Gesundheitsamt Jahresbericht 2014 Jahresbericht Fachstelle Sexuelle Gesundheit 2014 Hochsauerlandkreis -Der LandratGesundheitsamt Steinstraße 27 59872 Meschede 2 Jahresbericht Fachstelle Sexuelle Gesundheit 2014 Sehr geehrte Damen und Herren, die Fachstelle „Sexuelle Gesundheit― des Gesundheitsamtes aus den drei Säulen der AIDS-Koordination und –Beratung und der Beratungsstelle für sexuell übertragbare Krankheiten sowie der Schwangerschaftsberatungsstelle konnte auch im Jahr 2014 die von der WHO und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) herausgegebenen „Standards für Sexuality Education in Europe― ( Standards zur Sexualerziehung in Europa ) erfolgreich umsetzen. Aufgrund der weiter gestiegenen Anzahl an HIV-Positiven und der nach wie vor steigenden Zahl an Menschen in Deutschland, die sich mit einer anderen sexuell übertragbaren Erkrankung infizierten, stellt die Präventionsarbeit der Fachstelle auch zukünftig einen wichtigen Kern ihrer Arbeit dar. Das Aufgabenfeld der Fachstelle hat sich im Jahr 2014 um einen zusätzlichen Aspekt erweitert. Im Mai 2014 wurden vom Gesetzgeber Regelungen zur vertraulichen Geburt erlassen. Die Schwangerschaftsberatungsstellen sind mit der Durchführung des Verfahrens beauftragt, so dass die Fachstelle „Sexuelle Gesundheit― als Ansprechpartner für betroffene Frauen zur Verfügung steht. Das Jahr 2014 brachte aber auch personell eine wichtige Veränderung mit sich. Nach langjähriger Tätigkeit als AIDS-Koordinator wurde Herr Johannes Kleine mit Ablauf des Monats Mai in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet. Unter seiner Mitarbeit wurde die Fachstelle „Sexuelle Gesundheit― in ihrer jetzigen Form aufgebaut und etabliert. Für seine geleistete Arbeit möchte ich ihm an dieser Stelle nochmals herzlich danken. Seine Nachfolge hat am 01. Juni 2014 Herr Hubertus Martin angetreten. Mit der Übersendung des Jahresberichts 2014 möchte ich Sie über die vielfältigen Arbeitsbereiche der Fachstelle informieren und Sie anregen, die verschiedenen Präventionsangebote vielleicht auch in ihrem beruflichen oder ehrenamtlichen Aufgabenfeld zu nutzen. Dr. Karl Schneider Landrat des Hochsauerlandkreises Meschede, im Juni 2015 3 Jahresbericht Fachstelle Sexuelle Gesundheit 2014 Inhaltsverzeichnis 1. Kontaktdaten / Mitarbeiter 2. Einleitung 3. Personalwechsel in der Aidskoordination 4. Aufgabenbereiche in der Fachstelle 4.1. Leistungsinanspruchnahme der Fachstelle 4.2. Sexuell übertragbare Infektionen 4.2.1. HIV 4.2.2. Genitalwarzen / HPV-Infektion 4.2.3. Hepatitis A 4.2.4. Hepatitis B 4.2.5. Hepatitis C 4.2.6. Syphilis 4.2.7. Gonorrhoe ( Tripper ) 4.2.8. Chlamydien 4.3 Schwangerschaftsberatung 4.3.1. Finanzielle Hilfen 4.3.2. Vertrauliche Geburt 5. Prävention 5.1. Prävention Allgemeine Bevölkerung 5.2. Nachwachsende Generation 5.2.1. Babybedenkzeit 5.2.2. Familientag Krankenhaus Brilon 5.2.3. Prävention SexworkerInnen 6. Koordination 6.1. Öffentlichkeitsarbeit 6.1.1. Welt-Aids-Tag 7. Vernetzung 8. Qualitätssicherung 9. Entwicklungen in NRW und Bund 10. Fazit 4 Jahresbericht Fachstelle Sexuelle Gesundheit 2014 1. / Mitarbeiter Kontaktdaten / Kontaktdaten Mitarbeiter Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ Telefon: 0291 / 94-4440 E-Mail: [email protected] http://www.hochsauerlandkreis.de Dr. Barbara Binhold Ärztin der STI-Beratung Telefon: 02931/94-4440 Fax: 02931/94-26219 E-Mail: [email protected] Hubertus Martin ( bis zum 31.05.2015 Johannes Kleine ) AIDS-Koordinator AIDS-Berater Telefon: 0291/94-4711 Fax: 0291/94-26151 E-Mail: [email protected] Gerlinde Ossenbrink Schwangerschaftsberatung, Schwangerschaftskonfliktberatung Familienplanungsberatung Telefon: 0291/94-1209 Fax: 0291/94-26151 E-Mail: [email protected] Gudrun Befeld-Elkemann Stefanie Striebe Miriam Kreft Medizinische Fachangestellte Telefon: 02931/94-4288 Fax: 02931/94-26219 Sozialmedizinische Assistentin Telefon: 0291/94-1207 Fax: 0291/94-26151 Kauffrau im Gesundheitswesen Telefon: 0291/94-1117 Fax: 0291/94-26151 5 Jahresbericht Fachstelle Sexuelle Gesundheit 2014 2. Einleitung Die aktuellen Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) als zentraler Einrichtung der Bundesregierung auf dem Gebiet der Krankheitsüberwachung und –prävention sagen aus, dass zurzeit in Deutschland ca. 80.000 Menschen mit einer HIV-Infektion leben. Im epidemiologischen Bulletin 26/2014 gibt das RKI die Anzahl der Neuinfektionen mit 3263 Personen