(CHU) Bichat-Claude Bernard, Université Denis Diderot

PRAKTIKUMSBERICHT
PJ-Tertiale
-
Chirurgie
–
Gefäß-,
Thorax-
und
Lungentransplantationschirurgie
–
17.11.2014 – 06.03.2015
-
Innere Medizin – Hepato-Gastroenterologie – 09.03.2015 – 26.06.2015
am Centre Hospitalier Universitaire (CHU) Bichat-Claude Bernard, Université Denis
Diderot – Paris VII, Paris, Frankreich
MOTIVATION
Es war schon lange ein großer Wunsch und Traum von mir, einmal für einige Monate
an einer Pariser Universität zu studieren und in Paris zu leben.
Im Medizinstudium bieten sich prinzipiell zwei Gelegenheiten an, diesen Wunsch
Wirklichkeit werden zu lassen: Ein Auslandssemester (an der LMU im Rahmen von
Modul 6) oder das Praktische Jahr. Ich habe mich bewusst für das Praktische Jahr
entschieden, da man durch die Arbeit in einer Klinik und die ständige Kommunikation
mit Patienten und Kollegen aktiv gefordert ist, die Sprachkenntnisse gut verbessern
kann und viel im Hinblick auf interkulturelle Kommunikation lernt.
Entscheidet man sich dafür, zwei PJ-Tertiale in Paris zu verbringen, so ist man
ganze acht Monate im Ausland – das ist länger als ein Auslandssemester!
BEWERBUNGSPROZESS
Einen PJ-Platz an einer Pariser Universitätsklinik zu bekommen, ist nicht ganz trivial
–
prinzipiell
muss
ein
(ERASMUS)-Kooperationsvertrag
zwischen
der
Heimatuniversität und einer der Pariser Universitäten, an denen Medizin gelehrt wird,
bestehen. Folgende Universitäten bieten den Studiengang Medizin an:
Paris V – Université René Descartes
Paris VI – Université Pierre et Marie Curie
Paris VII – Université Denis Diderot
Paris XIII – Université Paris Nord (außerhalb des Zentrums von Paris)
Desweiteren muss die Pariser Universität bereit sein, die in Deutschland
vorgeschriebenen PJ-Termine zu akzeptieren: So unterhält zum Beispiel die Charité
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Berlin eine Kooperation mit Paris V und Paris VI – beide Universitäten akzeptieren
jedoch nicht die deutschen PJ-Termine, so dass ein PJ in Paris von Berlin aus
praktisch nicht mehr möglich ist.
Die LMU unterhält Kooperationen mit Paris VI, Paris VII und Paris XIII – zumindest
Paris VII (meine Gastuniversität) akzeptiert (hoffentlich noch lange) die deutschen
PJ-Termine.
Die Bewerbung muss nach den bekannten Regeln bis zum 30. Januar erfolgen. Das
Motivationsschreiben ist in deutscher Sprache an den/die Programmbeauftragte(n)
zu richten. Ende März erfolgt die Zu- oder Absage. Bei Zusage muss bis zum 30. Mai
ein Motivationsschreiben – einschließlich einiger weiterer Dokumente – an die UFR
(Unité de la Formation et de la Recherche) de Médecine geschickt werden. Ende Juli
erfolgt dann die definitive Zusage der Pariser Uni und der exakte Praktikumszeitraum
sowie die genaue Praktikumsstelle (Klinik) werden mitgeteilt. Bis zum 30. August
sind
dann
noch
die
sog.
„Convention
de
Stage“
und
verschiedene
Versicherungsbestätigungen an die Pariser Uni zu übermitteln.
Ein bis zwei Wochen vor Praktikumsantritt sollte man den „Chef de Service“ (=
Direktor der Klinik) per E-Mail kontaktieren, sich kurz vorstellen und Informationen
zum Dienstantritt erfragen. Der Klinikdirektor hat mir dann – wie in den ERASMUS+Regularien verlangt – einen Supervisor (i. d. R. ein PH = „Practicien Hospitalier“ =
Oberarzt) zugeteilt.
WOHNUNGSSUCHE
Der Pariser Wohnungsmarkt ist sehr schnelllebig, d. h. die Vermieter annoncieren
ihre Wohnungen / Zimmer erst wenige Wochen vor dem Einzugsdatum. Daher ist es
sinnvoll,
sich
frühestens
sechs
bis
acht
Wochen
vor
dem
Monat
des
Praktikumsbeginns um eine Bleibe zu kümmern.
Ich habe mein Zimmer über ein Gesuch in der Facebook-Gruppe „Sous-louer mon
appart“ gefunden. Es gibt eine Vielzahl von ähnlichen Gruppen, darunter
„Occazissime Immobilier“, „World of Coloc“ und „Plan appart/coloc à Paris“.
Ich habe in einer sogenannten „Chambre de Service“ gewohnt – in diesen kleinen
Mansardenzimmern wohnte früher und wohnt teilweise auch heute noch das
Dienstpersonal der daruntergelegen großen Wohnungen. Für 12 qm habe ich 550
€/Monat (+ ca. 40 €/Monat für Elektrizität) gezahlt. In Anbetracht der zentralen Lage
im 7. Arrondissemnet mit Blick auf den Eiffelturm und Blick über die „Champs de
Mars“ würde ich den Preis als einigermaßen gerechtfertigt bezeichnen.
