Finale der Vernichtung: Die Einsatzgruppe H in der Slowakei 1944

Veröffentlichungen der Forschungsstelle Ludwigsburg
der Universität Stuttgart, Bd. 22
Herausgegeben von
Klaus-Michael Mallmann und Martin Cüppers
Lenka Šindelářová
Finale der Vernichtung
Die Einsatzgruppe H
in der Slowakei
1944/1945
Die Veröffentlichung wurde ermöglicht durch die freundliche Unterstützung
der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur.
Dissertation der Universität Stuttgart, D 93
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Covergestaltung: Peter Lohse, Heppenheim
Coverbild: Reichsmarschall Hermann Göring und der slowakische Präsident Jozef Tiso
im Jägerhof Rominten bei Goldap (Ostpreußen), Ostern 1941. Foto: bpk Berlin
Satz: SatzWeise, Föhren
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ISBN 978-3-534-25973-1
Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich:
eBook (PDF): 978-3-534-73733-8
eBook (epub): 978-3-534-73734-5
Inhaltsverzeichnis
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Thema, Fragestellung und Aufbau der Arbeit
Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . .
Quellenlage . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Vorgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.1. Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD . . . . . . .
1.2. Entwicklung in der Slowakei bis zum Nationalaufstand 1944 . .
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2. Tätigkeit der Einsatzgruppe H . . . . . . . . . . . . . .
2.1. Struktur der Einsatzgruppe H . . . . . . . . . . . . .
2.1.1. Der Chef und sein Stab . . . . . . . . . . . . .
2.1.2. Die Kommandos . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2. Aufstandsbekämpfung . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.1. Aufständische und Partisanen . . . . . . . . . .
2.2.2. Deutsche Truppen . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.3. Niederschlagung des Aufstands . . . . . . . . .
2.2.4. Festnahmen im Rahmen der Aufstandsbekämpfung
2.3. Judenverfolgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3.1. „Judenfrage muss radikal gelöst werden“ . . . . .
2.3.2. Razzien und Festnahmen . . . . . . . . . . . .
2.3.3. Konzentrationslager Sered . . . . . . . . . . . .
2.3.4. Deportationen aus der Slowakei . . . . . . . . .
2.4. Exekutionen auf slowakischem Boden . . . . . . . .
2.4.1. Erschießungen und Hinrichtungen in Zahlen . . .
2.4.2. Einzelne ausgewählte Exekutionen . . . . . . . .
2.4.3. Orte der größten Massenerschießungen . . . . . .
2.5. Berichterstattung und Propaganda . . . . . . . . . .
2.5.1. Richtlinien und Themen der Berichterstattung . .
2.5.2. Stimmung der Bevölkerung in den SD-Berichten .
2.5.3. Propaganda . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.6. Slowaken als Akteure . . . . . . . . . . . . . . . .
2.6.1. Staatsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.6.2. Slowakische Armee und Polizei . . . . . . . . .
2.6.3. Hlinkagarde und POHG . . . . . . . . . . . .
2.6.4. Helfershelfer der Einsatzgruppe H . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis
2.7. Volksdeutsche . . . . . . . . . . . . . . .
2.7.1. Deutsche in der Slowakei – ein Überblick
2.7.2. Deutscher Heimatschutz . . . . . . . .
2.7.3. Verbrechen an Volksdeutschen . . . . .
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4. Strafverfolgung nach 1945 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.1. Strafverfolgung in der Tschechoslowakei 1945–1948 . . . . . .
4.1.1. Normen, Verlauf und Ergebnisse – Tschechien . . . . . .
4.1.2. Verurteilte Angehörige der Einsatzgruppe H in Tschechien
4.1.3. Normen, Verlauf und Ergebnisse – die Slowakei . . . . .
4.1.4. Gefällte Urteile in der Slowakei . . . . . . . . . . . . .
4.2. Strafverfolgung in der Bundesrepublik . . . . . . . . . . . .
4.2.1. Normen, Verlauf und Ergebnisse . . . . . . . . . . . . .
4.2.2. Einsatzgruppenprozesse im Überblick . . . . . . . . . .
4.2.3. Silvester Weiß – das einzige Urteil zur Einsatzgruppe H . .
4.2.4. Eingestellte Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2.5. Anderweitig verurteilte Angehörige der Einsatzgruppe H .
4.3. Strafverfolgung in anderen Ländern . . . . . . . . . . . . . .
4.3.1. Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3.2. Polen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3.3. Jugoslawien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3.4. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Angehörige der Einsatzgruppe H . . . . . . . . . . . . . . . . .