an. Im Vergleich dazu wurden im Vorjahr insgesamt 2976 Neuinfektionen übermittelt, was einen Anstieg von ca. 10 % bedeutet. Das Robert Koch-Institut geht von einer Dunkelziffer von 14.000 Personen aus, die in Deutschland leben und nichts von ihrer Infektion wissen, da sich noch keine Symptome der Erkrankung eingestellt haben. Aufgrund der verbesserten Therapiemöglichkeiten hat sich die Lebenserwartung von Infizierten deutlich verlängert, so dass in den kommenden Jahren mit einem Anstieg der Zahlen zu rechnen ist. Bei frühzeitiger Diagnosestellung haben HIV-Infizierte eine ähnlich hohe Lebenserwartung wie Gesunde und unterliegen kaum noch Einschränkungen in ihrer Lebensweise. In den großen Präventionskampagnen wird weiterhin verstärkt darauf hingewiesen, dass sich alle sexuell übertragbaren Erkrankungen gegenseitig in ihrer Infektiösität verstärken. Dieser Hinweis wird auch in Zukunft erforderlich sein, da die Zahlen z. B. der Syphiliserkrankungen weiter angestiegen sind und auch die anderen Infektionen auf dem Vormarsch sind. Hier sind vor allem Chlamydien, Gonokokken, Hepatitiden, Herpes, aber auch Trichomonaden zu nennen. Neben den genannten Inhalten spielt innerhalb der Anti-AIDS-Kampagnen auch die zunehmende Diskriminierung von HIV-positiven Menschen eine große Rolle. Obwohl die Betroffenen dank neuer Therapieformen häufig relativ symptomfrei leben können, werden sie innerhalb der Gesellschaft oftmals diskriminiert. Diese Diskriminierung kann beispielsweise am Arbeitsplatz, aber auch im Freizeitbereich erfolgen. Hierbei zeigt sich die in der Gesellschaft offensichtlich immer noch vorhandene Unwissenheit über die HIV-Infektion. Die Fachstelle hat sich zum Ziel gesetzt, dieser Entwicklung durch verstärkte Präventionsangebote entgegen zu wirken. Besonders die Präventionsangebote für die nachwachsende Generation sind darauf ausgelegt, junge Menschen zu einer verantwortlichen Sexualität zu führen. Nur das umfangreiche Wissen über die eigene Sexualität kann dazu führen, dass sich die Infektionsraten in den Bereichen HIV/AIDS und STI und ebenso ungewollte Schwangerschaften verringern. Die Fachstelle fühlt sich dem ganzheitlichen Ansatz zu erhöhter Wachsamkeit, Aufklärung und Diagnostik im Sinne der WHO-Definition „Sexuelle Gesundheit― verpflichtet und fördert durch die entsprechenden Angebote die sexuelle Verantwortung jedes interessierten Bürgers im Hochsauerlandkreis. Aus Gründen der einfachen Lesbarkeit wird im folgenden Bericht auf die geschlechtsneutrale Differenzierung verzichtet. 6 Jahresbericht Fachstelle Sexuelle Gesundheit 2014 3. Personalwechsel in der Aidskoordination Nach insgesamt 7jähriger Tätigkeit als Aidskoordinator in der Fachstelle „Sexuelle Gesundheit― wurde Johannes Kleine mit Ablauf des Monats Mai 2014 in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet. Unter seiner Mitarbeit wurden die drei Säulen HIV-AidsBeratung, STI-Beratung und Schwangerenberatung verbunden und gingen in der Fachstelle „Sexuelle Gesundheit― auf. Diese Umstrukturierung hat sich aufgrund einer erhöhten Multiprofessionalität und der Entwicklung einer Teamstruktur als effizient und effektiv für die tägliche Arbeit herausgestellt. Ein besonderes Anliegen stellte für ihn die regionale und überregionale Netzwerkarbeit dar. Unter seiner Regie wurden im Jahr 2012 die Jugendfilmtage mit verschiedenen Kooperationspartnern in Meschede durchgeführt. Des Weiteren nahm er regelmäßig an den Treffen der Landesarbeitsgemeinschaft der Aidskoordinatoren NRW teil und war über mehrere Jahre im Sprecherkreis des Verbandes der Aidskoordinatoren NRW vertreten. Eine große Würdigung erfuhren Johannes Kleine und die Fachstelle durch die 9. Sitzung der AG-AIDS-Prävention NRW als Koordinationsstelle des Landes zur Aids-Prävention im Mai dieses Jahres, da die Sitzung erst zum zweiten Mal in einer externen Einrichtung stattfand und dazu nach Meschede ausgelagert wurde. Die Vertreter des Gesundheitsministeriums und der Fachverbände haben sich dabei einen persönlichen Eindruck von der erfolgreichen Präventionsarbeit in einem ländlichen Flächenkreis verschaffen können. In einer kleinen Feierstunde verabschiedete sich Johannes Kleine von seinen Kollegen/innen des Gesundheitsamtes, nicht ohne zu erwähnen, dass er der Fachstelle auch in Zukunft für Fragen, aber auch für Präventionsveranstaltungen, gerne zur Verfügung steht. Die Nachfolge von Johannes Kleine als Aids-Koordinator