Betreuung von Krebspatienten in den letzten Lebenswochen Frank Zimmermann Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie Universitätsspital Basel Petersgraben 4 CH – 4031 Basel radioonkologiebasel.ch Heutiges Programm Wie lange aktiv therapieren ? Was ist Palliative Care ? Dr. Sandra Eckstein, Dr. Christine Zobrist; Palliative Care USB Daheim sterben, kranken Menschen und ihrem Umfeld zur Seite stehen Sibylle Maritz; Onkospitex Basel Wenn wir helfen können, aber nicht mehr heilen – wie bereiten wir unsere Patienten darauf vor ? Krebsverlauf oft über viele Jahre PSA RPR + 6 Wochen Mit PSA > 0.2 ng/ml: 1-J. Anstieg in 86 % 3-J. Anstieg in 100 % Erhöhung des PSA: > 0,2 ng/ml + 2. Anstieg Erkennbare Metastase: 8 J. Tod: 5 J. Monate - Jahre Ein Modell der onkologischen Versorgung Grund für das Thema Krebs kann tödlich verlaufen Neue Erkrankungen und Tod bei Krebs: Frauen 17.000 7.200 Männer 20.500 9.000 35 % verlorene Lebensjahre ! 0,12 % / Jahr 0,19 % / Jahr Wikipedia In der Sterbebegleitung geht es darum, Menschen in ihren letzten Tagen und Stunden vor ihren Tod Beistand zu leisten. Angehörige: Partner, Kinder, Freunde Hospiz, Pflege Patient Ärzte, Psychologen Seelsorger Wie lange aktiv therapieren ? Frank Zimmermann Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie Universitätsspital Basel Petersgraben 4 CH – 4031 Basel radioonkologiebasel.ch Dies kann nur der Patient beantworten Umfängliche Informationen Keine falschen Hoffnungen „Der Arzt“ muss alle Optionen und Statistiken kennen Moderne Verfahren wurden immer besser verträglich Keine Bevormundung: am Beispiel eines Patienten mit Larynkarzinom Breite Vielfalt 65jähriger Mann mit Kehlkopfkrebs, heilbar, aber Gefahr des Kehlkopfverlustes: Entscheid für 6 Monate Stimme und gegen die Heilung 65jähriger Mann mit Hirntumor: nicht heilbar, keine vernünftigen helfenden Therapien mehr verfügbar, aber stürzt sich in unnötige Behandlungen und kann nicht loslassen Zielsetzung … die Herausforderungen an den Therapeuten in besonders belastenden onkologischen Situationen und eine Diskussion möglicher Szenarien ! Problemfall 1 Krebs bei einer 30-jährigen schwangeren Frau (1. Kind) - Brustkrebs mit Hirn- und Lungenmetastasen - Auffällig durch Gang- und Sehstörungen - Fester Freund, sehr gute Anbindung an Eltern und “Schwieger”-Eltern Fachliche Diskussion - Zwischen den Ärzten - Mit der Patientin und den Angehörigen - Abschliessende Entscheidung Problemfall 1 Krebs bei einer schwangeren Frau: Hirnmetastasen Problemfall 1 Krebs bei einer schwangeren Frau: Lungenmetastase Sorgen der Patientin: wird nur an das Kind gedacht ? Ausgewogene Berücksichtigung aller Beteiligter: Patientin aber im Zentrum Problemfall 1 Staging: - Kernspintomographie Kopf - Röntgen-Thorax pa - rcT0 cNx cM1 (bra, pul) Fachliche Diskussion zwischen den Ärzten: - Operation zentrale Hirnfilia - Einvernehmlich Fortsetzung der Schwangerschaft - Bei Progression sofortige onkologische Therapie (Ganzhirnbestrahlung und systemische Therapie) Problemfall 1 Weiterer Verlauf: - Ganzhirnbestrahlung mit gezielter Extradosis - Systemische onkologische Therapie Problemfall 1 Weiterer Verlauf: Progression pulmonal - Stereotaktische Strahlentherapie: partielle