Ortsnamen (slowakisch – deutsch) . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
351
Ortsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
356
3. Personal der Einsatzgruppe H . . . . .
3.1. Täter der NS-Zeit . . . . . . . .
3.2. Biographien des Führungspersonals
3.3. Profil der SS-Führer . . . . . . .
3.4. Unterführer und Mannschaften . .
Schlussbetrachtungen
Abkürzungen
Karte
Quellen- und Literaturverzeichnis
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Einleitung
Thema, Fragestellung und Aufbau der Arbeit
Ende August 1944 wurde im Auftrag des Berliner Reichssicherheitshauptamtes
(RSHA) die Einsatzgruppe H aufgestellt und zusammen mit deutschen Truppen in die Slowakei geschickt. Anlass zur Besetzung des bis dahin vom Krieg
weitgehend verschonten „Schutzstaates“ war der Ausbruch des Slowakischen
Nationalaufstands, der sich gegen das Dritte Reich und das mit ihm kollaborierende Tiso-Regime richtete. Obwohl der Aufstand offiziell nach zwei Monaten
niedergeschlagen war, verblieb die Einsatzgruppe H bis zum Kriegsende in der
Slowakei. Ihr vorrangiger Auftrag bestand darin, die „Endlösung der Judenfrage“ in der Slowakei zum Abschluss zu bringen. Deportationen in die Vernichtungs- und Konzentrationslager, öffentliche Hinrichtungen, Massenerschießungen, das Niederbrennen von Gemeinden gehörten seit Spätsommer 1944 zum
slowakischen Alltag. Zu Opfern wurden außer Juden auch zahlreiche Roma
sowie festgenommene Partisanen und Aufständische. Neben den Aufgaben
auf sicherheitspolizeilichem Sektor wurden von der Einsatzgruppe H noch weitere Tätigkeitsbereiche wahrgenommen. So beteiligte sie sich oftmals an offenen Kampfhandlungen und war zudem mit einer regelmäßigen Berichterstattung über jegliches Geschehen in der Slowakei betraut. Sie etablierte sich von
Anfang an als einer der wichtigsten Faktoren im slowakischen Staat und griff in
nahezu alle seine Bereiche entscheidend ein. Da hierbei der Anschein der Souveränität der Slowakischen Republik nach außen hin aufrechterhalten bleiben
sollte, war sie in der Regel bemüht, Kontakte zu einheimischen Stellen zu knüpfen und diese in ihre Arbeit einzubeziehen. Bei ihren Aktionen fand sie unter
Slowaken und Volksdeutschen trotz des nahenden Kriegsendes zahlreiche willige Helfershelfer, vor allem aus den Reihen der Bereitschaftsabteilungen der
Hlinkagarde (POHG) und des Deutschen Heimatschutzes.
Die Einsatzgruppe H war in ihrer Struktur und ihrer Funktion keinesfalls ein
Novum auf dem europäischen Kriegsschauplatz. Sie ging zurück auf die Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD, die seit 1938 in verschiedenen
Ländern Europas tätig waren und deren Angehörige vor allem in Polen und der
Sowjetunion zahlreiche Massenverbrechen begingen. Die Einsatzgruppe H bestand aus dem Stab in Bratislava und insgesamt sechs Kommandos, die sich
weiter in Teilkommandos bzw. sogenannte Stützpunkte gliederten. Zum Chef
wurde der damalige Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD (KdS) in
Lemberg, Josef Witiska, ernannt. Auch weitere Angehörige der Einsatzgruppe,
8
Einleitung
die sich unter anderem aus den Reihen der Gestapo, der Kriminalpolizei und
des SD rekrutierten, wurden in vielen Fällen vor ihrer Versetzung in die Slowakei bei verschiedenen Dienststellen und Einheiten in Osteuropa eingesetzt.
Nach Kriegsende blieben die durch die Einsatzgruppe H in der Slowakei begangenen Verbrechen zum großen Teil strafrechtlich ungesühnt. Nur wenige
NS-Täter hatten sich nach 1945 vor Gericht zu verantworten, und die Angehörigen der Einsatzgruppe H stellten hier keine Besonderheit dar. Sie fanden zumeist ohne größere Probleme Aufnahme in die westdeutsche Nachkriegsgesellschaft und wurden nur selten mit ihrer Kriegstätigkeit konfrontiert. In der
Bundesrepublik wurden seit den 1960er Jahren zwar mehrere Verfahren zur
Einsatzgruppe H eingeleitet, doch ihre Ergebnisse entsprachen im Großen
und Ganzen dem allgemeinen Trend auf dem Gebiet der Strafverfolgung von
NS-Verbrechen durch die bundesdeutsche Justiz. Die mit unterschiedlicher
Gründlichkeit durchgeführten Ermittlungen wurden bis auf eine Ausnahme
ohne Anklageerhebung eingestellt. Rechtskräftige Urteile gegen SS-Führer
der Einsatzgruppe H wurden ausschließlich wegen außerhalb der Slowakei verübter Taten gefällt oder aber vor Gerichten außerhalb der Bundesrepublik.
