Juni 2015 2 forsch Bonner Universitäts-Nachrichten Hier kommt der neue Rektor Sportliche Uni Roboter übernehmen gefährliche Jobs Jagd auf winzige Partikel Virtuelles Treffen mit Edward Snowden Fit für die Museen des 21. Jahrhunderts Konzeption/Design: Gute Botschafter GmbH, www.gute-botschafter.de Exzellente Ideen sind es wert dass sich viele engagieren Ulrich Wickert, Journalist und Buchautor Fördern Sie Menschen und Ideen an der Universität Bonn mit einer zweckgebundenen Finanzoder Sachspende an die Bonner Universitätsstiftung. So stiften Sie Zukunft – für Bonn. Die Bonner Universitätsstiftung fördert Forschungsprojekte und Nachwuchskräfte an der Universität Bonn. www.stiftung.uni-bonn.de Rheinische Friedrich-WilhelmsUniversität Bonn Bonner UniversitätsStiftung Editorial Liebe Leserinnen und Leser, haben Sie sich schon mal gefragt, wer hinter den Cartoons in der „forsch“ steckt? Denis Metz lebt und arbeitet, wo andere Urlaub machen, nämlich auf der Nordseeinsel Baltrum. Damit kein Neid aufkommt: Der Strand scheint als Arbeitsplatz nur bedingt geeignet. Wer das Alter ego von Herrn Schnabulak mal in seinem „natürlichen Lebensraum“ sehen will: http://bit.ly/schnabulakfilm Ob am Meer, in den Bergen oder einfach zu Hause: Wir wünschen Ihnen einen schönen Sommer – vergessen Sie die Uni nicht, aber lassen Sie auch mal die Seele baumeln! Mit freundlichen Grüßen Ihr Redaktionsteam forsch 2-3/2014 universitätbonn Foto: Wolfgang Bialek Sommerzeit ist für viele auch Fahrradzeit, und da trifft es sich, dass die AOK und der Allgemeine Deutsche Fahrradclub ADFC wieder zur bundesweiten Aktion „Mit dem Rad zur Arbeit“ aufrufen, die bis zum 31. August 2015 läuft. Teilnehmer sollen an mindestens 20 Tagen mit dem Rad zur Arbeit fahren – auch Teilstücke kombiniert mit Bus und Bahn zählen. Auch unser neuer Rektor Prof. Michael Hoch wird demnächst öfters „hoch zu Ross“ unterwegs sein. Sein neues Dienstfahrrad macht ihm Freude, wie man auf unserem Titelbild sieht. Die universitären Radler haben jetzt also einen exponierten „Vorreiter“. Für unser Titelfoto hat Professor Hoch auch mal kurz den obligatorischen Fahrradhelm abgelegt, damit man ihn besser erkennen kann, aufgenommen hat ihn Volker Lannert. 1 INHA LT Inhaltforsch2-3/2015 5 Amtswechsel: Foto: Cyrill Stachniss Trotz nachdenklicher Worte bei der feierlichen Rektoratsübergabe kamen Emotionen nicht zu kurz: (v.r.n.l.) Rektor Prof. Dr. Michael Hoch, sein Vorgänger Prof. Dr. Jürgen Fohrmann und der Vorsitzende des Hochschulrats Prof. Dr. Dieter Engels. 10 Roboter: Foto: Volker Lannert Ein autonomes Fahrzeug erkundet Katakomben unter Rom und gibt Einblick in eine vergessene Welt. Hochschule 5 Feierliche Rektoratsübergabe: Mit nun fünf Prorektoren ist das neue Rektorat komplett 8 Haushalt: Studenten protestieren gegen „Uni-Sparen“ 9 Auf dem richtigen Weg: Uni Bonn als familiengerechte Hochschule Forschen 2 13 5 Fragen an… den theoretischen Physiker Prof. Dr. Ulf-G. Meißner 14 Uni Bonn bei der EXPO: Die Milchwirtschaft der Zukunft forsch 2-3/2015 universitätbonn 15 17 18 Fußballtor oder Geldgewinn? Das Gehirn verarbeitet sportliche und monetäre Erfolge ähnlich Jagd auf winzige Partikel: Lebensmittelchemiker dringen in Nanowelten vor Im Bernstein konserviert: ältester Beleg für Brutpflege bei Insekten Lernen und Lehren 24 Zwischen Uni, Training und Wettkampf: Studierende Spitzensportler an der Universität Bonn 26 Nordamerikastudien: 25 Jahre Methodenvielfalt als Pflichtprogramm 27 Hinter den Kulissen: Die Zentrale Studienberatung auf Achse 28 Solidarität: Bonner Studierende leisten Nepal-Hilfe 29 Mathe-Leidenschaft: Vom regionalen Erfolg zum Bundessieg bei „Jugend forscht“ 20 EU-gefördert: Ein Roboter für Katastrophensituationen 22 Virtuelles Treffen: Informatiker im Gespräch mit Whistleblower Edward Snowden 23 Neues Promotionskolleg: Brücke zwischen Immunsystem und neurologischen Erkrankungen Weite Welt 31 Gefühlt wie ein Wikinger: Bonner Student ist heute Professor in Norwegen 32 Hilfe zur Selbsthilfe: Engagement bei „Studieren ohne Grenzen“ INHA LT 38 Sportlicher UniNachwuchs: Animation: Schommer Zu den neuen Angeboten im Hochschulsport gehören Eltern-Kind-Turnen und Hallenklettern für Kinder von Mitarbeitern und Studierenden. 40 Ein „bönnsches“ Juwel wird aufpoliert: Universitätsgesellschaft und private Investoren machen die Vision eines repräsentativen Haupteingangs zum Botanischen Garten wahr. Kultur 33 Bonn University Press: Seit zehn Jahren Bücher in Fakultätsfarben 34 Schönheit und Technik: Von Uhrmachern gebaute Rechenmaschinen im Arithmeum 35 Neuer Masterstudiengang: „Museums-Studien“ eröffnen Chancen Service Menschen 41 Prominent in Korea: Ein Absolvent zeigt als Medienstar, wie die Deutschen ticken 42 Künstlerische Wahlfamilie: Eugenia Fabrizi brachte drei Nationen-Theater nach Bonn 43 Geschätzte Marke: 555. Absolventin mit „Master of Drug Regulatory Affairs“ 44 Ausgezeichneter Nachwuchs 37 Alles Absprache und „Chemie“: Erste Partnerschaften im Projekt „Wohnen für Hilfe“ ermutigen 46 „Umbau“ bei laufendem Betrieb: Dezernat Liegenschaften erhält Preis für neue Struktur 39 Individuell bis an die Grenze: UniFit Box als neues Angebot im Hochschulsport 47 Meldungen – Vorgestellt Foto: Ulrike Eva Klopp 52 Last but not least: Der Techniker Ralf Broch ist Sprecher der Freiwilligen Feuerwehr Bonn forsch 2-3/2015 universitätbonn 3 Foto: Volker Lannert HOCHS CHULE 4 forsch 1/2015 universitätbonn HOCHS CHULE „Wir sind Teil eines Ganzen“ Nachdenkliche Worte bei der feierlichen Rektoratsübergabe Im Rahmen einer akademischen Feier hat Rektor Prof. Dr. Jürgen Fohrmann (61) sein Amt an seinen Nachfolger, den Entwicklungsbiologen Prof. Dr. Michael Hoch (53) übergeben, der als 143. Rektor der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn eingeführt wurde. Die Amtsübergabe erfolgte in der voll besetzten Aula nach traditionellem Ritus: Prof. Hoch sprach den lateinischen Amtseid und nahm von seinem Vorgänger die historische Amtskette in Empfang. Aber bis es soweit war, galt es Rückschau zu halten, zu loben und zu danken. Der Hochschulratsvorsitzende Prof. Dr. Dieter Engels, Kanzler Dr. Reinhardt Lutz und Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch wandten sich mit Grußworten an die Festversammlung. Und für den musikalischen Rahmen der Veranstaltung sorgte der Jazzchor der Universität Bonn. Prof. Engels dankte dem scheidenden Rektor für die Verdienste, die er sich in seiner sechsjährigen Amtszeit erworben hat: „Ihr Engagement war beispielgebend. Sie waren der ideale Repräsentant dieser Universität, weil Sie einerseits ein exzellenter Wissenschaftler sind, andererseits aber auch über die administrative und die soziale Kompetenz verfügen, die notwendig sind, um eine solch große und bedeutende Institution wie die Bonner Universität führen zu können.“ „Wind für weitere Höhenflüge“ Die internationale Suche nach einem würdigen Nachfolger endete schließlich fast an ihrem Ausgangspunkt: „Wir mussten nicht in die Ferne schweifen, weil der optimale Kandidat so nah war: Michael Hoch ist ein exzellenter Wissenschaftler, der seit gut anderthalb Jahrzehnten an der Bonner Universität wirkt, die Universität und ihre Eigenheiten genau kennt.“ Schon allein seine wissenschaftliche Reputation und Erfahrung in Wissenschaftsorganisation und -management habe ihn qualifiziert. Besonders beeindruckt hätten aber auch seine Vorschläge, Natur- und Geisteswissenschaften zu vernetzen und hierdurch neue Forschungsfelder zu erschließen und neue Studiengänge zu konzipieren. Prof. Engels sagte: “Die Art und Weise, mit der Prof. Hoch um Unterstützung hierfür wirbt, hoch engagiert, mit Schwung und Begeisterung, die ansteckend wirken, stimmt optimistisch, dass die Universität auch künftig viel Wind unter ihren Flügeln für weitere Höhenflüge haben wird.“ Kanzler Dr. Lutz brachte Rektor Fohrmanns Amtsverständnis auf eine griffige Formel: „Kämpfen, Aufräumen, Priorisieren, Bewahren und Revitalisieren.“ Er berichtete von gemeinsam gefochtenen Schlachten und bewältigten Herausforderungen, von Zumutungen und dem Erhalt als richtig erkannter Werte. Sein Resümee: „Sie haben der Universität Bonn gut getan“, gab er dem scheidenden Rektor mit auf dem Weg, der nun wieder als Wissenschaftler in die Forschung und Lehre zurückkehren wird. Die Universität – ein komplexes Wurzelwerk Der so Gelobte verabschiedete sich mit einem nachdenklichen Bericht aus dem Amt, das er seit 2009 bekleidet und sich gegen eine erneute Kandidatur entschieden hatte. In seinem Bericht verglich Prof. Fohrmann den „Großbau Universität“ mit einem Rhizom, einem komplex verzweigten Wurzelwerk, dessen Mittelpunkt schwer auszumachen sei: „Als Rektorat haben wir uns zur Aufgabe gemacht, Wirkungen in diesem Rhizom und Wirkungen dieses Rhizoms zu ermöglichen.“ Dies sei oft, aber nicht immer gelungen. Universitäten seien eben Gebilde, in denen gegenläufige Prinzipien wirksam seien. „Es hat ein eigentlich nie beendetes Wechselspiel zwischen zentralen und dezentralen Aufgaben, zwischen Regulierung und Deregulierung gegeben“, sagte Prof. Fohrmann. Bei aller Differenzierung und Optimierung von Strukturen gehe es immer auch um die Begegnung zwischen Menschen und Räume des Formellen wie Informellen. „Ein Credo dieses Rektorats war, die Räume des Informellen zu bewahren. Es war unser Anliegen, eher auf die formale Ermöglichung von Entwicklung als auf eine inhaltliche Steuerung zu setzen. Und meine Aufgabe als Rektor habe ich in einer Politik der ordnenden, unterstützenden und anregenden Moderation gesehen.“ Persönlichkeiten prägen das Profil Prof. Hoch sagte nach seiner Einführung, es mache ihn stolz, die Universität mit ihrer fast 200-jährigen Geschichte in den nächsten sechs Jahren führen zu dürfen. Trotz unzureichender Grundfinanzierung und unter neuen politischen Rahmenbedingungen soll die akademische Freiheit erhalten bleiben und Grundlagenforschung auf höchstem Niveau betrieben werden. „Die Stärke unserer Universität, die zu den besten in Deutschland und weltweit zählt, beruht nicht zuletzt auf herausragenden Forscherpersönlichkeiten, die die Universität prägen und den Fächern ihr Profil verleihen. Um unsere herausgehobene Position auch in Zukunft zu halten, müssen wir uns kontinuierlich wandeln und adaptieren“, erklärte der neue Rektor. Er rief dazu auf, zusätzlich zur Förderung einzelner Fachdisziplinen übergreifende Querschnittsthemen mit breiter gesellschaftlicher Relevanz zu definieren, die sich an den großen Herausforderungen der Menschheit orientieren und bei denen von den Kultur- und Geistesbis zu den Naturwissenschaftlern alle zusammenarbeiten können. Rektor Prof. Hoch rief die Universitätsangehörigen dazu auf, die gesamte Universität in den Blick zu nehmen: „Das Bewusstsein, dass wir Teil eines Ganzen sind, möchte ich bei allen Angehörigen der Universität erzeugen. Die „Universitas“ ist schließlich die Gesamtheit der Lehrenden und Lernenden, Professoren, Studierende, wissenschaftliche Mitarbeiter und Mitarbeiter aus Technik und Verwaltung – ein großes Team, in das jeder seine forsch 2-3/2015 universitätbonn 5 HOCHS CHULE 4Rektoratsübergabe in bis zur Galerie Foto: Volker Lannert voll besetzter Aula Stärken einbringt, und das in seiner Gesamtheit stärker ist als die Summe seiner Teile.“ Auch die Vernetzung mit lokalen außeruniversitären Partnern, den Hochschulen der Region und internationalen Partneruniversitäten auszubauen und zu intensivieren, kündigte Prof. Hoch an. „Dies wird auch sehr hilfreich für eine nächste Runde der Exzellenzinitiative ab 2017 sein“, betonte er. Wichtig sei ihm dabei auch die Unterstützung der Bonner Akteure in Forschung, Wissenschaftsförderung, Politik, Wirtschaft, Medien, Verbänden und der Bundesstadt Bonn. „Ich freue mich schon darauf, mit Ihnen zusammen unser 200-jähriges Jubiläum im Jahr 2018 zu begehen“, sagte der neue Rektor und bedankte sich bei seinem Vorgänger und dessen Rektoratsteam für ihre Arbeit. DR. ANDREAS ARCHUT Alle Reden der Rektoratsübergabe gibt es im Newsblog der Universität: http://www.aktuell. uni-bonn.de/ amtsuebergabe Hintergründe zur Rektoratsübergabe Zeremoniell: Wie bei der Eröffnung des akademischen Jahres zieht das alte Rektorat mit dem zukünftigen Rektor in die Aula ein. Vorweg gehen zwei „Pedelle“ (Pedelle waren früher Universitätsdiener) mit den beiden Zeptern der Universität. Sie stammen aus der alten Universität Duisburg und wurden nach deren Schließung von den Preußen der neugegründeten Bonner Universität übergeben. Kleidung: Die Prorektoren und der scheidende Rektor tragen die Professorentalare ihrer Fakultäten. Die Grundfarbe schwarz ist mit Einlagen in Fakultätsfarbe abgesetzt. Rektor Prof. Dr. Jürgen Fohrmann trägt das Dunkelblau der Philosophischen Fakultät, der neue Rektor Prof. Dr. Michael Hoch bereits den roten, goldbestickten Radmantel der Rektoren, Kanzler Dr. Reinhardt Lutz eine schwarze Richterrobe. Amtseid: Der scheidende Rektor nimmt gemäß der Grundordnung seinem Nachfolger den Amtseid ab und übergibt diesem die Amtskette. 6 forsch 2-3/2015 universitätbonn Die Amtsinsignie stammt aus dem Jahr 1853 und wurde extra für die Feier noch einmal auf Hochglanz poliert. Der lateinische Amtseid in deutscher Übersetzung: Ich .... gelobe als künftiger Rektor der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität vor dieser öffentlichen Versammlung der gesamten Universität sowie ihrer Freunde und Förderer feierlich und schwöre gemäß der Eidesformel, dass ich die Rechte und Privilegien dieser Universität als oberster Hüter sowohl der akademischen Freiheit als auch der Grundordnung der Universität mit Entschlossenheit und Umsicht verteidigen werde, dass ich bei der Wahrnehmung der akademischen Angelegenheiten das wahre Interesse der Lehrenden, der Lernenden und der Mitarbeiter gerecht und unparteiisch schützen werde und dass ich für die Pflege und Förderung der Wissenschaften in den sieben Fakultäten mit Gerechtigkeit sorgen werde. So wahr mir Gott helfe. HOCHS CHULE Fachliche Breite und Vielfalt der Fächerkulturen Rektorat startet mit fünfköpfiger Prorektoren-Riege Eine Woche nachdem der Hochschulrat die von Rektor Prof. Dr. Michael Hoch vorgeschlagenen fünf Persönlichkeiten – drei Männer und zwei Frauen – gewählt hatte, stellten sich die Designierten in einer Sondersitzung dem Senat vor. Dieser bestätigte im Anschluss mit großer Mehrheit die Wahl des Hochschulrats, die damit Gültigkeit erlangte. Die Robotik-Expertin Prof. Dr. Maren Bennewitz (41) ist neue Prorektorin für Informationstechnologie und Wissenstransfer und bearbeitet damit ein Ressort, das neu geschaffen worden ist Prof. Dr. Maren Bennewitz (Jahrgang 1973) ist Professorin (W2) für Humanoide Roboter. Die gebürtige Bonnerin studierte in Bonn Informatik und wurde danach in Freiburg promoviert und setzte dort ihre wissenschaftliche Laufbahn fort. 2014 wurde sie an das Institut für Informatik der Universität Bonn berufen. Von 2008 bis 2014 war sie Gleichstellungsbeauftragte der Technischen Fakultät der Universität Freiburg und dort von 2011 bis 2014 auch Stellvertreterin der zentralen Gleichstellungsbeauftragten. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder. Prof. Dr. Stephan Conermann (geb. 1964 in Kiel) ist Professor (C4) für Islamwissenschaft. Er hat in Kiel und Poznan/ Polen Geschichte und orientalische Philologie studiert. Nach der Promotion und Habilitation in Kiel folgte er 2003 einem Ruf an die Universität Bonn. Prof. Dr. Conermann war unter anderem Mitglied des Senats der Uni- und die gestiegene Bedeutung dieses Bereichs für die Universität dokumentiert. Der Islamwissenschaftler Prof. Dr. Stephan Conermann (50) wird als Prorektor für Internationales die weltweite Vernetzung der Universität pflegen und ausbauen helfen. Als Prorektorin für Studium und Lehre tritt die Professorin für Umwelt- und Ressourcenökonomik Prof. Dr. Karin Holm-Müller (57) an. Ökonom Prof. Dr. Klaus Sandmann (53) ist künftig als Prorektor für Hochschulplanung und -entwicklung tätig. Das Ressort Forschung und Innovation hat Prorektor Prof. Dr. Andreas Zimmer (55) übernommen. versität und Prodekan für Forschung der Philosophischen Fakultät. Er ist Direktor des Instituts für Orient- und Asienwissenschaften und Sprecher der Kollegforschergruppe 1362. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Prof. Dr. Karin Holm-Müller (geb. 1957 in Eckernförde) ist Professorin (C3) für Umwelt- und Ressourcenökonomik. Sie hat Volkswirtschaftslehre in Tübingen, Grenoble und Berlin studiert. Nach der Promotion in Berlin und Habilitation in Hagen erhielt sie 1999 ihren Ruf nach Bonn. Heute ist sie Geschäftsführende Direktorin des Instituts für Lebensmittel- und Ressourcenökonomik und berät seit 2008 die Bundesregierung im Sachverständigenrat für Umweltfragen, dessen stellvertretende Vorsitzende sie seit 2012 ist. Sie ist verheiratet und hat ein Kind. Prof. Dr. Klaus Sandmann (geb. 1961 in Aachen) ist Professor (C4) für Finanzmarktökonomie. Nach dem Abitur an der Deutschen Schule Paris studierte er Mathematik mit Nebenfach Informatik in Saarbrücken. „Das Rektoratsteam zeichnet sich besonders durch seine fachliche Breite aus“, sagte der Vorsitzende des Hochschulrats, Prof. Dr. Dieter Engels. Er begrüßte außerdem, dass es dem Rektor gelungen ist, zwei Wissenschaftlerinnen für sein Team zu gewinnen. Der Vorsitzende des Senats, Prof. Dr. Torsten Pietsch, sagte: „Im neuen Rektorat sind alle großen Fakultäten unserer Universität und damit die verschiedenen Fächerkulturen vertreten.“ Rektor Hoch erklärte: „Unser Rektoratsteam besteht aus Persönlichkeiten, die einschlägige Erfahrungen in ihren jeweiligen Ressortbereichen vorweisen und weitere Qualifikationen für die Mitarbeit im Rektorat mitbringen. So sind wir gut aufgestellt für die großen Herausforderungen, die vor der Universität liegen.“ Nach der Promotion und Habilitation in Bonn wurde er Professor (C4) in Mainz. 2002 folgte der Ruf nach Bonn. Prof. Dr. Sandmann war 2009 bis 2010 Prodekan und 2010 bis 2014 Dekan der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät sowie 2012 bis 2014 Sprecher der Fakultätskonferenz. Er ist verheiratet und hat drei Kinder. Prof. Dr. Andreas Zimmer (geb. 1959 in Solingen) ist Direktor des Instituts für Molekulare Psychiatrie. Nach dem Biologiestudium und Promotion in Gießen war Zimmer 1991 bis 2000 Gruppenleiter am National Institute of Mental Health in Bethesda/USA. Es folgten Professuren in Bonn und Bielefeld. 2006 erging der Ruf als Professor (W3) für Molekulare Psychiatrie in Bonn. Prof. Dr. Zimmer engagiert sich in der akademischen Selbstverwaltung, in Drittmittelprojekten sowie wissenschaftlichen Gremien und Netzwerken. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Alle Fotos: Barbara Frommann bis auf Maren Bennewitz: privat Hochschulrat und Senat der Universität Bonn haben mit der Wahl und Bestätigung von zwei Prorektorinnen und drei Prorektoren das neue Rektorat vervollständigt. Die Prorektoren sind nebenamtlich tätig und bilden gemeinsam mit dem Rektor und dem Kanzler das Rektorat. forsch 2-3/2015 universitätbonn 7 HOCHS CHULE Mit dem Hubschrauber zur Uni Foto: Volker Lannert Am Morgen der feierlichen Rektoratsübergabe gab es eine besondere Überraschung für den scheidenden Rektor: Wie gewohnt hatte Fahrerin Alexandra Inglese ihn und seine Frau Hedwig Pompe zu Hause in Hennef abgeholt, jedoch endete die Autofahrt schon kurze Zeit später auf einem Feld. Dort stand nämlich ein Helikopter bereit, der die drei Passagiere in spektakulärer Weise und mit Schlenkern über das Siebengebirge und den Campus Poppelsdorf zur Hofgartenwiese brachte. Der unverhoffte Flug zur Arbeit war ein Geschenk von Alexandra Inglese, die ihn ein halbes Jahr unter höchster Geheimhaltung organisiert hatte. Auslöser war der Umstand, dass die Fahrt von Bonn nach Hennef und zurück oft durch Staus verzögert wurde. „Jetzt müsste man einen Hubschrauber haben!“ war da ein oft vernommener Stoßseufzer. Studenten protestieren gegen „Uni-Sparen“ Derzeit keine Alternative zur Haushaltskonsolidierung Foto : Co lour box Die Hiobsbotschaft kam noch im alten Jahr: Die Universität Bonn muss kurzfristig ein Haushaltsdefizit von acht Millionen Euro bekämpfen, hatte das Rektorat mitgeteilt (forsch berichtete). Das Rektorat hat mit den Fakultäten zwischenzeitlich ein Bündel von Maßnahmen verabredet. Dagegen regt sich derzeit Protest. 8 Von den Sparbeschlüssen sind neben den Fakultäten auch die Univerwaltung und andere zentrale Bereiche betroffen. Insgesamt ist ein Mix an Maßnahmen vorgesehen: Ein Teil der gestiegenen Kosten wird linear auf alle Bereiche der Universität verteilt, der Rest kommt durch verschiedene Maßnahmen zustande, darunter das so genannte „Einfrieren“ von Stellen, die reaktiviert werden können, wenn es forsch 2-3/2015 universitätbonn die Finanzsituation wieder zulässt. Bereits seit geraumer Zeit erwirtschaftet die Universität Einsparungen durch „Stellenbesetzungssperren“, also dadurch, dass freiwerdende Stellen erst nach einer gewissen Zeit neu besetzt werden. Derzeit drücken Bonner Studierende mit verschiedenen Aktivitäten ihren Unmut über die Sparzwänge aus. Sie beklagen unter anderem öffentlich den Verlust von 17 Professuren, deren „Einfrieren“ das Rektorat zur Teilfinanzierung des Defizits im Herbst 2014 empfohlen hatte. Allerdings wurden bewusst nur entsprechende Sparsummen festgelegt, die die vier großen Fakultäten (Mathematisch-Naturwissenschaftliche, Philosophische, Rechts- und Staatswissenschaftliche und Landwirtschaftliche Fakultät) aufbringen müssen, und keine konkreten Professuren bestimmt. Die Diskussion über die Umsetzung muss in den Fachbereichen stattfinden. An den anstehenden Sparmaßnahmen führt derzeit kein Weg vorbei, denn solange das Land NordrheinWestfalen an der jährlichen Grundfinanzierung der Universitäten nichts ändert, muss gespart werden. Leider hat auch der eigentlich glückliche Umstand, dass der Bund den Länderanteil am BAföG übernimmt – was 280 Millionen Euro jährlich für NRW ausmacht – daran nichts geändert. Trotz des ausdrücklichen Aufforderung der Bundesbildungsministerin, die Länder mögen das gesparte Geld in ihre Hochschulen investieren, fließt der Geldsegen in NRW an den Hochschulen vorbei. DR. ANDREAS ARCHUT Weitere Informationen: http://bit.ly/sparen-faq HOCHS CHULE „Manchmal ist es ein Spagat“ Die Uni hilft ihren Angehörigen, Studium, Beruf und Familie zu vereinbaren Wissenschaft, Studium, Beruf und Familie miteinander in Einklang zu bringen, ist nicht immer einfach und erfordert manchmal sogar akrobatische Fähigkeiten. Die Universität Bonn unterstützt ihre Angehörigen dabei seit Jahren nach Kräften. Das gelingt ihr immer besser, haben externe Gutachter jetzt bestätigt. Gegenstand der Erstprüfung war es, wie es die Universität ermöglicht, ihr selbst gestecktes Ziel zu erreichen. Im Zuge des Zertifizierungsprozesses waren zahlreiche neue Maßnahmen auf den Weg gebracht worden, darunter Angebote für Beschäftigte mit Pflegeverantwortung auszuweiten. Nicht wenige so familiär besonders Geforderte erziehen gleichzeitig Kinder und kümmern sich zusätzlich noch um ältere Angehörige. „Manchmal ist es für die Betroffenen ein Spagat“, sagt Dezernentin Chris Müller von Baczko, „aber im Gespräch mit dem Arbeitgeber lassen sich in vielen Fällen flexible individuelle Lösungen finden.