nicht der Weg.“) der 1889 in Odessa geschriebene, erste Essay über ein zionistisches Thema, al paraschat ha-drachim („Am Scheidewege.“) Aufsätze und Abhandlungen, 4 Bände, 1895, Haschiloach Wissenschaftliche Zeitschrift, 1897 ff., Der Jischuw und sein Vormund, Vielbeachteter Zeitungsartikel, 1902., 2 Theodor Herzl, Briefe und Tagebücher. 7 Bände Hrsg. von Alex Bein, Hermann Greive, Moshe Schaerf und Julius H. Schoeps. Propyläen, Frankfurt am Main/Berlin 1983–96. Der Judenstaat: Versuch einer modernen Lösung der Judenfrage, Hofenberg 2014. Das neue Ghetto, Schauspiel in 4 Akten, WLC Verlag 2010. 3 Louis Dembitz Brandeis, The Living Law, Illinois Law Review, February 16, 1916. The Brandeis Guide to the Modern World. Alfred Lief, Ed. (Boston: Little, Brown & Co., 1941). Brandeis on Zionism. Solomon Goldman, Ed. (Washington, D.C.: Zionist Organization of America, 1942). Business, a Profession. Ernest Poole, Foreword (Boston: Small, Maynard & Co. Pubs., 1914). The Curse of Bigness. Miscellaneous Papers of Louis Brandeis. Osmond K. Fraenkel, Ed. (New York: The Viking Press, 1934). The Words of Justice Brandeis. Solomon Goldman, Ed. (New York: Henry Schuman, 1953).Other People's Money and How the Bankers Use It (New York: Stokes, 1914). Melvin I. Urofsky, David W. Levy, Eds. Half Brother, Half Son: The Letters of Louis D. Brandeis to Felix Frankfurter (Norman: University of Oklahoma Press, 1991). Melvin I. Urofsky, Ed. Letters of Louis D. Brandeis (State University of New York Press, 1980). Melvin I. Urofsky, David W. Levy, Eds. Letters of Louis D. Brandeis (State University of New York Press, 1971–1978, 5 vols.). Melvin I. Urofsky, David W. Levy, Eds. The Family Letters of Louis D. Brandeis (University of Oklahoma Press, 2002). Louis Brandeis, Samuel Warren "The Right to Privacy," at the Wayback Machine (archived March 1, 2009) 4 Harvard Law Review 193-220 (1890–91) 4 Ber Borochov, Sozialismus und Zionismus. Verl. Tsukunft („Der jüdische Arbeiter“), Wien 1932. Klasse und Nation: zur Theorie und Praxis der jüdischen Sozialismus. Hechaluz, Berlin 1932. Zur Frage Zions und des Gebietes, 1905; Hebräisch: Tel Aviv, 1955. 5 Eduard Bernstein: Die Voraussetzungen des Sozialismus und die Aufgaben der Sozialdemokratie. Hamburg 1970, S. 99; zitiert nach Martin Jakob: Ausgangspunkte und Anfänge der marxistischen Imperialismus-Debatte. In: Marxismus. Nr. 7, März 1995. 6 Aaron David Gordon, Erlösung durch Arbeit, Berlin 1929. 7 Jabotinsky, Vladimir: «Mimschal azmi schei mi'ut le'umi» [Autonomie einer nationalen Minderheit, hebr.], in: ders., Le'umiut liberalit [Liberaler Nationalismus, hebr.], Bd. 1, hg:v. Arieh Naor, Tel Aviv: Jabotinsky Institute, 2013, 198-243. «Ra'ajon ha-jovel» [Die Idee des Jubeljahrs, hebr.], in: ders., Uma ve-chevra [Nation und Gesellschaft, hebr.], Jerusalem: Eri Jabotinsky, 1949, 173-180. «Harza'a al hahistoria ha-jisra'elit» [Vorlesung über die israelische Geschichte, hebr.], in: Uma ve-chevra [Nation und Gesellschaft, hebr.], Jerusalem: Eri Jabotinsky, 1949,159-168. The Jewish War Front, London: George Allen &c Unwin, 1940. Der Judenstaat, Wien: Dr. Heinrich Glanz Verlag 1938. «The Iron Wall», original auf Russisch in: Razsviet, 4.11.1923, in: http://en.jabotinsky.org/media/9747/the-iron-wall.pdf. Wladimier Zeev Jabotinsky, [übersetzte u. a. Chaim Nachman Bialiks Gedicht „In der Stadt des Schlachtens“; aussagekräftig sind auch die Romane „Samson der Nasiräer“; „Richter und Narr“. 8 Begin, Menachem,The Revolt, (Steimatzky’s, Tel Aviv, 1983); White Nights: The Story of a Prisoner in Russia, (2nd Edition, Steimatzky’s, Tel Aviv, 2008) siehe auch: Avi Shilon: Menachem Begin, A Life, aus dem Hebräischen übersetzt von Danielle Zilberberg und Yoram Sharett. Yale University Press, New Haven/London 2012. 9 Hannah Arendt, Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft, München 1986, S. 17-273. Eichmann in Jerusalem. Ein Bericht von der Banalität des Bösen, Hamburg 1978. Hannah Arendt. Ich will verstehen. Selbstauskünfte zu Leben und Werk, München1996. Bernstein Richard J.: Hannah Arendt’s Zionism?, In: Steven E. Aschheim (Hg.) Hannah Arendt in Jerusalem, Berkeley 2001, 194-203., Zimmermann, Moshe, Hannah Arendt, the Early Post-Zionist, In. Steven E. Aschheim (Hg.) Hannah Arendt in Jerusalem, Berkeley 2001, S. 181-193. Hans Blumenberg, Rigorismus der Wahrheit „Moses der Ägypter“ und weitere Texte zu Freud und Arendt, Berlin 2015. 10 Tony Judt, Nachdenken über das 20. Jahrhundert, Frankfurt, M., 2015. Geschichte Europas von 1945 bis zur Gegenwart, Frankfurt, M., 2009. Vor allem: Judt, Tony: «Israel: The Alternative», in: The New York Review of Books, 23.10.2003, in: http://www.nybooks.com/articles/archives/2003/0ct/23/israel-thealternative/. 11 Judith Butler, Am Scheideweg: Judentum und die Kritik am Zionismus. Campus Verlag, Frankfurt/Main 2013. Originalausgabe: Parting Ways. Jewishness and the Critique of Zionism. Columbia University Press, NY 2012, ISBN 978-0-231-14610-4.
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