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Viele deutsche Studenten, die auch einmal in Paris studiert haben, sind sehr positiv
angetan von der sog. „Cité Universitaire“ im Südosten von Paris an der Periphérique.
Nimmt man die dezentrale Lage und die damit verbundenen langen Anfahrtswege in
Kauf, ist dieses Studentendorf sicherlich eine gute und preiswerte Alternative. Die
öffentlichen Studentenwohnheime sind dagegen oft in einem desolaten Zustand und
daher nicht zu empfehlen.
BANKKONTO
Sowohl für die Beantragung einer Metro-Karte (obligat!) als auch für die
Überweisung des Gehalts (ca. 230 € + ca. 12 € teilweise Erstattung für öffentlichen
Nahverkehr) empfiehlt sich die frühzeitige Eröffnung eines kostenlosen Kontos bei
einer französischen Bank, z. B. BNP Paribas.
ÖFFENTLICHER NAHVERKEHR
Für einen mehrmonatigen Aufenthalt in Paris empfiehlt sich der Erwerb einer „Carte
Imagine R“ für 36,10 €/Monat. Die Bearbeitung des Antrages nimmt mehrere
Wochen in Anspruch, so dass eine frühzeitige Beantragung von Vorteil ist.
LEBEN IN PARIS
Bekannterweise sind die Lebenshaltungslosten in Paris sehr hoch – die zusätzlichen
Einnahmen aus Gehalt (ca. 242 €/Monat) und ERASMUS-Praktikum-Förderung (402
€/Monat) sind daher sehr hilfreich.
DEUTSCHES VS. FRANZÖSISCHES MEDIZINSTUDIUM
Ein wichtiger Unterschied liegt in Zeitpunkt und Umfang von klinischen Praktika:
Französische Medizinstudierende sind bereits ab dem dritten Studienjahr (ab DCEM
1) vormittags von 9 h bis 13 h auf Station bzw. im OP (Chirurgie: 8:30 h bis 13 h).
Die Funktionsbezeichnung lautet „Externe“ – die „Internes“ entsprechen unseren
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Assistenzärzten in Weiterbildung zum Facharzt. Ein „Praktisches Jahr“ zum Ende
des Studiums ist nicht vorgesehen.
TAGESABLAUF UND TÄTIGKEITEN
In beiden Tertialen waren neben mir sechs weitere Externes (französische
Medizinstudierende) in demselben „Service“ (=Klinik) tätig. In der Gastroenterologie
kamen auf jeden Externe 2-3 Patienten, in der Chirurgie 3-4 Patienten (2 Externes im
OP).
Von den Externes wird analog zu deutschen PJ-Studenten erwartet, dass sie „ihre“
Patienten unter Anleitung kompetent und verantwortungsvoll versorgen, sie begleiten
und ggf. psychologische Hilfe geben.
Der Tagesablauf beginnt um 9 h mit der sog. „Transmission“ (=Übergabe) – hier
informiert die Nachtschwester die diensthabenden Ärzte über die Vorkommnisse der
Nacht. Im Anschluss daran werden den Externes Aufgaben für „ihre“ Patienten
zugeteilt. Neben einer tagesaktuellen Anamnese und körperlichen Untersuchung
sind häufig folgende Aufgaben zu erledigen:
-
Untersuchungen anfordern (Bildgebung, Labor)
-
Konsile anfordern
-
Patientenakten anfordern
-
Rezepte ausstellen
-
Anschlussheilbehandlung (= Reha) beantragen
-
arterielle Punktion für Blutgasanalyse
-
Aszitespunktion (Hepato-Gastroenterologie)
-
Verbandswechsel (Chirurgie)
Bei den Oberarztvisiten (mehrmals pro Woche) bzw. der Chefarztvisite (einmal pro
Woche) müssen die Patienten kurz vorgestellt werden.
Wird ein Patient neu aufgenommen (Neuaufnahmen kommen in der Regel am
Nachmittag), muss von den „Externes“ eine sogenannte „Observation“ angefertigt
werden, die die komplette Krankengeschichte einschließlich aller Nebendiagnosen
ausführlichst
darstellen
muss.
Über
die
Sinnhaftigkeit
dieses
geforderten
Detailreichtums kann man sicherlich unterschiedlicher Meinung sein.
Ist man in der Chirurgie für den OP eingeteilt, so ist man i.d.R. zweiter Assistent oder
man wird gebeten, die Aufgaben der OP-Schwester zu übernehmen. Leider besteht
des öfteren Personalmangel an OP-Schwestern. In der Regel darf man die
Subkutan- und die Intrakutannaht selbstständig durchführen.
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RESUMÉ
Die Pariser Universitätsmedizin genießt weltweit einen exzellenten Ruf and die
französische Medizinerausbildung ist sehr anspruchsvoll. Paris ist eine wunderbar
internationale und elegante Stadt und Anzugspunkt für „high potentials“ aus aller
Welt.
In diesem Umfeld zwei PJ-Tertiale verbracht zu haben, betrachte ich nach wie vor
als große Bereicherung im fachlichen und persönlichen Sinne.
ANHANG
Zimmer in der Avenue Elisée Reclus mit Ausblick auf La Tour Eiffel
Lungentransplantation, Spenderorgan
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