“ Eine Schlüsselrolle komme dabei den Führungskräften zu. Sie werden deshalb für Fragen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf vermehrt sensibilisiert. Darüber hinaus hat die Universität Bonn die Kinderbetreuung ausgebaut. Gab es 2010 noch 126 Plätze – davon 49 für „U3“, also Kinder unter drei Jahren –, waren es Anfang 2015 schon 166 und 69. Per Mailverteiler informiert das Team des Familienbüros zu den Themen „Pflege von Angehörigen“ und „Kinderbetreuung“, die Anmeldeadresse findet man auf der Homepage des Büros. Dort gibt es auch nützliche Links FORSCH und Veranstaltungstipps. 6Nicht nur Eltern und kleine Kinder finden an der Universität Bonn Unterstützung: „Familie“ meint alle Generationen und schließt Pflegeverant- wortung ein. Kontakt: Familienbüro der Universität Bonn, Telefon: 0228/73-6565 / 73-7273, E-Mail: familienbü[email protected]; Internet: www.familienbüro.uni-bonn.de Montage/Fotos: Colourbox/Dr. Thomas Mauersberg Mit dem Ziel, Beschäftigten und Angehörigen beratend und hilfreich zur Seite zu stehen, wurde Anfang 2012 im Personaldezernat der Universitätsverwaltung das Familienbüro eingerichtet. Das Familienbüro berät individuell, vertraulich und bedarfsorientiert zu Fragen rund um Mutterschutz und Elternzeit, Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen und Fördermöglichkeiten rund um diese Themenkreise. Dies gelingt offenbar mit Erfolg, denn die familienbewusste Personalpolitik der Universität Bonn überzeugte auch die externen Gutachter der Agentur berufundfamilie gGmbH. Sie verlieh ihr erneut das Prädikat „familiengerechte Hochschule“. Das Grundzertifikat war im Dezember 2011 ausgestellt worden. Für die Verwaltung der Zielvereinbarung und das Umsetzen der neu entwickelten Maßnahmen sorgt seit 2012 das Familienbüro. Hier beraten Xenia Lehr, Sandra Thielen und Sabine Paffenholz zu allen Fragen rund um Familie und Beruf. Sie vermitteln auch Betreuung für den Nachwuchs. Xenia Lehr erklärt: „Dank einer Kooperation mit einem externen Anbieter können wir das im Notfall auch extrem kurzfristig leisten, etwa wenn es plötzlich einen Krankheitsfall in der Familie gibt, oder eine berufliche Verpflichtung die familiären Pläne durchkreuzt.“ Für die Jüngsten gibt es in der Uni Stillund Wickelmöglichkeiten, und das Familienbüro hilft außerdem bei der Suche nach Ferienbetreuungsangeboten innerhalb der Stadt Bonn. forsch 2-3/2015 universitätbonn 9 Foto: Cyrill Stachniss FORS CHEN Im Labyrinth der römischen Katakomben Forscher haben einen einzigartigen Roboter entwickelt 5Bei der Erkundung von Katakomben in Rom. In den flachen Nischen wurden früher Tote bestattet. Wenn es für Menschen zu gefährlich wird, kommen Roboter zum Zug. Wissenschaftler der Photogrammetrie haben mit Forscherkollegen ein autonomes Fahrzeug entwickelt, das selbstständig in völliger Finsternis Jahrhunderte alte Katakomben unter der ewigen Stadt Rom erkundet. Mit einem leichten Ruckeln bewegt sich das Kettenfahrzeug langsam durch die Dunkelheit. Ein Scheinwerfer an der Front des Roboters offenbart einen schmalen Streifen, der die Gänge in den römischen Priscilla-Katakomben erhellt – ein kleiner Einblick in eine weitgehend vergessene Welt. Während dieser Fahrt zeichnen mehrere Kameras die Umgebung auf, der Rechner an Bord des Roboters erstellt aus diesen Daten ein dreidimensionales Modell des Irrgartens unter der ewigen Stadt. Das Labyrinth ist sehr alt: Im zweiten Jahrhundert nach Christus übernahmen die Christen den Brauch, ihre Toten in Katakomben zu bestatten. Später wurden die unterirdischen Gänge erheblich ausgebaut und viele Märtyrer darin beigesetzt. Mit dem Einfall der Germanen im fünften Jahrhundert begann der Niedergang des Tunnelsystems. Später ließen Päpste die Reliqui- 10 forsch 2-3/2015 universitätbonn en der Märtyrer aus den Katakomben in die Kirchen Roms bringen. Erst in der Neuzeit begann die systematische Erforschung des komplizierten Systems aus Gängen, die nun mit modernster Technologie vorangetrieben wird. Ein für Menschen gefährlicher Job Seit dem Start im Jahr 2013 koordiniert Prof. Stachniss das EU-geförderte ROVINA-Projekt – zunächst an der Universität Freiburg und nach seinem Wechsel wenige Monate später von der Universität Bonn aus. Wissenschaftler der RWTH Aachen, der Katholischen Universität Leuven, der Universität Rom, der Firma Algorithmica und des International Council on Monuments and Sites (ICOMOS) arbeiten in dem ungewöhnlichen archäologischen Kartierungsprojekt mit. Weltweit führend in „intelligenter Exploration“ „Es ist für Menschen nicht ungeDen geländegängigen Roboterprofährlich, diese Katakomben zu betreten“, sagt Prof. Dr. Cyrill Stachniss, totypen, der vollautomatisch das verLeiter der Photogrammetrie der Uni- wirrende Gangsystem erkundet, entversität Bonn. Die Gänge sind zum wicktelte die italienische IT-Firma Teil einsturzgefährdet. Außerdem rei- Algorithmica zusammen mit den Forchert sich in den tiefer gelegenen Kata- schern. „ROVINA arbeitet mit sehr hokomben das radioaktive Edelgas Ra- her Zuverlässigkeit und Präzision“, sagt don an, das bei längeren Aufenthalten Prof. Stachniss. Sein Team entwickelt Menschen gefährlich werden kann. die Algorithmen, mit deren Hilfe sich Insgesamt sind die Katakomben also der Roboter orientiert und die 3D-Moeher unwirtlich, aber ein ideales Ein- delle erstellt. Das Team der Uni Bonn satzgebiet für den Roboter, der stell- ist weltweit führend in solchen „intellivertretend den gefährlichen Job der genten Explorationen“, wie der Wissenschaftler ausführt. Erkundung übernimmt. FORS CHEN Um sich nicht zu verirren, fährt das Kettenfahrzeug Schleifen: Die Software ist so programmiert, dass der Roboter in regelmäßigen Abständen zu einem bekannten Punkt zurückkehrt. ROVINA verfügt über eine Datenbank mit allen bislang vom Roboter in den Katakomben angefertigten Karten. „Durch einen Abgleich der aktuellen Route mit dieser Datenbank erkennt der Roboter, ob er an einer bestimmten Stelle schon einmal gewesen ist“, erläutert Prof. Stachniss. „Von dort aus begibt er sich erneut ins Unbekannte.“ Hohe Zuverlässigkeit trotz günstiger Sensorik Foto: Johannes Seiler Die Kartierung in Form von Schleifen ist das Geheimnis der hohen Zuverlässigkeit des fahrbaren Kamerasystems, das hauptsächlich kostengünstige Sensorik nutzt. Mit jedem zurückgelegten Meter ergeben sich kleine Fehler in den Koordinaten, die sich im Verlauf längerer Strecken zu größeren Fehlern anhäufen. Indem der Roboter zu bekannten Punkten zurückkehrt, lassen sich diese Abweichungen wieder herausrechnen. „Der Roboter nutzt das Hintergrundwissen aus den Karten, um sich besser zu orientieren“, berichtet der Wissenschaftler. förderte Roboterprojekt bereits jetzt ein Erfolg: „Archäologische Ziele und Fortschritte in der Entwicklung autonomer Roboter gehen hier Hand in Hand.“ Der Informatiker hat inzwi- schen zahlreiche Anfragen von Wissenschaftlern erhalten, die den Roboter zum Beispiel auch zum Erkunden von Maya-Tempeln nutzen möchten. JOHANNES SEILER 5Das Team von Prof. Stachniss mit Roboter „ROVINA“ (von links): Mathias Hans, Olga Vysotska, Taigo Bonanni und Cyrill Stachniss 3In der römischen Priscilla-Katakombe Sollte das Kettenfahrzeug trotzdem in den Katakomben die Orientierung verlieren, könnte es anhand der Datenbank wie mit dem Faden der Ariadne in der griechischen Mythologie den Weg aus dem Labyrinth zurückfinden. „Doch bisher ist das noch nicht vorgekommen“, schmunzelt der Wissenschaftler. Anhand der Roboterkarten wollen Archäologen den Ist-Zustand der Katakomben erfassen und Erhaltungsmaßnahmen planen. Aus Sicht von Prof. Stachniss werden die digitalen 3D-Modelle absehbar auch ein touristisches Highlight: „Ähnlich wie bei Google Street View lässt sich mit dem geplanten Katakomben-View vom heimischen Rechner aus die Welt unter der ewigen Stadt erkunden.“ Für den Wissenschaftler ist das von der EU mit rund 3,5 Millionen Euro ge- Foto: Algorithmica EU-Förderung von 3,5 Millionen Euro Link zum youtube-Video: https://www.youtube. comwatch?v= k9NAvTFDIvA forsch 2-3/2015 universitätbonn 11 FORS CHEN Millionenförderung für Forscher Gleich drei Wissenschaftler erhalten ERC Grants der University of Massachusetts Medical School (USA) erhielt er im Jahr 2008 eine Professur für Klinische Biochemie. Seit 2014 ist er Direktor des Instituts für Molekulare Medizin des Universitätsklinikums Bonn. Bereits 2009 hat Prof. Hornung einen ERC Starting Grant eingeworben. Foto: Barbara Frommann Foto: Barbara Frommann-Czernik Die Europäische Union fördert die Physikerin Prof. Dr. Corinna Kollath, den Immunologen Prof. Dr. Veit Hornung und den Ökonomen Prof. Dr. Stephan Lauermann mit ERC Grants. 5Prof. Dr. Corinna Kollath vom Helmholtz-Institut für Strahlen- und Kernphysik 54Prof. Dr. Stephan Foto: Dr. Dr. Sandra Pütz/UKB Lauermann vom Institut für Makroökonomik und Ökonometrie 4Prof. Dr. Veit Hornung vom Institut für Molekulare Medizin Prof. Dr. Corinna Kollath vom Helmholtz-Institut für Strahlen- und Kernphysik der Universität Bonn wird in den nächsten fünf Jahren vom Europäischen Forschungsrat (ERC) mit einem Consolidator Grant in Höhe von rund 1,5 Millionen Euro gefördert. In ihrem Projekt untersucht sie lichtinduzierte Phasenübergänge. „Bei solchen Übergängen werden Quantenmaterialien mit einem Laser bestimmter Wellenlänge bestrahlt und angeregt“, berichtet Prof. Kollath. Durch diese Anregung können Materialien neue Zustände annehmen, die sich in ihren Eigenschaften stark von den vorherigen unterscheiden. Die Wissenschaftlerin möchte zum Beispiel untersuchen, wie ein normal leitendes Material durch solch eine Anregung in einen unkonventionellen supraleitenden Zustand gebracht werden kann. Corinna Kollath wurde am 21. April 1976 in Stirling (Großbritannien) geboren. Nach dem Studium der Physik in 12 forsch 2-3/2015 universitätbonn Köln sowie der Mathematik und Physik in Glasgow promovierte sie an der RWTH Aachen. Nach Forschungsaufenthalten in der Schweiz und in Frankreich nahm sie 2013 einen Ruf an die Universität Bonn an. Forscher schalten Gene des angeborenen Immunsystems ab Prof. Dr. Veit Hornung vom Institut für Molekulare Medizin des Universitätsklinikums Bonn wird ebenfalls vom ERC mit einem Consolidator Grant gefördert. Die Höhe beträgt rund 1,9 Millionen Euro. Im Projekt „Genetic Dissection of innate immune sensing and signaling” (GENESIS) untersucht der Wissenschaftler, wie das Immunsystem zwischen „fremd“ und „eigen” unterscheidet. Seine Forschergruppe hat eine Technologie etabliert, mit der sich einzelne für das Immunsystem wichtige Gene spezifisch und in großem Maßstab abschalten lassen. Weil dann bestimmte Funktionen ausfallen, können die Wissenschaftler nachvollziehen, für welche Prozesse ein bestimmtes Gen zuständig ist. „Wie bei einer mechanischen Uhr nehmen wir ein bestimmtes Rädchen heraus und schauen, was dann passiert“, beschreibt Prof. Hornung. Veit Hornung, am 15. April 1976 in München geboren, studierte Medizin an der Ludwig-Maximilians-Universität München, wo er auch promovierte. Nach einem Forschungsaufenthalt an Einflussmöglichkeiten auf Wahlen Einen Starting Grant des ERC erhält der Ökonom Prof. Dr. Stephan Lauermann. Er wird in den nächsten fünf Jahren mit 616.000 Euro gefördert. Der Wissenschaftler untersucht mit Methoden der volkswirtschaftlichen Spieltheorie Einflussmöglichkeiten auf Wahlen, wie zum Beispiel Aktionärsabstimmungen. Wahlen sind das Fundament demokratischer Entscheidungen. „Das Management hat bei Aktionärsversammlungen aber häufig erhebliche Einflussmöglichkeiten, den Ausgang von Wahlen zu beeinflussen“, sagt Prof. Dr. Stephan Lauermann vom Institut für Mikroökonomik und der Bonn Graduate School of Economics (BGSE). So könne das Management zum Beispiel die Wahlen abbrechen, bevor ein Vorschlag abgelehnt wird, und zu einem günstigeren Zeitpunkt wiederholen. Eine weitere Möglichkeit sei, gezielt einflussreiche Anteilseigner mit für diesen Zweck strategisch aufbereiteten Informationen zu versorgen, damit diese zustimmen. Der Ökonom studierte Volkswirtschaftslehre an der Universität Bonn und promovierte an der BGSE. Im Austauschprogramm der Graduiertenschule kam er an die University of California in Berkeley (USA). Außerdem war er Gastwissenschaftler an der Northwestern University und Professor an der University of Michigan und in Yale. ERC-Grants fördern Spitzenforscher Die ERC Starting Grants richten sich an junge Forscher, die eine Forschungsgruppe aufbauen wollen. Mit den Consolidator Grants soll die nächste Generation von Spitzenforschern etaJOHANNES SEILER bliert werden. FORS CHEN 5 Fragen an... Als theoretischer Physiker erforschen Sie unter anderem die Grundfrage der Menschheit nach der Entstehung des Lebens. Wie gehen Sie diese Frage an und wie nah sind Sie einer Antwort? Es geht um die Frage, unter welchen Bedingungen die Elemente entstehen, die das Leben ausmachen – zum Beispiel der Kohlenstoff. Mit Simulationen an Supercomputern haben wir untersucht, wie eng die Grenzen für die Bedingungen sind, unter denen diese lebenswichtigen chemischen Elemente entstehen können. Nach unseren Ergebnissen dürfen sich die Ausgangsbedingungen, genauer gesagt gewisse fundamentale Parameter der Physik, nur in einer Spanne von wenigen Prozent bewegen, damit wir die Elemente Wasserstoff, Sauerstoff oder Kohlenstoff im richtigen Mischungsverhältnis erhalten. Der Grat zur Entstehung des Lebens ist also nur sehr schmal. Ist Ihrer Einschätzung nach das Leben auf der Erde einzigartig oder gibt es anderswo im Universum auch noch Lebewesen? Rein statistisch gesehen gibt es so viele Galaxien und Planeten, dass es auch außerhalb der Erde Leben geben muss. Ob diese Lebewesen sauerstoffund kohlenstoffbasiert sind – wie überwiegend auf der Erde – oder ob es sich zum Beispiel um Schwefelbakterien handelt – wie in den Tiefen unserer Ozeane – ist dahingestellt. Die Frage ist nur, ob wir in irgendeiner Form mit diesem außerirdischen Leben in Verbindung treten können – vermutlich ist dafür die Entfernung zu groß oder wir leben zur falschen Zeit, um von diesen Lebewesen etwas mitzubekommen. Sie beschäftigen sich vor allem mit der sogenannten starken Wechselwirkung, die die Atomkerne zusammenhält. Warum ist diese Wechselwirkung so wichtig? Es gibt insgesamt vier wichtige Kräfte: Erstens die Gravitation, die dafür sorgt, dass sich die Erde um die Sonne bewegt. Zweitens die elektromagnetische Wechselwirkung, zum Foto: Volker Lannert …den theoretischen Physiker Prof. Dr. Ulf-G. Meißner Beispiel das Licht. Drittens die schwache Wechselwirkung in Form des radioaktiven Zerfalls von Elementen. Viertens die starke Wechselwirkung, die die Atomkerne zusammenhält. Ohne diese Kraft würden wir nicht existieren können, weil die starke Wechselwirkung verhindert, dass sich die Protonen, die ja geladen sind, in den Atomkernen abstoßen. Eine zentrale Aufgabe unserer Forschung ist, neue Methoden zu entwickeln, mit denen wir solche komplexen Vielteilchensysteme behandeln können. Da haben wir einige Fortschritte gemacht, zum Beispiel in der Berechnung, wie aus der Verschmelzung von Heliumkernen im heißen Inneren schwerer Sterne Kohlenstoff als Grundlage des Lebens entsteht. Sie sind Dekan der MathematischNaturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Bonn, Direktor am Institute for Advanced Simulation sowie am Institut für Kernphysik des Forschungszentrums Jülich, Sprecher und Co-Sprecher von Sonderforschungsbereichen – das sind nur einige Ihrer Funktionen. Wie bekom- men Sie all das zeitlich unter einen Hut? Ganz wichtig ist es, delegieren können. Ich habe überall Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, auf die ich mich verlassen kann. Außerdem darf man sich nicht mit Kleinigkeiten aufhalten, sondern sollte die großen Dinge im Auge behalten. Nützlich ist auch eine gewisse Disziplin, mit der man etwas zu Ende bringt, bevor man etwas Neues beginnt. Wenn das alles zusammen nicht gelingt, könnte man in jeder Funktion Tag und Nacht verbringen, ohne zum Ziel zu kommen. 5Prof. Dr. Ulf-G. Meißner vom Helmholtz-Institut für Strahlen- und Kernphysik Wie finden Sie Ausgleich zu Ihrer überwiegend sitzenden Arbeit? Früher habe ich sehr viel Sport gemacht und intensiv Karate betrieben. Aber für Letzteres müsste ich täglich trainieren, wofür mir die Zeit fehlt. Zum Ausgleich gehe ich regelmäßig laufen und versuche, mit meinen Mitarbeitern einmal wöchentlich Fußball zu spielen. Wenn sich die seltene Gelegenheit ergibt, dann gehe ich außerdem sehr gerne im Meer schwimmen – am liebsten möglichst weit hinaus, wo man den Grund JOHANNES SEILER nicht mehr sieht. forsch 2-3/2015 universitätbonn 13 FORS CHEN Uni Bonn bei der EXPO Forscher stellen Milchwirtschaft der Zukunft vor Bei der Weltausstellung EXPO in Mailand sind auch Exponate der Universität Bonn zu sehen. Das Zentrum für Integrierte Milchwirtschaftliche Forschung (CIDRe) ist Forschungspartner der ARGE Deutscher Pavillon. 4Außenansicht des Tiere, die Herzfrequenz, die Wiederkauaktivität sowie die aufgenommene Futter- und Wassermenge automatisch und leiten sie an ein Computerterminal zur Auswertung weiter. Deutschen Pavillons bei der EXPO 2015 in Mailand: Grafik: Schmidhuber/Milla & Partner Unten sind die aus der Fassade herausragenden Container zu sehen. Darin wird auch der Beitrag des Zentrums für Integrierte Milchwirtschaftliche Forschung (CIDRe) der Universität Bonn präsentiert. Unter dem Motto „Feeding the Planet, Energy for Life“ stellen 144 Nationen und drei internationale Organisationen bis 31. Oktober ihre Beiträge vor. Anhand der von den Wissenschaftlern der Uni Bonn zur Verfügung gestellten Exponate wird im Deutschen Pavillon unter anderem gezeigt, wie eine ausgewogene und nachhaltige Milchwirtschaft der Zukunft aussehen kann. Der Forschungscontainer im Themenbereich Lebensmittel vermittelt einen Eindruck, was das interdisziplinäre Wissenschaftlerteam der Universität Bonn in ihrem Hightech-Stall der Zukunft erforscht. Besucher sehen das abstrahierte Abbild einer Kuh, das mit zahlreichen Sensoren ausgestattet ist, wie sie auch die Forscher in ihrem Projekt verwenden. Die Messfühler erfassen zum Beispiel die Bewegungen der „Wenn ein Bauer nur vier Kühe im Stall versorgen muss, kennt er jede einzeln und kann zum Beispiel anhand von Verhaltensänderungen frühzeitig feststellen, wenn mit einem Tier etwas nicht in Ordnung ist“, sagt CIDReTierärztin Dr. Susanne Plattes. Bei vielen Kühen sei das nicht mehr möglich – dann wachen die Sensoren über das Wohl der Tiere. Zufriedene und gesunde Kühe geben auch bessere Milch, sind die Forscher überzeugt. JOHANNES SEILER Internet: Zum Projekt der Uni Bonn: www.CIDRe.uni-bonn.de Zum deutschen Pavillon: www.expo2015-germany.de Zur Expo: http://en.expo2015.org Theologisch up-to-date Wissenschaftler beantworten aktuelle Fragen 6Prof. Dr. Cornelia Richter (links) und Katharina Opalka Mit einer neuen Internet-Seite wollen zwei evangelische Theologinnen Pfarrern, Lehrern, Ehrenamtlichen und Journalisten dabei helfen, auf Höhe der Forschung zu bleiben. vom Institut für Hermeneutik der Evangelisch-Theologischen Fakultät haben die „theologischen Foto: Barbara Frommann Updates“ initiiert. Auf die Beine gestellt haben das neue Online-Angebot Prof. Dr. Cornelia Richter vom Institut für Hermeneutik und ihre Wissenschaftliche Mitarbeiterin Katharina Opalka. „Es 14 forsch 2-3/2015 universitätbonn zeigt sich, dass sich nach dem Examen so mancher Teil des Gelernten leider relativ rasch in eingefahrene Praxisformulierungen hinein verengt“, erläutert Prof. Richter. Andere Dinge bleiben zwar sehr präsent, aber oft auf dem Stand der Zeit, in der man studiert hat. „Dabei hat sich in den vergangenen Jahren in der Theologie unglaublich viel getan.“ Das betrifft etwa Bibeltexte: Die Forschung hat sie mit vielfältigen Überlieferungen verglichen und festgestellt, dass sie aus völlig anderen Zeiten stammen als angenommen – und daher auch anders verstanden werden müssen. Das Prinzip ist einfach: Wer eine Frage hat, kann sie – auch anonym – in eine Suchmaske eintragen und abschicken. Nach einer gewissen Bearbeitungszeit erscheint an gleicher Stelle die Expertenantwort. Schon in der Testphase ging es um gewichtige Probleme. Darf man beim Abendmahl die Einsetzungsworte ändern? Was heißt es, wenn das Dogma sagt, Gott sei eine „Person“? Ist ein christlicher Segen auch für Tiere oder gar Maschinen denkbar? Prof. Richter betont, dass sich die Universität Bonn mit dem Projekt nicht zur „theologischen Entscheidungsinstanz“ aufschwingen will. „Die Beiträge sind von unserer Position gefärbt und sie sind – eben ganz im Sinne aktueller Forschung – jeweils WOLFGANG PICHLER zeitbedingt.“ Internet: www.theol-updates.uni-bonn.de FORS CHEN Fußballtor oder Geldgewinn? Das Gehirn verarbeitet sportliche und monetäre Erfolge ähnlich 3Am Magnetresonanztomografen: Prof. Dr. Bernd Weber (links) und Alexander Niklas Häusler vom Center for Economics Foto: Volker Lannert and Neuroscience Zwei Spieler einer Mannschaft befinden sich kurz vor dem gegnerischen Tor – der Angreifer muss eine wichtige Entscheidung treffen: Den Ball besser zum Teamkollegen spielen oder lieber sofort schießen? Was bei solchen Spielverläufen und beim Erzielen eines Tores im Gehirn passiert, ähnelt sehr stark den Vorgängen und dem Belohnungsablauf bei Geld-Gewinnspielen. Das haben Forscher vom Center for Economics and Neuroscience (CENs) der Universität Bonn mit ihren Kollegen vom Uniklinikum Bonn und dem Life&Brain Zentrum herausgefunden. Als Vorstudie zeigten die Forscher insgesamt 377 deutschen Fußballspielern 200 verschiedene Fotos, auf denen solche Szenen vor dem gegnerischen Tor dargestellt waren. Die Spieler sollten einschätzen, ob sie in der jeweiligen Situation den Ball abgeben oder selbst auf das Tor zielen würden. „Auf diese Weise erhielten wir statistisch abgesicherte Daten zur Frage, in welchen Situationen erfahrungsgemäß die Torchancen eher beim Passen oder beim Schießen höher sind“, sagt Prof. Dr. Bernd Weber vom CENs. Fußballspieler im MRT Anschließend wurde von insgesamt 33 männlichen Fußballspielern im Magnetresonanztomografen (MRT) die Hirnaktivität gemessen, während sie über Videobrillen Bilder von Situationen am Tor eingeblendet bekamen. Per Knopfdruck konnten sie mitteilen, ob sie den Ball zum Mitspieler passen oder lieber selbst das Tor anvisieren würden. „Zwei Phasen des Experimentes sind für uns besonders interessant. Einmal, welche Prozesse im Gehirn bei der Entscheidung zum Passspiel oder Schießen ablaufen und darüber hinaus, welche Hirnareale bei dem Erzielen eines Tores oder dem Verschießen aktiv sind“, sagt Erstautor Alexander Niklas Häusler, Doktorand von Prof. Weber und selbst aktiver Hobby-Fußballer. Belohnungsnetzwerk aktiviert Ticken die Sportler bei Fußballspielen besonders oder arbeitet das Gehirn in alltäglichen Situation ganz ähnlich? Um diese Frage zu beantworten, führten die Wissenschaftler mit denselben Fußballspielern einen Standardtest in Form eines Gewinn- spiels durch: Wiederum im MRT mussten die Teilnehmer erraten, in welchem von bis zu vier eingeblendeten Kästchen ein gefüllter Kreis versteckt war. Tippten sie auf das richtige Kästchen, bekamen sie einen Geldgewinn. Überraschend war, dass sowohl bei Fußballentscheidungen als auch bei monetären Gewinnspielen die gleichen Regionen des Belohnungsnetzwerks im Gehirn angesprochen wurden: Aus Studien mit Geldgewinnen ist bekannt, dass das so genannte ventrale Striatum und der ventromediale präfrontale Cortex hier entscheidende Rollen spielen. Ersteres ist dafür zuständig, die Erfolgsaussichten zum Beispiel für das Toreschießen oder den Geldgewinn zu berechnen. Letzteres taxiert die erwartete Belohnung, wenn die Handlung von Erfolg gekrönt wird. Aus vielen Untersuchungen wissen die Forscher, dass die Regionen immer dann besonders aktiv sind, wenn das Ereignis die vorher gehegten Erwartungen unerwartet JOHANNES SEILER übertrifft. Podcast zum Thema: https://youtu.be/ Hu8UWi-KiZY forsch 2-3/2015 universitätbonn 15 FORS CHEN Foto: guentermanaus, fotolia.com Bewahrung der Tropenwälder 16 REGULIERUNG IM 19. JAHRHUNDERT Wenn eine Wirtschaftsbranche nicht die politisch gewollte Entwicklung nimmt, werden Rufe nach Regulierung laut. Die weltweite Bankenkrise etwa zog zahlreiche staatliche Eingriffe nach sich: Rettungspakete, Mindesteigenkapital, Bad Banks. Solche Regulierungen der öffentlichen Hand untersuchten Geschichtswissenschaftler der Universität Bonn mit einem internationalen Forscherteam aus historischer, juristischer und ökonomischer Perspektive. Zum Abschluss des vom BMBF mit einer Million Euro geförderten Großprojektes legen die Wissenschaftler ihre Ergebnisse vor: Viele Probleme und Lösungsansätze der Regulierung haben sich seit fast 200 Jahren kaum verändert. „Forderungen nach Regulierung beziehen sich häufig auf eine härtere, strengere oder schärfere Regulierung, der Anspruch der besseren Regulierung ist dagegen weit seltener“, sagt Privatdozent Dr. Boris Gehlen von der Abteilung Verfassungs-, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Der Historiker koordinierte das interdisziplinäre Verbundprojekt „Gestaltung der Freiheit – forsch 2-3/2015 universitätbonn der Ahndung von Verstößen zusammenarbeiten. Das hat ein internationales Forscherteam unter Federführung des Zentrums für Entwicklungsforschung (ZEF) in den Bundesstaaten der brasilianischen Amazo- Regulierung von Wirtschaft zwischen Schnitt rund 7,6 Jahre früher als historischer Prägung und Normie- Krankenhauspatienten ohne einen rung.