Die Darstellung der Tätigkeit und des Personals der Einsatzgruppe H sowie
der Strafverfolgung ihrer Angehörigen nach 1945 ist von erheblicher wissenschaftlicher Bedeutung. Die in der Slowakei begangenen Verbrechen stehen
stellvertretend für die Spätphase der Shoah und zeichnen das Bild einer in den
letzten Kriegsmonaten improvisierten, aber dennoch schonungslosen Verfolgung bzw. Vernichtung der slowakischen Juden. Die vorliegende Studie trägt
zudem zur Erforschung der Einsatzgruppen als Instrument der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik in Europa bei und bietet einen wichtigen Aspekt
der Beziehungen zwischen dem Deutschen Reich und seinem slowakischen
„Schutzstaat“. Außerdem stellt sie einen Beitrag zur in den letzten Jahren intensiv betriebenen Täterforschung sowie zur strafrechtlichen Aufarbeitung von
NS-Verbrechen in der Bundesrepublik und in anderen Ländern dar.
Das Hauptziel der vorliegenden Arbeit ist es daher, die folgenden drei zentralen Fragen zu beantworten: Wie genau sah die Tätigkeit der Einsatzgruppe H in der Slowakei aus? Wer waren ihre Angehörigen? Wurden die in der
Slowakei begangenen Verbrechen nach 1945 strafrechtlich aufgearbeitet bzw.
wurden die Angehörigen der Einsatzgruppe H strafrechtlich verfolgt? Entsprechend diesen Themenkomplexen ist die Studie in drei größere Teile – Tätigkeit,
Personal und Strafverfolgung – gegliedert. Es erwies sich als sinnvoll, der eigentlichen Untersuchung noch eine Vorgeschichte hinzuzufügen, um die Entstehung der Einsatzgruppe H in einen breiteren Kontext zu bringen. Geboten
wird ein Überblick einerseits über die Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei
und des SD sowie andererseits über die Entwicklung in der Slowakei bis zum
Spätsommer 1944. Anhand der Literatur werden die an verschiedenen Orten
Europas eingesetzten mobilen Sondereinheiten des RSHA und ihre Tätigkeit
Thema, Fragestellung und Aufbau der Arbeit
9
umrissen. Danach folgt eine kurze Darstellung der wichtigsten Ereignisse im
slowakischen Staat vom März 1939 bis zum Ausbruch des Aufstands, wobei
besondere Aufmerksamkeit der Situation der Juden gewidmet wird.
An die Vorgeschichte schließt der erste Teil der Arbeit an, der den Schwerpunkt der vorliegenden Studie bildet. In insgesamt sieben Kapiteln wird hier
verschiedenen Fragen bezüglich der Tätigkeit der Einsatzgruppe H nachgegangen. Im ersten wird die innere Struktur der Einsatzgruppe anhand einer Beschreibung ihres Chefs und seines Stabes sowie der einzelnen Kommandos
und ihrer Stützpunkte untersucht. Da die Einsatzgruppe im Zuge des slowakischen Aufstands entstand, wird im nächsten Kapitel überprüft, in welchem Maße sie sich unmittelbar an dessen Niederschlagung beteiligte und wie die
Kampfhandlungen ihre Tätigkeit beeinflussten. Eine Übersicht über die in der
Slowakei eingesetzten deutschen Truppen sowie über die Aufständischen und
Partisanen wird dieser Fragestellung vorangestellt. Thema des dritten Kapitels
ist die Judenverfolgung, wobei zunächst die wichtigsten Rahmenbedingungen
nachgezeichnet werden. Anschließend wird untersucht, wie die Einsatzgruppe H bei ihren Aktionen gegen Juden vorging und wie andere Stellen, deutsche
und slowakische, auf dieses Vorgehen reagierten. Ausgewählte Razzien und
Festnahmen werden beispielhaft angeführt und die Deportationen aus dem
Konzentrationslager Sered eingehender beschrieben. Da Juden sowie andere
tatsächliche oder vermeintliche Gegner des NS-Regimes auch auf slowakischem Boden ermordet wurden, bietet das vierte Kapitel einen Überblick zu
diesen Exekutionen. Die Massenerschießungen mit den meisten Opfern werden dabei genauer geschildert. Mit Berichterstattung und Propaganda folgt ein
Kapitel zu einem weiteren wichtigen Tätigkeitsfeld der Einsatzgruppe H. Es
geht vor allem um die Frage, wer wem und zu welchen Themen in der Regel
zu berichten hatte, ob diese Berichte auch eigene Ansichten und Vorschläge der
Einsatzgruppe H beinhalteten und wie sie in einem konkreten Bereich (Stimmung der einheimischen Bevölkerung) aussahen. Im sechsten Kapitel werden
die verschiedenen slowakischen Akteure betrachtet. Slowakische Staatsführung, Armee und Polizei sind hier ebenso Thema wie die Hlinkagarde und ihre
im September 1944 neu aufgestellten Bereitschaftsabteilungen. Es wird untersucht, wie die Zusammenarbeit mit der Einsatzgruppe H und ihre gegenseitigen Beziehungen in konkreten Fällen aussahen und wer sich bei den Aktionen
der Einsatzgruppe als besonders hilfsbereit erwies. Im letzten Kapitel wird
dann das Augenmerk auf die Volksdeutschen in der Slowakei gerichtet. Im
Mittelpunkt stehen hierbei vor allem zwei Themen, nämlich erstens die Beteiligung des Deutschen Heimatschutzes an den Aktionen der Einsatzgruppe H
und zweitens die von Partisanen und Aufständischen an den Volksdeutschen im
Spätsommer 1944 begangenen Verbrechen, mit deren Ermittlung und ‚Bestrafung‘ in der Regel die Angehörigen der Einsatzgruppe beauftragt wurden.
