Gäste aus Brasilien Projekt am Amazonas: „Schutz der natürlichen

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Gäste aus Brasilien
Der Besuch eines Gastes aus Brasilien in Ihrer Gemeinde, Gruppe oder Schule bietet
Chancen in zwei Richtungen. Der Gast kann authentisch von seiner Arbeit, seinen Sorgen
und Nöten, aber auch von Freuden und Hoffnungen berichten. Sie als Gastgeberin oder
Gastgeber können die Gäste bereichern, indem Sie sie mit Menschen zusammenbringen,
die hier in Deutschland an ähnlichen Themen, Prozessen und Herausforderungen arbeiten
wie die Menschen in Brasilien. Die Globalisierung zeigt uns, dass es den Norden und den
Süden so nicht mehr gibt. In unterschiedlicher Weise tragen wir – in Deutschland wie in
Brasilien – die Verantwortung für den Erhalt unseres gemeinsamen Hauses (Papst
Franziskus), unserer Erde, auf der wir leben. Wir möchten Sie daher herzlich einladen, die
Begegnungen mit dem Gast möglichst so zu gestalten, dass beide Seiten persönlich und
inhaltlich bereichert werden. Herzlichen Dank!
Die Fastenaktion 2016 wird erstmals gemeinsam mit einem Partnerland durchgeführt. Dieses
Land ist Brasilien. Unter dem Leitwort „Das Recht ströme wie Wasser (Amos 5,24)“ werden
der Rat der christlichen Kirchen in Brasilien (CONIC) und MISEREOR in Deutschland die
Fastenaktion durchführen.
In der brasilianischen Fastenaktion steht die Frage der sanitären Grundversorgung im
Mittelpunkt.
Die Fastenaktion in Deutschland stellt das Thema Recht und Gerechtigkeit, die
wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte, exemplarisch am Recht auf Wasser und
Wohnen, ins Zentrum.
Informationen über die Projektbeispiele aus Brasilien finden Sie auf dieser DVD im Bereich
Projekte, Partner und Hintergrund.
Projekt am Amazonas: „Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und der
Rechtssicherheit für traditionelle Bevölkerungsgruppen im amazonischen
West-Pará“
Der Bundesstaat Pará (im Norden Brasiliens, im Amazonasgebiet) ist seit Jahren geprägt
durch das enorme Spannungsfeld zwischen den durch die brasilianische Regierung
vorangetriebenen, groß-industriellen Entwicklungsvorhaben wie Straßenbau, Bergbau,
Staudammbauten sowie großflächige Exportlandwirtschaft und der dort lebenden
traditionellen Bevölkerung. Dazu kommen illegaler Holzeinschlag, Landspekulation und Fälle
von Korruption. Schon in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts begann die
Militärregierung mit der Erschließung dieser damals noch dicht bewaldeten Region durch
Viehzuchtgroßbetriebe und die Ansiedlung von Kleinbauernfamilien. Diese Politik provoziert
bis heute blutige Landkonflikte, denen vor allem Landarbeiter(innen) und
Gewerkschaftsführer(innen) zum Opfer fallen (in den letzten 20 Jahren über 200 Morde). Am
Rio Tapajós, einem südlichen Zufluss des Amazonas, sollen jetzt sieben Staustufen gebaut
werden. Der größte Staudamm wird 53 m hoch und 7608 m lang sein und einen Stausee von
123 km Länge erzeugen. Bedroht davon sind mehrere Gemeinden und das indigene Volk
der Munduruku. Eine der Gemeinden ist Pimental, ein Fischerdorf mit etwa 850
Einwohnerinnen und Einwohnern, das in den Fluten des Staudamms unterzugehen droht.
Den Widerstand dagegen begleitet die CPT (Comissão Pastoral da Terra = Kommission für
Landpastoral) Itaituba mit Unterstützung des dortigen Bischofs. Die Prälatur von Itaituba im
Bundesstaat Pará ist halb so groß wie die Bundesrepublik Deutschland. Der Bischof, Dom
Frei Wilmar Santin, ein Karmelit aus Südbrasilien, zählt dort 13 Priester. Seit 2011 gibt es
dort die CPT (die Landpastoral). Sie ist Partnerorganisation von MISEREOR.