trat zum 01. Juni 2014 Hubertus Martin an. 7 Jahresbericht Fachstelle Sexuelle Gesundheit 2014 4. Aufgabenbereiche der Fachstelle Koordination Prävention Öffentlichkeitsarbeit Präventionsveranstaltungen mit Jugendlichen, jungen Erwachsenen und Multiplikatoren Aufsuchende Arbeit bei Risikogruppen Rahmenplanung Regionale und überregionale Vernetzung Beratung Untersuchung Individuelle Beratung zu STI Beratung von Betroffenen und Angehörigen zu sexueller Identität und Lebensweise Schwangerenberatung, Schwangerschaftskonfliktberatung, Familienplanungsberatung anonym – kostenfrei – auch aufsuchend Individuelle Risikoabklärung zu allen STI Klinische Untersuchung Spezifische Testdiagnostik einschließlich HIV-Standard- und –Schnelltest Sprechstunden anonym – kostenfrei – auch aufsuchend Versorgung Sicherung der medizinischen, materiellen und psychosozialen Basisversorgung HIVPositiver und AIDS-Kranker Subsidiäre Behandlung anderer STI/ Überleitung in die Regelversorgung Unterstützung bei Schwangerschaft, Familienplanung, Hilfe bei der Durchsetzung gesetzlicher Ansprüche, Vermittlung von Beihilfen aus Hilfefonds, . Motivationsarbeit, Vermittlung an weitere Dienste, Case-Management Zukünftige Aufgaben und Trends Angebot weiterer STI-Diagnostik im Rahmen der HIV-Beratung Beratung und Begleitung von Schwangeren im Rahmen des Schwangerschaftskonfliktgesetzes (SchKG) zur „vertraulichen Geburt― 8 Jahresbericht Fachstelle Sexuelle Gesundheit 2014 4.1 Leistungsinanspruchnahme der Fachstelle Im Jahre 2014 wandten sich 658 Menschen mit ihren Fragen und Problemen an die Fachstelle. 285 Personen nahmen die diagnostischen Möglichkeiten zu HIV/STI wahr. In der Schwangerschaftsberatung nahmen 189 Personen die verschiedenen Möglichkeiten des Leistungsportfolios in Anspruch. Die Altersstruktur aller Ratsuchenden ergibt sich aus folgender Tabelle: Leistungsinanspruchnahme der FSG nach persönlicher Beratung 140 120 Achsentitel 100 80 60 40 Schwangerschaftsberatung en HIV STI 20 0 FSG insgesamt 4.2 Sexuell übertragbare Infektionen Die Behandlung von an HIV/Aids erkrankten Menschen hat weiter beachtliche Fortschritte gemacht. Hierbei spielt die zeitnahe Erkennung einer Ansteckung eine sehr große Rolle, da sich durch eine frühzeitig beginnende Therapie die Erfolgsaussichten in der Behandlung deutlich erhöht haben. Die Viruslast ( Anzahl der Viren im Körper ) kann durch eine zeitnah eingeleitete Therapie unter die Nachweisbarkeitsgrenze gedrückt werden, so dass Betroffene während der Behandlung quasi als nicht ansteckend gelten. Eine Heilung von HIV/Aids ist aber immer noch nicht möglich. Die Behandlung der anderen STI`s gestaltet sich im Gegensatz dazu zunehmend komplizierter, da einige Erreger gefährliche Resistenzen gegen bisher wirksame Antibiotika entwickelt haben. Vor diesem Hintergrund bekommt die Prävention von STI`s noch einmal einen besonderen Stellenwert. 9 Jahresbericht Fachstelle Sexuelle Gesundheit 2014 4.2.1 HIV Sind die Zahlen der HIV-/STI-Beratungen im Vorjahr leicht zurückgegangen, so sind sie für das Jahr 2014 wieder auf ein deutlich höheres Niveau angestiegen. Es zeigt sich, dass besonders in der Allgemeinbevölkerung das Angebot einer Beratung und Testdiagnostik verstärkt nachgefragt wird. Auf Nachfrage bei den Ratsuchenden kann festgestellt werden, dass hierbei das Informationsangebot im Internet eine sehr große Rolle spielt und der Wunsch nach einer Beratung und Testung in der Allgemeinbevölkerung steigt. Anzahl der HIV/STI-Beratungen 600 478 500 435 401 400 300 274 272 229 212 200 118 HIV-Teste 162 142 Beratungen 100 0 2010 2011 2012 2013 2014 Die Beratungen werden in 4-Augen-Gesprächen, telefonisch oder durch aufsuchende Arbeit durchgeführt. Aus dieser Beratung ergibt sich die Entscheidung zu Diagnostik und/oder Untersuchung bzw. anderweitiger Unterstützung. Die Beratungsanfragen ergeben nach Einteilung in Risikogruppen folgende Verteilung: Verteilung der Beratungen nach Risikogruppen 300 242 250 192 185 200 150 2010 144 108 109 105 100 2011 139 2012 2013 82 39 50 61 57 52 24 24 16 15 13 3 5 9 33 53 1934 2014 0 Hetero Prostitution MSM Bisex ohne Angabe 10 Jahresbericht Fachstelle Sexuelle Gesundheit 2014 Aus dieser Tabelle zeigt sich deutlich, dass besonders die Anzahl der Ratsuchenden mit heterosexuellem Hintergrund gestiegen ist. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund interessant, dass sich die Anzahl der HIV-Infizierten im heterosexuellen Bereich lt. Robert Koch-Institut in den letzten Jahren bundesweit deutlich erhöht hat. Die Entwicklung deutet auf ein erhöhtes Risikobewusstsein wie auch auf einen gestiegenen Bekanntheitsgrad der Fachstelle hin. Die Zahlen in der Risikogruppe „Prostitution―, MSM (Männer die Sex mit Männern haben) und „Bisex― (Ratsuchende, die beiden Geschlechtern zugeneigt sind) sind auf ähnlichem Niveau wie im Vorjahr. Anzahl der HIV-Schnell-/Standardteste 250 229 213 200 179 162 150 147 142 2011 119 2012 99 100 82 43 50 34 75 43 21 38 33 2013 2014 0 HIV-Teste insgesamt Standardteste Schnellteste Außendienst Bei der HIV-Testung zeigt sich eine deutliche Erhöhung der HIV-Schnellteste gegenüber den Standardtesten. Ratsuchende die an einem HIV-Test interessiert waren, fragten vermehrt und gezielt nach einem HIV-Schnelltest. Einen gewissen Informationsstand über unterschiedliche Testangebote hatten sie sich dabei bereits im Vorfeld über das Internet verschafft. Besonders die Ratsuchenden mit heterosexuellem Hintergrund fragten verstärkt einen HIV-Schnelltest nach. Hierbei spielte für die Ratsuchenden eine große Rolle, dass das Testergebnis bereits nach ca. 30 Minuten mitgeteilt werden kann und so ein weiterer Termin zur Ergebnismitteilung für sie entfällt. Im Berichtszeitraum wurde 1 Person als HIV-infiziert getestet. Dies entspricht einer positiven Rate von 0,44 Prozent. Das Landeszentrum Gesundheit (LZG) in Münster weist für die Gesundheitsämter in NRW für das Jahr 2014 eine Positivenrate von 0,97 Prozent aus. 11 Jahresbericht Fachstelle Sexuelle Gesundheit 2014 4.2.2 Genitalwarzen / HPV-Infektionen Genitalwarzen sind die weltweit häufigste STI. Sie sind oft symptomlos. Genitalwarzen werden manchmal von betroffenen Personen selbst bemerkt, wenn sie im äußeren Genitalbereich lokalisiert sind. Bei Lokalisation im Rektum oder in der Vagina sind sie aber vom Patienten selbst nicht feststellbar. Auslöser ist das Human Papillomavirus. Da bestimmte Subtypen Karzinome auslösen können, hat die STIKO die Impfung junger Mädchen zwischen 9 und 12 Jahren inzwischen in die Impfempfehlungen aufgenommen. In dem Klientel der Beratungsstelle finden sich fast keine Frauen, die geimpft sind. Das Wissen über eine mögliche Impfung ist noch wenig verbreitet, bis hin zu völliger Unkenntnis. Zudem ergibt sich häufig bei Menschen mit geringen Sprachkenntnissen (u.a. Analphabetismus) eine Verwechslungsproblematik zwischen HPV und HIV. Insgesamt suchten 28 Personen die Fachstelle auf, bei denen entsprechende Befunde erhoben wurden. Die Therapie ist sehr individuell nach Ausprägung zu gestalten, wobei immer zunächst andere STI’s ausgeschlossen werden sollten. Eine kurative Therapie ist nicht möglich. Das bedeutet für die Patienten, dass auch nach erfolgter einmaliger Sanierung durch Lokalbehandlung oder auch operative Entfernung eine kontinuierliche Nachsorge erfolgen sollte. Es kommt fast nie zur Spontanheilung und eine maligne Entartung ist bei bestimmten Subtypen des Erregers möglich. Safer Sex mit Kondom ist allein nicht ausreichend für die Prophylaxe. Als „goldener Standard― gilt inzwischen die Impfung (in Australien konnte bei einer Durchimpfungsrate der jungen Frauen / Mädchen ab dem 12. Lebensjahr von 70% eine Reduzierung der Genitalwarzen um mehr als 40% erreicht werden). Umso wichtiger ist die Aufnahme dieses Themas in alle präventiven Projekte, deshalb soll das Thema HPV-Impfung auch in den Präventionsveranstaltungen vermehrt aufgegriffen werden. 4.2.3 Hepatitis A Unter den viral ausgelösten Leberentzündungen ist die Hepatitis A die häufigste, die in der Regel spontan ausheilt. Sie hinterlässt eine Immunität. Hepatitis A ist in wärmeren Ländern häufig bzw. dann, wenn die hygienischen Bedingungen im Umgang mit Lebensmitteln nicht ausreichend sind. („Reisehepatitis―) Sexuelle Kontakte anal-oral sind ein Übertragungsweg, auch über die Hände kann Hepatitis übertragen werden. Der wichtigste Schutz ist die Impfung und eine gute Hygienepraxis. Kondome verringern das Infektionsrisiko kaum. Da es einen gut wirksamen Kombinationsimpfstoff für die Hepatitis A und B gibt, sollte dies bei der Erstellung eines Impfkonzepts für die Fachstelle (s. Hepatitis B) berücksichtigt werden.1 1 Robert Koch-Institut, Ratgeber Hepatitis A, Stand 16.01.2015 12 Jahresbericht Fachstelle Sexuelle Gesundheit 2014 4.2.4 Hepatitis B Kaum eine Infektionskrankheit ist häufiger als Hepatitis