Somit stehen in diesem ersten Teil primär die Tätigkeit der Einsatzgruppe H
10
Einleitung
und das Umfeld, in dem sie wirkte, im Vordergrund. Um die Untersuchung
nicht unnötig in die Länge zu ziehen, können einige Aspekte hingegen nur am
Rande behandelt werden. So ist es etwa nicht Ziel der hier vorliegenden Arbeit,
den militärischen Verlauf des Aufstands oder die allgemeine Entwicklung im
slowakischen Staat eingehend zu analysieren. In dieser Hinsicht kann die Studie keinesfalls den Anspruch einer detaillierten Darstellung erfüllen, da eine
solche den Rahmen der Arbeit deutlich sprengen würde. Thematisiert werden
hier demzufolge vielmehr nur solche Bereiche und Fragen, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Tätigkeit der Einsatzgruppe H stehen oder zu
interpretieren sind.
Der zweite Teil der Arbeit ist dem Personal der Einsatzgruppe H gewidmet.
Der Grundgedanke, der sich durch die ganze Studie zieht, war der, dass es sich
bei diesem Personal nicht um eine anonyme Masse handelte, sondern dass es
konkrete Menschen mit Namen und eigenen Lebensgeschichten waren. Bei der
hier beabsichtigten ausführlichen Behandlung der Einsatzgruppe H erschien es
deshalb vor diesem Hintergrund als unbedingt notwendig, sich ebenfalls mit
ihren Angehörigen näher zu befassen und diese vor allem zu benennen. Im ersten Kapitel wird ein kurzer allgemeiner Überblick über die Täter der NS-Zeit
geboten, indem anhand der Erkenntnisse der neueren Täterforschung bestimmte Tätertypen, mögliche Motive sowie verschiedene Interpretationsmuster dargelegt werden. Danach wird das Führungspersonal der Einsatzgruppe H vorgestellt. Es werden die Lebenswege des Chefs und der 13 Kommandoführer
aus der Vorkriegs-, Kriegs- und Nachkriegszeit geschildert und gemeinsame
Merkmale hervorgehoben. Im dritten Kapitel wird mittels sozialstruktureller
Untersuchungen das Profil der SS-Führer präsentiert, das anhand der Daten
von 100 Angehörigen der Einsatzgruppe H mit dem Dienstgrad des Untersturmführers aufwärts erstellt wurde. Eine vergleichbare Analyse für die niedrigeren
Dienstränge bietet das nächste Kapitel, wobei jedoch in diesem Fall das Sample
auf Grund fehlender Quellen lediglich aus 50 Mann bestand und deshalb vielmehr als Trend zu interpretieren ist. Zum Schluss folgen noch Kurzbiographien
von vier ausgewählten Unterführern der Einsatzgruppe, die in verschiedenen
Funktionen direkt an der Judenvernichtung in Osteuropa beteiligt waren.
Im letzten Teil wird die strafrechtliche Ahndung der Angehörigen der Einsatzgruppe H in der Nachkriegszeit eingehend untersucht. Um diese richtig einordnen und bewerten zu können, erwies es sich als nötig, ebenfalls das entsprechende Umfeld zu skizzieren, das heißt den Verlauf der Strafverfolgung von
NS-Verbrechen in den einzelnen Ländern zumindest in Grundzügen zu beschreiben. Im ersten Kapitel wird so die tschechoslowakische Volksgerichtsbarkeit in den Jahren 1945 bis 1948 behandelt. Es werden unter anderem konkrete
Fälle von verurteilten Angehörigen der Einsatzgruppe H angeführt und am
Rande auch solche Verfahren erwähnt, bei denen es letztendlich zu keinem
rechtskräftigen Urteil kam. Im zweiten Kapitel wird ein detailliertes Bild der
Forschungsstand
11
Situation in der Bundesrepublik geboten, wobei zunächst die allgemeine Entwicklung auf dem Gebiet der Strafverfolgung und die wichtigsten Prozesse gegen Angehörige anderer Einsatzgruppen geschildert werden. Anschließend folgen eine nähere Beschreibung des einzigen Urteils zur Einsatzgruppe H sowie
insbesondere eine Darstellung der übrigen durch die Staatsanwaltschaften eingestellten Verfahren. Kurz angesprochen werden hier zudem Urteile gegen Angehörige der Einsatzgruppe H, die vor bundesdeutschen Gerichten in anderen
Ermittlungszusammenhängen gefällt wurden, also nicht das Geschehen in der
Slowakei zum Gegenstand hatten. Im Mittelpunkt des dritten Kapitels steht die
Strafverfolgung von NS-Verbrechen in Österreich, Polen, Jugoslawien und
Frankreich, wo ein Urteil zur Einsatzgruppe H erfolgte bzw. wo vier Kommandoführer wegen außerhalb der Slowakei begangener Verbrechen verurteilt und
hingerichtet wurden.