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Die Integration auch dieses Teils des Amazonasbeckens in die Weltwirtschaft konkurriert mit
einem alternativen Entwicklungsmodell für die Region, das die Interessen der traditionellen
Gemeinden und der indigenen Völker in den Mittelpunkt stellt. Die CPT arbeitet mit indigenen
Völkern der Region, Arbeitssklav(inn)en auf den Farmen, Kleinbauernfamilien und weiteren
Bevölkerungsgruppen zusammen. Es handelt sich um ca. 500 Familien.
Auch der Umweltschutzaspekt spielt hier eine wichtige Rolle. Die zunehmende Abholzung
des Amazonaswaldes führt auch zu weniger Regenfällen in São Paulo, was dort die
Wasserkrise verschärft. Von langfristig weltweiten Konsequenzen gehen viele Forscher aus.
Die Sorgen und Impulse aus dieser Region finden auch in der Enzyklika des Papstes
„Laudato sí“ ihren Widerhall.
Dom Frei Wilmar SANTIN O. Carm.
Dom Wilmar Santin ist Karmelit und seit 2011 Bischof der
Prälatur Itaituba im Bundesstaat Pará, Brasilien. 194.200
Katholiken wohnen hier auf einer Fläche von 175.000 km².
Er kennt die Arbeit der Landpastoral (CPT) in seiner Prälatur
sehr gut und unterstützt sie ausdrücklich. Er teilt die Sorgen
der Menschen um die Sicherung ihrer Lebensgrundlagen und
unterstützt den Kampf gegen den Staudammbau am
Tapajós.
Bild: Kopp/MISEREOR
„Die Konflikte in dieser
Region werden immer
stärker, aber unsere
Strukturen sind einfach
noch zu klein, um den
Konflikten auf Augenhöhe
begegnen zu können.“
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João Carlos I. PORTES
Bild: Kopp/MISEREOR
„Es ist die komplette
Unsicherheit, die so schwer
zu ertragen ist.“
Padre João Carlos I. Portes lebt und arbeitet seit 2007 in der
Region. Er ist Pfarrer in Trinta und ehrenamtlicher Mitarbeiter
der Landpastoral Itaituba (CPT). Er hat die Konflikte aus der
Region, d. h. Landkonflikte, Konflikte um Wasser, Morde und
sklavenähnliche Arbeitsverhältnisse ins offizielle Konfliktbuch
der CPT auf Bundesebene eintragen lassen. Padre João
Carlos I. Portes arbeitet mit Landarbeiter(inne)n,
Flussanwohner(inne)n, Kleinbäuerinnen und -bauern und
indigenen
Bevölkerungsgruppen
zusammen.
Das
gemeinsame Ziel ist es, den Zugang zu ihrem Land und zum
Fluss Tapajós für die Menschen zu sichern und einen Beitrag
zum Erhalt des sensiblen Ökosystems im Amazonasgebiet
zu leisten. Viele Fragen und Unsicherheiten prägen die
Arbeit mit den Menschen:
Schaffen sie es, den geplanten Bau des Staudamms am
Tapajós abzuwenden? Was wird aus den Frauen, Männern
und Kindern in Pimental, dem kleinen Ort am Fluss Tapajós,
in dem 850 Familien ihr Zuhause haben? Werden alle
umgesiedelt? Wird es eine Entschädigung geben? Keiner
weiß es genau.