B. Ursächlich ist das Hepatitis B Virus, wobei in Deutschland ca. 7% der Bevölkerung Antikörper im Blut haben. Die Folgen sind sehr unterschiedlich, häufig heilt die Erkrankung unter Schonung der Leber von selbst aus. Sind nach 6 Monaten noch Viren im Blut nachweisbar, spricht man von einer chronischen Infektion. Die Übertragung erfolgt über Blut oder andere Körperflüssigkeiten wie z.B. Sperma. Insofern besteht ein erhöhtes Risiko bei Personen, die viele Sexualpartner haben und keine Kondome verwenden, häufigen Kontakt mit Blut oder Blutprodukten haben und verunreinigte Spritzen verwenden (z.B. bei i.v. Drogenabhängigkeit). Es steht ein wirkungsvoller und gut verträglicher Impfstoff zur Verfügung. Lt. RKI haben 32.9% der deutschen erwachsenen Bevölkerung mindestens 1 Schutzimpfung bekommen.2 Die Impfung ist inzwischen in die Impfempfehlungen der STIKO aufgenommen. Die Beratung zur Impfprophylaxe ist schon lange Standard in der Beratung durch die Fachstelle. Die Erfahrung zeigt leider, dass insbesondere Risikogruppen nicht aus eigener Initiative zur Impfung über das gesundheitliche Regelversorgungssystem gelangen. (Sprachschwierigkeiten, keine Krankenversicherung, Vermeidung des Kontakts zu Praxen, die dann auch die Personalien erheben, Angst vor entstehenden hohen Kosten usw.) Sie erwarten: „Wenn ich vorbeugen kann, dann will ich es jetzt―. Diesbezüglich soll 2015 ein Konzept zu einem Impfangebot in besonderen Fällen durch die Fachstelle erarbeitet werden. Die Fachstelle führte 2014 insgesamt 119 serologische Testungen durch. Akut behandlungsbedürftige Hepatitis B-Infektionen fanden sich nicht. 4.2.5 Hepatitis C Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation infizieren sich jährlich 3-4 Mio. Menschen mit dem Hepatitis-C-Virus. Geschätzt wird, dass dadurch 2-3 % der Weltbevölkerung chronisch infiziert sind. Deutschland zählt eher zu den Ländern mit niedriger Prävalenz. Es existiert kein Impfstoff, über den man sich schützen könnte. Die therapeutischen Möglichkeiten haben sich dagegen gerade in den letzten Jahren extrem verbessert. Die Hepatitis C wurde früher nicht zu den sexuell übertragbaren Infektionen gezählt, inzwischen ist sie im Rahmen dieser Infektionen „ein fester Bestandteil―. Oftmals verläuft die Infektion ohne Symptome, d.h. insbesondere die von den meisten Menschen erwartete Gelbfärbung der Haut bleibt aus und Infizierte verspüren nicht mehr als die Symptome, wie sie auch durch virale Infektionen als „Grippe― oder „Erkältung― imponieren. Umso wichtiger ist die Aufklärung. In der Fachstelle wurde 2014 bei 116 Personen eine serologische Diagnostik auf Hepatitis C durchgeführt. Dabei wurde eine akut infektiöse Hepatitis C diagnostiziert. Bei nicht vorhandener Krankenversicherung war die Einleitung einer Therapie entsprechend schwierig. Da kein Impfstoff zur Prävention zur Verfügung steht, müssen die Ratsuchenden über die eigenen Schutzmöglichkeiten informiert werden. Bei sexuellen Kontakten ist das Kondom unverzichtbar. Viele Menschen benutzen aber auch arglos Zahnbürsten anderer, Nagelscheren etc. worüber die Hepatitis C auch übertragen werden kann. Drogengebrauchende Klienten benötigen eine spezielle Aufklärung zum sogenannten „Safer Use―. 2 Bundesgesundheitsblatt 2013 56:845–857 13 Jahresbericht Fachstelle Sexuelle Gesundheit 2014 Die Hepatitis C ist meldepflichtig und die vom Robert Koch-Institut erfassten Daten weisen leicht rückgängige Meldungen auf. Allerdings ist dabei zu berücksichtigen, dass die Hepatitis C nur selten Symptome macht (eine hohe Dunkelziffer wird angenommen). Sie wurde im Europäischen Parlament diesbezüglich auch schon als „lautloser Killer― bezeichnet. Wird die Infektion nicht erkannt, kann die Chronifizierung zur Leberzirrhose und darüber zum Leberzellkarzinom führen. Das Übertragungsrisiko durch sexuelle Kontakte wird im Allgemeinen als gering eingestuft. Bei gleichgeschlechtlichen Sexualkontakten unter Männern, bei bestimmten sexuellen Praktiken wird allerdings ein relevantes sexuelles Übertragungsrisiko gesehen.3 Inzwischen sind der Beratungsstelle mehrere SexarbeiterInnen bekannt, bei denen durch eine konsequente Therapie kein Virus im Blut mehr nachweisbar ist. Eine frühzeitige Diagnose kann Lebensqualität und die Leber retten. 