Die wichtigsten im Rahmen dieser Arbeit gewonnenen Erkenntnisse werden
in Schlussbetrachtungen zusammengefasst dargestellt. Im Anhang finden sich
unter anderem die Listen von 100 SS-Führern der Einsatzgruppe H sowie von
weiteren 50 Angehörigen mit niedrigeren Diensträngen, zu denen die oben
erwähnten Analysen durchgeführt wurden. Neben den vollen Namen sind in
diesen Listen das Geburtsdatum, der Dienstrang und die Verwendung in der
Einsatzgruppe H verzeichnet. Wie bereits angedeutet, war es hier eines der
vorrangigen Ziele, die Angehörigen der Einsatzgruppe H zu ermitteln und zu
benennen. Sie wurden als konkrete Menschen angesehen und sollen als solche
in der vorliegenden Studie auch betrachtet werden. Eine Geschichte der Einsatzgruppe H ohne Nennung ihrer Mitglieder wäre ohne Zweifel unvollständig.
Weiter befindet sich im Anhang ein Verzeichnis, in dem alle in der Arbeit erwähnten Orte in der Slowakei mit ihren slowakischen und deutschen Namen
vermerkt sind. Im Text wurden, außer in Zitaten, ausschließlich die slowakischen Namen benutzt. Bei weiteren Orten fanden grundsätzlich die in den einschlägigen Quellen enthaltenen Bezeichnungen Verwendung.
Zuletzt sei noch darauf aufmerksam gemacht, dass in der ganzen Arbeit einfachheitshalber die Bezeichnung „Einsatzgruppe H“ bzw. „EG H“ benutzt
wird, auch wenn diese mit Wirkung vom 15. November 1944 offiziell in die
Dienststelle eines Befehlshabers der Sicherheitspolizei und des SD (BdS) umgewandelt wurde. Nur bei den angeführten Zitaten, die durchgehend in ihrer
Originalfassung wiedergegeben sind, wurde das Kürzel „BdS“ belassen. Fremdsprachige Quellen- und Literaturzitate wurden, soweit nicht anders angemerkt,
von der Verfasserin ins Deutsche übersetzt.
Forschungsstand
Die bislang vorliegenden Veröffentlichungen, in denen die Einsatzgruppe H
behandelt wird, sind zahlenmäßig sehr überschaubar. Bei den Beiträgen in
deutscher Sprache muss in erster Linie der 1998 in der Festschrift für Hans
12
Einleitung
Lemberg erschienene Aufsatz von Tatjana Tönsmeyer erwähnt werden. 1 Auf
knapp zwanzig Seiten bietet sie einen soliden Einstieg in die Problematik, indem sie einige der wichtigsten Aspekte darstellt. Anhand der ihr zur Verfügung
stehenden Quellen zeichnet sie in groben Zügen das Operationsgebiet der Einsatzgruppe, widmet sich dem Chef der Einheit sowie am Rande der Zusammenarbeit weiterer Stellen und den Reaktionen der einheimischen Bevölkerung. Im
Hinblick auf den Umfang des Aufsatzes ist es verständlich, dass Tönsmeyer
statt eingehender Ausführungen die von ihr ausgewählten Geschehnisse und
Zusammenhänge vielmehr nur andeutet und vor allem auf die Forschungslücken auf diesem Gebiet hinweist.