„Das Land am Tapajós gehört genau diesen Leuten, diesen
Kleinbauern, den indigenen Bevölkerungsgruppen, die schon
immer hier gelebt haben, um von dieser Erde und im
Einklang mit der Schöpfung zu leben und nicht den
Großinvestoren, die die ökonomischen Interessen in den
Vordergrund stellen.“
Padre João Carlos I. Portes freut sich darauf, in Deutschland
über seine Arbeit berichten zu können. Er hat darüber hinaus
Interesse, Menschen kennen zu lernen, die, wie er, andere
Menschen in der Einforderung ihrer Rechte unterstützen
(bspw. im Kontext des Vorrangs von wirtschaftlichen
Interessen gegenüber den Interessen der Menschen). Er ist
Pfarrer einer flächenmäßig sehr großen Pfarrei. Neben
pastoralen Fragen interessieren ihn auch die Entwicklungen
und Herausforderungen von ländlich strukturierten Pfarreien
in Deutschland.
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Egidio Alves SAMPAIO
Bild: Kopp/MISEREOR
„Es gibt Momente, in denen
ich mich frage, was ich hier
eigentlich mache. Wozu der
Kampf? Aber ich weiß auch:
Wenn ich aufhöre, wer
kämpft dann an der Seite
dieser Menschen?“
Seinen ersten Job trat Egidio Alves Sampaio Ende der
1970er Jahre beim Bau des Tucuri-Staudamms an. Heute
kommt ihm diese Arbeit zugute. „Ich habe nicht nur eine
Wissengrundlage. Ich spreche nicht nur von theoretischen
Kenntnissen, sondern ich habe auch eine persönliche
Erfahrung und weiß, was bei einem Staudammbau passiert.“
Er arbeitet ehrenamtlich in seiner Pfarrei, vor allem zu den
sozialen Fragen und organisiert jedes Jahr die Fastenaktion
in seiner Region. Ab 1996 bestritt er seinen Lebensunterhalt
ausschließlich über die Landwirtschaft, blieb aber dem
Engagement in der Gemeinde weiterhin treu. Mit der
Landpastoral (CPT) arbeitet Egidio Alves Sampaio seit dem
Jahr 2000 zusammen. Mit dem Bau des Staudamms am
Fluss Tapajós versprechen die Firmen den Menschen die
Entwicklung der Region, den Bau von Straßen, Universitäten
und eine bessere Lebensqualität. Die Interessen der
Menschen, die am und vom Fluss leben, sowie die der
indigenen Bevölkerungsgruppen werden den ökonomischen
Interessen des Landes nachgeordnet. Die Frage, was diese
Entwicklung für die Menschen, z. B. in Pimental, bedeutet,
wird von der CPT Itaituba mit den Behörden diskutiert. Aktuell
unterstützt Egidio Alves Sampaio die Menschen darin,
Besitztitel für ihr Land zu erhalten und berät
Kleinbauernfamilien
in
Fragen
der
nachhaltigen
Landwirtschaft. Neben seiner Beratungstätigkeit in der
Landpastoral ist er auch Mitglied der CPT Pará auf
Bundesebene. Egidio Alves Sampaio freut sich darauf, in
Deutschland über seine Arbeit zu berichten. Vor dem
Hintergrund der ersten gemeinsamen Fastenaktion mit
Brasilien kann er auch seine Erfahrungen, wie die
Fastenaktion in Brasilien gestaltet wird, mit Gruppen in
Deutschland teilen. Er hat darüber hinaus Interesse,
Menschen kennen zu lernen, die, wie er, andere Menschen in
der Einforderung ihrer Rechte unterstützen.
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Jurandir ALVES DA SILVA
Bild: Kopp/MISEREOR
„Hier in Pimental wird man
sicherlich auch Arbeiter für
den Staudamm rekrutieren
und das Problem ist, dass die
Menschen hier wenig über
ihre Rechte als Arbeitnehmer
wissen. Viele haben auch
keine Ausbildung und ihnen
fehlt die Erfahrung als
Angestellter
mit
festen
Arbeitszeiten. Dadurch sind
sie sehr gefährdet als
Sklavenarbeiter zu enden.“
Jurandir Alves da Silva kam mit 19 in die Region Itaituba
und hat zunächst als Goldsucher gearbeitet. Anschließend
war er in der Landwirtschaft tätig und hat als Angestellter in
unterschiedlichen Firmen gearbeitet. Neben seiner
Berufstätigkeit hat er sich immer auch sozial und in der
Pfarrei engagiert. Durch dieses ehrenamtliche Engagement
kam er 2012 zur Landpastoral (CPT) und ist dort zuständig
für die CPT-Kampagne „Kampf gegen die Sklavenarbeit“.