“ Von der Universität Bonn haben solchen Suchthintergrund. es Prof. Dr. Günther Schulz vom Insti- Das haben Wissenschaftler der Klinik tut für Geschichtswissenschaft und und Poliklinik für Psychiatrie und PsyProf. Dr. Mathias Schmoeckel vom chotherapie des UniversitätskliniInstitut für Rechtsgeschichte zusam- kums Bonn mit britischen Kollegen men mit dem Völkerrechtler Prof. Dr. anhand von Patientendaten von sieFrank Schorkopf (Universität Göttin- ben Allgemeinkrankenhäuser in Mangen) und dem Ökonomen Prof. Dr. Al- chester (England) herausgefunden. brecht Ritschl (London School of Eco- „Mit der Alkoholsucht sind sowohl psynomics) beantragt. chische Probleme als auch erhebliche Informationen im Internet: körperliche Beeinträchtigungen der www.regulierungsgeschichte.de Gesundheit verbunden“, sagt Dr. Dieter Schoepf. Insgesamt 27 körperliche Krankheiten traten gehäuft bei Patienten mit Alkoholsucht auf: etwa der Leber, der Bauchspeicheldrüse, der Atemwege, des Magen-DarmTraktes und des Nervensystems. Es handelt sich dabei um eine Langzeitbeobachtung: Die Daten erstrecken sich über einen Zeitraum von 12,5 Jahren. „Im Beobachtungszeitraum starb etwa jeder fünfte Patient mit Alkoholsucht in einem der KranALKOHOLSTUDIE Die Sterblichkeit von Patienten mit kenhäuser, während es bei der KontAlkoholsucht in Allgemeinkranken- rollgruppe nur jeder zwölfte Patient häusern ist um ein Vielfaches höher war“, fasst Prof. Dr. Reinhard Heun als bei Behandelten ohne Alkoholab- vom Royal Derby Hospital das Ergebhängigkeit. Außerdem sterben sie im nis zusammen. Foto: michaklootwijk, fotolia.com kompakt Was haben Regenwaldschutz und Tempokontrollen gemeinsam? Beides hängt vor allem davon ab, wie präsent die Polizei vor Ort ist, wie konsequent bestraft wird und wie gut die Strafverfolgungsbehörden bei nasregion herausgefunden. Demnach setzen die Behörden in den brasilianischen Bundesstaaten Mato Grosso und Pará die Schutzbestrebungen besonders effektiv um. „Die Staatsanwaltschaft in diesen Staaten hat den Druck stark erhöht: Sie führt schwarze Listen über Agrarbetriebe, die gegen die Schutzbestimmungen verstoßen“, sagt Juniorprofessor Dr. Jan Börner vom ZEF. „Zum Beispiel Großhändler dürfen dann bei diesen Betrieben keine Waren mehr abnehmen.“ Außerdem sei es wichtig, dass die Strafe der Tat auf den Fuß folgt. Brasilien hat deshalb ein effektives Satellitenüberwachungssystem aufgebaut, mit dem sich illegale Abholzungen nachweisen lassen. Börner: „Mit dem Schutz vor Abholzung verhält es sich im Prinzip genauso wie mit Geschwindigkeitsbeschränkungen im Straßenverkehr: Je höher die Strafen und je häufiger die Kontrollen, desto größer ist das Abschreckungspotenzial.“ FORS CHEN Jagd auf winzige Partikel Lebensmittelchemiker dringen in Nanowelten vor In ein Glas Orangensaft werden einige Silbernanopartikel gekippt und mit destilliertem Wasser vermischt: Was sich wie das Rezept für einen etwas unkonventionellen Sommercocktail anhört, dient der Wissenschaft. Prof. Dr. Klaus Günther aus der Lebensmittelchemie und seine Mitarbeiter haben diese Mixtur angerührt, um ein neuartiges und hochmodernes Analysegerät zu testen – das „Single Particle ICP-MS“. Mit Erfolg: Problemlos wiesen sie die winzigen Partikel im Orangensaft nach. positive Eigenschaften verfügen: So lässt sich zum Beispiel mit Hilfe von Siliziumdioxid-Nanopartikeln das Fließverhalten von Ketchup optimieren. „Je nachdem wie groß die Partikel sind, ist das Tomatenprodukt zäh- oder dünnflüssiger“, weiß der Chemiker. Winzige Silberkörnchen befinden sich auf Lebensmittelverpackungen: Sie bekämpfen Mikroben, die sonst Nahrungsmittel schneller verderben würden. Titandioxid-Partikel kommen in Sonnencreme zum Einsatz, weil sie die gefährliche UV-Strahlung streuen. Mit dem neuartigen Analysesystem dringen die Wissenschaftler der Universität Bonn in den Zwergenkosmos der Nanowelten vor. Selbst diese nur wenige Millionstel Millimeter (Nanometer) winzigen Körnchen lassen sich auf direktem Weg mit dem „ICP-MS“ analysieren. Zum Vergleich: Ein menschliches Haar kommt im Durchmesser auf etwa 80.000 Nanometer. Weil für viele Substanzen auf der Nanoskala nicht bekannt ist, wie sie sich auf Mensch und Umwelt auswirken, hat die EU-Gesetzgebung in einer neuen Verordnung festgelegt, dass ihr Gehalt auf Lebensmittelverpackungen angegeben werden muss. „Die Vielfalt der Nanopartikel ist sehr groß – und sie sind besonders reaktiv, weil sie über eine sehr große Oberfläche verfügen“, berichtet Prof. Günther. Ein Gedankenmodell: Wenn man einen Apfel in immer dünnere Scheiben schneidet und die Schnitze nebeneinander ausbreitet, landet man schließlich bei einer Fläche von einem Fußballplatz. Je kleiner der Partikel, desto größer ist seine Oberfläche, an der chemische Reaktionen ablaufen können. Prof. Günther zeigt stolz auf die Neuanschaffung: „Mit diesem Gerät können wir erstmals direkt ohne weitere Probenvorbereitung die chemischen Eigenschaften und die Größe von Nanopartikeln bestimmen.“ Der Chemiker sitzt vor dem elegant geschwungenen Gerät mit der weiß-grünen Haube. Eine kleine Pumpe dreht sich, die verschiedene Probenlösungen ansaugt. Neben der Bestimmung von Nanopartikeln kann die Apparatur auch bis zu 70 verschiedene chemische Elemente gleichzeitig messen und in Kombination mit chromatographischen Methoden zusätzlich deren organische Bindungsformen bestimmen, erklärt der Professor. Als Lebensmittelchemiker interessiert sich der Wissenschaftler natürlich insbesondere dafür, welche der Minikörnchen in Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln vorkommen. Die winzigen Partikel sind in vielen Produkten enthalten, weil sie über Stimmen die Verpackungsinformationen? Prof. Günther hat vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Projektmittel eingeworben, mit denen das 250.000 Euro teure Gerät finanziert wurde. Seine Arbeitsgruppe untersucht in diesem Projekt Nahrungsergänzungsmittel. Stimmen die Analysenergebnisse mit den angegebenen Elementgehalten auf den Verpackungen überein? So wird zum Beispiel Selen Nahrungsergänzungsmitteln zugesetzt, weil der menschliche Körper Foto: Johannes Seiler Nanopartikel sind nur wenige Millionstel Millimeter winzige Körnchen. Sie kommen zum Beispiel in Sonnencreme, Ketchup und Verpackungen vor. Die Lebensmittelchemiker der Uni Bonn verfügen nun über ein neuartiges Analysegerät, mit dem sich diese Winzlinge aufspüren lassen. auf dieses Spurenelement angewiesen ist. „Aber ein Zuviel an Selen kann auch sehr schädlich sein“, berichtet Prof. Günther. 5Ein Nanopartikel besteht häufig nur aus wenigen Atomen: Prof. Dr. Klaus Günther mit einem selbstgebauten Ähnliche Untersuchungen macht der Chemiker auch für Lebensmittel. Die nächsten Jahre will er geeignete Methoden entwickeln, wie sich mit dem neuen Analysegerät die unterschiedlichsten in der Nahrung enthaltenen Winzlinge am besten nachweisen lassen. Solche Erkenntnisse nutzen dann auch die Untersuchungsämter für ihre Analysen zum Verbraucherschutz. Modell eines winzigen Silberkörnchens Kürzlich hat der Wissenschaftler sogar einen einzigen Nanopartikel nachgewiesen. Über dieses Ergebnis berichtete er kurze Zeit später in seiner Vorlesung und ließ die Studierenden damit äußert zeitnah am wissenschaftlichen Fortschritt teilnehmen. „Mit dem neuen ICP-MS dringen wir in völlig neue Welten vor. Von diesem wissenschaftlichen Leuchtturm profitieren damit auch unsere Studierenden“, sagt Prof. Günther stolz. Und die werden nun ebenfalls direkt an dem neuen Gerät im analytisch-chemischen Praktikum ausgebildet. JOHANNES SEILER forsch 2-3/2015 universitätbonn 17 FORS CHEN Bernstein konserviert frühe Brutpflege Ältester Beleg von fürsorgendem Verhalten bei Insekten 4Wathondara kotejai: Dass die weibliche Schildlaus im Bernstein erhalten wurde, sei ein sehr seltenes Ereignis, führt Privatdozent und Mitautor Dr. Torsten Wappler vom Steinmann-Institut aus. Normalerweise würden hauptsächlich männliche Schildläuse vom Baumharz eingeschlossen, etwa wenn sie sich am Stamm oder den Ästen von Bäumen aufhalten. Im vorliegenden Fall ist wahrscheinlich Harz von einem Zweig auf ein Blatt getropft, das die weibliche Schildlaus samt Kokon, Eiern und Nymphen umschlossen hat. Foto: Dr. Bo Wang Die weibliche Röhrenschildlaus (Ortheziidae) trägt einen aus Wachsplatten gebildeten Eisack an der Bauchseite. 4Heute lebender Vertreter der Röhrenschildläuse (Ortheziidae). Die Wachsplatten auf der Rückenseite des Tieres sind deutlich zu sehen. Foto: Dr. Jacek Szwedo Anschließend fossilierte das Harz. Was in solchen Fällen übrig bleibt, ist meist lediglich die Hohlform im Bernstein, während sich das Insekt im Inneren des Brockens zersetzt. Die Wissenschaftler schneiden und polieren den Bernstein so lange, bis nur eine dünne Schicht zum eingeschlossenen Insekt verbleibt. Wie durch ein Fenster können die Forscher dann unter dem Mikroskop dreidimensionale hochaufgelöste Aufnahmen von dem Zeugen aus der Vergangenheit aufnehmen. Wissenschaftler der Universität Bonn haben mit Kollegen aus China, Großbritannien und Polen den ältesten Beleg für Brutpflege bei Insekten beschrieben: Es handelt sich dabei um eine Schildlaus, die als Fossil in Bernstein eingeschlossen ist. Der rund 100 Millionen Jahre alte Beleg ist ein „Schnappschuss“ aus der Erdgeschichte. In dem bräunlich schimmernden Bernstein ist das nur wenige Millimeter kleine weibliche Insekt mit der wächsernen Haube deutlich zu erkennen. Die Wachsumhüllung schützt sowohl die Schildlaus als auch ihre rund 60 Eier vor Räubern und Austrocknung. Das Weibchen verfügt im Gegensatz zu den männlichen Schildläusen weder über Flügel noch einen Chitinpanzer. Mit seinem weichen Körper ist es darauf spezialisiert, an Blättern zu saugen und für die Nachkommenschaft zu sorgen. „Fossilien von den empfindlichen weiblichen Schildläusen sind extrem selten“, sagt der chinesische Paläontologe Dr. Bo Wang, der als Stipendiat der Alexander von Humboldt-Stiftung am Steinmann-Institut forscht. „Einzigartig 18 forsch 2-3/2015 universitätbonn ist das Alter des Fundes: Ein solch alter Beleg für Brutpflege bei Insekten wurde bislang noch nicht gefunden.“ Neben dem Insekt, seinen Eiern und der Wachsschicht sind auch sechs Jungtiere überliefert. Buddhistische Göttin als Namensgeberin Dr. Wang nutzte seine guten Kontakte zu Sammlern im Norden Myanmars, um an den außerordentlich seltenen Bernsteinbrocken heranzukommen. Das internationale Wissenschaftlerteam gab der etwa 100 Millionen Jahre alten Schildlaus den Namen Wathondara kotejai – nach der buddhistischen Erdgöttin Wathondara und dem polnischen Insektenkundler Jan Koteja. Brutpflege steigert die Überlebenschancen „Mit der Brutpflege steigern die Schildläuse die Überlebenschancen ihrer Nachkommen“, sagt Dr. Wappler. Erst wenn die jungen Schildläuse weit genug entwickelt sind, schlüpfen sie aus der schützenden Wachsschicht und suchen sich erneut eine Pflanze, um den zucker- und energiereichen Saft zu saugen. Auch heute verbreitete Schildläuse verfügen über einen Wachskokon. Aus dem Vergleich von modernen Schildlausarten mit dem Bernsteinfund schließt der Paläontologe, dass die Lebensweise und das Reproduktionsverhalten dieser Insekten bereits vor rund 100 Millionen Jahren ganz ähnlich war wie die der heutigen Formen. „Einschlüsse in Bernsteinen sind eine einzigartige Gelegenheit, in das Leben der Vergangenheit zu blicken“, erläutert Dr. Wappler. Der Bernsteinfund mit Wathondara kotejai sei einmalig, sind die Wissenschaftler überJOHANNES SEILER zeugt. FORS CHEN derprojekt „EINEWELT ohne Hunger“ in den nächsten drei Jahren investieren. Die „Grünen Innovationszentren in der Agrar- und Ernährungswirtschaft“ werden mit rund 100 Millionen Euro gefördert. Ziel ist es, die Einkommen kleinbäuerlicher Betriebe, die Verarbeitungswirtschaft und die regionale Versorgung mit Nahrungsmitteln durch Innovationen in der Agrar- und Ernährungswirtschaft zu steigern. „Innovation muss in Zukunft die Welt ernähren, denn mehr Land und Wasser kann nicht eingesetzt werden“, betont Prof. Joachim von Braun, Direktor am ZEF und Initiator der Begleitforschung. Es müssten komplexe Modelle und Analysen entwickelt und herangezogen werden, um neue Ideen und Erfindungen zur Ernährung der Weltbevölkerung erfassen und testen zu können. Foto: Johannes Seiler 5Die Einkommen Unterhaltung. „Ernste Probleme kleinbäuerlicher SCHUSSELIGE QDOTS FACEBOOK-ETIKETTE IN GHANA Große Herausforderungen nimmt Akumaa Mama Zimbi ist eine schil- werden von ihnen meist mit witzig Betriebe in Afrika, man am besten gemeinsam in Angriff. lernde Figur. Das Markenzeichen der gemeinten Bemerkungen kommen- wie hier in NordIn einem Team kann jedes Mitglied ghanaischen Frauenrechtlerin, TV- tiert, die aber auch unter die Gürtel- Ghana, sollen seine individuellen Stärken einbrin- und Radiomoderatorin, Schauspiele- linie gehen“, sagt die Linguistik-Stu- durch Innovationen gen – zum Nutzen aller Beteiligten. rin und Beziehungsexpertin sind bun- dentin. steigen. Ungewöhnlich ist, dass Hampel beGanz ähnlich ist es in der Welt der te Tücher, die sich auf ihrem Kopf zu Quanten. Quantendots (qDots) sind einem Turban emportürmen. Mit bür- reits als Studentin publiziert – im zwar unschlagbar schnell, wenn es gerlichem Namen heißt sie Dr. Joyce „Journal of Politeness Research“. Zweitum die Verarbeitung von Quantenin- Akumaa Dongotey-Padi. Auf großen gutachter Prof. Dr. Klaus P. Schneider formationen geht. Leider vergessen Zuspruch stößt ihr Facebook-Auftritt. freut sich darüber: „Es ist unser Anlie- 6In Ghana gilt sie das Ergebnis dieser Berechnung Wer in Ghana Probleme mit Partner- gen, den Studierenden frühzeitig ge- „Mama Zimbi“ als aber ebenso rasch wieder – zu rasch, schaft, einer gescheiterten Ehe oder nuine Forschung zu ermöglichen.“ eine Instanz. um in einem Quantencomputer wirk- sonstigen Lebenskrisen hat, wendet lich nützlich zu sein. sich vertrauensvoll an Mama Zimbi – Geladene Atome, Ionen genannt, ha- öffentlich, versteht sich. ben dagegen ein exzellentes Gedächt- Elisabeth Hampel, Studentin im nis: Sie können Quanteninformatio- Masterstudiengang „Applied Lingunen für viele Minuten speichern. Zum istics“ am Institut für Anglistik, Ameschnellen Rechnen eignen sie sich rikanistik und Keltologie hat rund bisher allerdings weniger, da die in- 400 Kommentare auf Mama Zimbis ternen Prozesse vergleichsweise Facebook-Fanseite analysiert. Im langsam ablaufen. Physiker der Uni- Mittelpunkt stand, wie es in den Posversitäten Bonn und Cambridge um tings um die Höflichkeit bestellt ist. Prof. Dr. Michael Köhl haben daher „Obwohl in Ghana das traditionelle beide Bausteine, qDots und Ionen, Rollenverständnis von Mann und zur Teamarbeit verdonnert. Experten Frau weit verbreitet ist, gibt es keine sprechen auch von einem Hybrid-Sys- typisch männlichen oder weiblichen tem, weil es zwei komplett unter- Kommentare“, stellt Hampel fest. schiedliche Quantensysteme mitein- Tendenziell würden Frauen in ihren ander kombiniert. Damit sind die Kommentaren jedoch eher gut geForscher auf dem Weg zum Quanten- meinte Ratschläge geben und den computer einen wichtigen Schritt vor- Höflichkeitsnormen folgen. Männer angekommen. sehen das Forum dagegen eher als kompakt Die Nahrungsmittelproduktion kann nur mit der wachsenden Weltbevölkerung Schritt halten, wenn neue Ideen und Entwicklungen für einen effizienteren Umgang mit knappen Ressourcen sorgen. Deshalb fördert das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) „Grüne Innovationszentren“. Das Zentrum für Entwicklungsforschung der Universität Bonn (ZEF) wird diese Zentren zusammen mit afrikanischen und indischen Partnern wissenschaftlich begleiten. Es wird mit insgesamt etwa 6,6 Millionen Euro gefördert. Rund 800 Millionen Menschen weltweit leiden immer noch unter Hunger, dabei wird so viel Nahrung produziert wie noch nie. Die neue Initiative soll Abhilfe schaffen: Insgesamt eine Milliarde Euro jährlich möchte das Ministerium in das Son- Foto: ZEF/Uni Bonn ZEF begleitet „Grüne Innovationszentren“ forsch 2-3/2015 universitätbonn 19 Foto: RWTH Aachen FORS CHEN Ein Roboter für Katastrophensituationen EU fördert „Centauro“ mit mehr als vier Millionen Euro 5Designstudie des Centauro-Roboters Wenn es für Menschen zu gefährlich wird, sollen Roboter ihren Job erledigen. Um eine solche Maschine zu entwickeln, haben Forscher der Universität Bonn Fördermittel in Millionenhöhe eingeworben. Die Europäische Union fördert das Projekt „Centauro“ in den nächsten vier Jahren mit rund 4,1 Millionen Euro. Der Roboter erinnert in der Tat an einen Zentaur: Kopf, Oberkörper und Arme sehen einem Menschen sehr ähnlich, darunter befindet sich eine Art Pferderumpf. Mit ihren vier Beinen soll sich die Maschine auch in Schuttflächen und auf sonst sehr unzugänglichem Terrain fortbewegen können. „Überall, wo es in Katastrophensituationen für Menschen zu gefährlich ist, soll der Centauro-Roboter Einsatzkräfte unterstützen“, sagt Koordinator Prof. Dr. Sven Behnke, Leiter des Instituts für Informatik VI und der Arbeitsgruppe Autonome Intelligente Systeme. Gute handwerkliche Fähigkeiten Hinsichtlich seiner Größe und seiner handwerklichen Fähigkeiten soll Centauro dem Menschen in nichts 20 forsch 2-3/2015 universitätbonn nachstehen: Zum Beispiel für die Entnahme von Proben, für die Reparatur defekter Anlagen oder für die Bergung wichtiger Gegenstände soll der Roboter ganz normale Werkzeuge gebrauchen können. Geplant ist, dass die Steuerung durch Personen erfolgt, die sich außerhalb der Gefahrenzone befinden. Mit Hilfe geballter Computertechnik soll die Person, welche die Maschine lenkt, in die Einsatzumgebung vor Ort versetzt werden: Über eine Datenbrille sind in Echtzeit Bilder und Töne von der Katastrophenstelle zu sehen und zu hören. Mit einem Ganzkörperanzug, einem so genannten Exoskelett, werden nach den Plänen zum Beispiel die Armbewegungen des Menschen beim Geräteeinsatz eins zu eins auf den Roboter übertragen. Wenn also die Bedienungsperson im Kontrollraum eine Bewegung zum Lösen einer Schraube ausführt, tut dies gleichzeitig auch Centauro. Umgekehrt können über dieses Exoskelett Kräfte übertragen werden. Der Mensch „fühlt“ dann zum Beispiel genauso, wie fest eine verrostete Schraube sitzt, wie der sich vor Ort damit abmühende Roboter. Komplexe Bewegungsabläufe „Eine große Herausforderung ist es, detaillierte Modelle der Einsatzumgebung aus den Messungen der Robotersensoren zu erstellen“, sagt Prof. Behnke. Außerdem sei angesichts der zahlreichen Robotergelenke die Generierung komplexer Bewegungsabläufe in Echtzeit schwierig. Nicht zuletzt müsse erforscht werden, wie Mensch und Roboter effizient im Team zusammenarbeiten. Die Forschergruppe der Universität Bonn, die bereits bei zahlreichen Fußball- und Serviceroboter-Weltmeisterschaften gesiegt hat, stellt ihre Erfahrungen vor allem für die Entwicklung der selbständigen Fortbewegung und der Fingerfertigkeit von Centauro zur Verfügung. An dem Vorhaben sind sieben weitere Projektpartner aus Deutschland, Italien und Schweden beteiligt. JOHANNES SEILER FORS CHEN Die Vermessung der Milchstraße Grafik: Ana Bonaca/Yale University nördlichen Sternenhimmels angefertigt mit Daten des Sloan Digital Sky Surveys Helmholtz-Institut für Strahlen- und Kernphysik der Universität Bonn. Mit den neuesten Daten des Sloan Digital Sky Surveys konnte der Palomar5-Sternstrom nun so genau vermessen werden, dass die Forscher regelmäßige Dichteschwankungen entdecken konnten. Diese wurden 2010 von Küpper mithilfe von numerischen Simulationen vorhergesagt, als dieser seine Promotion an der Uni Bonn anfertigte. Die Forscher erzeugten mehrere Millionen Modelle des Palomar-5-Stroms mithilfe eines Supercomputers und verglichen sie mit den Beobachtungen am Himmel. Mit ihrer neuen Waage erreichten sie eine Präzision von bisher unerreichten 20 Prozent und bestimmten damit das Gewicht der Milchstraße in Sternen und Gas innerhalb eines Radius von 60.000 Lichtjahren: Es entspricht 210 Milliarden Mal dem Gewicht der Sonne. KRANKHEITSÜBERTRÄGER Wissenschaftler der Universitäten Bonn und Leipzig sowie des MaxPlanck-Instituts für biophysikalische Chemie in Göttingen haben einen Ansatzpunkt für ein neuartiges Insektizid entdeckt. Damit könnten sich möglicherweise auch Überträger etwa von Malaria und DengueFieber in Schach halten lassen, die durch die Erwärmung des Weltklimas immer weiter auf dem Vormarsch sind. Insekten verfügen über ein Außenske- „Wir haben herausgefunden, dass das lett aus Chitin, das vor mechanischen sogenannte Obstructor-A dabei eine Einflüssen bewahrt und dafür sorgt, Schlüsselfunktion einnimmt“, berichtet Erstautorin Yanina-Yasmin Pesch, dass unter anderem giftige Stoffe und Bakterien nicht eindringen können. Doktorandin am LIMES-Institut. Das Die Hautzellen unter dem Außenske- Protein Obstructor-A bindet und ordlett sondern ein Sekret ab, das diese net Chitin, sodass es den SchutzpanSchutzschicht produziert. „Bislang zer stabilisieren kann. Blockierten die Forscher in den Taufliegen das Obstwar noch nicht verstanden, welche Auf- und Abbauprozesse dafür sorgen, ructor-A, konnte der schützende Chitinpanzer nicht korrekt ausgebildet dass diese schützende Schicht ihre Funktion erhält“, sagt Privatdozent werden. „Die Tiere starben bereits im Dr. Matthias Behr, der langjährig am Larvenstadium“, sagt Pesch. Die WisLIMES-Institut der Universität Bonn senschaftler gehen davon aus, dass arbeitete und vor kurzem nach Leip- dieser „Schalter“ bei allen Insekten vorkommt. zig gewechselt ist. 5Drosophila- Fliegen: Fehlt den Tieren Obstructor-A, sterben sie bereits im Larvenstadium ab. kompakt LEBENSMITTELAMPEL Sollen Lebensmittel mit Ampelsymbolen zur verständlicheren Information über gesundheitsrelevante Inhaltsstoffe ausgezeichnet werden? Diese Frage ist nach wie vor umstritten. Wissenschaftler haben Probanden im Hirnscanner bei ihren Kaufentscheidungen beobachtet. „Die Ampelauszeichnung scheint die Untersuchungsteilnehmer dazu zu befähigen, ungesunden Lebensmitteln besser zu widerstehen im Vergleich zu den herkömmlichen Angaben über Gramm- und Prozentwerte der jeweiligen Inhaltsstoffe“, berichtet Prof. Weber vom Center for Economics and Neuroscience (CENs). Die Farben Rot, Gelb und Grün auf den Lebensmittelpackungen wirkten wie ein Verstärker, verdeutlicht Laura Enax vom CENs. „Rot“ symbolisiert zum Beispiel einen hohen Anteil an Fetten, Zucker oder Salz, „Grün“ dagegen einen geringen. Gelb nimmt wie an der Verkehrsampel eine Mittelposition ein. Insgesamt 35 erwachsene Probanden nahmen an der Untersuchung am Life & Brain Center teil. 3Eine Karte des Foto: Yanina-Yasmin Pesch/Uni Bonn Die meisten Menschen kennen ihr Körpergewicht exakt bis aufs Kilo und selbst das Gewicht des Kölner Doms kann man auf wenige Prozent genau bestimmen. Wenn es jedoch um die Masse der Milchstraße geht, versagten bisher alle Messmethoden. Jetzt hat ein internationales Forscherteam eine Methode entwickelt, die einer Präzisionswaage für unsere Galaxie gleicht. Das Team unter Federführung des deutschen Astronomen Dr. Andreas Küpper von der Columbia University in New York (USA) machte sich Sternströme von Kugelsternhaufen zunutze. Diese Sternenströme weisen eine höhere Dichte als ihre Umgebung auf und stechen ähnlich wie ein Kondensstreifen am Wolkenhimmel deutlich heraus. „Ähnlich wie vor 200 Jahren Friedrich Wilhelm Argelander die Astronomie mit seiner ‚Bonner Durchmusterung’ revolutioniert hat, eröffnen uns moderne Surveys völlig neue Möglichkeiten, unser Universum zu verstehen“, sagt Prof. Pavel Kroupa vom forsch 2-3/2015 universitätbonn 21 Foto: sonjanovak, fotolia.com FORS CHEN Virtuelles Treffen mit Edward Snowden Ein Informatiker im Gespräch mit dem Whistleblower Computern riesige Datenmengen übertragen. 