4.2.6 Syphilis Das aktuelle Epidemiologische Bulletin des Robert Koch-Instituts beschreibt den weiter anhaltenden Anstieg der Syphilisinfektionen in Deutschland seit 2010. Der überwiegende Teil dieser Infektionen betrifft das Klientel der Männer, die Sex mit Männern haben (MSM). Ein relevanter Anteil der heterosexuell übertragenen Infektionen mit dem Erreger der Syphilis „Treponema pallidum― geht auf Kontakte in Zusammenhang mit Sexarbeit zurück. Die Fachstelle hat 2014 insgesamt 128 Blutuntersuchungen auf Syphilis bei ratsuchenden Personen als indiziert erachtet und durchgeführt. Dabei wurden insgesamt 3 akute Infektionen diagnostiziert. Eine adäquate Behandlung dieser Personen gestaltete sich äußerst schwierig bei nicht vorhandener Krankenversicherung Sprachschwierigkeiten Notwendigkeit des Einsatzes alternativer Antibiotika-Therapie 2014 war das Medikament der Wahl zur Behandlung der Syphilis (Benzathin-Penzillin G) lange Zeit nicht erhältlich, so dass auf Alternativen zurückgegriffen werden musste. Diese verlangen allerdings eine hohe Compliance der Patienten, denn es werden intravenöse Behandlungen an 10 aufeinanderfolgenden Tagen erforderlich. Insofern bedurfte es starker Unterstützung der Behandlung durch die Fachstelle in enger Kooperation mit den Praxen der Regelversorgung. Es ist gelungen, jeweils eine abschließende Untersuchung durchzuführen, über die der Nachweis nicht mehr vorliegender Infektiosität erbracht werden konnte. Die Sprachschwierigkeiten führten zudem zu einem hohen Aufwand bei der Ermittlung möglicher Kontaktpersonen. Bei der häufig gleichzeitigen Erkrankung an Syphilis und HIV ist es gelungen, in allen Fällen die vom RKI dringend bei Syphilisinfektion empfohlene HIV-Testung durchzuführen. 3 RKI – Ratgeber Hepatitis C Stand 03.04.2014 14 Jahresbericht Fachstelle Sexuelle Gesundheit 2014 4.2.7 Gonorrhoe (Tripper) Für den bakteriellen Erreger Neisseria gonorrhoe ist der Mensch der einzige Wirt. Nach Schätzungen der WHO kommt es weltweit pro Jahr zu 106 Mio. Erkrankungsfällen. In Deutschland gibt es mit Ausnahme des Bundeslands Sachsen keine Meldepflicht. In anderen Industrienationen gibt es Hinweise auf eine Zunahme der Infektionen, in Deutschland hat Sachsen zwischen 2003 und 2011 eine Verdopplung der Meldungen registriert. Das Problem der Verbreitung liegt in der oftmals symptomlosen Infektion: ca. 50% der Frauen symptomlos und ca. 10% der Männer symptomlos. Bei Frauen besteht ein hohes Risiko einer sich aus dem Gebärmutterhalskanal über die Eileiter in den Bauchraum ausbreitenden Infektion. Diese kann Verwachsungen zurücklassen mit chronischen Schmerzen und der Folge von Unfruchtbarkeit. Die Diagnostik erfolgt als Labordiagnostik über den DNA-Nachweis. Da oropharyngeale Gonorrhoe zwar seltener aber fast immer symptomlos ist, wird die Fachstelle zukünftig bei gegebener Indikation auch Rachenabstriche untersuchen. Zudem ist je nach Risiko hinsichtlich der ausgeübten Sexualpraktiken auch ein Rektalabstrich erforderlich. In der Fachstelle wurde 2014 bei 4 Klienten eine akute Gonorrhoe diagnostiziert. Die Therapie ist inzwischen problematisch, da die Erreger zunehmend Resistenzen gegen die bisher eingesetzten Antibiotika entwickeln. Nach den Therapieleitlinien der DSTIG (Deutsche STI-Gesellschaft) darf nur noch dann, wenn eine Resistenzbestimmung des Erregers vorausgegangen ist und damit nachgewiesen ist, dass der Erreger auf eines der bisherigen Antibiotika einer oralen Therapie (Tabletteneinnahme) noch reagiert, eine solche auch durchgeführt werden. Dafür bedarf es aber der Anzüchtung des Erregers und seiner Testung im Labor. Dieses Vorgehen kostet Zeit, in der der Patient weiterhin infektiös bleibt, die als belastend von den Patienten erlebt wird und z.B. im Bereich der Sexarbeit insofern nicht der Lebensrealität entspricht. Insofern behandelte die Fachstelle alle o.g. Infektionen mit einer i.v. Gabe und einer zusätzlichen einmaligen Tabletteneinnahme entsprechend der Therapieleitlinien. Alle in der Fachstelle diagnostizierten Fälle mussten im Sinne des §19 IfSG vom Gesundheitsamt subsidiär behandelt werden, da die Patienten nicht krankenversichert waren, in Deutschland nicht ausreichend orientiert waren und zunächst einmal überhaupt Einsicht (Patienten fühlen sich gesund, obwohl infiziert und für andere infektiös) in Therapienotwendigkeit hergestellt werden musste. Die Resistenzentwicklung der Gonokokken ist im Rahmen der gesamten Resistenzproblematik der Antibiotika-Therapie zu sehen. In der Fachstelle wird oft deutlich, dass z.B. in Rumänien Antibiotika ohne eine ärztliche