Aufgrund des hohen wirtschaftlichen Interesses an der
Region gibt es viele Großbaustellen (z. B. Staudammbau,
Hafenbauten, Asphaltierung von Straßen). Dort arbeiten
viele Menschen unter unrechtmäßigen Bedingungen, die
sklavenähnliche Formen annehmen: Ausbeuterische
Arbeitszeiten, menschenunwürdige Arbeitsbedingungen, die
Abhängigkeit vom Chef im Hinblick auf Transport,
Unterkunft, Essen und Gehalt führen zu einem
Abhängigkeitsverhältnis.
Die
CPT
hat
eine
Aufklärungskampagne gestartet, sie hilft Menschen dabei,
sich aus der Abhängigkeit zu befreien und geht juristisch
gegen die Firmen vor. Jurandir Alves da Silva sagt: „Wir
wissen, welche Gefahren es gibt, und je mehr Menschen wir
zusammenbekommen und informieren, desto besser. Ich
kann nicht danebenstehen und blind dafür sein, ohne etwas
zu tun.“
Jurandir Alves da Silva freut sich darauf, Menschen in
Deutschland von seiner Arbeit berichten zu können. Er
interessiert sich insbesondere für Menschenrechtsarbeit
und den Einsatz für menschenwürdige Arbeitsbedingungen.
In diesem Zusammenhang könnten bspw. Begegnungen mit
Gewerkschaftsvertreter(inne)n für ihn eine Bereicherung
sein.
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Projekt in São Paulo: „Menschenrechtszentrum Gaspar Garcia“
Die Bevölkerung im Großraum São Paulo mit ca. 21 Mio. Einwohner(inne)n setzt sich aus
rund 100 verschiedenen Ethnien zusammen. Immer noch gibt es subtilen Rassismus. Es
sind vor allem Schwarze, die in den armen Randgebieten der Stadt leben. Die Lebens- und
Wohnsituation ist vielfach sehr prekär. Eine mangelnde Infrastruktur im öffentlichen
Transport-, im Bildungs- und Gesundheitswesen treibt die Menschen auf die Straße. Mit
Demonstrationen und Protesten trägt die Zivilgesellschaft ihre berechtigten Forderungen vor.
Weite Teile der Bevölkerung sind kaum in der Lage, eine Unterkunft in den Elendsvierteln zu
bezahlen. Kinder und Jugendliche können ihrer Schulpflicht oft nicht nachkommen. Nicht nur
während der Vorbereitungszeit von Großereignissen, wie z. B. der Fußball-WM 2014,
sondern insgesamt kam es in den vergangenen Jahren seitens der Stadtverwaltung immer
wieder zu Zwangsräumungen und Vertreibungen von Familien in verschiedenen
Stadtbereichen São Paulos. Die Zahl der Obdachlosen ist in den vergangenen Jahren
dramatisch angestiegen.
Das CGG (Centro Gaspar Garcia de Direitos Humanos = Menschenrechtszentrum Gaspar
Garcia) im Zentrum von São Paulo ist ein „Zentrum für Rechte von Menschen ohne Rechte“,
dessen Arbeit schon lange von MISEREOR unterstützt wird. Menschen, die in prekären
Wohnverhältnissen leben oder Opfer von Menschenrechtsverletzungen werden von
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Zentrums unterstützt: Auch diese Menschen haben ein
„Recht auf Wohnen“ und ein „Recht auf Stadt“. Das CGG begleitet die
Auseinandersetzungen von Menschen, die im Zentrum São Paulos in Favelas und
sogenannten Cortiços (leben und dort auch bleiben wollen. Sie arbeiten mit „der Peripherie
im Zentrum“, also versteckten Armutsgebieten in zentralen Wohnlagen, statt in
randstädtischen Lagen, wo Armut häufiger und sichtbarer ist. Die Innenstadt São Paulos ist
großer Immobilienspekulation unterworfen. Die Möglichkeiten für Geringverdiener dort
wohnen zu können, nehmen ab; der Druck auf die Menschen am Rand der Gesellschaft
nimmt zu. Ihnen steht das CGG solidarisch zur Seite.