Die bisherige weitgehende Vernachlässigung des Themas der Einsatzgruppe H seitens der deutschen Geschichtsforschung bemängelte auch Konrad
Kwiet in seinem im selben Jahr veröffentlichten Beitrag.2 In diesem widmet er
sich dem Einsatzkommando 14, schildert die Aufgaben und die Tätigkeit des
Kommandos, skizziert seine Angehörigen sowie deren Helfershelfer und nennt
einige der größten in der Slowakei begangenen Massenmorde, etwa die in
Kremnička und Nemecká. Diese Erschießungen werden auch in einem Beitrag
von Gila Fatran behandelt, in dem sich die Verfasserin bemüht, eine Bilanz zur
Deportation bzw. Ermordung der slowakischen Juden seit dem Spätsommer
1944 zu ziehen. 3
Zum Personal der Einsatzgruppe H ist festzuhalten, dass auch diesem bislang
in der Forschung keine besondere Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Lediglich
dem Führer des Einsatzkommandos 14, Georg Heuser, kam größere Beachtung
zu. Jürgen Matthäus zeichnete in zwei Aufsätzen dessen Lebensweg nach, wobei er dessen Karriere sowohl in der NS-Zeit als auch in der Bundesrepublik
verfolgt. 4 Die Person Heusers sowie gerade seine Tätigkeit in der Nachkriegszeit werden des Weiteren von Christina Ullrich ausführlich geschildert. 5 Unter
1 Tönsmeyer, Tatjana: Die Einsatzgruppe H in der Slowakei, in: Hösler, Joachim/Kessler, Wolfgang (Hrsg.): Finis Mundi – Endzeiten und Weltenden im östlichen Europa. Festschrift für Hans Lemberg zum 65. Geburtstag, Stuttgart 1998, S. 167–188.
2
Kwiet, Konrad: Der Mord an Juden, Zigeunern und Partisanen. Zum Einsatz des
Einsatzkommandos 14 der Sicherheitspolizei und des SD in der Slowakei 1944/45, in: Jahrbuch für Antisemitismusforschung 7 (1998), S. 71–81.
3 Fatran, Gila: Die Deportation der Juden aus der Slowakei 1944–1945, in: Bohemia 37
(1996), S. 98–119.
4 Matthäus, Jürgen: Georg Heuser – Routinier des sicherheitspolizeilichen Osteinsatzes, in: Mallmann, Klaus-Michael/Paul, Gerhard (Hrsg.): Karrieren der Gewalt. Nationalsozialistische Täterbiographien, Darmstadt 2004, S. 115–125; Matthäus, Jürgen: „No ordinary Criminal“. Georg Heuser, Other Mass Murders, and West German Justice, in:
Heberer, Patricia/Matthäus, Jürgen (Hrsg.): Atrocities on Trial. Historical Perspectives on
the Politics of Prosecuting War Crimes, London 2008, S. 187–209.
5 Ullrich, Christina: „Ich fühl’ mich nicht als Mörder“. Die Integration von NS-Tätern in
die Nachkriegsgesellschaft, Darmstadt 2011.
Forschungsstand
13
den von ihr untersuchten 19 NS-Tätern finden sich neben Heuser darüber hinaus noch weitere vier, die zumindest eine Zeit lang auch der Einsatzgruppe H
angehörten (Werner Schönemann, Heinz Tangermann, Rudolf Theimer und
Fritz Zietlow). Wenngleich bei Ullrich die Integration dieser Männer in die
Nachkriegsgesellschaft im Vordergrund steht, behandelt sie teilweise auch ihre
Tätigkeit in der NS-Zeit und erwähnt so am Rande ebenfalls ihren Einsatz in
der Slowakei. Vom führenden Personal der Einsatzgruppe H muss noch auf den
Führer des Sonderkommandos 7a, Gerhard Bast, hingewiesen werden, zu dem
ein Buch seines Sohnes vorliegt. 6 Was die strafrechtliche Verfolgung der Angehörigen der Einsatzgruppe H betrifft, wird diese in der Forschung – abgesehen
von den bei Ullrich erwähnten fünf Tätern bzw. einem kurzen Beitrag von Willi
Dreßen 7 – kaum erörtert.
Eine ähnliche Situation herrscht in der slowakischen Literatur. Auch in dieser erfährt das Thema der Einsatzgruppe H nur eine sehr dürftige Behandlung.
Während Stanislav Škorvánek die Einsatzgruppe allein im breiteren Kontext
des nach dem Ausbruch des Aufstands eingeführten deutschen Besatzungssystems erwähnt, 8 wird ihre Tätigkeit in weiteren Beiträgen hauptsächlich im Rahmen der seit dem Spätsommer 1944 in der Slowakei begangenen Verbrechen
dargestellt. Einen relativ detaillierten Überblick über die „faschistischen Repressalien“ dieser Zeit bietet vor allem ein von Dušan Halaj 1990 herausgebrachter Sammelband, in dem die Ereignisse in der Mittel-, West- und Ostslowakei geschildert werden. 9 Die Autoren der drei Teilstudien stützen sich auf
ausgewählte slowakische Quellen und Arbeiten, wobei als zentrales Dokument
eine Niederschrift slowakischer Ermittlungsorgane aus der Nachkriegszeit herangezogen wurde, auf dessen Grundlage eine Übersicht über die verübten
Verbrechen nach den einzelnen Bezirken und Orten aufgestellt wird. 10 Diese
Texte – vor allem der zur Mittelslowakei von Ján Stanislav – finden sich später
6
Pollack, Martin: Der Tote im Bunker. Bericht über meinen Vater, Wien 2004.