Diagnose oder Verordnung gekauft werden können und in „Eigenregie― des Patienten angewandt werden. Die freie Verkäuflichkeit der Antibiotika in einigen Ländern und das von einigen Menschen praktizierte „Doktor-Hopping― hatten in einem Fall „unklarer― Beschwerden zur Einnahme von 10 verschiedenen Antibiotika ( ! ) geführt. Die „Pharmazeutische Zeitung online“ am 30.04.2014: Antibiotika-Resistenzen: WHO ist aufs Höchste besorgt 15 Jahresbericht Fachstelle Sexuelle Gesundheit 2014 4.2.8 Chlamydien Insgesamt gibt es wenig belastbare Daten zur Prävalenz dieser STI’s überhaupt und in Risikogruppen. Die KABP-Surv STI Studie4 (Knowledge, Attitude, Behaviour, Practices) des RKI aus 2011 hatte gezeigt, dass ein höheres Infektionsrisiko für STI’s bei SexarbeiterInnen ohne Kontakt zu den lokalen Gesundheitsämtern besteht. Sentinel-Studien des Robert Koch-Instituts5 hatten in den Jahren nach Einführung des Infektionsschutzgesetzes 2001 Hinweise dafür ergeben, dass Chlamydien auch in Deutschland zu den häufigsten sexuell übertragbaren Erkrankungen gehören. Die Infektion kann Wochen und Monate unbemerkt bleiben, vermutlich ist sie verantwortlich für zahlreiche Infektionen des weiblichen inneren Genitales bis hin zur Bauchfellentzündung und damit für viele Fälle von Unfruchtbarkeit oder auch Eileiterschwangerschaft. Von November 2012 bis September 2013 führte das Robert Koch-Institut in Zusammenarbeit mit den Gesundheitsämtern in NRW, Hamburg und Bremen eine Studie zur Prävalenz des Erregers durch. Durch den Studienteil STI-HIT wurde die Prävalenz von Chlamydien bei Menschen erfasst, die sich wegen eines HIV-Tests an das Gesundheitsamt gewandt hatten. Der Studienteil STI-Outreach erfasste durch aufsuchende Tätigkeit der Gesundheitsämter ein Klientel von Sexarbeitern / Sexarbeiterinnen, welches das Gesundheitsamt aus verschiedenen Gründen in der Regel nicht selbst erreicht. (Probleme durch Aufenthaltsstatus, Bildungsgrad, Sprachkenntnisse, Angst vor Stigmatisierung). Neben Chlamydien wurden in der Studie auch Gonorrhoe und Trichomonadeninfektionen erfasst. Diese Studie, an der sich auch der Hochsauerlandkreis beteiligt hat, erreichte Menschen folgender Herkunftsländer: 27,3 % 27,6 % 20,7 % 12,4 % Bulgarien Rumänien Polen Deutschland 4 Robert Koch-Institut. Bericht: Workshop des Robert Koch-Instituts zum Thema STI-Studien und Präventionsarbeit bei Sexarbeiterinnen, 13.-14. Dezember 2011. Berlin 2012 5 „High prevalence of genital infections with chlamydia, gonorrhoea and trichomonas in hard-to-reach female sexworkers in Germany: prliminary data oft he STI-Outreach study― www.ecdc.europa.-en-ESCAIDE-MaterialsPresentations%202013-chlamydia-gonorrhoae-trichomonas-Jansen-session-18-2013.pdf 16 Jahresbericht Fachstelle Sexuelle Gesundheit 2014 Im Ergebnis wurde festgestellt, dass Menschen, die ein Gesundheitsamt wegen eines HIVTests aufsuchen, nur ein geringes Risiko haben zusätzlich mit Chlamydien infiziert zu sein. Demgegenüber wurden ca. 10% der getesteten „schwer zu erreichenden― SexworkerInnen positiv auf Chlamydien getestet und wurden in der Regel von den Gesundheitsämtern auch therapiert bei nicht vorhandenem Zugang zur Regelversorgung, ungeklärtem Aufenthaltsstatus etc. Das RKI empfiehlt, entsprechend diese Testdiagnostik (über Selbstabstich bzw. Urin möglich) indikationsbezogen durch die Gesundheitsämter einzusetzen. Im Hochsauerlandkreis ergab sich eine absolut vergleichbare Inzidenz zu NRW und auch zu den Großstädten Bremen und Hamburg. Die Fachstelle sexuelle Gesundheit hat in 2014 10 Chlamydieninfektionen festgestellt – alle ohne Symptome – und entsprechend behandelt bzw. einer Behandlung zugeführt. Damit waren 8,5 % der eingesandten Proben positiv. Zusammenfassende Empfehlungen des RKI: Spezifische Angebote für ausländische SexworkerInnen mit geringen Sprachkenntnissen - Testung und Behandlung anonym und kostenfrei ( ÖGD ) Dauerhafte Outreach-Arbeit Kultur- und Sprachmediation zentral wichtig 17 Jahresbericht Fachstelle Sexuelle Gesundheit 2014 4.3 Schwangerschaftsberatung Entgegen dem bundesweiten Trend mit einer sinkenden Zahl von Schwangerschaftsabbrüchen stieg die Zahl der Schwangerschaftskonfliktberatungen im Gesundheitsamt erstmalig seit 2011 wieder an. Die Zahl der Klientinnen mit Fragen und Unterstützungsbedarf zur Schwangerschaft und Verhütung sank dagegen. Schwangerenberatung 120 98 100 80 90 89 79 76 69 Konfliktberatung 60 55 60 Schwangerenberatung