Gleichzeitig wird in der Arbeit eine Besonderheit der brasilianischen Entwicklung deutlich: die
Politik der letzten Jahre hat weit über 30 Millionen Menschen aus der Armut geholt. Sie
können sich mehr leisten, sie sind durch ein gewisses Mehreinkommen Konsument(inn)en
geworden, nicht aber politisch mündige Bürgerinnen und Bürger. Der Aufschwung hat sich
nicht ausgewirkt auf eine funktionsfähige Infrastruktur: Wohnen, sanitäre Grundversorgung,
Gesundheit, Erziehung und öffentlicher Verkehr sind weitgehend genauso prekär wie vorher
auch. Deshalb gab es in den letzten Jahren große Demonstrationen und auch deshalb wurde
das Thema der „campanha da fraternidade“, der Fastenaktion aus dem Bereich der
Infrastruktur gewählt.
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René Ivo GONCALVES
Bild: Kopp/MISEREOR
„Ich lebe heute den besten
Moment meines Lebens.“
„Wir sind hier in São
Paulo… Ich möchte später
einfach sagen können, ich
habe den guten Kampf
gekämpft. Mehr erwarte ich
nicht.“
René Ivo Gonçalves kommt aus einer katholischen
Arbeiterfamilie. Er hat lange parallel in „zwei Welten“ gelebt.
An einer privaten Elite-Universität hat er ein BauingenieurStudium absolviert und gleichzeitig hat er die Arbeit bei und
mit den Menschen gesucht. Sein politisches Engagement
speist er aus seinem Glauben. René Ivo Gonçalves hat viele
Jahre beim Centro Gaspar Garcia (CGG) als Koordinator und
ehrenamtlicher Direktor gearbeitet. Seit 8 Jahren ist er dort
nun hauptamtlich verantwortlich. Als Direktor ist er für die
Mitarbeiter(innen) und für die administrative und finanzielle
Seite verantwortlich. Seine Arbeit bereitet ihm große Freude,
weil er direkt an der Basis arbeiten und dort die Obdachlosen
in São Paulo unterstützen kann. Dort gibt es insgesamt ca.
15.900 Obdachlose, fast 2000 mehr als noch im Jahr 2011.
Für René Ivo Gonçalves ist nicht nur wichtig, dass es den
150 vom CGG betreuten Obdachlosen gut geht, sondern
auch dass das CGG mit weiteren Partnern daran arbeitet,
den Armen ein menschenwürdiges Wohnen zu ermöglichen.
Heute sagt er zu seinem beruflichen Werdegang: „Das Leben
ist aus Entscheidungen gemacht und es tut mir nicht leid,
dass ich mich so entschieden habe.“
René Ivo Gonçalves freut sich, in Deutschland über seine
Erfahrungen mit den Menschen in São Paulo berichten zu
können. Aufgrund seiner Arbeit in der Großstadt hat er
Interesse,
in
Deutschland
ähnliche
Arbeitsund
Engagementfelder kennenzulernen, z. B. Maßnahmen zur
Eingliederung von Menschen in den ersten Arbeitsmarkt,
Wohnungsbaugenossenschaften, ggf. auch Projekte der
Mülltrennung.