Dreßen, Willi: Der Holocaust in der Slowakei und die deutsche Justiz, in: Jahrbuch für
Antisemitismusforschung 7 (1998), S. 93–102.
8
Škorvánek, Stanislav: Nacistický okupační systém na Slovensku v období od vypuknutí SNP [Das nationalsozialistische Besatzungssystem in der Slowakei in der Zeit nach dem
Ausbruch des Slowakischen Nationalaufstands], in: Zborník Múzea Slovenského národného povstania [Sammelband des Museums des Slowakischen Nationalaufstands] 13 (1988),
S. 53–70.
9 Halaj, Dušan (Hrsg.): Fašistické represálie na Slovensku [Faschistische Repressalien
in der Slowakei], Bratislava 1990.
10 Prehl’ad masových hrobov a vrážd, ktoré boli prevedené pohotovostnými Einsatzkommandami SIPO a SD na území Slovenska [Übersicht über Massengräber und Morde,
die in der Slowakei durch die Einsatzkommandos der Sipo und des SD verübt wurden]
(o. D.). AM SNP Banská Bystrica, IX, S 25/78.
7
14
Einleitung
in gekürzter Fassung ohne größere Änderungen bzw. ohne weitere wesentliche
Forschungsergebnisse in verschiedenen Sammelbänden. 11
Was neuere Studien betrifft, sind in diesem Zusammenhang in erster Linie
die Beiträge von Michal Schvarc zu erwähnen. Schvarc beschäftigt sich vorrangig mit der Tätigkeit des SD in der Slowakei 12 und erwähnt auch in seinen weiteren Beiträgen, wie zum Beispiel über den Deutschen Heimatschutz oder über
die Massenerschießung von Volksdeutschen in Sklené, zumindest ansatzweise
die Einsatzgruppe H. 13 In einem kurzen, zusammen mit Ján Hlavinka verfassten
Aufsatz schildert er zudem die Massenerschießung bei Brezno nad Hronom
durch das Einsatzkommando 14.14 Bei Schvarc ist hervorzuheben, dass er sich
11 Stanislav, Ján/Mičev, Stanislav: Protižidovské represálie na Slovensku od septembra
1944 do apríla 1945 [Antijüdische Repressalien in der Slowakei von September 1944 bis
April 1945], in: Tóth, Dezider (Hrsg.): Tragédia slovenských židov. Materiály z medzinárodného sympózia, Banská Bystrica 25.–27. marca 1992 [Die Tragödie der slowakischen
Juden. Materialien des internationalen Symposiums, Banská Bystrica 25.–27. März 1992],
Banská Bystrica 1992, S. 195–233; Stanislav, Ján: Represálie v zime 1944–1945 [Repressalien im Winter 1944–1945], in: SNP v pamäti národa, Materiály z vedeckej konferencie k
50. výročiu SNP, Donovaly 26.–28. apríla 1994 [Der Slowakische Nationalaufstand im Gedenken der Nation, Materialien der wissenschaftlichen Konferenz zum 50. Jahrestag des
Slowakischen Nationalaufstands, Donovaly 26.–28. April 1994], Bratislava-Banská Bystrica 1994, S. 197–216; Tóth, Dezider: Represálie nacistov a příslušníkov POHG proti židovskému obyvatel’stvu na Slovensku v rokoch 1944–1945 [Repressalien von Nationalsozialisten und Angehörigen der POHG gegen die jüdische Bevölkerung in der Slowakei in den
Jahren 1944–1945], in: Zudová-Leškova, Zlatica (Hrsg.): Židé v boji a odboji. Rezistence
československých Židů v letech druhé světové války [Juden in Kampf und Widerstand.
Der Widerstand tschechoslowakischer Juden in den Jahren des Zweiten Weltkriegs], Praha
2007, S. 105–120.
12
Schvarc, Michal: Z anonymity k oficialite – organizácia Sicherheitsdienstu na Slovensku v rámci Pohotovostnej skupiny H Sipo a SD [Aus der Anonymität zur Offizialität
– die Organisation des Sicherheitsdienstes in der Slowakei im Rahmen der Einsatzgruppe H der Sipo und des SD], in: Slovenská republika 1939–1945 očami mladých historikov V. [Die Slowakische Republik 1939–1945 in den Augen junger Historiker V.], Banská
Bystrica 2006, S. 83–95 [zit. Schvarc 2006a]; Schvarc, Michal (Hrsg.): Sicherheitsdienst a
Slovensko v rokoch 1938–1944. Slovenský štát vo vybraných správach SD od jesene 1943
do septembra 1944 [Der Sicherheitsdienst und die Slowakei in den Jahren 1938–1944. Der
slowakische Staat in ausgewählten Berichten des SD von Herbst 1943 bis September 1944],
Bratislava 2006 [zit. Schvarc 2006c].