4Edward Snowden spricht durch einen Telepräsenzroboter am Center for Information Technology Policy an der Universität Princeton. Wie verschaffen sich Geheimdienste Zugang zu verschlüsselten OnlineDokumenten? In einem persönlichem Treffen diskutierte ein kleiner Expertenkreis diese Frage an der renommierten Princeton University. Das Besondere an dem Treffen war, dass Edward Snowden über eine Video-Live-Schaltung aus seinem russischen Exil an dem Meeting teilnahm. Mit von der Partie war Prof. Dr. Matthew Smith, IT-Sicherheitsexperte an der Universität Bonn. Türen an dem rund vierstündigen Gespräch am Center for Information Technology Policy an der Universität Princeton teilnehmen. Prof. Smith war der einzige Repräsentant aus Deutschland. Der ehemalige Geheimagent Edward Snowden, der vor zwei Jahren die Überwachungspraktiken durch die US-amerikanischen Geheimdienste an die Öffentlichkeit brachte, konnte bei dem Treffen nicht physisch anwesend sein: Die USA fahnden weiterhin mit Haftbefehl nach ihm. Der Telepräsenzroboter „Snobot“ übernahm stellvertretend für den gesuchten Whistleblower die Kommunikation. Von seinem russischen Exil aus steuerte Snowden den Roboter, der mit Kamera, Bildschirm, Mikrophon und Lautsprecher ausgestattet war. Die Einladung an den international renommierten Wissenschaftler für ITSicherheit kam per E-Mail. „Ich dachte schon, es sei eine der üblichen Einladungen zu irgendeinem Workshop. Gerade wollte ich dankend absagen – dann las ich, dass es um ein Gespräch mit Edward Snowden geht“, berichtet Prof. Smith. Ihm war sofort klar, dass er bei dem Treffen Anfang Mai dabei sein wollte. „Es war ganz erstaunlich, wie virtuell präsent Edward bei dem ungewöhnlichen Treffen war und wie lebhaft die Diskussion verlief“, berichtet Prof. Dr. Matthew Smith vom Institut für Informatik 4 der Universität Bonn. Ergriff ein Gesprächsteilnehmer das 22 forsch 2-3/2015 universitätbonn Foto: Matthew Smith 5Weltweit werden Tag für Tag zwischen Wort, konnte „Snobot“ sich zu ihm wenden. Snowden war über die LiveSchaltung auf dem Bildschirm des Roboters zu sehen und sprach die Anwesenden direkt an, als bewege er sich tatsächlich durch den Raum. Eine kleine Geste, die das Gespräch deutlich menschlicher machte. Nur ein knappes Dutzend der führenden IT-Sicherheits- und Verschlüsselungsexperten, ein Journalist und ein Jurist durften hinter verschlossenen Die Einladung fast abgesagt Um einen offenen Diskurs zu fördern, fand das Gespräch unter dem „Chattam House rule“ statt: Es darf über das gesprochen werden, was gesagt wurde – nicht jedoch darüber, wer was gesagt hat. Der IT-Experte nahm aus dem Gespräch zahlreiche Erkenntnisse mit an die Universität Bonn, die er in einer aktuellen Sonderstunde seiner Vorlesung „Usable Security and Privacy“ auch an die Studierenden weitergab. FORS CHEN Held oder Verräter? Über die Frage, ob Edward Snowden ein Held oder Verräter ist, wird in letzter Zeit viel diskutiert. „Mein Eindruck ist, dass in der Tech-Gemeinde die meisten ihn eher als Held wahrnehmen. Dies zeichnet sich besonders im Ost-/Westküsten-Vergleich in den Vereinigten Staaten ab. Amerikaner an der Westküste, wo sich auch das Silicon Valley befindet, scheinen ihn häufiger als Held zu sehen. Hingegen Washington DC nahe Ostküstler sehen ihn häufiger deutlich zwiespältiger“, schildert Prof. Smith. Persönlich zolle er Snowden großen Respekt: „Edward hat sehr viel riskiert, um auf die Massenüberwachung durch Geheimdienste aufmerksam zu machen. Als Preis dafür wird er kein normales Leben mehr führen können.“ Trotz des großen Drucks bleibe der Whistleblower seinen Prinzipien treu, wirke sehr besonnen und interessiert. zen auch in Deutschland an: „Es muss viel mehr in die Erforschung und Ausstattung der defensiven IT-Sicherheit investiert werden. IT ist mit jedem Aspekt unseres Lebens verwoben. Ich halte es für fahrlässig, dass Geheimdienste unsere Infrastrukturen bewusst unsicher machen, um spionieren zu können. In meiner Einschätzung haben wir dadurch mehr zu verlieren als zu gewinnen. Wir verlassen uns viel zu sehr darauf, das schon nichts Schlimmes passieren wird.“ 6Prof. Dr. Matthew JOHANNES SEILER Prof. Smith sieht die Ereignisse der letzten Jahre differenziert: „Ich weiß, dass die Geheimdienste nicht in böser Absicht handeln. Die Mitarbeiter wollen in erster Linie ihre Nationen sicherer machen. Allerdings sind gute Absichten kein Garant für ein gutes Auskommen.“ Es ist wichtig darüber zu diskutieren, welche Grenzen es bei der Überwachung geben muss. Nach dem Gespräch mit Edward Snowden spricht der Informatiker Konsequen- Smith vom Institut für Informatik 4 Zur Person: Matthew Smith, am 9. August 1978 in Lahn-Gießen geboren, ist seit 2013 Prof. für Usable Security and Privacy an der Universität Bonn. Er studierte Technische Informatik in Siegen und promovierte in Marburg. Prof. Smith befasst sich insbesondere mit den menschlichen Aspekten von IT-Sicherheitssystemen. Foto: privat Die wichtigste Botschaft: Es gibt zwar keine sicheren Systeme – aber Verschlüsselung hilft. GPG mit einem 1024 bit Schlüssel scheint nicht etwas zu sein, was die National Security Agency (NSA) über Kryptanalysis bricht. In solchen Fällen greift die NSA auf die Tailored Access Operation (TOA) Abteilung zurück, die sich direkt Zugriff auf Zielgeräte verschafft. „Smartphones und Laptops werden gehackt und die vertraulichen Daten einfach heruntergeladen“, fasst Prof. Smith ein Resultat des Treffens zusammen. Allerdings ist dies für Geheimdienste aufwändiger und erschwert somit die Massenüberwachung. Neues Promotionskolleg NeuroImmunology Else Kröner-Fresenius-Stiftung fördert das Vorhaben mit 750.000 Euro Bis zu 30 Stipendiaten erhalten die Gelegenheit, in einer Doktorarbeit intensiv solche Forschungsfragen zu bearbeiten. Das neue Kolleg startete am 1. Juni und wird von der Else Kröner-Fresenius-Stiftung mit 750.000 Euro gefördert. „In der Wissenschaft wird zunehmend erkannt, dass immunologische Prozesse für neurologische Erkrankungen von großer Bedeutung sind: Das gilt für Multiple Sklerose genauso wie für Hirntumore, Alzheimer und Epilepsien“, sagt Prof. Dr. med. Albert Becker vom Institut für Neuropathologie, der zusammen mit Prof. Dr. med. Michael Hölzel vom Institut für Klinische Chemie und Klinische Pharmakologie das Promotionskolleg koordiniert. wollen wir die Ausbildung junger Wissenschaftler in dieser Disziplin stärken, die wir so dringend benötigen, um diese Forschung weiter voranzutreiben.“ Die ersten Stipendiaten nehmen nun ihre wissenschaftliche Ausbildung auf. Mit dem Else Kröner-Fresenius-Promotionskolleg arbeiten hochkarätige Einrichtungen wie der Sonderforschungsbereich „Synaptic Micronetworks in Health & Disease“ und das Exzellenzcluster „ImmunoSensation“ zusammen. Diese Partner sorgen für spannende Themenfelder an der Front der Forschung, modernste Infrastruktur und eine sehr gute Betreuung durch international ausgewiesene Arbeitsgruppen. „Wir stehen auf der Schwelle zu völlig neuartigen Therapien“, sagt Prof. Hölzel. „Mit dem Promotionskolleg Informationen im Internet: www.bonnni.de www.ekfs.de/de/start.html JOHANNES SEILER Foto: Katharina Wislsperger/UKB Das Immunsystem ist an zahlreichen neurologischen Erkrankungen – wie Alzheimer, Hirntumoren und Epilepsien – beteiligt. Solche Zusammenhänge sollen im neuen Promotionskolleg ‚NeuroImmunology’ an der Medizinischen Fakultät untersucht werden. 5Prof. Dr. med. Michael Hölzel (links) und Prof. Dr. med. Albert Becker (rechts) mit den ersten Stipendiaten des neuen Promotionskollegs NeuroImmunology forsch 2-3/2015 universitätbonn 23 LERN EN UND LEHRE N Perspektive: Olympische Spiele Studierende Spitzensportler an der Uni Bonn 6Die Rennradlerin Mieke Kröger (l.), der Fechter Dominik Schoppa und die Hochspringerin Alexandra Plaza sind auf sportlichem Erfolgskurs – zu ihrem Alltag gehören aber auch Lehrveranstal- „Viva sua Paixão – Lebe deine Leidenschaft“ ist Motto der Olympischen Sommerspiele 2016 in Rio de Janeiro. Schneller, sprungkräftiger, treffsicherer zu sein als andere, hat für Studierende ihren Preis: Der Spagat zwischen Uni und Spitzensport fordert in der Tat Leidenschaft, aber auch Organisationstalent. Die Sporttasche unter der Hörsaalbank fürs Training nach der Vorlesung ist nicht immer eine Option. Spitzensportler an der Uni Bonn für einen Fototermin zusammen zu holen, ist gar nicht so einfach: Unter ihnen sind erfolgreiche Teilnehmer an Welt-, Europa- und Deutschen Meisterschaften in offenen und Juniorenklassen – und irgendwer ist immer zu einem Wettbewerb unterwegs oder im Trainingslager. Derzeit hat die Universität sogar Hoffnungsträger für die Olympischen Sommerspiele in Rio de Janeiro 2016 unter ihren Studierenden. Wie schaffen sie den Spagat zwischen Studium und Karriere im Spitzensport? tungen und Prüfungen. Wer ist überhaupt Spitzensportler? „Angehörige eines Bundeskaders“, erklärt Sandra Schramm, Leiterin der Zentralen Studienberatung und Ansprechpartnerin. „Eine Verpflichtung, sich bei uns zu melden, besteht natürlich nicht.“ Sie vermittelt, wenn studierende Spitzensportler eine flexiblere Studienplanung oder Urlaubssemester zur Vorbereitung auf Wettkämpfe und Meisterschaften brauchen. „Aber bei uns gilt nicht das amerikanische System ‚Sport geht vor‘: Hier müssen Studienleistungen erbracht und Module nachgeholt werden – nur Form und Zeit sind verhandelbar.“ Blut, Schweiß und Tränen? Foto: Volker Lannert Verletzt waren die jungen Athleten unabhängig von der Sportart alle schon mal. Aber wie steht es generell mit „Blut, Schweiß und Tränen“: Gelten die eher Training und Wettkampf oder den Mehrfachbelastungen im Alltag? Das ist unterschiedlich. Einig sind sie sich: Auf der Strecke bleibt der Kontakt mit anderen Studierenden. Nach Vorlesung oder Seminar wird trainiert, und oft hat man keine Zeit. „Wenn ich Einladungen immer absagen muss, kommen irgendwann keine mehr“, fasst Dominik Schoppa zusammen, mit 19 Jahren der Jüngste in der Runde. 24 forsch 2-3/2015 universitätbonn Sonst kommt der Fechter im zweiten Semester English Studies und Medienwissenschaft bisher ganz gut zurecht: „Das Studium gehe ich gelassener und ruhiger an als den Sport. Man hofft jedes Semester, dass wichtige Kurse zeitlich günstig verfügbar sind.“ Bei den Dozenten erlebt er un- LERN EN UND LEHRE N terschiedliche Toleranz, manche würden überraschend nett auf Abmeldungsmails antworten und nach einem Wettkampf nachfragen. Oder er kam doch noch in ein Tutorium. Das Fechten hat er schon mit neun Jahren begonnen, er ist im Junioren-Bundeskader, mehrfacher Deutscher Meister und war Dritter bei der Junioren-Europameisterschaft. Er trainiert im Bonner Sportpark Nord: Für den Weg zur Olympiade muss er die Aufnahme in die Aktiven-Mannschaft schaffen, die auf den Weltcups antritt. Das haben die Älteren wie Florettfechterin Franziska Schmitz bereits geschafft. Sie ist U23 Vize-Europameisterin und Weltcup-Teilnehmerin. Für ihr Studium der Humanmedizin im sechsten Semester wurde sie zur Pendlerin. Das sei anstrengend, aber sie ist zufrieden: „In Bonn lebe ich und bin während der Vorlesungszeit ein bis zwei intensive Tage an der Uni, an drei bis vier Tagen in Tauberbischofsheim beim Bundestrainer.“ Aber auch die Unitage sind keine Sport-Auszeit, dann trainiert sie vor Ort und an den Wochenenden in Köln am Olympiastützpunkt. Mehr Stress erlebe sie im Studium: Selbst, wenn alles ins kleinste Detail vorausgeplant und organisiert ist, kämen immer wieder wichtige Termine dazwischen. Sie wünscht sich eine offizielle Regelung, die auch Medizinern ermöglicht, Fehltermine durch andere Leistungen auszugleichen. „Mein Studium strecke ich notgedrungen. In den vergangenen Semesterferien habe ich meine Famulatur in einer Praxis in Tauberbischofsheim absolviert, um nebenbei beim Bundestrainer trainieren zu können“, erzählt sie. „Ich hatte überlegt, nach dem Physikum nach Würzburg zu wechseln, also näher dran. Aber in Bonn habe ich an der Universität, über den Olympiastützpunkt, den Verein und die Sportstiftung NRW mehr Unterstützer gefunden.“ Das Rennrad von Mieke Kröger trägt noch die Startnummer 144 – am Wochenende war die Juniorenweltmeisterin und zweifache Europameisterin bei einem Wettbewerb in den Niederlanden. „Zur Zeit sieht es gut aus: Die Hälfte der Qualifikation für Olympia ist geschafft“, sagt sie. Ihr Stand- Foto: Ulrike Eva Klopp Unitage sind keine Sport-Auszeit ortvorteil: Sie trainiert in und um Bonn, das wertvolle Rad steht unter ihrem eigens gebauten Hochbett. „Trotzdem wird es im Alltag dann und wann schwierig.“ Jetzt im zweiten Semester Ernährungs- und Lebensmittelwissenschaften will sie die Uni öfter von innen sehen als im ersten und Klausuren schreiben. Auch wenn sie schon mal zu hören bekam, entweder wolle sie studieren oder Rad fahren, durfte sie zum Beispiel nicht nur alle 14 Tage, sondern in jede wöchentliche Gruppe einer Übung gehen. „Hier wurde ich sehr gut aufgenommen und es wird sich gut um mich gekümmert.“ Die Hochspringerin Alexandra Plaza haben viele Bonner schon mal gesehen: als großformatiges „Perspektivteam Rio“-Bild auf einem Bus. Die Leichtathletin überspringt mit 1,88 Meter locker ihre eigene Scheitelhöhe. Im Psychologie-Studium hat sie bisher eher entspannte Erfahrungen mit der Doppelbelastung gemacht und sieht sich unkompliziert unterstützt. So konnte sie zum Beispiel eine Klausur mündlich statt schriftlich ablegen und empfand das wie auch die Prüferin als eher angenehm. Matthias Sandten konzentriert sich auf gleich mehrere Sportarten und mag besonders die Vielfalt am Modernen Fünfkampf: Schwimmen, Laufen, Reiten, Fechten, Schießen. Er trainiert zwar in Bonn, sein „Heimatverein“ ist der SSF Bonn e.V. Aber beim ersten Fototreffen war er in Paris, kurz darauf mailte er aus Ungarn vom Weltcup. Der zweifache Deutsche Meister wünscht sich einen flexibleren Prüfungstermin. Aber sonst bewältigt er sein Studium der Rechtswissenschaft im dritten Semester, indem er selbständig den Vorlesungsstoff nacharbeitet. „Das gelingt mir meist gut“, sagt er. „Durchhänger gibt es vor allem, wenn nach einem langen Trainingstag die Augen schneller zufallen als ich die Bücher aufschlagen kann.“ 5Die Fechterin Franziska Schmitz kommt gerade aus Shanghai und musste sich dort nur der amtierenden Olympiasiegerin geschlagen geben. Fünfkämpfer Matthias Sandten ist schon wieder auf dem Sprung – diesmal zu einer Trainingseinheit im Schwimmen. Auch für die Uni ist es ein besonderes Erlebnis, wenn aus ihren Reihen Sieger kommen. Wenn darüber die Studiendauer notgedrungen etwas lang geraten ist: Hochleistungssportler müssen zielstrebig, konzentriert und belastbar sein – Unternehmen wissen das. Gute Perspektiven also auch für den ULRIKE EVA KLOPP Beruf. Um die duale Karriere von Spitzensportlern – Mitgliedern in einem Bundeskader – zu fördern, hat die Uni sich mit starken Kooperationspartnern zusammengeschlossen: dem Olympiastützpunkt Rheinland, dem Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverband, den Schwimm- und Sportfreunden Bonn e.V., und die Akkreditierung als „Partnerhochschule des Spitzensports“ des Deutschen Olympischen Sportbundes ist beantragt. Informationen: www.spitzensport.uni-bonn.de forsch 2-3/2015 universitätbonn 25 LERN EN UND LEHRE N Methodenvielfalt als Pflichtprogramm Foto: Sabine Sielke 25 Jahre Nordamerikastudien an der Uni Bonn 5„Field Trip“ nach New York: Das Nord- amerikastudienprogramm Das transdisziplinäre Nordamerikastudienprogramm wurde vor 25 Jahren schungsorientiert, wir sind national wie international bestens vernetzt und an der Universität Bonn gegründet. Mit der Leiterin Prof. Dr. Sabine pflegen engen Kontakt mit unseren Sielke sprach Johannes Seiler. Foto: Volker Lannert geht auch auf Exkursion. 5Prof. Dr. Sabine Sielke 26 Die Nordamerikastudien praktizieren nicht nur Entsetzen, sondern auch vieden Dialog zwischen den Disziplinen. le virulente Fragen provoziert. In dieWarum? ser Veranstaltungsreihe mit 19 BeiträEs gibt keine wissenschaftliche gen aus Kultur- und SozialwissenschafProblemstellung, die aus der Perspek- ten haben wir diesen Fragen und den tive einer Fachdisziplin allein unter- Folgen und Hintergründen der Ereigsucht werden kann. Dies gilt insbeson- nisse nachgespürt und intensiv mit eidere für so weitreichende Ereignisse nem breiten Publikum diskutiert. Darwie zum Beispiel die wiederkehrenden aus entstand 2002 eine der ersten Finanzkrisen in den USA. Aber auch deutschen wissenschaftlichen Buchkulturelle Ereignisse wie die Publikati- publikationen zu 9/11; 2013 folgte on eines einflussreichen Romans ha- „Beyond 9/11“, das zeigt, wie der Terben vielfältige politische, soziale und roranschlag unseren Blick auf kultuökonomische Effekte, die nur in ihren relle, soziale, politische und ökonomiWechselwirkungen verständlich wer- sche Prozesse verändert hat. den. Die American Studies waren seit ihren Anfängen in den 1930er Jahren Wie hat sich der Studiengang im Lauf eine interdisziplinäre Wissenschaft, der Jahre entwickelt? und mein Vorgänger Lothar HönnigDie „Regionalwissenschaften Nordhausen hat 1990 die Möglichkeit zu amerika“ starteten 1990 mit etwa 35 einer solchen fach- und fakultätsüber- Studierenden; später wurden pro Jahr greifenden Kooperation an der Uni- circa einhundert Magisterstudierende versität Bonn geschaffen. zugelassen. Seit 2007 bieten wir den Masterstudiengang „North American Sie kamen im September 2001 als Studies“ an. Bislang haben die NordNachfolgerin von Herrn Professor amerikastudien der Universität Bonn Hönnighausen an die Universität etwa 1.000 Absolventinnen und AbsolBonn, kurz bevor die Terroranschlä- venten hervorgebracht. ge in den USA weltweit Schlagzeilen machten. Wie haben Sie auf dieses Was sind die besonderen Stärken des Ereignis reagiert? Masterprogramms? Ich habe sofort eine Ringvorlesung Unser interdisziplinärer Studienorganisiert, denn die Anschläge haben gang ist englischsprachig und for- forsch 2-3/2015 universitätbonn Alumni. Methodenreflexion in Forschung und Lehre ist uns eine Selbstverständlichkeit. Unsere Studierenden beschäftigen sich mit Fragestellungen, die komplexe Wechselwirkungen von Kultur, Politik, Ökonomie, Geschichte sowie Sozial- und Rechtssystem beleuchten. In Forschungsprojekten über Phänomene der Populärkultur, Fragen von Migration und Ethnizität oder die Bedeutung der Medien im US-amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf lernen sie multiperspektivisches Arbeiten, das vielerorts gefragt ist. Wie international ist das Programm aufgestellt? Von den aktuell 99 eingeschriebenen Studierenden kommen 22 aus dem Ausland, unter anderem aus China, Russland, dem Iran, Griechenland und den USA. Wir alle profitieren von dieser Internationalität. In welchen Branchen finden die Absolventen einen Arbeitsplatz? Unsere Alumni arbeiten in den Medien, in Kulturinstitutionen, in internationalen Organisationen und globalen Wirtschaftsunternehmen und natürlich auch in der Wissenschaft. Internet: www.nas.uni-bonn.de LERN EN UND LEHRE N Die Zentrale Studienberatung auf Achse Hinter den Kulissen von Info-Veranstaltungen Das Team der Zentralen Studienberatung (ZSB) ist Ansprechpartner für alle Fragen rund ums Studium vor Ort. Wenn die Uni Bonn sich künftigen Studierenden bei Messen und Informationstagen präsentiert, spielt es im wahrsten Sinn des Wortes eine „tragende Rolle“: Dann ist neben der Organisation auch selbst Anpacken gefragt. Heute ist Aufbau in den Messehallen Köln-Deutz. Im Hof steht der blaue 7,5-Tonner der Fahrbereitschaft, die Transportschlange aus dem Keller reißt nicht ab: Regale und Säulenständer für Infomaterial, Technik, Bildwände bis Kartons voller Kleinigkeiten. Damit nichts kippt, muss klug gestaut werden. Dabei unterstützt seit Jahren das Serviceteam die ZSB tatkräftig, vor Ort setzen die Uni-Elektriker den Stand ins richtige Licht. Am Freitag ist reiner Messetag, am Samstag Schichtwechsel der Berater und am späten Nachmittag Abbau. Schon am Montag wird für die vier „Bonner Hochschultage“ die nächste, wenn auch nicht so umfangreiche Fuhre eingepackt – gut, dass im Hauptgebäude Veranstaltungstechnik ständig vorhanden ist. Zusammen mit dem Dezernat Internationales, Dozenten und Beratern aus den Fakultäten sowie dem Bonner Zentrum für Lehrerbil- An G8 angepasste Hochschultage ab Herbst Die Bonner Hochschultage tragen seit 2008 zur passgenauen Studienwahl bei. Seitdem hat sich jedoch die Situation an den Schulen verändert: „G8 lässt den Schülern wenig Zeit, in einer Klausurphase und mitten in der Woche zu kommen, für verschiedene Fächer sogar mehr als einmal. Besonders betroffen sind diejenigen, die nicht direkt aus Bonn sind“, erklärt ZSB-Leiterin Sandra Schramm. „Deshalb haben wir an den Schulen eine Umfrage gemacht und bieten im November an zwei Samstagen noch einmal Hochschultage nach einem neuem Konzept an mit ausreichend Gelegenheit, sich über mehrere Studienfächer zu informieren. Ab 2016 werden die Hochschultage dann immer samstags und im November stattfinden.“ Für die Fächer selbst bedeuten solche Präsentationstage ebenfalls Aufwand und einen großen Einsatz, der sich jedoch lohnt: Gut informiert ein Studium zu beginnen, stärkt die Motivation und hilft, „Ersti“-Frust zu ULRIKE EVA KLOPP vermeiden. 3Noch ist längst nicht alles im Transporter für die „Einstieg“-Messe: ZSB, Serviceteam und Fahrbereitschaft arbeiten Hand in Hand. Weitere Termine 2015 25. Juni: Abi in der Tasche? Kurz vor Bewerbungsschluss für das Wintersemester ist Langer Abend der Studienberatung 14. November: Bonner Hochschultag der Geistes-, Rechts- und Wirtschaftswissenschaften rund ums Hauptgebäude Foto: Ulrike Eva Klopp „Gibt es noch ,forsch‘ zum Auslegen?