Remission - Umstellung systemische Therapie Problemfall 1 Weiterer Verlauf: Progression Leber, Knochen, LK - Stereotaktische Strahlentherapie mit part. Remission - Umstellung systemische Therapie Weiterer Verlauf: Progression Lunge, LK - Diskussion des weiteren Vorgehens - Zunehmende psychische Belastung der Patientin - Umstellung systemische Therapie (4. Therapie) - Seit 9 Monaten Tumor aufgehalten Lösung in Problemfall 1 Von Beginn an volles Vertrauen der Patientin in die Betreuung Problem steht noch an: Akzeptanz des unabwendbaren und ungünstigen Krankheitsverlaufs Überwindung der psychischen Verarbeitungsmechanis- men ohne Druck ? Problemfall 2 Krebs bei einer 40-jährigen schwangeren Frau (2. Kind) - Partielle sensomotorische Parese, leichte Eintrübung - Glioblastom, zuvor Astrozytom °2 - Partielle Tumorresektion: Lebenserwartung 8 Mon. Fachliche Diskussion - Zwischen den Ärzten - Mit dem Ehemann und der Patientin - Abschliessende Entscheidung Problemfall 2 Postoperative Besserung der neurologischen Defizite Aber: reaktive Depression nach Kenntnis der Diagnose Fachliche Diskussion - Kontroverse Einstellung zur Fortsetzung der Schwangerschaft (12. Woche): Ärzte der Geburtshilfe für Abort, Ärzte der Med. Onkologie und Neurochirurgie offen, Radioonkologe für Fortsetzung der Schwangerschaft Problemfall 2 Gesprächsführung mit Patientin und Ehemann durch - Ärztin der Geburtshilfe - Arzt der Strahlentherapie Inhalte: - Lebenserwartung der Patientin - Potentieller hormoneller Einfluss der Schwanger- schaft auf den Tumor - Bedeutung der Strahlendosis und Chemotherapie auf das Kind Lösung in Problemfall 2 Strahlentherapie wird leicht verzögert begonnen Kurz nach Beginn wird der Abort vorgenommen Danach rasche Besserung der Depression Keine langfristige psychische Betreuung der Patientin erforderlich Über längere Zeit wiederholte Diskussionen in der Klinik über die Entscheidung! 2 Jahre nach der Therapie lebt die Patientin ohne klinische Hinweise auf eine Tumorprogression Hirnhautkrebs Lebenserwartung: 4 Wochen bis 8 Monate Konzept der Zweitbestrahlung Konzept: 2.-4. Behandlungen, 1 x 20 Gy bis 7 x 6 Gy 29 Pat., 10 NSCLC / 19 Filiae; 11 zentral / 21 peripher Peulen et al. Radiother Oncol 2011 Beispiel der Zweitbehandlung cT2 cN0-Tumor: Mediastinales Rezidiv: Komplette Remission: SBRT RCT bis 11.2003 12.2004 6.2007 RT-Planung / FDG-PET: Nachsorge Beispiel: Wirbelkörperfiliae 31 Pat., FU 10 Mon. RM-Dosis < 120 Gy BED2 (z.B. 10 x 3,0 Gy plus 13 x 1,8 Gy) Ind.: 100 % Schmerzen, 45 % neurolog. Defizite Ergebnis: 95 % Schmerzbesserung, 73 % Neurologiebesserung Keine NW Navarria et al. Radiother Oncol 2012 Zusammenfassung Individuelle Verläufe können überraschend sein Wir haben heute viele Möglichkeiten Die Verträglichkeit ist besser geworden, auch bei Zweitund Drittbehandlungen Die Entscheidung, wie lange behandelt werden soll, trifft der Patient (gemeinsam mit den Angehörigen) Verfrühte Aufgabe nicht nötig Zusammenfassung Aber wie lange wirklich: reichen 10 % Tumorbesserung für 20 % Nebenwirkungen? Weniger schwerwiegende Nebenwirkungen als - Heilungschance - Symptomlinderung Das Gespräch sollte offen und ehrlich sein Keine falschen Versprechungen
© Copyright 2024 ExpyDoc