. Montag, 20. Juli 2015 STETTENER SOMMERTHEATER Auf dem Stettener Truppenübungsplatz werden die Soldaten auf den Krieg vorbereitet. FOTOS: SEBASTIAN MUSOLF Schwäbische Zeitung 19 Die Familien aus Stetten am kalten Markt vermissen ihre Männer, die an der Front kämpfen müssen. Kriegseffekte und Kostüme begeistern bei Premiere Stettener Sommertheater 2015 widmet sich mit dem Stück „Weit vom Schuss – und mittendrin“ dem Ersten Weltkrieg Von Sebastian Musolf ● Prost: Der General (Thomas Unger) lässt es sich bei den Amüsierdamen im Hotel Schuler gut gehen, während seine Soldaten an der Front sterben. Die reichen Investoren aus Ebingen profitieren vom Kriegsausbruch. STETTEN AM KALTEN MARKT - Am Freitagabend hat das Stettener Sommertheater 2015 Premiere gefeiert – und es blieb trocken. Auf dem Schlossplatz verfolgen rund 700 Zuschauer auf den voll besetzten Tribünen das Stück „Weit vom Schuss – und mittendrin“ von Franz Xaver Ott. Es dreht sich um die Entstehung des Stettener Truppenübungsplatzes kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs und die Auswirkungen des Weltenbrands der Jahre 1914 bis 1918 auf die kleine Gemeinde. Die Besucher erleben ein tolles Stück, das die Geschehnisse des Ersten Weltkriegs anhand der Stettener Bevölkerung greifbar macht. Geradezu in Rage spielt sich Diakon Michael Adelbert, der in der Rolle des Mauritius glänzt, eines Veterans des Deutsch-Französischen Krieges von 1870/71. Als fanatischer Kriegsbefürworter versucht er sogar, die Stettener Schulkinder für den Kampf zu begeistern. Sein pazifistisch eingestellter Gegenpart wird von Volker Beck als Volksschullehrer Hermann Ehrler verkörpert. Er ist zudem der Erfinder eines Wasserflugzeugs. Um ihn zu interviewen, kommt ein junger Fotograf (Johannes Unger) auf den Heuberg und erlebt die Goldgräberstimmung, die mit der Errichtung des Truppenübungsplatzes in dem kleinen Ort einhergeht: Teuer kaufen reiche Investoren aus Ebingen den Stettenern Land ab, die hier stationierten Soldaten bringen Handel und Handwerk zum Florieren. Aber auch die Nachrichten von immer mehr Stettener Kriegstoten, die Verknappung von Lebensmitteln und die Verzweiflung von Frauen und Mädchen, die sich um ihre Männer an der Front sorgen, bekommt der Fotograf mit. Sein gealtertes Ich (Armin Dreher) ist der Erzähler des Stücks, der die Erlebnisse der Stettener in die historischen Zusammenhänge einordnet. Feldpostbrief an kleine Tochter ist rührend Toll sind die Kostüme, für die Katharina Müller verantwortlich ist. Von der prachtvollen Generalsuniform, den feldgrauen Anzügen der Soldaten bis hin zur Kleidung der Stettener Landbevölkerung – hier stimmt alles. Mit Raucheffekten, vibrierenden Metallplatten und aufgeworfener Erde wird das Trommelfeuer an der Front inszeniert, dem die Stettner Männer ausgeliefert sind. Das Grauen des Krieges mit seinen Gasangriffen und Entbehrungen an der Front wird plastisch. Zu Tränen rührend ist der Feldpostbrief eines Stetteners an seine kleine Tochter. Geschickt wird die Kulisse des Stettener Rathauses mit einbezogen: So sitzen Amüsierdamen in den Fenstern im oberen Stockwerk des Gebäudes, das zum Hotel Schuler umfunktioniert wird. Der General fährt in einem historischen Kübelwa- gen vor, während der badische Großherzog in der Oldtimer-Limousine Platz nimmt. Die Stettener Feuerwehrkapelle spielt die Musik live und wird auch als Darsteller eingebunden: so begleitet sie etwa einen Trauerzug für die ersten Gefallenen der Gemeinde. Es gibt mehrere Gesangseinlagen. Die Leistungen der rund 130 Laiendarsteller sind Spitze – Beleuchtung, Requiste und Akustik ebenso. Neben der ernsten Thematik gibt es aber auch immer wieder viel zu lachen. Die Stettener Bevölkerung flucht in bester badischer Mundart drauf los. Und die reichen Investoren spotten, das kulturelle Leben im Ort beschränke sich auf die drei K: Kirche, Karneval und Kirbe. Das Stück ist eine Produktion des Fördervereins „Attraktive Region Stetten am kalten Markt“ in Zusammenarbeit mit dem Theater „Lindenhof“ aus Melchingen (Zollernalbkreis). Regie führt Stefan Hallmayer. Weitere Vorstellungen finden am 24., 25. und 26. Juli jeweils um 20.30 Uhr statt. Karten gibt es im Vorverkauf bei Getränke Nolle, Radio Sauter und der Volksbank Albstadt in Stetten oder an der Abendkasse (soweit vorhanden). Eine telefonische Bestellung der Tickets ist unter der Nummer 07573/95 42 22 möglich. Eine Bildergalerie mit Fotos von der Premiere finden Sie unter » www.schwaebische.de/ ● sommertheater-stetten2015 Michael Adelbert glänzt als Veteran Mauritius, der fanatisch den deutschen Kriegseinsatz befürwortet. Badens Großherzog Friedrich II. (Stefan Feuerstein, links) lässt den Truppenübungsplatz errichten. Als Erzähler des Stücks fungiert Armin Dreher (rechts) als alter Fotograf. Johannes Unger (links) spielt sein jüngeres Ich. Rund 700 Zuschauer kommen zur Premiere des Sommertheaters 2015. Unter ihnen sind Landrätin Stefanie Bürkle und mehrere Bürgermeister. Kaspar (Lorenz Braun, rechts) kritisiert den Stettener Schultes (KlausDieter Halder, links) scharf. Das kleine Lischen (Marlene Halder) will, dass der General ihren Papa von der Front abzieht und ihn wieder zu ihr nach Hause schickt. Schweren Herzens schicken die Stettener Frauen ihre Männer, Söhne und Brüder in den Ersten Weltkrieg. Volksschullehrer Hermann Ehrler (Volker Beck, Mitte) ist pazifistisch eingestellt. Er ist der Erfinder und Konstrukteur eines Wasserflugzeugs. Die Männer aus Stetten sind an der Front dem Grauen der Grabenkämpfe des Ersten Weltkriegs ausgesetzt: Im Trommelfeuer und bei Gasangriffen sterben viele Soldaten.
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