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María DOS ANJOS BRÁS DOS SANTOS
Maria Dos Anjos Brás dos Santos arbeitet seit 2001 als fest
angestellte Mitarbeiterin im CGG. Sie ist Sozialarbeiterin und
betreut das Programm „Wohnen in Würde“. Landbesetzungen, Räumungsklagen, prekäre Wohnverhältnisse,
Besuche bei den Menschen vor Ort und die Beantwortung
von Fragen zu rechtlichen Verfahren sind ihr tägliches
Aufgabengebiet. Weil die Bewohner(innen) gemeinsam mehr
erreichen können als allein, unterstützt sie sie beim Aufbau
von Organisationsstrukturen und bspw. beim Beantragen von
Wohnungsbauprojekten. Maria Dos Anjos Brás dos Santos
Bild: privat/MISEREOR
wirkt mit bei Verhandlungen mit den Behörden und vertritt
„Das wichtigste ist, vom das Centro Gaspar Garcia im Stadtrat im Themenbereich
Sinn
meiner
Arbeit Wohnungsbau. Oftmals ist das CGG die einzige und letzte
überzeugt zu sein und nie Hoffnung der Menschen, die Hilfe suchen.
Maria Dos Anjos Brás dos Santos freut sich, über ihre Arbeit
den Mut zu verlieren.“
in Deutschland berichten zu können. Als Sozialarbeiterin in
einer Großstadt hat sie Interesse, vergleichbare Felder der
sozialen und der politischen Arbeit in Deutschland kennen zu
lernen, bspw. die Einwirkung der Zivilgesellschaft auf die
Kommunalpolitik oder Prozesse der Stadtentwicklung.
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Luiz Kohara
Bild: Kopp/MISEREOR
„Etwa 300.000
Wohneinheiten müssten in
São Paulo geschaffen
werden, um den Menschen
zu helfen. Dagegen gibt es
290.000 Wohneinheiten, die
leer stehen! Deswegen
kann man sagen, dass in
São Paulo kein Wohnraum
fehlt, sondern dass er falsch
verteilt ist.“
Luiz Kohara war schon 1988 Mitbegründer des Centro
Gaspar Garcia (CGG) in São Paulo. Heute leitet er
zusammen mit René Ivo Gonçalves das CGG. Beide kennen
sich seit ihrer Jugend. Luiz Kohara ist studierter
Bauingenieur. Zusätzlich hat er das Postgraduiertenstudium
„Soziologie der Stadt“ absolviert. Seine Aufgabe ist es, die
unterschiedlichen Gruppen und Bewegungen, die das CGG
betreut, zu begleiten, sie miteinander in Kontakt zu bringen,
zu vermitteln und für die Menschen Ausbildungskurse
anzubieten. Im Zentrum steht die Zusammenarbeit mit
Bewegungen, die sich in São Paulo für menschenwürdige
Wohnbedingungen einsetzen. Nach der Einschätzung von
Luiz Kohara haben in den Jahren seit der Regierung unter
Präsident Lula da Silva die sozialen Bewegungen im
allgemeinen zwar an Kraft verloren, nicht aber die Bewegung
für menschenwürdigen Wohnraum. Es gebe sogar mit der
aktuellen
wirtschaftlichen
Krise
des
Landes
ein
Wiederaufleben der Bewegung.
Seine Kraft schöpft Luiz Kohara aus der Empörung über die
Widersprüche, seine Hoffnung aus der Botschaft des
Evangeliums. „Wir dürfen aus den Widersprüchen der
Gesellschaft nicht fliehen. Es gilt, gerade in ihnen die
Möglichkeiten auszuloten und Spuren der Hoffnung
aufzufinden.“ Neben seiner Tätigkeit als Direktor des CGG ist
er auch ein MISEREOR-Berater vor Ort. Hier gilt er als ein
sehr kompetenter und erfahrener Mann, besonders in den
Bereichen
Menschenrechte,
Wohnbauprojekte,
Stadtentwicklung und Urbanisierung. Luiz Kohara freut sich,
über seine Arbeit in Deutschland berichten zu können. Er hat
Interesse, die „Soziologie deutscher Städte“ ganz praktisch
kennen zu lernen, z. B. in Form von Obdachlosenarbeit oder
sozialen Wohnungsbauprojekten.