Erfahrungsbericht ERASMUS Université Paris Descartes, SoSe 2014 Mein ERASMUS-Studienaufenthalt im Sommersemester 2014 in Paris war in vielerlei Hinsicht gelungen, und ich kann nur empfehlen, die Möglichkeit zu nutzen, in dieser großartigen Stadt ein paar Monate oder ein Jahr zu Gast zu sein und sich teilweise auch ein bisschen heimisch zu fühlen. Im Folgenden ein Paar Details zu wichtigen Themen: Sprache Die Sprache ist Französisch. Ohne Ausnahme. Bereitet euch gut darauf vor und vertraut auf keinen Fall auf die Englischkenntnisse der Franzosen! Es ist sehr hilfreich, Französisch schon einmal in der Schule gehabt zu haben, aber nicht zwingend erforderlich. Ich habe zur Vorbereitung den C1-Kurs „Le français pour les relations internationales et l'action à´l'étranger“ am Sprachenzentrum der HU besucht. Der ist mit 20€ billiger als die „Français médical“-Kurse und war sehr interessant. Die medizinischen Ausdrücke lernt man in Frankreich schnell genug. Patientengesprächen zu folgen oder selbst welche zu führen ist nicht besonders schwer, weil meist eine einfache Sprache gewählt wird. Was schon schwerer ist, ist andere Studierende oder junge Leute zu verstehen, die sich gut kennen und entsprechend schnuddelig reden. Die Pariser verschlucken auch gerne mal Teile des Satzes oder der Wörter, aber man gewöhnt sich dran. Wohnen Pariser Preise: Schäbiges Zimmer in Wohnung, die gerade renoviert wird in schönem, aber weit abgelegenem Viertel: 420€ / Monat. Super WG-Zimmer mit Balkon und Blick auf Paris, zentral gelegen: 800€ / Monat. Ich hatte das Glück, über die Uni ein Zimmer im Collège Franco-Britannique der Cité Universitaire direkt über die Hochschule zu bekommen. Da das zweite Semester in Frankreich schon im Februar beginnt, meine stages aber erst im April anfingen, konnte ich „leider“ nicht im CROUS Francis de Croisset unterkommen und bekam dann das Zimmer an der Cité U. Bleibt einfach ein bisschen hartnäckig, dann regelt sich das. Preis: 538€ / Monat. Das Leben an der Cité U ist sehr angenehm, es gibt alles was man braucht und die Leute sind international und nett. Bank BNP Paribas mit 100€ Begrüßungsgeld kann ich empfehlen, soll wohl relativ reibungslos laufen. Ich hab den Fehler gemacht und bis zur Crédit Agricole gegangen, war echt „la galère“! Auf jeden Fall ist der Gang zur Bank eine der ersten Amtshandlungen, ansonsten läuft hier gar nichts! Handy „Free“ ist billig. Einschreibung und Kurswahl Lasst euch nicht in die Irre führen! Die Organisation an der Descartes ist katastrophal chaotisch. Wenn ihr euch für einige Kurse/Stages angemeldet habt, besteht darauf, diese auch belegen zu dürfen. Informiert euch vorab, welche stages sich lohnen und welche nicht. Wenn ihr irgendwelche Dokumente irgendwo abgeben müsst: Vertraut nicht auf Info-Mails sondern ruft an und fragt, was ihr wirklich braucht. Die Leute sind sehr entgegenkommend und hilfsbereit. Stages 1. Chirurgie gynécologique am Hôpital Européen Georges Pompidou (3 Monate) Unnötigstes stage überhaupt! Die Stimmung im Ärzteteam ist schlecht, jeder wurschtelt irgendwie vor sich hin und erzählt den anderen nichts darüber. Als externe steht man im untersten Glied der Kette. Der einzige Vorteil war, dass ich etwas mehr Zeit hatte, Paris zu erkunden, weil man nicht wirklich viel zu tun hat, es sei denn, man ist im OP. Auf die Dauer ist das aber eher unbefriedigend, weil man ja auch etwas Sinnvolles machen möchte, was mit Medizin zu tun hat. 2. Psychiatrie am Centre Hospitalier Sainte-Anne, Prof. Krebs (1,5 Monate) Bestes stage überhaupt! Super Team, man wird gut eingebunden, gute Kurse, man kann den Ärzten Löcher in den Bauch fragen und sie freuen sich darüber, interessante Krankheitsbilder und tiefsinnige, umfassende und zum Teil auch sehr berührende Patientengespräche. Hier hat es richtig Spaß gemacht. Ich habe mich für die 4. Etage (hôpital de semaine) eingetragen, Chefin ist Adeline Gaillard. Empfehlenswert sind auch die gardes am CPOA, einer Art Notfall- und Verteilstelle für psychisch Kranke, die Einteilung der Dienstpläne erfolgt am Dienstag in der ersten Woche es Trimesters. 3. Neurologie am nachmittags) Centre Hospitalier Sainte-Anne, Prof. Mas (2 Wochen Schwerpunkt liegt auf Schlaganfall und neurovaskulären Erkrankungen. Wer gerne neurologische Untersuchungen macht und sich außerdem für Neuroradiologie interessiert, ist hier richtig aufgehoben. Die Therapie ist leider bei den genannten Krankheitsbildern ja oft sehr ähnlich (ASS, Plavix, Mannitol je nachdem), aber das Untersuchen macht großen Spaß. Für 2 Wochen gut geeignet, ich könnte mir aber vorstellen, dass 3 Monate etwas zu viel sind. Freizeit Sind wir doch mal ehrlich: Wer geht denn NUR wegen der Charité zum Medizinstudium nach Berlin? Genauso verhält es sich auch hier. Paris hat so unglaublich viel zu bieten (Seineufer, Canal St-Martin, Montmartre, Versailles, die Muséen, die Cafés) und selbst die Wege zum Krankenhaus durch die engen Gassen oder über die Boulevards, die man am besten per vélib‘ zurücklegt, sind immer wieder ein Schauspiel – Paris ist einfach ein „Gesamtkunstwerk“. Die Pariser sind herzlich, einladend, offen, freundlich, haben aber auch ihren eigenen Kopf. Wer in der Cité U ein Zimmer hat, sollte möglichst oft raus gehen und die Stadt erkunden, ansonsten riskiert man, nur ein „Standard“-ERASMUS-Semester mit internationalen Bekanntschaften zu erleben, was aber ja auch schon nicht schlecht ist. Mein Tipp zum Joggen ist der „Parc de Sceaux“, super weitläufig und prima zum Abschalten. Abends geht’s dann Richtung Oberkampf oder Grands Boulevards. Viel Spaß!
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