“ Dr. Cornelia Pfleiderer, die im Team für Messeaktivitäten zuständig ist, hat eine umfangreiche Checkliste. Gleich zwei große Ereignisse stehen bevor – und zwar direkt hintereinander: Die Uni Bonn präsentiert sich bei der Messe „Einstieg“ für Studium und Berufsausbildung in Köln-Deutz, im Anschluss finden die Bonner Hochschultage statt. „Da hat sich viel geändert“, sagt Dr. Pfleiderer, seit 1981 Mitarbeiterin der ZSB. „Früher haben wir Interessenten ausschließlich bei uns im Büro beraten. Dass wir stark nach außen gehen und neue Publikationen wie den Studienkompass herausgeben, hat sich in den letzten fünf bis zehn Jahren entwickelt.“ dung organisiert die ZSB ein vielfältiges Programm für den Blick in Studium und Wissenschaft. Zu den Besuchern gehören Olga Geringer und Elif Aytav, Freundinnen aus Köln. Sie machen erst nächstes Jahr Abitur, wollen sich aber frühzeitig für die Bewerbung in ihren Wunschfächern schlau machen. Eine Mutter sitzt ganz hinten, sie hat ihre Tochter für den Blick ins Jurastudium von der niederländischen Grenze nach Bonn gefahren. 21. November: Bonner Hochschultag der Naturwissenschaften und Medizin in Poppelsdorf Infos unter: www.zsb.uni-bonn.de/infoveranstaltungen forsch 2-3/2015 universitätbonn 27 LERN EN UND LEHRE N Bonner Studenten leisten Nepal-Hilfe Geographen sind Teil eines weltweiten Kartierungsprojekts 4Auch Bonner Geo- im achten Semester, startete einen Aufruf auf der Homepage des Geographischen Instituts und rasch meldeten sich etliche Studierende, die mitmachen wollten. graphie-Studierende sind Teil des Humanitarian OpenStreetMap-Projekts (v.l.): Andreas Graf, Thomas Bette, Mirko Hoy Die Arbeit kann von zuhause aus erledigt werden, Treffen dienen dazu, sich gegenseitig kennenzulernen. Die Freiwilligen nehmen sich jeweils bestimmte Ausschnitte der Satellitenaufnahmen für die Bearbeitung vor: Welche Gebäude, Straßen und Brücken sind zerstört? Welche Routen sind noch befahrbar? „Man kann auch aus der Ferne und ohne finanzielle Mittel als Student wertvolle Hilfe leisten“, sagt Szigeti. „Es ist wunIn einem internationalen Freiwilligenprojekt zur Unterstützung der derbar, Teil eines weltweiten Projekts Erdbebenopfer in Nepal arbeiten auch Geographie-Studenten der zu sein, an dem viele Studenten verUniversität Bonn mit. Sie erfassen die Schäden der Katastrophe anhand öffentlich zugänglicher Satellitenbilder, um die besten Wege für Hilfsliefe- schiedener Hochschulen und weitere Freiwillige beteiligt sind – und eine rungen zu finden und zur Wiedererschließung der Region beizutragen. großartige Gelegenheit für GeograNach dem Erdbeben hatte das Materials aufgerufen. Prof. Dr. Klaus phie-Studierende, die Inhalte ihres „Humanitarian OpenStreetMap Team“ Greve wies in seinem Projektseminar Studiums mit einer so wichtigen Satellitenbilder von Nepal zur Verfü- „Open Data“ auf dieses Non-Profit- Aufgabe zu verbinden.“ JOHANNES SEILER gung gestellt und zur Auswertung des Projekt hin. Martin Szigeti, Student Foto: GIUB/Friederike Pauk und Martin Szigeti. Foto: Stefanie Gastrow Kochen und Musik für die Spendenbox 5„A Song for Nepal“ bei der Eröffnung der Auslandsstudienmesse 28 forsch 2-3/2015 universitätbonn Bei dem verheerenden Erdbeben in Nepal haben auch Studierende des Programms „Agricultural Sciences and Resource Management in the Tropics and Subtropics“ (ARTS) Angehörige und Freunde verloren. Trauer und Betroffenheit über die Katastrophe in ihrem Heimatland haben sie zusammen mit Kommilitonen direkt in Aktionen umgesetzt. Bei einem Vortreffen am Tag nach dem Beben hatte es noch viele Tränen gegeben. Aber die Aussicht, mit gespendetem Geld Organisationen zu unterstützen, die vor allem in den ländlichen Regionen des Erdbebengebiets tätig sind und so Not zu lindern, löste manche Anspannung. Mittel zum Zweck: Kochen. So türmten sich schnell Berge von Momos (Teigtaschen) und anderen nepalesischen Köstlichkeiten auf einem Stand vor dem Hauptgebäude und die Spendenbox füllte sich zusehens. Ebenso bei „Rhein in Flammen“: Dort mussten viele Besucher auf dem Weg ans Ufer am ARTS-Stand vorbei – übermüdete, aber zufriedene Gesichter bei den Akteuren. Und sofort ging die Planung für Folgeaktionen weiter, zum Beispiel bei der Auslandsstudienmesse in traditioneller Kleidung und natürlich wieder mit Spendenbox. Inzwischen sind über 7.000 Euro zusammen. Zwei Studierende können sich unterstützt vom DAAD vor Ort überzeugen, dass die Hilfe der Bonner ankommt. Wer noch helfen möchte: Verein zur Förderung von ARTS, Sparkasse Köln/ Bonn, IBAN: DE78 3705 0198 1981 0085 74 / BIC: COLSDE33XXX, Stichwort: Nepal Relief Fund LERN EN UND LEHRE N Mathestudent „denkt“ in 16 Dimensionen Von „Jugend forscht“ regional in der Uni-Aula zum Bundessieg Drei Dimensionen sind dem jungen Mathematiker Nils Waßmuth nicht genug: Mit seiner Arbeit zu den sogenannten Sedenionen – das sind 16-dimensionale hyperkomplexe Zahlen – qualifizierte der Student sich bei „Jugend forscht“ in der Sparte Mathematik/Informatik nicht nur für das Bundesfinale. Er gewann es auch. Nächste Laienfrage: Und wofür ist das gut? Bei anderen Wettbewerbsbeiträgen wie dem Verletzungsgefahren mindernden „weichen“ Industrieroboter, einem Chemielabor im Kreditkartenformat oder Software, die zur Stundenplangestaltung dient, liegt das eher auf der Hand. „Zur Vorberei- Beim von der Uni Bonn ausgerichteten Regionalwettbewerb „Jugend forscht / Schüler experimentieren“ Anfang des Jahres gehörte Nils Waßmuth Mathematik ist nicht nur Studienfach, sondern wie Judo und Unternehmungen mit Freunden auch Nils Waßmuths Hobby. Von Sedenionen hat er nun allerdings vorerst genug: „Damit habe ich mich zwei Jahre lang beschäftigt. Vielleicht komme ich mal darauf zurück“, sagt er. „Jetzt darf es mal was anderes sein – das Studium bringt mich auf neue Ideen!“ 6Wisch, weg und nochmal: Um Ideen auszuprobieren, mag Nils Waßmuth große Formate wie die klassische Tafel, ein Flipchart – oder für’s Foto eine Fensterscheibe. ULRIKE EVA KLOPP Eva Klo pp „Ich habe eine kompakte Bilinearform hergeleitet. Im Prinzip geht es um die mehrfache Erweiterung ganz normaler Zahlen, bei jeder Erweiterung verdoppelt man die Zahlen. Dabei werden erstaunliche Symmetrien erkennbar, die dreidimensional visualisierbar sind“, vereinfacht Nils Waßmuth und merkt: Im Kopf von Laien bildet sich immer noch ein Fragezeichen. tung auf das Bundesfinale gehörte nun herauszufinden, was der Nutzen meiner Arbeit sein könnte“, sagt Nils Waßmuth. Eventuell im Bereich der Quantencomputer? Auch seine Präsentation hat er nochmal verbessert: nicht mehr handschriftlich, in größerem Format – und auch ein hartnäckiger Rechtschreibfehler ist weg. Bisher war sein Thema, für das er sich schon vor dem Abi in Details der Zahlentheorie deutlich jenseits des Schulstoffes eingearbeitet hat, einfach Freude an Herausforderungen: „Schulmathe ist nur ein Tropfen im Meer der Mathematik“, sagt er und lacht. Foto: U lrike „Zurück zu den Wurzeln. Die primitiven Nullteiler der Sedenionen“ heißt Nils Waßmuths Arbeit. Die fachkundigen Juroren sowohl im Regional-, Landes- und nun sogar dem Bundeswettbewerb Jugend forscht zu überzeugen, ist dem Mathematikstudenten im zweiten Semester bravourös gelungen: Er habe Zusammenhänge wunderbar anschaulich dargestellt. Aber auch Interessierte mit wenig Ahnung von Mathe fragen, was er da eigentlich macht – Familie, Freunde oder auch Standnachbarn bei den Präsentationen. zu den ältesten Teilnehmern, die jüngsten waren sieben Jahre. „Das ist sehr früh – aber auf jeden Fall eine gute Übung, ein Thema auszuarbeiten und in Messeatmosphäre zu präsentieren“, findet er. Hätte er selbst sich vorstellen können, schon früher teilzunehmen? Wettbewerbserfahrung sammelte er zuvor bei Mathe-Olympiaden auf Schul- und Landesebene und ist heute als Dozent bei deren Akademien aktiv. „Ja, aber da fiel mir noch kein passendes Thema ein.“ 50Jahre 2015 Der Wettbewerb Jugend forscht feiert in diesem Jahr 50. Jubiläum. Die Universität Bonn ist nach wie vor die einzige Hochschule in Nordrhein-Westfalen, die sich auf diesem Feld als Pate engagiert, sie richtet in ihrer Aula als „Messehalle“ den Regionalwettbewerb aus. Informationen im Internet: www.jugend-forscht.uni-bonn.de forsch 2-3/2015 universitätbonn 29 W E I TE W E LT „Spezialeffekte“ eines Auslandsaufenthalts Praktikum im Ausland schon etwas Beherztheit. Auf Platz zwei kam „Grenzen überschreiten – der Mut Effekt“ von Lisa Krimphove, auf Platz drei „Together you can ride to the world‘s end“ von Puya Etessami Pour. Diese und alle anderen Bilder waren bei der diesjährigen Auslandsstudienmesse „mitWIRKUNG international“ zu sehen. Wer die Fotoausstellung verpasst hat, findet sie zusammen mit Informationen zu einem Auslandsaufenthalt unter: www.auslandsstudien-messe. uni-bonn.de/fotowettbewerb BLOG: TEILCHENPHYSIKSHOW IN ITALIEN Initiiert von Prof. Herbi Dreiner stellen Bonner Studierende seit mittlerweile 13 Jahren einen Publikumsmagneten auf die Beine: die Physikshow. Traditionsgemäß entwerfen Erstsemester mit Unterstützung der Älteren das Konzept für die nächste Show, unterstützt von Michael Kortmann. Nach „Gastspielen“ außerhalb Deutschlands war die Teilchenphysikshow im Frühjahr auch in Italien und zeigte bei vier Auftritten in Padua und Triest unterhaltsam die komplizierte Welt dieser Wissenschaft. Die Studierenden Julia Hampel, Jana SchüllerRuhl und Timo Heepenstrick waren dabei und berichten in einer mehrteiligen Folge im Newsblog, was Auftritte auf fremden Bühnen so spannend macht und warum es mittlerweile niemanden mehr wundert, wenn zwei Transporter bis unters Dach mit Experimenten gefüllt sind. www.aktuell.uni-bonn.de/ physikshow-1 LEHRWERK FÜR INTERNATIONALE STUDIERENDE Warum bemüht sich ein Bonner Doktorand der Geographie um ein Deutschlehrbuch für Ingenieure? Weil es bisher offenbar niemand getan hat. Stefan Kurzmann stieß in Kasachstan auf diese Lücke. 5Siegerfoto: Mit ERASMUS auf Norwegens berühmtem „Preikestolen“ 4Immer wieder neues Programm auf neuen Bühnen: die Teilchenphysikshow 30 forsch 2-3/2015 universitätbonn Foto: Physikshow Uni Bonn Foto: Eva Winkens Foto: Ulrike Eva Klopp Das Besondere, eine spezielle Wirkung eines Auslandsaufenthalts in Szene zu setzen war Aufgabe bei dem Fotowettbewerb „Special effects of my stay abroad“, ausgerufen vom Dezernat Internationales. Das Siegerfoto ohne Titel nahm Eva Winkens bei einem ERASMUS-Austausch in Norwegen auf. Sich auf dem berühmten Preikestolen – dem „Predigtstuhl“ in Südnorwegen – bis an die Kante zu wagen oder gar die Beine über 600 m Tiefe baumeln zu lassen, braucht wie der Blick über den Tellerrand bei einem Studium oder Im Zuge seiner Dissertation zu Deutschlernern brachte der Promovend ein Lehrbuch für MINT-Fächer, speziell für Ingenieure, mit auf den Weg. Mit seiner Idee gewann er zwei erfahrene Lektoren des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) als Autoren sowie das Interesse des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) und des Verlags Springer Vieweg. Als Projektkoordinator kümmert Kurzmann sich auch um das Marketing und erhielt erfreute Reaktionen von Deutschlektoren aus verschiedenen Ländern: In Indien und Indonesien begrüßt man das neue Lehrmaterial für das Pflichtpraktikum dortiger Studenten ebenso wie für Studierende in Vietnam, China oder Brasilien. W E I TE W E LT Wie ein Wikinger auf Entdeckungsreise Bonner Student ist heute Professor in Norwegen Ein Auslandsstudium bringt immer etwas – und manchmal findet man dabei sogar eine neue Heimat. Michael Schulte zum Beispiel lebt, lehrt und forscht heute im südnorwegischen Kristiansand an der Universität Agder. Zurück in Bonn unterrichtete Schulte als Tutor Isländisch. Auch als er gemeinsam mit seinem Professor ein Buch von Gunnar Gunnarsson in dieser Sprache las, hatte der Student einen Vorsprung. „Ein entspannter Rollentausch“, meint er. Sowieso sei Dr. Heinrich Beck für ihn genau der Richtige gewesen, ein Professor der alten Schule, ruhig und gründlich. Und er schickte ihn zur Vorbereitung der Habilitation nach Norwegen. „Michael Schulte hat seine Chance ergriffen – die Norweger aber auch“, kommentiert Lehrer und Doktorvater Beck heute. Er rechne seinem Absolventen hoch an, dass er offensichtlich den rechten Ton gefunden habe, denn Norwegen sei seit der Besetzung durch die Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg für Deutsche zunächst ein schwieriges Pflaster gewesen. „Nur mit einem früheren Kollegen und Nachbarn bin ich noch am letzten gemeinsamen Abend in Sachen Vergangenheitsbewältigung aneinander geraten“, sagt Michael Schulte. „Sonst gelten Deutsche heute als fleißig und zuverlässig, und ich erlebe hier in Südnorwegen freundlichen Respekt.“ Flache Hierarchien: „Du kannst kommen!“ Kristiansand – die „norwegische Riviera“ zwischen Meer, Schären, Strand und Bergen – weckt Urlaubsträume. Die Universität ist eine der großen des Landes und Bonner ERASMUS-Partner. Hierher kam Michael Schulte 1998 zunächst als DAADLektor für Germanistik. „Der Dekan dort hielt ähnlich wie Prof. Beck in Bonn seine Hand über mich“, erzählt er. „In den Jahren, die ich als PostdocStipendiat in Agder und danach Professor an der Hochschule im westnorwegischen Volda war, hat er eine auf mich zugeschnittene Stelle geschaffen. Dann meldete er sich: ‚Es ist so weit – Du kannst kommen!‘“ Schultes E-Mail-Signatur zeigt: Norweger sind lässig mit akademischen Titeln. Dabei ist er nicht nur Lehrstuhlinhaber an der Universität in Kristiansand, 2014 erhielt er auch den höchsten Forschungspreis in Norwegen, den Fridtjof Nansen-Preis der Akademie der Wissenschaften in Oslo. Einen Namen machte er sich besonders als Erforscher der Runen und ihres Alphabets, dem „Futhark“: altgermanischen Schriftzeichen und jüngeren der Wikingerzeit, auf großen Steinblöcken ebenso wie auf Holzstäben und Amuletten geritzt und gemeißelt. 53In Stein gemeißelt wie hier Runen von etwa 350 - 500 n. Chr. auf dem Hoggarvik-Stein aus Arbeit im „Hjemmekontor“ Mit der forsch-Redaktion telefoniert Michael Schulte im „Hjemmekontor“, seinem Büro zu Hause. Hier bereitet er Veranstaltungen vor und fügt seiner langen Publikationsliste zusammen mit einer großen Arbeitsgruppe eine neue hinzu: die mehrbändige „Norsk Språkhistorie“ zur norwegischen Sprachgeschichte. Dabei verbindet er Sprachräume: „Als ich mich in Bonn bei Dozenten mit dem Wunsch vorstellte, Skandinavistik und Indologie zu studieren, hörte ich: Vergessen Sie das, so viele Sprachen kann man doch gar nicht schaffen.“ Auch wenn das Studium ein bisschen länger dauerte: Er konnte – und ist heute im norwegischen Radio in einer Sendung zum Indogermanischen und frühen Urnordischen zu hören. Südnorwegen und auf dem Bildschirm: Runen Fotos: Jan Arve Olsen In Michael Schultes Bonner Jahrgang war es noch nicht so üblich wie heute, eine Zeit im Ausland zu verbringen. Skandinavisten gingen zwar in den Norden. „Aber als ich nach dem Grundstudium der Historischen Sprachwissenschaft an die Uni Reykjavik kam, war Island noch etwas Exotisches“, sagt der heute 51-Jährige und lacht: „Wir waren dort nur drei Deutsche und fühlten uns ein bisschen wie Wikinger – wir eroberten Neuland.“ speziell der Wikingerzeit sind das Forschungsgebiet von Prof. Michael Schulte in Norwegen. Als Gruß an den Rhein mailt der Alumnus ein Video: Polarlichter, aufgenommen und vertont von seiner Frau Ragnhild S. Nilsen. Die Sängerin und Komponistin, Video- und Performance-Künstlerin hat sich ihrer Heimat ebenso verschrieben wie ihr deutscher Mann dem Norden. So klingt der Beginn seiner Lehrveranstaltungen „Hallo, heute beschäftigen wir uns mit…“ ganz selbstverständlich so: „Hei, i dag tar vi for oss…“ Und das Ende „Vi ses neste gang!“ Wir sehen uns in der nächsten Stunde! ULRIKE EVA KLOPP Über den Tellerrand schauen? Bonner Partneruniversitäten und Programme weltweit: www.uni-bonn.de/ internationales forsch 2-3/2015 universitätbonn 31 Foto: Ulrike Eva Klopp W E I TE W E LT 5Christine Schuy (l.) und Meike Fernbach von der Bonner Lokalgruppe. „Studieren ohne Grenzen“ unterstützt Stipendiaten Was passiert mit universitärer Bildung in von Krisen und Krieg geprägten Regionen – wie kann man helfen? Die bundesweite Initiative „Etudes Sans Frontières – Studieren ohne Grenzen Deutschland e.V.“ hat auch an der Bonner Uni seit fünf Jahren eine Lokalgruppe. Derzeit unterstützt sie vor allem Studierende an der Universität Herat in Afghanistan. in Afghanistan, der Demokratischen Republik Kongo, Tschetschenien und Sri Lanka. Christine Schuy ist Doktorandin in der Neurobiologie und koordiniert die Bonner Lokalgruppe. „Dass es an der Uni Bonn auch ‚Studieren Ohne Grenzen‘, kurz SOG, gibt, war ein dicker Pluspunkt für den Wechsel von Konstanz hierher“, sagt sie. „Aber im vergangenen Jahr haben wir ziemlich ackern müssen, um die Lokalgruppe wieder hochzufahren – wie bei allen Studierenden-Initiativen herrscht Fluktuation.“ Derzeit bilden neun ehrenamtliche Mitglieder aus Fächern von Asienwissenschaften über Medizin bis Politik den „harten Kern“, zusammen mit den Lokalgruppen Konstanz und Stuttgart arbeiten sie vor allem im Afghanistan Projekt. Dieses Engagement wird übrigens für das Zertifikat Internationale Kompetenz des Dezernats Internationales angerechnet. Kooperationspartner sind die staatliche Universität in Herat und die Nichtregierungsorganisation „Help – Hilfe zur Selbsthilfe e.V.“. Die Sicherheitslage in Herat ist für Afghanistan verhältnismäßig stabil, ein geregelter Hochschulalltag möglich. Die Stipendiaten werden vor Ort gefördert, denn neben ihrer persönlichen Bildung sollten Bewerber nicht nur Ideen für den Wiederaufbau ihres Landes haben, sondern auch eine konkrete Vorstellung für ihren eige- 32 forsch 2-3/2015 universitätbonn nen Beitrag dazu. Monatlich erhalten sie bis zum Abschluss ihres Studiums etwa 5.300 Afghani (75 Euro). Das klingt wenig – aber dieser Betrag ermöglicht es manchen, überhaupt eine Universität zu besuchen. Außer Ansprechpartnern vor Ort haben alle Stipendiaten persönliche Betreuer in Deutschland. Skype-Kontakt trotz Zeitverschiebung und Stromausfall Die ersten Stipendiaten haben inzwischen ihren Abschluss und unterstützen andere: Ein Absolvent unterrichtet nun zum Beispiel an seiner Uni Englisch. Seine Bonner Betreuerin und er treffen sich weiterhin per Skype – mit Blick auf die Zeitverschiebung zu verabredeten Terminen, in Herat aus dem Internetcafé und manchmal unterbrochen durch Stromausfälle. Meike Fernbach wird nun zum ersten Mal selbst Betreuerin eines Stipendiaten und hat den Kontakt der beiden mit Interesse verfolgt. Sie kam schon als Studienanfängerin zu SOG, angeregt durch afghanische Literatur. „Meine erste Aktion war der Länderabend im Internationalen Club“, erzählt sie. „Das war spannend mit sehr vielen Gästen, die Deutsche Welle war dort und sogar afghanische Medien haben berichtet.“ Der Mitgliedsbeitrag für die studentische Solidarität ohne Grenzen beträgt zwölf Euro pro Jahr – etwa so viel wie eine Pizza mit Getränk kostet. Förderung als Hochschulgruppe und Spenden ergänzen den zentralen „Topf“, der im vergangenen Jahr einen besonderen Zuschuss für das Afghanistan-Projekt erhielt: 4.000 Euro Preisgeld im Wettbewerb ECHT GUT! Baden-Württemberg. „Der bundesweite Verein ist ein Riesenvorteil, sonst hätten wir nicht so viel Material, um auf unsere Sache aufmerksam zu machen“, sagen die Bonnerinnen und zeigen Flyer, Visitenkarten und Banner. Und damit das Rad nicht immer neu erfunden wird, sind die Lokalgruppen vernetzt und die Koordinatoren treffen sich einmal im Jahr. „Wir könnten noch mehr machen. Aber wir sind Studenten – Laien, die auf beiden Seiten eine ganz andere Kultur verstehen und viel organisieren müssen“, sagt Christine Schuy. Deshalb freut sich das Team über Verstärkung, gerne auch bei Homepage-Pflege, Layout, zu rechtlichen Fragen und für eine neue Stipendiaten-Auswahlrunde. „Man muss Phantasie für Aktionen entwickeln und sich trauen, zu fragen: Oft bekommt man mehr Unterstützung als erwartet. Und prominente Gesichter für die Sache zu gewinnen, wäre toll!“ ULRIKE EVA KLOPP Infos: www.studieren-ohne-grenzen. org/lokalgruppen/bonn; Kontakt: [email protected] K U LT U R Unter eigener Flagge in die Welt Zehn Jahre „Bonn University Press“: Bücher in Fakultätsfarben Ein eigener Universitätsverlag? Mit dem Gedanken hatte sich die Universität Bonn schon in den 1990er Jahren beschäftigt. Dazu kam es zwar nicht. Aber Anfang 2005 unterschrieb der damalige Rektor Matthias Winiger einen Kooperationsvertrag mit V&R unipress und begründete damit eine mittlerweile zehnjährige Zusammenarbeit. Jährlich etwa 20 Bände erscheinen heute unter „Bonn University Press“. Da kam die Initiative von V&R unipress wie gerufen: Die Tochter des Verlages Vandenhoek & Ruprecht bietet deutschsprachigen Universitäten die Dienstleistung an, für sie als Universitätsverlag aufzutreten. Die Bonner Bücher werden seitdem in Göttingen bei V&R unipress verlegt, aber ihre Herkunft ist durch das Logo „Bonn University Press“ deutlich sichtbar. Und die farbliche Gestaltung ist von den seit 1853 festgelegten Farben für die Bonner Fakultäten abgeleitet: Die Bücher zeigen sich im Dunkelblau der Philosophen, im Violett der Theologen, im hellen Rot der Mediziner oder im Grün der Landwirtschaft. Weit über 50.000 Seiten Insgesamt 166 Bücher wurden in den letzten zehn Jahren verlegt – umgerechnet ca. 52.500 Seiten. Die letzten über 100 Titel sind auch als e-book verfügbar. Inzwischen liegt die Zahl der Neuerscheinungen konstant bei ca. 20 Bänden pro Jahr, von denen die meisten aus den klassischen Buchwissenschaften kommen. Über die Qualität wacht unter Leitung des Anglisten Prof. Dr. Uwe Baumann ein wissenschaftlicher Beirat, der aus Vertretern aller Fakultäten, der Universitäts- und Landesbibliothek Bonn und des Universitätsarchivs besteht. Er akkreditiert entweder ein einzelnes Buch, das dem Verlag angeboten wird, oder aber eine ganze Reihe, für deren Bände die Herausgeber verantwortlich sind. 18 Schriftenreihen sind so zusammen gekommen. Einzelne wie die „Mamluk Studies“ haben weit über Deutschland hinaus Aufmerksamkeit erregt. Neben Sammelbänden von Tagungen, Dissertationen und Habilitationen gibt es Themenbände von einzelnen Autoren oder kleinen Autorengruppen. Eine Reihe gilt der Universität selbst: die „Bonner Schriften zur Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte“. In bisher sechs Bänden breitet sie die Geschichte der Universität, ihrer Professoren und ihrer Studierenden aus. Ansonsten befassen sich die Bücher mit den unterschiedlichsten Themen der modernen Forschung. So tragen alle Fakultäten zu Bonn University Press bei. Nur eine Farbe fehlt noch: „Angesichts der gründlichen Aufarbeitung ihrer Geschichte mit Blick auf die 200-Jahr-Feier der Universität im Jahr 2018 wird auch das Hellblau der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät sicher bald dabei sein“, ist Universitätsarchivar Dr. Thomas Becker zuversichtlich. FORSCH Kontakt: Prof. Dr. Uwe Baumann, Tel. 0228/73-7623, E-Mail: [email protected] 4Normalerweise stehen diese Bände „Bonn University Press“ in Fakultätsfarben gut geordnet in den Regalen des Universitätsarchivs – und der Stapel misst nicht mal ein Drittel der bisherigen Bände. Foto: Ulrike Eva Klopp In den angelsächsischen Ländern ist ein eigener Verlag eine fast selbstverständliche Einrichtung an Universitäten. An deutschen hat es selten einmal einen gegeben. Auch in Bonn wurde vor gut zehn Jahren auf Anregung eines Verlags die Möglichkeit geprüft, Bücher von Bonner Wissenschaftlern sozusagen „unter eigener Flagge“ in die Welt zu schicken. Aber auch hier zeigte sich, dass ein eigener Wissenschaftsverlag keine Chance hatte: Die Personalkosten wären viel zu hoch. forsch 2-3/2015 universitätbonn 33 K U LT U R Uhrmacher und Rechenmaschinen Schönheit und Technik in Perfektion: Ausstellung im Arithmeum Heutige Rechenmaschinen sind rein funktional oder einfach ein Programm sehen. Ab 2017 ist es dann in Göteborg in einem eigenen Raum des im PC, eine App im Mobiltelefon. Ihre Vorläufer dagegen waren wahre Kunstwerke. Das Arithmeum zeigt bis Oktober in einer Sonderausstellung Stadtmuseums zu besichtigen. einzigartige mathematische Geräte von Uhrmachern des 18. und 19. Ebenfalls Meisterwerke der MeJahrhunderts. Foto: Arithmeum Besonders schöne Beispiele nun erstmals gemeinsam zeigen zu können, ermöglichten das Science Museum London, das Göteborg Stadsmuseum und das Musée Historique Strasbourg. Sie stellten für die Ausstellung Stücke ebenso zur Verfügung wie drei private Sammler. Das Gros kommt aus dem eigenen Bestand des Arithmeums. 