13
Schvarc, Michal: Heimatschutz – medzi realitou a ilúziou. Organizácia a formovanie
nemeckej domobrany [Heimatschutz – zwischen Realität und Illusion. Organisation und
Aufbau des deutschen Heimatschutzes], in: Slovenská republika 1939–1945 očami mladých
historikov III. [Die Slowakische Republik 1939–1945 in den Augen junger Historiker III.],
Trnava 2004, S. 301–326; Schvarc, Michal: Masová exekúcia v Sklenom 21. septembra 1944 v
širšom dejinnom kontexte [Die Massenexekution in Sklené am 21. September 1944 im weiteren historischen Kontext], in: Pamät’ národa [Gedächtnis der Nation] 3 (2007), S. 4–13.
14 Schvarc, Michal/Hlavinka, Ján: Masová vražda na poli Krtičná pri Brezne. Jeden zo
zločinov Einsatzkommanda 14 koncom roku 1944 [Der Massenmord auf dem Krtičná-Feld
Forschungsstand
15
bei seinen Ausführungen im Unterschied zum Großteil der slowakischen Forschungsliteratur teilweise auch auf deutsche Quellen stützt. Dasselbe gilt für die
2009 erschienene Studie über das Arbeits- und Konzentrationslager in Sered
von Ján Hlavinka und Eduard Nižňanský, in der unter anderem die im Herbst
1944 begonnenen Deportationen aus diesem Lager und somit auch die Tätigkeit der Einsatzgruppe H behandelt werden. 15 Die zweite Deportationswelle
von Juden aus der Slowakei ist ebenfalls Thema eines kurzen Beitrags von Stanislav Mičev.16
Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Einsatzgruppe H bislang seitens der
Geschichtsforschung weitgehend ignoriert wurde. Die wenigen Beiträge zu
ihren Aktivitäten – in vielen werden diese eher nur angedeutet – können die
Forschungslücke keinesfalls schließen. Es werden mehr Fragen aufgeworfen als
beantwortet. So wird nicht gezeigt, wie umfangreich die Kompetenzen und das
Tätigkeitsfeld der Einsatzgruppe H in Wirklichkeit waren und welche Ergebnisse und Folgen ihr Einsatz in der Slowakei zeitigte. Bisherige Untersuchungen
ihres Personals sind als völlig ungenügend zu bezeichnen. Auch wenn in einigen
Beiträgen die Angehörigen – nicht selten mit falscher Schreibweise – genannt
werden, fehlen von wenigen Ausnahmen abgesehen Darstellungen ihrer Lebenswege sowie ein umfassenderer Gesamtüberblick zum Personal. Über die
Nachkriegsschicksale und die strafrechtliche Verfolgung der Angehörigen der
Einsatzgruppe H nach 1945 ist bislang so gut wie nichts bekannt.
Um die Tätigkeit und das Personal der Einsatzgruppe H untersuchen zu können, erschien es aus den eben dargelegten Gründen für die vorliegende Arbeit
geboten, fast ausschließlich Primärquellen auszuwerten. Bei der Darstellung
des Umfeldes, in dem die Einsatzgruppe tätig war und das hier ebenfalls zumindest in seinen Grundzügen zu erläutern ist, verhielt es sich allerdings anders.
Dies betrifft vor allem die folgenden vier Themenkomplexe: Entwicklung in
der Slowakei 1938 bis 1945, Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD,
Täter der NS-Zeit sowie strafrechtliche Aufklärung von NS-Verbrechen in verschiedenen Ländern in der Nachkriegszeit. Zu diesen Themen konnte in der
Regel auf zahlreiche Studien aus der Sekundärliteratur zurückgegriffen werden, von denen die wichtigsten im Folgenden kurz genannt seien.
Die erste Slowakische Republik gehört in der slowakischen historischen Wissenschaft zu den am meisten behandelten Forschungsgegenständen. Durch die
bei Brezno. Eines der Verbrechen des Einsatzkommandos 14 Ende 1944], in: Pamät’ národa [Gedächtnis der Nation] 2 (2006), S. 84–88 [zit. Schvarc 2006b].
15 Hlavinka, Ján/Nižňanský, Eduard: Pracovný a koncentračný tábor v Seredi 1941–
1945 [Das Arbeits- und Konzentrationslager in Sered 1941–1945], o. O. 2009.
16 Mičev, Stanislav: Druhá vlna deportacií rasovo prenasledovaných občanov Slovenska
september 1944 až april 1945 [Die zweite Deportationswelle rassisch verfolgter Bürger der
Slowakei, September 1944 bis April 1945], in: Büchler, Róbert/Fatranová, Gila/Mičev, Stanislav (Hrsg.): Slovenskí Židia [Die slowakischen Juden], Banská Bystrica 1991, S. 53–57.