02.09.2015 Drucksache 6/997 6. Wahlperiode Haselnussanbau in

Thüringer Landtag
6. Wahlperiode
997
Drucksache 6/
02.09.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Mühlbauer (SPD)
und
Antwort
des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft
Haselnussanbau in Thüringen
Die Kleine Anfrage 417 vom 16. Juli 2015 hat folgenden Wortlaut:
Im vergangenen Jahr verdreifachte bis vervierfachte sich in der Folge der "Haselnuss-Krise" der Weltmarktpreis für Haselnüsse. Sie werden derzeit für 13 Euro pro Kilo geschälte Nüsse gehandelt. Dies verteuert
die Produktion auch von Thüringer Verarbeitern. Hauptanbaugebiet dieses eigent­lich in Mitteleuropa heimischen Gewächses ist mittlerweile die Türkei. Mit Regionalität in Anbau und Verarbeitung könnten sowohl
heimische Arbeitsplätze geschaffen werden als auch etwas für den Klimaschutz getan werden, doch die
Haselnuss findet sich nur auf zwei Hektar der Äcker im Freistaat wieder. Auch Produzenten aus Thüringen
wünschen sich nach einem Artikel der Ostthüringer Zeitung vom 17. April 2015 eine Verstärkung des heimischen Anbaus.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie viele Haselnüsse werden in Thüringen geerntet (bitte nach Jahresscheiben für die letzten zehn
Jahre aufschlüsseln)?
2. Wie viele Haselnüsse werden in Thüringen verarbeitet (bitte nach Jahresscheiben für die letzten zehn
Jahre aufschlüsseln)?
3. Welche klimatischen und sonstigen Voraussetzungen müssen für einen verstärkten Haselnussanbau in
Thüringen erfüllt sein?
4. Welche Bemühungen haben die Landesbehörden bereits unternommen, die Haselnuss in Thüringen
verstärkt anbauen zu lassen?
5. Wie schätzt die Landesregierung das wirtschaftliche Potenzial des Haselnussanbaus im Freistaat ein?
6. Welche Kooperationen bestehen bereits mit anderen Bundesländern?
7. Welche Unterstützung wird den Haselnussbauern bereits jetzt zu Teil?
8. Welche Möglichkeiten bestehen Brechstationen landesübergreifend zu fördern?
9. Wie werden die verarbeitenden Unternehmen eingebunden?
Druck: Thüringer Landtag, 17. September 2015
Drucksache 6/
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Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode
10.Wie schätzt die Landesregierung die zukünftige Entwicklung des Weltmarktpreises für Ha­selnüsse ein?
11.Welche Auswirkungen hat der Haselnussanbau auf die Biodiversität und die Fruchtbarkeit der Äcker?
Das Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft hat die Kleine Anfrage namens der Lan­
desre­gierung mit Schreiben vom 31. August 2015 wie folgt beantwortet:
Zu 1.:
Der Landesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Es ist kein marktrelevanter Haselnussanbau
bekannt.
Zu 2.:
Zur Gesamtverarbeitungsmenge von Haselnüssen in Thüringen existiert keine Datengrundlage.
Der Verbrauch der Firma Viba-Sweets GmbH als einem wesentlichen Akteur am Markt liegt bei etwa 400 t
Haselnusskernen pro Jahr.
Zu 3.:
Die Standortwahl ist für den nachhaltigen Erfolg eines Haselnussanbaus von maßgeblicher Bedeutung. Es
sollte sich um warme, spätfrostsichere Lagen mit gut durchlüfteten und hochwertigen Böden handeln. Es
besteht Bewässerungsbedarf.
Zudem sollte im Sinne der Wirtschaftlichkeit des Anbaus ein ausreichender Umfang erreicht werden, um
eine gewisse Mechanisierung der Kulturführung zu ermöglichen und noch zu schaffende Verarbeitungskapazitäten auszulasten. Außerdem sind weitere Erkenntnisse aus dem Versuchsanbau zu einer mechanisierten Pflege und Ernte sowie zur Sorten- und Unterlagenwahl erforderlich (vgl. Antwort zu Frage 4).
Zu 4.:
An der Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau (LVG) in Erfurt wurde ein Versuchsanbau von Haselnüssen
etabliert. Dabei geht es insbesondere um die Abklärung von Sorten, Anbausystemen und Erntemöglichkeiten. Außerdem wird eine Vernetzung von potentiellen Anbauern und der Verarbeitungsindustrie gefördert.
So fand beispielsweise am 19. März 2015 an der LVG ein "Forum Haselnussanbau in Thüringen" statt. Dabei ging es vor allem um Anzucht- und Anbaufragen sowie Qualitäten und Liefermengen.
Zu 5.:
Das Potential für einen erwerbsmäßigen Anbau in Thüringen könnte nach ersten Schätzungen bei etwa 250
Hektar liegen. Dabei ist zu beachten, dass die Haselnuss in Konkurrenz zu wirtschaftlich erfolgreichen Obstarten wie der Süßkirsche steht. Auch traditionelle landwirtschaftliche Kulturen wie der Winterweizen erreichen einen höheren Deckungsbeitrag. Hinzukommen eine längere ertragslose Zeit sowie ein hoher Investitionsbedarf bei eine kalkulatorischen Rückflussdauer der Investitionskosten von 12 Jahren.
Nach Einschätzung der Landesregierung kommt daher in erster Linie ein langjähriger Vertragsanbau für die
Verarbeitungsindustrie mit einem gesicherten Preiskorridor in Betracht.
Zu 6.:
Kooperationen bestehen insbesondere in Anbaufragen zu den Ländern Sachsen und Bayern.
Zu 7.:
Da derzeit kein erwerbsmäßiger Anbau existiert, erfolgen aktuell keine Unterstützungsleistungen.
Zu 8.:
Es besteht die Möglichkeit, Brechstationen aus länderspezifischen Förderpro­grammen im landwirtschaftlichen oder gewerblichen Bereich zu fördern.
Eine länderübergreifende Nutzung käme in Betracht.
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Zu 9.:
Nach Kenntnis der Landesregierung stehen die verarbeitenden Unternehmen in Verbindung mit der LVG
Erfurt sowie potentiellen Anbauern.
Zu 10.:
Die Weltmarktpreise für Haselnüsse wiesen in der Vergangenheit starke Schwankungen auf, wobei aktuell ein hohes Preisniveau besteht. Eine Prog­nose ist insofern schwer abzugeben. Die verarbeitende Industrie schätzt die Nachfrage als stabil bis wachsend ein. Ein gewisser Trend zur Vertragsproduktion sowie die
Etablierung von Produktionskapazitäten außerhalb der bisher dominierenden Türkei könnte zu einer Glättung der Preisausschläge führen.
Zu 11.:
Als einheimisches Gehölz und einem Anbau als Dauerkultur hat die Haselnuss grundsätzlich positive Auswirkungen auf die Biodiversität. Durch das Mulchen der begrünten Arbeitsgassen entsteht eine Humusanreicherung und eine Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit.
Keller
Ministerin
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