5Die Sauter-Rechenmaschine aus dem Stadtmuseum Göteborg gehört zu den Glanzstücken der Ausstellung. Blaise Pascal und Gottfried Wilhelm Leibniz waren faszinierende Erfinder, doch zum Bau von Rechenmaschinen fehlte ihnen das technische Know-how. So wandten sie sich mit ihren Ideen an Uhrmacher, die technische Wunderwerke auf der Höhe der Zeit anfertigten. Bald wurden Uhrmacher selbst zu Erfindern, denen Ausführung und Ästhetik ihrer Rechenmaschinen ebenso wichtig wie die Funktion waren. „Nur wer ihre Kunst kennt, versteht die Stadt Köln. Denn vor allem ihre Kunst hat sie zu einer Metropole der Kultur gemacht.“ Dessen Leiterin Prof. Dr. Ina Prinz hat die Präsentation von langer Hand geplant – die Vorlaufzeit für solche Leihgaben beträgt in der Regel Jahre. Mit etwas Glück kann sie nun tatsächlich jedes einzelne Wunschstück präsentieren. „Die Maschine von Johann Jakob Sauter aus Göteborg hatten wir durch Zufall gefunden und konnten sie nach Bonn ausleihen“, erzählt sie. Zuvor wurde sie vom Restaurator des Arithmeums Ingo Laubach und Prof. Prinz in Göteborg für einen Nachbau vermessen und im Gegenzug restauriert – 2.500 Einzelteile wurden hierzu in minutiöser Arbeit unter dem Mikroskop vorsichtig gereinigt. Nun ist das Original funktionierend und glänzend erstmals seit seinem Bau in Deutschland zu chanik sind die Rechenmaschinen von Anton Braun, Philipp Matthäus Hahn und Johann Christoph Schuster aus dem 18. Jahrhundert: Jedes einzelne Bauteil erfüllt nicht nur seine Funktion, sondern ist bis ins kleinste Detail schön gestaltet – sogar im Inneren. An originalen Uhren können Besucher nachvollziehen, welche Techniken der Uhrmacherei die Rechenmaschinenmechanik beflügelten und wie ihre Ästhetik auch Rechenmaschinen prägte. Im 19. Jahrhundert wurden Uhrmacher selbst zu Erfindern wie zum Beispiel Jean-Baptiste Schwilgué, der Konstrukteur der größten bekannten astronomischen Uhr im Straßburger Münster. „Ohne ihr kreatives Potential und ihre Freude am Rechnen hätten sich die Vorläufer des Computers über einen Zeitraum von mehr als 200 Jahren nicht so entwickelt und wären niemals so schön geworden“, sagt Prof. ULRIKE EVA KLOPP Prinz. Arithmeum, Lennéstraße 2/Ecke Hofgarten. Informationen, Öffnungszeiten und Führungen: www.arithmeum.uni-bonn.de Videopodcast auf YouTube: https://goo.gl/MmLs6B Udo Mainzer Kleine illustrierte Kunstgeschichte der Stadt Köln 176 Seiten, mit zahlreichen farbigen Abbildungen ISBN 978-3-7616-2888-1 ca. 19,95 Euro Verlag Im Buchhandel oder unter www.bachem.de/verlag erhältlich. 34 forsch 2-3/2015 universitätbonn K U LT U R Fit für die Museen des 21. Jahrhunderts Foto: Ulrike Eva Klopp Neuer Masterstudiengang Museums-Studien eröffnet Chancen Museen und Ausstellungshäuser stehen zu Beginn des 21. Jahrhunderts vor neuen Herausforderungen und Aufgaben. An kaum einer anderen deutschen Universität gibt es so viele eigene Museen und Sammlungen wie an der Uni Bonn – und das in einer der dichtesten Museumslandschaften Deutschlands: Ein geeigneter Ort für den neuen, weiterbildenden Masterstudiengang „Museums-Studien“. Er ist in Akkreditierung, der Start ist für das Wintersemester 2015/16 geplant. „Heute wird alles ökonomisiert“, sagt der Sammlungsbeauftragte der Universität Bonn Dr. Thomas Becker. „Deshalb muss die kulturpolitische Rolle von marktunabhängigen musealen Strukturen gefördert werden.“ Ein Modell können universitäre Museen sein, und so hat er sich für die Idee von Rektor Prof. Dr. Jürgen Fohrmann engagiert: die Einrichtung des neuen Masterstudiengangs Museums-Studien. Denn kaum eine andere deutsche Universität hat so viele eigene Museen und Sammlungen wie die in Bonn. Zu ihren zwölf Museen kommt als assoziierte Einrichtung das Zoologische Forschungsmuseum Alexander Koenig, außerdem bestehen über 30 wissenschaftliche Sammlungen in unterschiedlichem Ausmaß. Alle gemeinsam decken Kunst, Kulturwissenschaften, Technik, Mathematik, Naturwissenschaften und Medizin ab: ein „Dialog der Disziplinen“ mit geballter theoretischer Kompetenz und breiter Praxis in ganz verschiedenen Museumstypen. Hinzu kommt eine Vielzahl von Museen unterschiedlicher Größe und in unterschiedlicher Trägerschaft in der Region Köln/Bonn. Kooperationen bestehen von der Bundeskunsthalle über die Museen des Landschaftsverbands Rheinland bis zu städtischen Einrichtungen. Leiter und Mitarbeiter von renommierten Museen unterstützen den Studiengang durch Lehraufträge ebenso wie Fachleute aus Wirtschaft und Verwaltung. Studiengangsleiterin ist die Altamerikanistin Prof. Dr. Karoline Noack, die Koordinatorin Jennifer Schmitz promoviert über die Museen und Sammlungen der Universität Bonn. Gedacht ist „Museums-Studien“ – angesiedelt an der Philosophischen Fakultät – für Personen mit abgeschlossenem Studium und ersten Berufserfahrungen im Museumsbereich, die ihre Kenntnisse und Fähigkeiten ausbauen wollen. Neben den traditionellen Kernaufgaben „Sammeln, Bewahren, Forschen und Vermitteln“ beschäftigen sich die künftigen Wissenschaftler, Kuratoren oder Leitungen an Museen mit aktuellen Herausforderungen in Management und Öffentlichkeitsarbeit sowie Finanzierungswegen über Marketing und Fundraising. Besucherforschung und Konzepte für unterschiedliche Zielgruppen stehen ebenso im Fokus wie die Erkenntnis, dass Objekte oder Präsentationen in unterschiedlichen kulturellen oder gesellschaftlichen Kontexten Unterschiedliches bedeuten oder unterschiedlich verstanden ULRIKE EVA KLOPP werden. Eine Informationsveranstaltung findet am 30. Juni um 18 Uhr im Universitätsmuseum Bonn statt. Bewerbungen für den kostenpflichtigen Studiengang „Museums-Studien“ können bis zum 15. Juli eingereicht werden. Informationen und Kontakt: www.museumsstudien.uni-bonn.de/ 5Jennifer Schmitz koordiniert den neuen Studiengang. Sie war schon als Studentin in der AltamerikaSammlung aktiv und promoviert nun über die Museen und Sammlungen der Uni Bonn. Der neue Studiengang im Videopodcast: uni-bonn.tv auf YouTube forsch 2-3/2015 universitätbonn 35 STECKONSUNI * INDETÄSCH FORS CHEN [ ʃtɛk ɔns unɪ ɪn də tɛʃ ] *Stecke unsere Universität in die Tasche Foto: „Stocard in Hosentasche“ von Stocard (CC BY 2.0) Hol Dir die neue Uni-Bonn-App! Erhältlich für iOS und Android Universität Bonn ∙ Dezernat für Hochschulkommunikation http://bit.ly/unibonnapp forsch 1/2015 universitätbonn 25 S E RV I C E Alles Absprache und „Chemie“ Erste Partnerschaften im Projekt „Wohnen für Hilfe“ ermutigen voll auch das Steuer ihres Autos. Zu deren Aufgaben gehören neben Einkaufen kleine Hilfen im Haushalt: Hochdrehen von Jalousien, Ausräumen der Spülmaschine, Wäschekorb tragen, Pflanzen eintopfen. Eben, was die ansonsten fitte Vermieterin gesundheitlich nicht mehr gut schafft. „Das sprechen wir immer flexibel ab, und wir arbeiten sehr gut zusammen“, sagen beide fast gleichzeitig und lachen. Sie haben sich versprochen, sollte sich eine von ihnen mal mit etwas unwohl fühlen, wird darüber geredet. „Wohnen für Hilfe“ heißt eine Idee, die in anderen Universitätsstädten schon erfolgreich läuft: Senioren, Familien, Alleinerziehende oder Menschen mit Behinderungen stellen Studierenden Wohnraum zur Verfügung und erhalten im Gegenzug abgesprochene Hilfeleistungen. Das kann von „einfach da sein“ über Mithilfe in Haus und Garten bis zur Kinderbetreuung reichen. forsch hat eine der ersten Bonner Wohnpartnerschaften besucht. Individuelle Absprachen – professionell begleitet Ganz ähnliche Erfahrungen machen eine andere Seniorin und eine Mathematikstudentin mit noch größerem Altersunterschied: Auch sie sind zufrieden mit ihrer Wohnpartnerschaft, sagen beide und erzählen am Telefon von ihrem Alltag. 3Cäcilie Zachariae und Anita Lueke (l.) fühlen sich durch ihre Wohnpartnerschaft bereichert. Beim gemeinsamen Blick in die Foto: Ulrike Eva Klopp Zeitung sorgt die Schlag- Seniorinnen und junge Frauen haben derzeit die Nase vorn darin, sich auf etwas Neues und einen anderen Menschen einzulassen: zum Beispiel Cäcilie Zachariae. Ihre ganze Familie in drei Generationen hat an der Uni Bonn studiert, sie selbst Chemie und Biologie. Nun gibt sie einer Studentin der Rechtswissenschaften ein Zuhause auf Zeit. Zwischen Anita Lueke und ihr liegen mehr als 50 Lebensjahre, aber sie mochten sich von Anfang an und haben sehr schnell entschieden: Wir machen das! Ein Aushang im Juridicum und ein Tipp der Tochter brachte die beiden zusammen. Dass die Tochter ihrer Vermieterin auch beim Kennenlernen dabei war, fand Anita Lueke nicht nur verständlich, sondern nett und angenehm. Platz ist in der Wohnung in Godesberg genug, sie hat ein großes Zimmer mit Blick ins Grüne für sich und die nötige Ruhe zum Lernen. In Bonn will sie ihr Studium so zügig wie möglich abschließen, Freunde und Familie sind in Köln. Auf ihre aufmerksamen Nachbarn kann sich Cäcilie Zachariae weiterhin verlassen, aber nun eine junge Mitbewohnerin zu haben, freut sie besonders. Es klingt richtig stolz, wenn sie sagt: „Anita sieht vieles von selbst, ohne dass ich etwas sage. Für ihr nicht einfaches Studienfach bewundere ich sie. Und sie hat mit ihrer tollen Frisur schon Aufmerksamkeit erregt.“ Die Studentin erwidert das Kompliment: „Ich bin begeistert von meiner Vermieterin. Sie ist eine echte Bereicherung: sehr offen, hat viel erlebt und wir haben uns viel zu erzählen.“ Die beiden finden immer neuen Gesprächsstoff, gehen manchmal gemeinsam einkaufen oder machen einen Ausflug zusammen – Cäcilie Zachariae überlässt Anita Lueke vertrauens- Das hört Lilian Brandt gerne: Sie ist die Koordinatorin von „Wohnen für Hilfe“ und wurde vom Allgemeinen Studierendenausschuss für diese vielfältige und mit Fingerspitzengefühl anzugehende Aufgabe engagiert. „Das Projekt überhaupt bekannt zu machen, hat seine Zeit gedauert“, sagt sie. Manche hätten Interesse, neben Fragen aber auch Bedenken. Für den Abgleich ist Lilian Brandt da: Sie schaut sich Wohnangebote selbst an und fährt dabei mit Bus und Bahn, um die Wegezeit einschätzen zu können. Sie bringt nur Menschen zusammen, bei denen die Erwartungen passen und begleitet ihr Kennenlernen. „Bei Interesse arbeiten wir gemeinsam einen Vertrag aus, der individuell Angebot und Gegenleistung festhält. Und ich bleibe weiterhin ansprechbar. Alles andere ist Vertrauen – und das hängt davon ab, ob die ‚Chemie‘ zwischen den BeteiULRIKE EVA KLOPP ligten stimmt.“ zeile „Lohnt sich das Büffeln?“ für neuen Gesprächsstoff zwischen der Jurastudentin und ihrer Vermieterin. Auskunft gibt Lilian Brandt gerne per Telefon 0228/73-7036, Mobil: 0151-5143 3701 oder E-Mail: [email protected]. Netzwerk bundesweit: www.wohnenfuerhilfe.info/ forsch 2-3/2015 universitätbonn 37 S E RV I C E Der Nachwuchs geht die Wände hoch Neu im Hochschulsport: Eltern-Kind-Turnen und Hallenklettern Die „Uni-Familie“ im Hochschulsport hat Zuwachs bekommen. Zwei neue Angebote in Kooperation mit den Schwimmsportfreunden (SSF) Bonn sind speziell für die Kinder von Mitarbeitern und Studierenden gedacht: Turnen für Anderthalb- bis Dreijährige mit Mama oder Papa und Klettern für die „Großen“ zwischen sieben und elf Jahren. Vor der Tür stehen Kinderbuggys, in der Turnhalle wird gesungen und gehopst: „Theo ist fit – wie ein Turnschuh – und alle machen mit!“ Dann sind schnell alle Stationen der Bewegungslandschaft besetzt, es gibt etwas zum Klettern, Kriechen, Balancieren und Schaukeln. Dr. Nadine Schulze-Kaysers hilft ihrem kleinen Noah, die Beinchen in die Holzringe zu stecken und gibt Schwung. „Ein tolles Angebot“ freut sich die wissenschaftliche Mitarbeiterin über diesen Kurs in der Karlschule mit Übungsleitern vom SSF. Er liege nicht nur günstig am späteren Nachmittag, sondern auch nah an ihrem Wohnviertel. Und sie hofft, dass es den Kletterkurs noch gibt, wenn Noah alt genug ist. Beim Klettern heißt es nicht nur, hoch hinaus zu kommen, sondern sich als Partner gegenseitig zu sichern: Die achtjährige Karolina, Tochter einer Doktorandin, und ihre junge Kollegin vom SSF führen das schon ganz souverän vor. Angefangen vom perfekten Sitz des Gurtes bis zum eigenständigen Sichern und geschicktem Fallen lernen die jungen Kletterer zwischen sieben und elf Jahren das Handwerk von der Pike auf. Übungsleiterin Anna Zocha vom SSF bringt es ihnen in zwei Kursen an der Kletterwand in Halle 5 des Hochschulsports bei. Nicht nur die Kinder selbst haben Spaß daran: Ein Papa freut sich beim Abholen, dass Spaß am Klettern offenbar genetisch sei – dann könne man später gemeinsam in die Berge. Die Idee zu diesen Kursen entstand durch eine Fortbildungsveranstaltung des Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverbands zum Thema familienfreundliche Angebote im Hochschulsport. Der SSF ist bereits Partner der Universität – das Familienbüro der Uni macht gerne mit und fördert beide Kurse durch einen Zuschuss zur TeilnahmeULRIKE EVA KLOPP gebühr. Im Wintersemester geht’s weiter. Informationen: www. sport.uni-bonn.de Nun auch Online: der „Pausenexpress“ Neues Carsharing-Angebot Der Carsharing-Anbieter diewir Universität Bonn sind eine In der letzten Ausgabe dercambio forsch und hatten den „Pausenexpress“ Kooperation eingegangen. vorgestellt: Zwei Trainerinnen führen für ein Pilotprojekt der Kampagne Studierende und Mitarbeiter der Universität Bonn fahren dabei „Healthy Campus Bonn“ Mitarbeiterteams wie ganze Hörsäle mitzu einem Sonderpreis. Studierenden durch eine kurze, aber wirkungsvolle Gymnastikpause. Sie bezahlen nur, wenn sie auch fahren, es fallen weder eine AnmelNun gibt es den Pausenexpress auch online und für alle von uni-bonn.tv : degebühr noch monatliche Grundgebühren an. Bislang wurden drei Rebekka Lenz und Vera Schellewald vom Hochschulsport sind auch hier Stationen auf dem Gelände der Universität eingerichtet: aktiv. Eine erklärt, eine zeigt, wie es geht – für diese Übungen braucht am Juridicum in der Südstadt, neben dem LIMES-Institut in Poppelsman keine Hilfsmittel außer einem Tisch oder Stuhl, auf den man ein dorf und am Meteorologischen Institut in Endenich. Bein stellen kann. 5Geschickt bis unter Karolina beim Klettern schon genau wohin mit Händen und Füßen. 38 forsch 2-3/2015 universitätbonn Foto: Ulrike Eva Klopp die Hallendecke: Gut gesichert weiß Ausprobieren: https://youtu.be/aJ_oDJtWfE8 Informationen über die Kampagne: Weitere Informationen: www.healthy –campus.de http://bit.ly/cambioUniBonn S E RV I C E Sich mal richtig auspowern Ausgeklügeltes Intensivtraining in der UniFit Box Alles geben – jeder bis an die eigene Grenze. Das ist das Motto bei einem neuen Angebot im Hochschulsport. „forsch“ war beim Training in der neuen UniFit Box zu Besuch. Um das zu erreichen, werden verschiedene Trainingsmethoden und Geräte angewandt: zum Beispiel Medizinbälle, Hanteln sowie das eigene Körpergewicht. Für jeden Teilnehmer sind die Übungen individuell abgestimmt. Es wird in kurzen Intervallen mit forderndem Schwierigkeitsgrad trainiert, das sei am effektivsten. „Wir beginnen mit dem Aufwärmen, darauf folgen mehrere Variationen von Krafttraining und am Ende machen wir immer ein hochintensives Workout,“ sagt Benedict Thiesen. Im Fortgeschrittenenprogramm werden außerdem Bewegungen aus dem Turnen und dem olympischen Gewichtheben integriert. Für die zweite Phase des einstündigen Trainings, das zweimal pro Woche stattfindet, hat Marvin Lampe eine Langhantel mit Gewichten bestückt. Beim Kreuzheben hebt er die große Hantel mit Bedacht aus den Beinen und der Hüfte bis auf Oberschenkelhöhe, lässt sie langsam wieder ab und macht einige Wiederholungen, während der Trainer auf seine Körperhaltung achtet. „Bisher war ich recht unsportlich“, erzählt Marvin Lampe, „bis ich mich vor sechs Wochen entschieden habe, endlich mal anzufangen. In der UniFit Box habe ich mich auch gleich wohl gefühlt. Kraft- und Inten- Foto: Daniel Schriek Mit Klimmzügen und Seilspringen machen sich die Kursteilnehmer in der UniFit Box schon warm: In einem mit Matten ausgelegten Raum, überall stehen Gewichte, in der Mitte ein großes Gerüst mit Langhanteln und Turnringen. Die UniFit Box im Bootshaus in Beuel ist seit diesem Semester Bestandteil des Unisports und steht für ein ausgeklügeltes Trainingsprogramm, erklärt Benedict Thiesen: „Mit unserem Konzept zielen wir darauf ab, Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit und Koordinationsfähigkeit gleichzeitig auszubauen.“ sivtraining sind zwar sehr fordernd, aber nie zu anstrengend.“ Durch die Übungen werden die Muskeln angeregt, so dass die Sportler über die Wochen kräftiger werden. Die Mischung spricht alle Muskelgruppen an, die festgelegten Bewegungsabläufe trainieren Koordination und Gleichgewicht. Sehr fordernd – aber nicht zu anstrengend Inzwischen ist es Zeit für die dritte Phase, Benedict Thiesen erklärt den Ablauf: „Heute machen wir Burpees – Sprünge aus der Liegestützposition heraus. Ihr macht also einen Liegestütz, geht mit den Beinen in eine hockende Position, macht einen Sprung mit den Händen über den Kopf und dann wieder über eine Kniebeuge zurück in die Liegestützposition.“ Den Bewegungsablauf üben alle vorab einige Male, nach einer kurzen Pause geht es dann los: Der Trainer schaltet laute Rockmusik und einen Timer ein, der immer 60 Sekunden hochzählt. Darin liegt der Clou: „Die machen jetzt in der ersten Minute einen Burpee, in der zweiten Minute zwei und so weiter. Wer wirklich gar nicht mehr weiter kann, darf aufhören.“ 5Aus dem Liegestütz in die Senkrechte: Im Hochintensivtraining gehen die Sportler mit solchen Sprüngen bis an In den ersten Minuten sieht das noch recht einfach aus: Ein Paar Burpees, dann eine relativ lange Pause. Aber mit zunehmender Zahl der Liegestützsprünge wird die Pause immer kürzer, die Anstrengung ist den Sportlern nun anzusehen. In der 15. Minute haben die meisten bereits aufgehört, sie feuern die verbleibenden zwei nun an: „Weiter so! Komm, noch einen Satz!“ Die Pausen nur noch wenige Sekunden lang, dann gelingt es auch dem letzten einfach nicht mehr, sich vom Boden hochzudrücken. Katinka Clasen hat bis zum Schluss durchgehalten, trotz der Anstrengung in ihrem Grenzbereich lächelt sie: „Ich liebe es, mich nach der Uni hier richtig auszupowern. Das ist ein guter Ausgleich für mich und das Training ist sehr effektiv, das macht einfach Spaß.“ Auch Benedict Thiesen ist mit den Teilnehmern zufrieden: „Die haben heute alles gegeben, jeder so viel er konnte. Genau das wollte ich erreichen.“ DANIEL SCHRIEK ihre Grenzen. forsch 2-3/2015 universitätbonn 39 M E N S C HE N Ein „bönnsches“ Juwel wird aufpoliert Animation: Schommer Die Remise wird zum Haupteingang des Botanischen Gartens 5Der Umbau der „Remise“ hat begonnen, im Mai 2016 soll sie aussehen wie auf dieser Animation. Das Café liegt auf der Alumni & Freunde Gartenseite. 40 rants steht schon fest: „nees“, in Erinnerung an den Botaniker und Naturphilosophen Christian Gottfried Daniel Nees von Esenbeck. Er hatte von 1819 bis 1830 den Botanischen Garten der UniEs ist ihr bisher öffentlichkeitswirk- versität als dessen erster Direktor aufgesamstes Projekt: Die UGB hat die Remi- baut. Täglich ab 9 Uhr wird es im „nees“ se von der Universität gemietet, ihr Vor- Speisen und Getränke zum Vor-Ort-Verstandsvorsitzender Michael Kranz sagt zehr und zum Mitnehmen geben. Das dazu: „Wir sind stolz, dass sich uns die Angebot soll für Studierende, Bürger Gelegenheit bietet, dieses Juwel des und Gäste aus aller Welt attraktiv sein. Campus Poppelsdorf zugänglich zu machen.“ Dafür hat sie sich mit einer Rechts und links des TordurchBonner Investorengemeinschaft zusam- gangs ist Raum für insgesamt 150 Sitzmengetan, als „bönnsches“ Projekt be- plätze, weitere stehen in den Außenbesonders gerne vertreten von Rechtsan- reichen vor der Remise und auf der walt Dirk Vianden, der schon seine Gartenterrasse zur Verfügung. Im linken Studienzeit in dieser Stadt und an dieser Teil können Tagungen und Seminare Uni verbrachte. Für die Neugestaltung durchgeführt werden. Außerdem wird und den Umbau sorgen der Bonner hier ein Museumsshop des Botanischen Architekt Karl-Heinz Schommer und Gartens eingerichtet. Die Bauherren seine Tochter Laura Schommer-Wol- hoffen, die neue Remise Ende Mai stein. Und das mit Respekt vor dem Vor- 2016 eröffnen zu können – und die ershandenen: Die Versorgungseinrichtun- ten Besucher warten schon darauf, statt gen der Gastronomie sowie die Toiletten des Tors im Zaun den repräsentativen werden im Tiefgeschoss unter der Remi- neuen Eingang zu nutzen und im „nees“ ULRIKE EVA KLOPP se und ihrer großzügigen Terrasse auf zu entspannen. der Gartenseite „unsichtbar“ gemacht. Die Gastronomie wollen die Investoren Infos zur Universitätsgesellschaft Bonn selbst betreiben. Der Name des Restau- und Kontakt: www.ugb.uni-bonn.de Belebt und beliebt ist der Rasen-Vorplatz am Poppelsdorfer Schloss im Sommer immer. Etwas trostlos wirkte dort nur die „Remise“. Nun hat ihr Leerstand ein Ende: Sie wird zum Haupteingang der Botanischen Gärten mit Gastronomie und Veranstaltungsräumen. Bisher war der Haupteingang zu den Botanischen Gärten am Poppelsdorfer Schloss – für viele der schönste Ort in Bonn – einfach ein Tor im Zaun. Dabei war ein passendes Gebäude für einen ausgesprochen repräsentativen Zugang längst da. Die Universitätsgesellschaft Bonn (UGB) und eine private Investorengemeinschaft machen die schon lange bestehende Vision nun wahr: Die „Remise“ wird umgebaut. Ihre Fassade ist zwar in historisierendem Stil gestaltet, das Gebäude selbst aber kein Denkmal. Es entstand in den Fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts im Zuge des Wiederaufbaus des Poppelsdorfer Schlosses. Bis 2012 diente es als Tierhaus für die Zoologie, unter anderem waren hier Giftschlangen untergebracht. Die Umgestaltung insgesamt muss jedoch mit der Unteren Denkmalbehörde abgestimmt werden. forsch 2-3/2015 universitätbonn M E N S C HE N Medien-Promi in Südkorea Absolvent als „Sonderbotschafter“: So ticken die Deutschen Der Bonner Absolvent Daniel Lindemann wird in Südkorea auf der Straße erkannt, um gemeinsame Fotos und Autogramme gebeten. Bekannt geworden ist er durch eine TV-Serie, in der zwölf junge Leute über alle möglichen Themen sprechen und dabei ihre Heimatländer rund um den Globus repräsentieren. Dabei ist er ein diplomatischer Sympathieträger, der kein Blatt vor den Mund nimmt. Immer montagabends ist Daniel Lindemann im Fernsehen: Bei der Talkshow „Außergewöhnliches Gipfeltreffen“ spricht er in fließendem Koreanisch über Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Kulturen, Aktuelles aus Politik und Gesellschaft. Die zwölf Teilnehmer kommen von allen Kontinenten, keiner ist koreanischer Muttersprachler. Die ungewöhnliche „Boygroup“ hat viele Fans und ist inzwischen gut befreundet, ihre Themen bewegen sich zwischen locker und ernst. „Wir alle lieben Korea, nehmen aber kein Blatt vor den Mund. Wir diskutieren, manchmal streiten wir auch“, sagt Lindemann. Er selbst bringt dabei nahe, wie seine Landsleute „ticken“. Der 29-Jährige sieht sich nicht als typischen Deutschen, aber im Ausland entwickele man schon einen gewissen Patriotismus. „Die schwierigsten Themen waren wohl Hochbegabten-Erziehung sowie Lüge und Wahrheit“, erzählt er. „Das lustigste war Pubertät und Midlife-Crisis, weil wir uns gegenseitig Geständnisse gemacht haben.“ Inzwischen kennen Millionen Koreaner Daniel Lindemann, auf Instagram hat er 260.000 Follower. Als beliebteste Sendung im Kabelfernsehen erreicht die Talkshow Zuschauer von Mädchenklassen bis zu Angehörigen des Militärs: „Einmal sprach mich im Kino ein Soldat in Uniform darauf an.“ Als Jugendlicher lernte Daniel Lindemann den traditionellen Volkssport Taekwondo, die koreanische Sprache studierte er am Institut für Orient- und Asienwissenschaften. Über das Austauschprogramm der Uni Bonn kam er 2008 an die Korea University in Seoul und kehrte zu einem Masterprogramm dorthin zurück. Auf ihn aufmerksam wurden die TV-Produzenten wohl, weil Lindemann einen Koreanisch-Sprachwettbewerb für Ausländer gewann. Anfang 2014 erhielt er eine Einladung zum Casting für die Talkrunde: Er stellte sich vor und bekam am selben Tag die Zusage. Auf dem Podium sitzen ausschließlich junge Männer, Vorgänger war eine reine Frauenrunde. „Wir müssen uns viel vorbereiten und brauchen gutes Allgemeinwissen“, sagt er. „Anfangs war es schwierig, das richtige Timing zu finden: Ich wollte niemandem das Wort abschneiden, aber natürlich meine Beiträge leisten.“ Gekommen, um zu bleiben? Derzeit lebt Daniel Lindemann von der TV-Aktivität mit festen Sendungen, hält Vorträge in Unternehmen und Universitäten, schreibt Zeitungsartikel. In seinen Kolumnen spricht er beispielsweise über „Zivilcourage“: Am 1. März 1919 hatten sich mehrere Tausend Koreaner friedlich gegen die koloniale Unterdrückung durch die Japaner gestellt, er verglich dies mit den Geschwistern Scholl und der „Weißen Rose“ während des Zweiten Weltkrie- ges. Aber er erzählt auch, warum er in Korea so gerne in die Berge geht: Sie sind von Seoul aus schnell erreichbar und Wandern ist eins der beliebtesten und billigsten Freizeitvergnügen. Er macht Foto-Shootings, Interviews, Werbung und moderierte kürzlich ein Konzert der Wiener Sängerknaben. 5Screenshot aus der Talkrunde: Hier spricht Daniel Lindemann in fließendem Koreanisch beim Thema demographischer Wandel über Ü 60-Kriminelle. „Ich habe mich hier sehr eingelebt und werde wohl erstmal so weiter machen“, sagt Lindemann. Er mag die vielfältige Landschaft und die ausgeprägten Jahreszeiten. „Und die Menschen: Die meisten sind sehr freundlich, teilen gern und man ist niemals einsam, weil alles zusammen gemacht und jeder so akzeptiert wird, wie er ist. Die Koreaner sind sehr emotional – sie werden nicht umsonst die Italiener des Ostens genannt.“ Zu einigen ehemaligen Mitstudenten hat Daniel Lindemann noch Kontakt, viele von ihnen sind ebenfalls in Korea. „Momentan schaffe ich es meist nicht mehr als einmal pro Jahr nach Deutschland, so sind andere Kontakte etwas abgebrochen. Aber natürlich vermisse ich auch Deutschland, speziell Bonn – und Abende mit Fußball und Freunden im Hofgarten.“ ULRIKE EVA KLOPP forsch 2-3/2015 universitätbonn 41 M E N S C HE N Künstlerische Wahlfamilie Alumna Eugenia Fabrizi brachte drei Nationen-Theater nach Bonn Fotos: Ulrike Eva Klopp Eugenia Fabrizi war schon im Magisterstudium als Regisseurin und Schauspielerin an der Uni aktiv. Nun holte sie eine neue drei-NationenTheatergruppe zur Uraufführung in ihre Studienstadt: Anlass war die Bonner Theaternacht. 5Jenny Fabrizi bei der Bonner Theaternacht: In „Der Fremde oder der Gegenspieler“ brachte sie als Hitler die Entwicklung einer Persönlichkeit auf die Bühne des „Kult 41“ 42 Die Verwandlung ist verblüffend. Im ersten Akt sitzt Eugenia – Jenny – Fabrizi noch am Steuerpult und sorgt für deutsche Obertitel zu dem Stück in italienischer Sprache. Im zweiten verschwindet die kleine Frau mit den braunen Locken in die Maske und steht im dritten Akt als Hitler auf der Bühne. „Anfangs war es schwierig, sich in diese Rolle hineinzudenken“, sagt sie. „Aber seit ich Probeaufnahmen gesehen hatte, war ich beruhigter. Und dass ich als Frau sie spiele, zeigt die Zerrissenheit zwischen Chaplin und Monster noch deutlicher.“ Zentrales Thema ist die Angst vor dem Fremden, aktueller könnte das Stück also nicht sein. Das Bonner Publikum feierte „XENO ovvero L’Antagonista – Der Fremde oder der Gegenspieler“ bei der Premiere und gleich drei Aufführungen hintereinander in der Bonner Theaternacht. Dafür geprobt hatte das Ensemble auch in Rom und Paris, denn es heißt nicht umsonst „German Italian French Theater“, kurz G.I.F.T. forsch 2-3/2015 universitätbonn „Meinen ersten Auftritt hatte ich bei unserer Abi-Vorführung in der Schule in einem Ionesco-Stück“, erzählt Jenny Fabrizi, in Deutschland geborene Italienerin. Zur Regisseurin wurde sie bei der Theatergruppe im Internationalen Club ihrer Uni. Das Besondere daran waren die ganz unterschiedlichen Kulturen und die sprachliche Förderung über Theaterspielen: „Nicht, dass man keine Fehler mehr macht, aber man baut Hemmungen ab. Anfangs haben wir immer improvisiert und dabei gesehen: Es gibt für alles verschiedene Lösungen. Manche haben mich selbst überrascht – zum Beispiel wie die Studenten ihre Erfahrungen als Neuankömmlinge in Deutschland zu Stücken verarbeitet haben.“ „Rampensau“ mit Lampenfieber Als 2008 der Theater-Profi Marcus Brien den Lehrauftrag erhielt, ein Ensemble an der Uni Bonn aufzubauen, bewarb sich Jenny Fabrizi erfolgreich um einen der zehn Plätze. Im ersten Stück von „S.U.B.-Kultur“ war die Studentin der Philosophie, Neueren Deutschen Literatur und Italienisch Schauspielerin, ab dem zweiten Produktionsassistentin, manchmal gleichzeitig. Über sechs gemeinsame Stücke wurden die beiden zum eingespielten Team und die Ehemaligen untereinander halten Kontakt. Auch wenn Jenny Fabrizi bei der Theaternacht keine Chance hatte, ihre ehemalige UniTheatergruppe zu sehen: Sie standen zeitgleich auf Bonner Bühnen. Ist die 37-Jährige eher „Rampensau“ oder hat sie Lampenfieber? „Beides! Als Regisseurin bin ich bis zuletzt am Organisieren und beruhige die Schauspieler, dann kann ich gut abgeben. Als Schauspielerin frage ich mich jedesmal: Warum tust Du dir das jetzt an? Aber wenn ich erstmal auf der Bühne bin…“ Idealismus braucht das G.I.F.T.-Team in jedem Fall: Fördergelder sind nicht einfach zu bekommen, Erlöse aus Eintritt nicht kalkulierbar und überhaupt ist das gemeinsame Theater ein aufwändiges Engagement. Die Reisen zwischen den Probeorten bezahlen die sechs selbst, ebenso Requisiten und Kostüme. „Aber wir sind uns einig: Wir ziehen das durch!“ M E N S C HE N Im Hauptjob ist Eugenia Fabrizi heute Privatdozentin an der Internationalen Uni Bad Honnef. Außerdem hilft sie als „Ihre Römerin vor Ort“ mit einem maßgeschneiderten Programm Schulklassen, Studenten, Clubs oder Familien, Italien zu erobern. In ihrem Partnerhotel hat sie während des Auslandstudiums in Rom an der Rezeption gejobbt, seitdem gehört sie dort zur Familie. Auch mit dem G.I.F.T.-Ensemble wohnte sie bei Proben für das neue Stück dort, in Paris nutzten sie das klei- ne Appartement der Freundin eines der Schauspieler: „Die WG unserer künstlerischen Wahlfamilie hat überraschend gut geklappt.“ Die Gründer des dreisprachigen Ensembles hatten sich bei einem ERASMUS-Studium in Italien vor über zehn Jahren kennen gelernt. Alle sind nach dem Abschluss im Theaterbereich aktiv – und so entstand die Idee, G.I.F.T. ins Leben zu rufen und weitere Akteure dazuzuholen. Luca Paglia aus Rom hat das erste gemeinsame Stück geschrieben. „Er hat es mir geschickt, was ich dazu meine – ohne zu sagen, dass er der Autor ist.“ Jenny Fabrizi war begeistert, beide führen nun gemeinsam Regie. Ihr früherer Dozent in der Romanistik, Prof. Dr. Paul Geyer, saß in der Theaternacht in der ersten Reihe. „Ein beeindruckendes Lebenszeichen“ meinte er – vielleicht wird diese deutschitalienisch-französische Produktion ja zum Stoff eines Seminars? ULRIKE EVA KLOPP Zur geschätzten „Marke” geworden Abschluss Master of Drug Regulatory Affairs rentiert sich Mit dem berufsbegleitenden Studiengang „Master of Drug Regulatory Affairs“ – Arzneimittelzulassung – bieten die Deutsche Gesellschaft für Regulatorische Angelegenheiten und die Universität Bonn seit 1999 eine akademische Weiterbildung an. Seitdem wurden über 800 Studentinnen und Studenten zugelassen, gut 94 Prozent von ihnen schließen mit dem Mastertitel ab. arbeit schreiben und für Prüfungen lernen – das erfordert Disziplin. Aber solche Initiative zu zeigen, hat sich beruflich gelohnt.“ Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses, Prof. Burkhard Sträter, gratulierte persönlich. Auch die anderen aus der gesamten Bundesrepublik angereisten Absolventen nutzten die Verleihung der Masterurkunden gern, um ihre ehemaligen Kommilitonen wiederzutreffen: Während des berufsbegleitenden und interdisziplinären Studiengangs entstehen Freundschaften und persönliche Netzwerke für die zukünftige Arbeit auf dem Gebiet der Arzneimittelzulassung. Foto: Volker Lannert Die Absolventen kamen aus der ganzen Bundesrepublik und sogar aus Wien und den USA nach Bonn, um ihre Abschlussurkunden im Studiengang „Master of Drug Regulatory Affairs“ entgegen zu nehmen. Die zwei- bis dreijährige Weiterbildung in der Arzneimittelzulassung ist für viele nicht einfach in ihren Berufs- und Familienalltag zu integrieren, schafft aber ein großes Netzwerk und macht sich beruflich bezahlt. als 85 Lehrbeauftragte aus deutschen Die 555. Urkunde ging an die Abund europäischen Zulassungs-Behörsolventin Heike Fell. Sie hat ihre sehr den, aus der Pharmaindustrie sowie gute Masterarbeit während der von universitärer Seite sorgen mit ihSchwangerschaft mit ihrem dritten rem praktischen Erfahrungsschatz für Kind geschrieben. Die kleine Johanna hohe Qualität dieser Weiterbildung kam nur drei Wochen nach Abgabe der auf einem breiten Gebiet. Inhaltlich Arbeit auf die Welt – und im Kindergeht es praxisnah um chemische, wagen mit zur Urkundenverleihung. Mehr als 85 Lehrbeauftragte pharmazeutische, toxikologische und Familie Fell wohnt bei Heidelberg, sorgen für breites Wissen klinische Inhalte einer Zulassungsdoalso nicht gerade um die Ecke. „Ich kumentation und deren Bewertung, Beste Absolventin aus dem Jahr um Informationswesen, Arzneimithabe meine Präsenzmodule auf zwei Jahre gestreckt und bin im Schnitt ein- 2014 ist Dr. Katja Jennißen mit der Ge- telentwicklung, Qualitätssicherung mal im Monat nach Bonn gekommen: samtnote von 1,0. Außerdem wurden und -management, Pharmarecht in Freitagmorgens um halb sechs los, zehn herausragende Masterarbeiten Europa und in wichtigen Gebieten auSamstagnachmittag zurück“, erzählt aus den letzten 13 Monaten mit dem ßerhalb Europas sowie um ZulasULRIKE EVA KLOPP die Absolventin. „Gewohnt habe ich Studienpreis der Deutschen Gesell- sungsstrategien. im Hotel wie auch andere Kommilito- schaft für Regulatory Affairs (DGRA) nen, so dass wir morgens zusammen ausgezeichnet, jeweils dotiert mit Bewerbungsschluss ist immer Mitte Juni. Informationen: www.dgra.de frühstücken konnten.“ Geschafft hat 1.000 Euro. und bei Barbara Röcher, sie das alles neben ihrer Teilzeitarbeit Der akademische Grad „M.D.R.A.“ Geschäftsführerin DGRA e.V., durch Unterstützung ihres Mannes. „Denn neben den Präsenzmodulen ist in den letzten 16 Jahren zur ge- Adenauerallee 15, 53111 Bonn, muss man zu jedem Modul eine Haus- schätzten „Marke“ geworden. Mehr Tel.: 0228-368 2646 5Familienzuwachs Johanna, Masterarbeit und „Schnapszahl“ auf einen Streich: Heike Fell ist die 555. Absolventin des Masterstudiengangs. Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses Prof. Burkhard Sträter gratuliert. forsch 2-3/2015 universitätbonn 43 M E N S C HE N Ausgezeichneter Nachwuchs Promotionspreis der Stiftung für Physik & Astronomie Den Promotionspreis 2015 der unter dem Dach der Bürgerstiftung Bonn angesiedelten Stiftung für Physik & Astronomie in Bonn 2015 teilen sich Dr. Fabian Schneider und Dr. Thomas Schwindt. Fabian Schneider untersuchte für seine Dissertation „Statistical Analyses of Massive Stars and Stellar Populations“ Sterne, die mit mehr als der zehnfachen Masse der Sonne eine Schlüsselrolle im Universum spielen. Er kombinierte neuartige statistische Methoden und modernste theoretische Modelle mit detaillierten Beobachtungsdaten. Dabei konnte er zum Beispiel zeigen, dass die bisher angenommene maximale Geburtsmasse von Sternen nicht bei 150, sondern im Bereich 200500 Sonnenmassen liegt, wodurch sich einige der kürzlich entdeckten Hypernovae erklären lassen. Thomas Schwindt studierte für seine Arbeit „Evidence for Higgs Boson Decays to τ+ τ- Final States with ATLAS“ Das Alumni-Netzwerk verbindet weltweit derzeitige wie ehemalige Angehörige der Uni Bonn – virtuell bis hin zu Treffen in Lokal- und Fachgruppen. Kollisionen von Protonen bei höchsten Energien am CERN Large Hadron Collider. Er entdeckte den Zerfall des 2012 entdeckten Higgs-Bosons in Fermionen – Teilchen, aus denen die Welt aufgebaut ist. Dazu suchte er mit dem ATLASExperiment nach Zerfällen in sogenannte „Tau“-Teilchen, die aus einem viele Milliarden mal größeren Untergrund von Reaktionen nachgewiesen werden müssen. Erst die nun beobachteten Zerfälle bestätigen die fundamentale Eigenschaft des Higgs-Teilchens, für den Mechanismus zur Erzeugung der Masse von Bosonen und von Fermionen verantwortlich zu sein. Georges Giralt-Dissertationspreis für Informatiker 44 forsch 2-3/2015 universitätbonn Paul Clemen-Preis für Kunsthistorikerin Vanessa Krohn M.A. wurde für Jörg-Dieter Stückler hat beim Eu- ihre Dissertation mit dem Paul Cleropean Robotics Forum in Wien den men-Preis des Landschaftsverbands Georges Giralt-Dissertationspreis für Rheinland ausgezeichnet, anteilig doseine Dissertation „Efficient Dense Re- tiert mit 5.000 Euro. Thema ihrer von gistration, Segmentation, and Modeling Prof. Dr. Georg Satzinger betreuten Methods for RGB-D Environment Per- Arbeit ist „Pietas Bavarica am Rhein. ception“ erhalten. Darin leistete er we- Die kirchliche Bau- und Ausstatsentliche Beiträge zur effizienten Mo- tungstätigkeit im Erzbistum Köln unter den Wittelsbacher Kurfürsten, insbesondere Joseph Clemens und Clemens August von Bayern (reg. 1688 – 1761)“. Der Namenspatron dieses Preises für junge Kunsthistoriker, die zu Werken und Fragen der Kunst im Rheinland arbeiten, war Denkmalpfleger und Geschichtsschreiber, Lehrer und Schöpfer des Kunsthistorischen Instituts der Universität Bonn. Du fehlst! Informationen und kostenlos Mitglied werden: www.alumni.uni-bonn.de dellierung von Umgebungen und Objekten mit RGB-D-Kameras. Die entwickelten Methoden waren eine wesentliche Grundlage für die Erfolge der Bonner Serviceroboter in RoboCup@Home-Wettbewerben. Stückler konnte sich gegen 43 Mitbewerber durchsetzen und hat nun die Möglichkeit, seine Dissertation in den Springer Tracts in Advanced Robotics (STAR) zu veröffentlichen. Der Preis wird jährlich von euRobotics aisbl vergeben, einem Verein aus europäischen Forschungsorganisationen und Firmen im Bereich der Robotik. Wolfgang-Ratjen-Preis für Kunsthistoriker Christoph Orth M.A., Kunsthistorisches Institut, wurde für seine Masterarbeit „Giovanni Maria Morandi (16221717) als Zeichner“ mit dem diesjährigen Wolfgang-Ratjen-Preis ausgezeichnet. Die Arbeit wurde von Prof. Dr. Georg Satzinger betreut. Der mit einem Preisgeld und einem Stipendium dotierte internationale Nachwuchsförderpreis zeichnet herausragende Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der graphischen Künste aus und wird vom Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München vergeben. Der Name der seit 1995 vergebenen Auszeichnung erinnert an Dr. Wolfgang Ratjen (1943- M E N S C HE N 1997) und würdigt dessen Verdienste als Mäzen und als bedeutender Sammler von Handzeichnungen. rechtliche Dissertation ging ebenfalls an Dr. Gregor Ischebeck. BONFOR-Preisträger Preise für junge Juristen Gerlach (Institut für Rekonstruktive Neurobiologie), Dr. med. Lino Teichmann (Medizinische Klinik und Poliklinik III) und Dr. rer. nat. Beatrix Schumak, Institut für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Parasitologie. Beim BONFOR-Symposium 2015 Bei der Feierlichen Promotion der wurden erneut Preise in unterschiedliRechts- und Staatswissenschaftlichen chen Förderinstrumenten vergeben. Fakultät wurden herausragende Leis- Ein SciMed-Promotionsstipendium Nachwuchspreis für Demographie tungen ausgezeichnet. ging als erste Preisträgerinnen an Clara Monaca, tätig am Institut Dr. Gregor Ischebeck erhielt den cand. med. Sofia Köster und cand. Promotionspreis des Rechtswissen- med. Philipp Makowka, beide Insti- für Patientensicherheit, wurde für ihre schaftlichen Fachbereichs, Johannes tut für Physiologie I. Als zweite Preis- Arbeiten zur Gesundheitsversorgung Richter den Examenspreis des Rechts- träger wurden cand. med. Benjamin in ländlich geprägten Regionen ausgewissenschaftlichen Fachbereichs aus Gollasch, Institut für Humangenetik zeichnet. Sie erhielt den Nachwuchsder Hand von Dekan Prof. Dr. Rainer und cand. med. Inga Hemmerling, preis für Demographie, verliehen von Hüttemann. Institut für Klinische Chemie und Kli- der Allianz in Zusammenarbeit mit der Der Telekom-Preis, übergeben durch nische Pharmakologie, ausgezeichnet. Deutschen Gesellschaft für DemograDr. Thomas Kremer von der Telekom Ein Gerok-Stipendium erhielten Dr. phie e.V. Er soll junge Wissenschaftler AG, ging an Dr. Ralph von Olshausen med. Jennifer Landsberg, Klinik und ermutigen, zum Thema zu forschen auf dem ersten Platz, Dr. Martin Poliklinik für Dermatologie und und damit die Weichen für die Zukunft Blaschczok auf dem zweiten und Dr. Allergologie, und Dr. med. Martin ihrer eigenen Generation zu stellen. Fazit der Preisträgerin: Verbessern Gianna Velte auf dem dritten Platz. Braun vom Institut für Pathologie. Dr. Anika Kleinbrahm erhielt den Nachwuchsgruppenpreise gingen auf lässt sich die Versorgung nur durch inEimer Heuschmid Mehle-Preis für die dem ersten Platz an Dr. rer. nat. Linda tensive Zusammenarbeit in den Kombeste strafrechtliche Dissertation. Der Sarah Hoffmann (Institut für Phar- munen, Akteure im Gesundheitswesen, erstmalig verliehene Redeker Stif- makologie und Toxikologie), des wei- politische Entscheidungsträger und tungs-Preis für die beste öffentlich- teren an Dr. rer. nat. Bettina Linnartz- engagierte Bürger eingeschlossen. forsch 2-3/2015 universitätbonn 45 Foto: Volker Lannert M E N S C HE N „Umbau“ bei laufendem Betrieb Dezernat Liegenschaften: Preis für beispielhaft neue Struktur 5„Wegen Umbau geöffnet.“ Insgesamt über 200 Angehörige in vielen Einsatzbereichen hat das Dezernat Liegenschaften. Während es sich umfassend umstrukturierte, lief das Tagesgeschäft weiter. Mit gut der Hälfte aller Angehörigen der Universitätsverwaltung ist Dezernat 4/ Liegenschaften das größte: Mehr als 200 Mitarbeiter sorgen hier unter Leitung der stellvertretenden Kanzlerin Kristina Friske dafür, dass die gesamte Infrastruktur mit 370 Gebäuden und etwa 20.000 technischen Anlagen funktioniert und optimal genutzt werden kann. Die Palette reicht von Bau und Betriebstechnik, Hausmeisterdiensten, Grünflächenpflege und Transporten, Arbeits-, Umweltund Strahlenschutz, Laborservice, Druckerei und Hauspost bis zu Raumvergabe, Veranstaltungsservice und Sicherheit. Gebäude- und Anlagentechnik werden immer komplexer und die gesetzlichen Anforderungen an die Betreiberverantwortung steigen stetig. Dabei durchgängig optimale Bedingungen für Forschung und Lehre sicher zu stellen, ist eine besondere Herausforderung an die Teams im Facility-Management. Allerdings fehlte hierfür ein angemes- 46 andererseits offen für weitere Optimierung. Aufbau- und Ablauf-Organisation sind nun konkurrenzfähig zum freien Markt. Und von der Uni genutzte Immobilien werden konsequent über einen gesamten Lebenszyklus betrachtet. Das heißt, über Planung, Errichtung oder Anmietung, Betrieb und Aufgabe werden für die Universität senes, dezernatsumspannendes Steue- relevante Kosten in eine Gesamtschau rungsinstrument. einbezogen. Ein angemessenes Controlling deckt auf, wo es Potentiale zur Modell für andere Hochschulen Optimierung gibt. Der „Umbau“ im Dezernat Liegenschaften war umfassend, dauerte zehn Jahre – und musste im laufenden Tagesgeschäft bewältigt werden. Aber die Anstrengungen haben sich gelohnt: Das Ergebnis der Modernisierung sind verbesserte Prozesse und Transparenz, eine deutlich bessere Zusammenarbeit mit den Nutzern und damit eine höhere Zufriedenheit auf beiden Seiten. Das Dezernat erhielt dafür nun sogar den Anwenderpreis der Fachzeitschrift „Facility-Manager“, eine bundesweit begehrte Auszeichnung. forsch 2-3/2015 universitätbonn Dezernentin Kristina Friske fasst Dabei sollte die Motivation der das aufwändige Projekt knapp zusam- Mitarbeiter nicht leiden, sondern steimen: „Klarheit über Ziele und Selbst- gen. „Uns war wichtig, vor allem die verständnis schaffen, Prozesse genau Mitarbeiter in die Neugestaltung aktiv betrachten – und einen langen Atem einzubinden“, sagt Kristina Friske. bei der Umsetzung haben.“ Seit 2005 „Deshalb haben wir Hintergründe und entwickelt und realisiert, praktiziert Ziele der Umstrukturierung auf allen die Universität Bonn heute ein mo- Ebenen des Dezernates transparent gedernes und umfassendes Verständnis macht. Befürchtungen wie steigende von Facility-Management, für die Bürokratisierung konnten wir im UmJury des „Facility Manager“ ein Mo- setzungsprozess abbauen.“ dell für andere Universitäten und Hochschulen. Eine neue Struktur und umfassende EDV-Einführung sind dann erfolgEin dezernatsinternes Team um reich, wenn sie sich im Alltagsgeschäft Stefan Müller, Leiter der Kaufmänni- bewähren, also eine hohe Akzeptanz schen Liegenschaftsbetreuung, hat sie- erfahren. Das geht nur, wenn alle an ben Eckpfeiler als Schlüssel zum Er- einem Strang ziehen. Deshalb teilt die folg gesetzt, unter anderem die Dezernentin die Anerkennung durch Selbstverpflichtung zu standardisier- den Preis gerne: „Er ist Verdienst aller ten und transparenten Arbeitsabläufen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter un– einerseits in Regelwerken festgelegt, seres Dezernates.“ ULRIKE EVA KLOPP M E N S C HE N Meldungen Senat Medizinische Fakultät Prof. Dr. Torsten Pietsch, Direktor des Instituts für Neuropathologie, ist neuer Vorsitzender des Senats. Er trat die Nachfolge von Prof. Dr. Nicolas Wernert an. Prof. Dr. Nicolas Wernert, Institut für Pathologie, wurde zum hauptberuflichen Dekan der Medizinischen Fakultät gewählt (Nachfolge von Prof. Dr. Max P. Baur). Prof. Dr. med. Dr. h.c. Hugo Van Aken ist neuer Vorsitzender des Aufsichtsrates am Universitätsklinikum Bonn. Der Direktor der Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin und Schmerztherapie am Universitätsklinikum Münster wurde zum Nachfolger von Dr. Wolfgang Riedel gewählt, der zwei Amtsperioden lang in dieser Funktion tätig war. Dr. Jan Felix Drexler, Research Associate am Department of Viroscience, Rotterdam/Niederlande, ist seit Februar bis Ende Januar 2020 als Universitätsprofessor W2 für Virologie mit Schwerpunkt neuartige Viren tätig. Prof. Dr. Ulrich Gembruch, Direktor der Klinik für Geburtshilfe und Pränatale Medizin, erhielt den Preis der Fritz Acker-Stiftung 2015. Damit verbunden ist eine Zuwendung von 5.000 Euro, mit der die Stiftung medizinische Forschung zum Nutzen der Allgemeinheit fördert. Die Arbeitsgruppe um Prof. Achim Hörauf, Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Parasitologie, erhielt den Memento Forschungspreis 2015, verliehen von Ärzte ohne Grenzen, der DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe, Brot für die Welt und der BUKO Pharma-Kampagne. Die Arbeitsgruppe entwickelte ein innovatives und wirksames Therapiekonzept gegen die lymphatische Filariose, eine vernachlässigte Wurmerkrankung, das auch der Elephantiasis vorbeugt. Darüber hinaus wurden die Arbeitsgruppen um Prof. Dr. Achim Hörauf und Prof. Dr. Gabriele König, Pharmazeutische Biologie, mit dem Innovationspreis 2015 der Deutschen BioRegionen für die Entwicklung der Therapie gegen die lymphatische Filariose ausgezeichnet. Betreut und zum Patent angemeldet wurde die Erfindung von der Patentvermarktungsgesellschaft PROvendis. Juniorprofessor Dr. Benjamin Odermatt, Anatomisches Institut, Katholisch-Theologische Fakultät Prof. Dr. Reinhold Boschki, Seminar für Religionspädagogik, Religiöse Erwachsenenbildung und Homiletik, ist mit Ablauf des März als Universitätsprofessor W3 ausgeschieden, um dem Ruf an die Universität Tübingen zu folgen. Prof. Dr. Karl-Heinz Menke, Seminar für Dogmatik und Theologische Propädeutik, tritt mit Ablauf des Juli in den Ruhestand. Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät Dr. Michael Beurskens, Professurvertreter an der Universität Düsseldorf, wurde mit Wirkung vom 1. April für die Dauer von drei Jahren zum Universitätsprofessor W2 für Zivilrecht am Institut für Deutsches und Internationales Zivilprozessrecht sowie Konfliktmanagement ernannt. Prof. Dr. Lorenz Götte, Universität Lausanne/Schweiz, wurde zum Universitätsprofessor W3 für Angewandte Mikroökonomik ernannt. Juniorprofessor Dr. Eugen Kovac, Institut für Angewandte Mikroökonomik, ist ausgeschieden, um dem Ruf an die Universität Duisburg-Essen zu folgen. Prof. Dr. Gernot Müller, Institut für Makroökonomik und Ökonometrie, ist ausgeschieden, um dem Ruf an die Universität Tübingen zu folgen. Dr. Michael Vogt, Juniorprofessor an der Universität Konstanz, wurde zum Universitätsprofessor W2 für Ökonometrie am Institut für Finanzmarktökonomie und Statistik ernannt. Dr. Benno Zabel, Universität Leipzig, wurde mit Wirkung vom 1. April für die Dauer von drei Jahren zum Universitätsprofessor W2 für Strafrecht ernannt. wurde mit Wirkung vom 1. Februar für die Dauer von drei Jahren zum Juniorprofessor W1 für Anatomie ernannt (zweite Anstellungsphase). Prof. Dr. Rudolf Hermann Reich, Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie, tritt mit Ablauf des Juli in den Ruhestand. Priv.-Doz. Dr. Tanja Schneider, Universitätsklinikum Bonn, wurde zur Universitätsprofessorin W2 für Pharmazeutische Mikrobiologie ernannt. Prof. Dr. Heinz Schott, Medizinhistorisches Institut, wurde über den Ruhestand hinaus bis zum 30. September mit der Vertretung der eigenen Professur beauftragt. Prof. Dr. Armin Welz, Direktor der Klinik für Herzchirurgie, ist neuer Präsident der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG). In den letzten beiden Print bleibt, digital kommt – für PC und Mac, als App für Ihr Smartphone und Tablet in allen Stores und unter www.ng-fh.de neu! dietz-verlag.de forsch 2-3/2015 universitätbonn 47 M E N S C HE N Jahren war er bereits erster Vizepräsident und wird der Gesellschaft bis Februar 2017 vorsitzen. Die DGTHG vertritt die Interessen der in Deutschland tätigen Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgen im Dialog mit Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Philosophische Fakultät Prof. Dr. Dominik Geppert, Neuere und Neueste Geschichte, wurde für das Akademische Jahr 2016/17 zum Gerda Henkel-Professor bestimmt. Außerdem wurde er durch die Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste zum ordentlichen Mitglied in die Klasse für Geisteswissenschaften gewählt. Die Akademie vereint führende Forscher des Landes und ist Heimat von 14 wissenschaftlichen Forschungsvorhaben. Professurvertreterin Dr. Britta Hartmann wurde zur Universitätsprofessorin W2 für Filmwissenschaft und Audio-visuelle Medienkulturen ernannt (Nachfolge Prof. Dr. Keitz). Prof. Dr. Karin Leonhard, Kunsthistorisches Institut, ist Ende März ausgeschieden, um dem Ruf an die Universität Konstanz zu folgen. Dr. Anja Leue, Institut für Psychologie, ist mit Ablauf des Februar als Juniorprofessorin W1 ausgeschieden, um dem Ruf an die Universität zu Kiel zu folgen. Prof. Dr. Christine Schirrmacher, Islamwissenschaft, wurde von Bundesinnenminister Thomas de Maizière für vier Jahre zum Mitglied des zwölfköpfigen Wissenschaftlichen Beirates der Bundeszentrale für politische Bildung berufen. Sie wird dort vor allem ihre Expertise in den Bereichen Islamismus, Extremismus und Radikalisierung von Jugendlichen einbringen. Seit rund 15 Jahren ist sie Gastdozentin an der Akademie Auswärtiger Dienst des Auswärtigen Amtes Berlin und unterrichtet bei Sicherheitsbehörden auf Landes- und Bundesebene. Landwirtschaftliche Fakultät Die Juniorprofessur von Dr. Michael Frei, Institut für Nutzpflanzenwissenschaft und Ressourcenschutz/ Pflanzenernährung, wurde bis zum 30. Januar 2018 verlängert. Dr. Ralf Nolten, Institut für Lebensmittel- und Ressourcenökonomik, erhielt die Landwirtschaftsmedaille Taiwans, verliehen durch den taiwanesischen Landwirtschaftsminister. Dr. Nolten ist erst der vierte Ausländer, der diese selten vergebene Auszeichnung erhielt. Er engagiert sich seit über zwei Jahrzehnten in der Deutsch-Taiwanesischen Gesellschaft für Sozialökonomie e.V. und ist seit 2004 deren stellvertretender Vorsitzender. apl. Prof. Dr. Heinrich Wilhelm Scherer, Institut für Nutzpflanzenwissenschaft und Ressourcenschutz/ Pflanzenernährung, tritt mit Ablauf des Juli in den Ruhestand. Zentrum für Entwicklungsforschung Priv.-Doz. Dr. Anna-Katharina Hornidge, Vertreterin von Prof. Dr. Solvay Gerke-Evers, wurde zur Universitätsprofessorin für das Fach „Politischer und Struktureller Wandel“ ernannt. Institut für Wissenschaft und Ethik Dr. Bert Heinrichs, Deutsches Referenzzentrum für Ethik in den Biowissenschaften (DRZE), wurde zum Universitätsprofessor W2 für Ethik und Angewandte Ethik ernannt und gleichzeitig an das Forschungszentrum Jülich beurlaubt. Forum für Internationale Wissenschaft Prof. Dr. Tobias Werron, Universität Luzern, wurde mit Wirkung vom 1. März für die Dauer von fünf Jahren zum Universitätsprofessor W2 für Wissenschaftsforschung und Politik ernannt. Käte Hamburger-Kolleg „Recht als Kultur“ Benjamin Stöß erhielt den CIVIS Medienpreis für Integration und kulturelle Vielfalt in Europa in der Kategorie Webangebote. Gemeinsam mit seinem Kollegen Dietmar Telser wurde er für das aufwändige Multimediaprojekt „Der Zaun“ ausgezeichnet, das ein Bild der Außengrenzen Europas zeichnet und Flüchtlinge entlang der europäischen „Festung“ begleitet. (www.der-zaun.net) Bonn-Aachen International Center for Information Technology (B-IT) Prof. Dr. Joachim von zur Gathen tritt mit Ablauf des Juli in den Ruhestand. Hochschulrechenzentrum (HRZ) Dr. Rainer Bockholt, Direktor des HRZ, gehört bis Dezember 2017 dem dreizehnköpfigen Verwaltungsrat des Deutsche Forschungsnetz (DFN)Vereins an und wurde von diesem – ebenfalls für drei Jahre – auch in den dreiköpfigen Vorstand gewählt. Das von der Wissenschaft organisierte Kommunikationsnetz für Wissenschaft und Forschung verbindet Hochschulen und Forschungseinrichtungen und ist in den europäischen und weltweiten Verbund der Forschungs- und Wissenschaftsnetze integriert. Wir machen Druck! Jahresbericht, Festschrift, Skript oder Visitenkarte? Wir beraten, drucken und liefern. Kontakt: Peter Braun, Telefon: 0228/73-5103 Homepage: www.druckerei.uni-bonn.de 48 forsch 2-3/2015 universitätbonn M E N S C HE N Verstorben Dr. Winfried Hamm ist am 13. Februar im Alter von 74 Jahren verstorben. Der Altphilologe kam 1976 als Griechischlehrer an die Katholisch-Theologische Fakultät, leitete das Prüfungsamt für ihren Diplomstudiengang und betreute eine wachsende Anzahl ausländischer Promovenden. Apl. Prof. Dr. Heinz Hoberg, Organische Chemie, ist am 27. März im 90. Lebensjahr verstorben. Vom MaxPlanck-Institut in Mülheim/Ruhr kommend verstärkte er seit 1978 das Bonner Kollegium. Prof. Dr. Peter Nickel, Pharmazeutisches Institut, ist am 3. April im 82. Lebensjahr verstorben. Er kam 1983 aus Berlin an die Universität Bonn und war bis zu seiner Emeritierung 1999 vor allem im Gebiet der Tropenkrankheiten tätig. Prof. Dr. Horst Seebass ist am 12. April im 81. Lebensjahr verstorben. Er gehörte der Evangelisch-Theologischen Fakultät seit 1989 als Professor und Lehrstuhlinhaber für Altes Testa- ment an und war von 1994 bis 1996 deren Dekan. Prof. Dr. Justus Müller Hofstede ist am 27. April wenige Tage vor Vollendung seines 86. Lebensjahres verstorben. Er vertrat das Fach Kunstgeschichte, speziell niederländische Malerei, und war u.a. Herausgeber der „Bonner Studien zur Kunstgeschichte“. Prof. Dr. Winfried Lenders ist am 1. Mai im Alter von 72 Jahren verstorben. Er war einer der Pioniere der Computerlinguistik in Deutschland, lehrte von 1974 bis 2007 am Institut für Kommunikationsforschung und Phonetik und engagierte sich in der akademischen Selbstverwaltung. Prof. Dr.-Ing. Walter Seele ist am 13. Mai im 91. Lebensjahr verstorben. Er wurde 1975 auf den neu geschaffenen Lehrstuhl für Bodenordnung und Bodenwirtschaft am damaligen Institut für Städtebau, Bodenordnung und Kulturtechnik berufen, dessen Direktor er bis zu seiner Emeritierung 1989 war. Prof. Dr. Dr. h. c. Günther Steffen ist am 14. Mai im Alter von 90 Jahren verstorben. Er war langjähriger Inhaber des Lehrstuhls für Angewandte Landwirtschaftliche Betriebslehre sowie Dekan seiner Fakultät. Zu Gast über die Alexander von Humboldt-Stiftung Humboldt-Preisträger Prof. Tom Ziegler, University of Calgary/Kanada, ist am 27. März im Alter von 69 Jahren völlig unerwartet in Bonn verstorben. Der international herausragende Theoretische Chemiker kam seit 2012 einmal pro Jahr für etwa zwei Monate hierher, um am Mulliken Center for Theoretical Chemistry zu forschen und zu lehren. Agatha O. Akpeokhai, Federal University of Technology, Minna/ Nigeria, im Rahmen des Internationalen Klimaschutzstipendien-Programms bei Prof. Dr. Gunter Menz, Geographisches Institut; Dr. Mohammad Bozlur Rahmann, Ministry of Fisheries and Livestock, Tejgaon/Bangladesh, als Vorgestellt Philosophische scherkolleg „Medienkulturen der Computersimulation“ an der Leuphana-Universität Lüneburg. Fakultät Prof. Dr. Lorenz Götte Foto: privat Prof. Dr. Jens Schröter (Jg. 1970) wurde zum W3Professor für Medienkulturwissenschaft ernannt. Studium an der RuhrUniversität Bochum, Promotion an der Universität/GHS Essen. 2008 Habilitation an der Universität Siegen („3D. Geschichte, Theorie und Medienästhetik des technisch-transplanen Bildes“, ausgezeichnet mit Übersetzungspreis des Börsenvereins des deutschen Buchhandels). Seit 2008 Professor W2 für multimediale Systeme an der Universität Siegen, ab 2012 ebendort DFG-Graduiertenkolleg „Locating Media“. 2014 „John von Neumann-Fellowship“ an der Universität Szeged, Gastprofessor an der Guangdong International University in Guangzhou, VR China. WS 2014/15 Senior Fellow am DFG-For- Rechts- und Staatswissenschaftliche Foto: privat Fakultät Prof. Dr. Lorenz Götte (Jg. 1973) wurde zum W3-Professor für Angewandte Mikroökonomie ernannt. Nach seinem Studium an der Universität Zürich und Post-Docs an verschiedenen Universitäten war er als Senior Economist an der Federal Reserve Bank of Boston tätig. Im Jahr 2009 nahm er einen Ruf an die Universität Lausanne an. In seiner Forschung beschäftigt sich Lorenz Götte mit Anwendungen der Verhaltensökonomie. Er ist Research Fellow am Center for Economic Policy Research (CEPR), London, und am Institut für die Zukunft der Arbeit (IZA), Bonn. Prof. Dr. Michael Vogt Foto: Universität Konstanz Prof. Dr. Jens Schröter Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät Juniorprofessor Dr. Michael Vogt (Jg. 1979) wurde zum W2-Professor für Ökonometrie ernannt. Er studierte Philosophie, Mathematik und Volkswirtschaftslehre an der Universität Heidelberg und promovierte an der Universität Mannheim mit einer Arbeit zur nichtparametrischen Statistik. Nach seiner Dissertation arbeitete er als PostDoc an der Universität Cambridge und war danach Juniorprofessor an der Universität Konstanz. Sein Forschungsgebiet ist die mathematische Statistik und theoretische Ökonometrie. Insbesondere entwickelt er semi- und nichtparametrische Schätzmethoden, die sich auf Fragestellungen im Wirtschafts- und Finanzbereich anwenden lassen. forsch 2-3/2015 universitätbonn 49 M E N S C HE N Georg Forster-Forschungsstipendiat bei Prof. Dr. Karl Schellander, Institut für Tierwissenschaften/Tierzucht und -haltung; Dr. Dilnoza Duturaeva, Uzbekistan Academy of Sciences, Tashkent, als Georg Forster-Forschungsstipendiatin bei Prof. Dr. Ralph Kauz, Abteilung für Sinologie; Dr. Jie Jiang, Georgia State University, Atlanta/USA, als Forschungsstipendiatin bei Prof. Dr. Christa Müller, Pharmazeutische Chemie I; Dr. Aleksandra Nikiforova, Russian Academy of Sciences, Moscow/ Russische Föderation, als Forschungs- stipendiatin bei Priv.-Doz. Dr. Heinzgerd Brakmann, Liturgiewissenschaft und Ostkirchenkunde/KatholischTheologische Fakultät; Prof. Pratyush Shankar, Center for Environmental Planning and Technology University, Ahmedabad/ Indien, als Forschungsstipendiat bei Prof. Dr. Julia Hegewald, Abt. Asiatische und Islamische Kunstgeschichte; Dr. Philip Shushkov, Yale University, New Haven/USA, als Forschungsstipendiat bei Prof. Dr. Stefan Grimme, Theoretische Chemie/Mulliken Center; Dr. Jayagopi Surendar, University of Madras, Indien, als Forschungsstipendiat bei Prof. Dr. Achim Hörauf am Institut für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Parasitologie; Prof. Danial Tataru, University of California Berkeley/USA als Humboldt-Forschungspreisträger bei Prof. Dr. Herbert Koch am Mathematischen Institut Dr. Akio Oishi, Universität Kyoto, Japan, im Rahmen eines zweijährigen Forschungsstipendiums bei Prof. Dr. Frank Holz an der UniversitätsAugenklinik Bonn. Erzählen Sie mal… Rheinische Lehre für den Arbeitsalltag Foto: Agnes Schmidt Ilse Anna Schwegmann – kurz Ilna – ist seit über 40 Jahren an der Uni Bonn. Ihre Dienststellen wechselten und waren vielseitig, heute ist sie Sekretärin der Fachgruppe und der Prüfungsämter Chemie. Aber ein Erlebnis hat sie nie vergessen: „In meinen Anfangsjahren bekamen wir ein Schreiben vom Leiter des damaligen Gartenamtes der Universität, das beantwortet werden musste. Irrtümlich hatte ich es zerrissen und musste es nun nochmals anfordern. Also hieß es Farbe beim Absender bekennen, das war mir schon sehr peinlich. Der Ur-Bonner sagte zu mir so in etwa: „Jo – dann schick‘ ich dat noch ens. Äwer dann muss de demmnächs besser oppasse.“ (Für nicht-Rheinländer: Ja – dann schicke ich das noch mal. Aber dann musst Du/müssen Sie demnächst besser aufpassen.) Damit war die Sache erledigt. Und mir ist so was nie mehr passiert.“ Die muss man gesehen haben! Hier finden Sie die Seiten der Museen und Sammlungen mit Ausstellungen und aktuellen Aktionen sowie zum YouTube-Kanal mit Videos aus den Präsentationen sowie zu der Reihe „Aktuelles Objekt“: www.museen.uni-bonn.de 50 forsch 2-3/2015 universitätbonn M E N S C HE N Bilderrätsel: Wozu gehört dieser Fotoausschnitt? Unter den richtigen Einsendungen verlosen wir jeweils zwei Eintrittskarten für das WOKI in der Oxfordstraße, die Bonner Kinemathek mit Spielorten in der Brotfabrik Beuel und dem Rheinischen Landesmuseum sowie eine Vorstellung aus der Reihe „NeunMalKlug“ im Endenicher Haus der Springmaus. Wir bedanken uns herzlich bei den drei Spendern, die der Uni über Veranstaltungskooperationen verbunden sind. Lösungen bitte bis zum 31. August per E-Mail an: [email protected] Aus Technik und Verwaltung Neuer Kanzler der Hochschule Pforzheim Christina Graf, Außenlabore AGE-CKA, am 2. Mai Bernd Welter, stellvertretender Finanzdezernent und Leiter der Haushaltsabteilung, wurde von den Gremien der Hochschule Pforzheim zum neuen Kanzler gewählt. In dieser Funktion wird er ab September den Bereich Wirtschaft und Personal verantworten und die Hochschulverwaltung leiten. Annette Schneider, Nutzpflanzenwissenschaft und Ressourcenschutz, am 14. Mai 25. Dienstjubiläum Henning Riebeling, Organischer Landbau, am 1. April Walter Ockenfels, Physikalisches Institut, am 2. April Wolfgang Klein, Verwaltung/Abt. 4.1, am 15. April Heiko Goertz-Ort, AGE Frankenforst, am 17. April Thomas Ehrich, Botanische Gärten, am 17. April Thomas Fuchs, Informatik III, am 30. April IMPRESSUM Dr. Alice Rabeler, Universitäts- und Landesbibliothek, am 31. Mai Ralf Stobbe, Verwaltung/Abt. 4.5, am 1. Juni Claudia Kamper, Verwaltung, Abteilung 3.1, am 8. Juni Elisabeth Gullmann, Studentensekretariat, am 8. Juni Martina Stephan, Verwaltung/ Abt. 6.1, am 8. Juni Monika Polsakiewicz, Zelluläre und Molekulare Botanik/Molekulare Evolution, am 11. Juni 40. Dienstjubiläum Rosemarie Hoffmann, Dekanat Landwirtschaftliche Fakultät, am 12. April Abschied in den Ruhestand Renate Valentino-Müller, Psychologisches Institut, am 30. April Christine Schröder-Diederich, Schwerbehindertenvertretung/HRZ, am 31. Mai Wolfgang Bosse, Pharmazeutische Chemie, am 31. Mai Josef Chmielewski, Botanische Gärten, am 31. Mai Regine Gille, Zentrale Studienberatung, am 31. Mai Heinz Hennes, Universitätsverwaltung/Abt. 4.1, am 31. Mai Christa Müller, IMBIO, am 31. Mai Hermann-Josef Müller, Nutzpflanzenwissenschaft und Ressourcenschutz, am 31. Mai Elisabeth Schmitt, Argelander-Institut für Astronomie, am 30. Juni Stefan Zöldi, Geographisches Institut, am 30. Juni forsch/Bonner Universitäts-Nachrichten herausgegeben im Auftrag des Rektorats der Rheinischen Friedrich-WilhelmsUniversität Bonn vom Dezernat Hochschulkommunikation Leiter: Dr. Andreas Archut (verantwortlich) Poppelsdorfer Allee 49, 53115 Bonn Telefon 0228/73-7647 Fax 0228/73-7451 E-Mail [email protected] Redaktion Ulrike Eva Klopp unter Mitarbeit von: Dr. Andreas Archut, Johannes Seiler Layout Wolfgang Bialek Titel Volker Lannert forsch online und Archiv www.forsch.uni-bonn.de Umsetzung: Triantafillia Keranidou Druck & Anzeigenverwaltung Köllen Druck+Verlag Ernst-Robert-Curtius-Str. 14 53117 Bonn-Buschdorf Tel.: 0228/98982-0 Fax: 0228/98982-22 E-Mail: [email protected] Auflage: 15.000 Für Mitglieder der Universitätsgesellschaft Bonn – Freunde, Förderer, Alumni e.V. ist der Bezug im Mitgliedsbeitrag enthalten. forsch 2-3/2015 universitätbonn 51 M E N S C HE N Last but not least Ralf Broch gehört zur Abt. 4.3 „Die dafür sorgt, dass alles läuft“. Früher für Heizung/Sanitär ist der Techniker heute unter anderem für Kompressoren und Löschanlagen zuständig. Noch länger als in der Uni ist er in der Freiwilligen Feuerwehr, nämlich über 35 Jahre. Nun wurde er zum Sprecher aller ehrenamtlichen Bonner Feuerwehrleute gewählt und vertritt für sechs Jahre ihre Belange. „Wenn ich groß bin, werde ich Feuerwehrmann.“ Wie war das bei Ihnen? Ein bisschen anders: Ein Klassenkamerad und ich hatten Langeweile und haben nachgefragt, warum es bei uns in Röttgen keine Jugendfeuerwehr gibt wie in Bonn. Das war der Anstoß, und so bin ich seit 1979 aktiv. Erst als normaler Feuerwehrmann, dann Gruppen- und Einheitsführer und jetzt als Sprecher. Mehr geht nicht. (lacht) Wann sind Sie in Bereitschaft? 365 Tage im Jahr – 24 Stunden pro Tag. Wenn etwas passiert, werde ich per Alarmempfänger oder Handy informiert. Theoretisch kann ich hier bei der Arbeit dann alles stehen und liegen lassen, das regelt das Feuerschutzund Hilfeleistungsgesetz NRW. Aber ich überlege jedes Mal, ob ich bei einem Einsatz unbedingt dabei sein muss: Bei „kleinem“ Alarm wie dem brennenden Mülleimer nicht. Aber bei einem Wohnungsbrand oder der höchsten Stufe unbedingt – das ist Stadtalarm, da rücken alle aus. Auch mehrtägige Einsätze außerhalb von Bonn gibt es, so wie beim Schneechaos im Münsterland. Oder ich bin mal zu Übungen und Schulungen weg. Was machen Sie am Einsatzort? Derzeit brauche ich keinen Helm und Schutzanzug, sondern bin in der Sonderfunktion „IuK“ meiner Einheit – Information und Kommunikation – und koordiniere in einem Container die Einsätze. Wann wurde es mal richtig schwierig? Bei Brandstiftungen in der Schulaula in Ückesdorf und im Wohngebiet Europaring. Besonders belastend ist, einen Unfalltoten aus dem Auto zu schneiden oder in ihrem Stall verbrannte Tiere zu sehen. Ich bin inzwischen erfahren im Verarbeiten. Aber wenn ich merke, jemand von meinen Leuten braucht Hilfe, reden wir ganz in Ruhe und holen uns auch Unterstützung. Wann kam ein Alarm mal wirklich unpassend? Wenn ich bei der Arbeit an etwas war, was sich nicht so schnell delegieren ließ. Privat beim ersten gemeinsamen Weihnachten mit meiner Frau – da war ich wegen einer Hochwasserkatastrophe mit dem Boot unterwegs, statt mit ihr zu feiern. Mit wem reden Sie als Sprecher worüber? Ich bin Bindeglied zwischen dem Amtsleiter und allen Freiwilligen. Die Bonner Berufsfeuerwehr hat drei Feuerwachen: in Bonn-Nord, Beuel und Friesdorf. Für uns 18 freiwillige Löscheinheiten – personell sind wir einschließlich Jugendfeuerwehr mit über 900 Frauen und Männern weit in der Überzahl gegen etwa 300 Berufsfeuerwehrleute – gilt in Bonn als kreisfreier Stadt die Vorschrift, dass wir einen eigenen Sprecher haben. Da geht es um Fahrzeuge, Ausstattung und Personalien. Außerdem bin ich in allen Kommissionen, auch einer Gruppe für spezielle Einsätze oder Beteiligung am Katastrophenschutztag. Zusätzlich haben wir 31 Freiwilligen-Sprecher in NRW uns vernetzt. Erinnern Sie sich an einen bestimmten Fehlalarm? Ich habe selbst mal einen ausgelöst – da hatte ich vergessen, im Juridicum eine Sprinkleranlage wieder auf Normalstart einzustellen und die Berufsfeuerwehr stand vor der Tür. Die Rechnung bekam dann die Technische Abteilung…. Aber das war einmal in 30 Jahren. Was sagt Ihre Familie zu diesem dauerhaften „Standby-Modus“? Meine Kinder – 18 und 20 – sind selbst bei der Freiwilligen Feuerwehr. Meine Frau lebt damit und unterstützt mich beim Administrativen. An der Uni sind übrigens außer mir etliche andere „Freiwillige“, auch hier bei uns im Katzenburgweg 13. 4Den Alarmempfänger hat Ralf Broch immer bei sich. Helm und zum Koordinieren von Einsätzen der Freiwilligen Feuerwehr nicht, statt Uni-Shirt trägt er dabei das der Stadt Bonn. 52 Foto: Ulrike Eva Klopp Schutzanzug braucht er forsch 2-3/2015 universitätbonn Warum tut man sich das an? Kameradschaft – Technik – Helfen! In beliebiger Reihenfolge. ULRIKE EVA KLOPP © Yuri Arcurs-Fotolia.com Sie wollen Zuverlässigkeit? Sie können auf uns zählen! GmbH KÖLLEN DRUCK+VERLAG www.koellen.de » Bei uns im Rheinland lassen wir keinen vor der Tür stehen! Konrad Beikircher, Kabarettist « Besuchen Sie unsere Plattform „Zimmer frei? /!“ mit der exklusiven Wohnbörse für Studierende und Studieninteressenten mit Studentenzimmern, Wohnungen, WGs und Wohnen auf Zeit. www.zimmerfrei-bonn.de Eine Gemeinschaftsaktion von:
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