Familienplanung 40 20 11 15 14 7 0 2011 2012 2013 2014 Im Besonderen wurden im Jahr 2014 einige minderjährige Schwangere betreut, die in den Randbereichen des Hochsauerlandkreises wohnten. Im Rahmen dieser Fälle wurden viele Außentermine erforderlich. Die Motivierung zur Annahme von Hilfen erforderte einen intensiven Einsatz und eine gute Zusammenarbeit mit den Familien der Klientinnen, mit Hebammen, Jugendämtern und Ärzten. Die finanzielle Absicherung der jungen Schwangeren wurde mit Unterstützung der Beratungsstelle, durch Begleitung bei den Antragstellungen und Rücksprachen mit den zuständigen Ämtern durchgesetzt. Auffällig war der Bedarf an Information und Hilfe bzgl. Kindergeld und Elterngeld insgesamt. Deutlich mehr Schwangere nahmen die Unterstützung der Beratungsstelle für die Antragstellungen in Anspruch. 4.3.1 Finanzielle Hilfen Die Antragszahlen an die „Bundesstiftung Mutter und Kind― stiegen von 38 auf 42 Fälle. Insgesamt wurden 23.100,- € in 2014 ausgezahlt. 3.100,- € wurden bereits für 2015 bewilligt. Wie in den Vorjahren handelte es sich um Beihilfen für Schwangerschaftskleidung, Erstausstattung sowie in Einzelfällen Wohnung und Einrichtung. In 9 Fällen wurden Beihilfen aus dem „Sonderfonds des Hochsauerlandkreises für Schwangere und zur Verhütung― beantragt, insgesamt 3410,- €. 5 Beihilfen waren zur Finanzierung von Langzeitverhütung, 4 Beihilfen wegen Schwangerschaft erforderlich. 18 Jahresbericht Fachstelle Sexuelle Gesundheit 2014 4.3.2 Vertrauliche Geburt Mit Wirkung zum 01. Mai 2014 wurden die gesetzlichen Regelungen „zur vertraulichen Geburt― im Schwangerschaftskonfliktgesetz (SchKG) aufgenommen. Zielgruppe: Schwangere, die aus Angst die Schwangerschaft verheimlichen, heimlich und allein entbinden, ihr Kind aussetzen oder verletzen würden. Zuständig für die Durchführung des Verfahrens sind die Schwangerschaftsberatungsstellen. Die einzelnen Schritte während des Verfahrens sind durch den Gesetzgeber genau festgelegt. Die erforderlichen Informationsmaterialen wurden vom Bund an alle potentiell Beteiligten an vertraulichen Geburten zugesandt (Ärzte, Hebammen, Entbindungsstationen, Jugendämter, Standesämter, Gerichte u.a.). An öffentlichen Stellen, z.B. in öffentlichen Verkehrsmitteln, wurden Aufkleber mit der kostenlosen bundesweiten Telefonhotline angebracht. In Arnsberg hielten auf Einladung des städtischen Jugendamtes die Schwangerschaftsberatungsstellen von Gesundheitsamt und Donum Vitae gemeinsam einen Vortrag vor ca. 50 Teilnehmer/Innen aus Kindergärten, Schulen, Praxen, Kliniken, Ämtern und anderen Beratungsstellen. Es zeigte sich, dass trotz der intensiven Öffentlichkeitsarbeit des Bundes vielfach die Regelungen zur vertraulichen Geburt teilweise oder völlig unbekannt waren. Aus diesem Grund soll im Jahr 2015 eine weitere Veranstaltung mit Ärzten und Hebammen in Arnsberg durch das Jugendamt organisiert werden. Auf Einladung des Kreisjugendamtes konnte auch in Brilon während einer Sitzung des Netzwerkes „Frühe Hilfen― der Vortrag gehalten werden. Es ergab sich eine rege Diskussion über Details der vertraulichen Geburt. Eine Folgeveranstaltung soll voraussichtlich 2015 mit dem Krankenhaus Brilon und allen anderen regional am Verfahren Beteiligten erfolgen. 19 Jahresbericht Fachstelle Sexuelle Gesundheit 2014 5. Prävention Neben der individuellen Beratung sind personalkommunikative Präventionsmaßnahmen eine weitere Säule der Fachstelle Sexuelle Gesundheit. Wie im Vorjahr standen hierbei die SexworkerInnen und die nachwachsende Generation im Mittelpunkt der Präventionsarbeit. Die gestiegene Anzahl an Präventionsveranstaltungen zeigt, dass die Fachstelle weiter an Bekanntheit zugenommen hat und von Schulen gerne als Ergänzung zum Unterricht angefragt wird. 5.1 Prävention Allgemeine Bevölkerung Die allgemein ansteigenden Zahlen bei den sexuell übertragbaren Infektionen lassen darauf schließen, dass innerhalb der Allgemeinbevölkerung eine gewisse Sorglosigkeit gegenüber STI´s und ein insgesamt gesteigertes sexuelles Risikoverhalten zunehmen. Möglicherweise spielen dabei Meldungen im Internet und Printmedien eine große Rolle, die suggerieren, dass eine Heilung oder Impfung gegen HIV kurz vor der Einführung stehen. Ratsuchende, die nicht den klassischen Risikogruppen zuzuordnen sind, suchen vor diesem Hintergrund vermehrt eine kompetente und vorurteilsfreie Beratung mit der Möglichkeit, sich auch auf andere STI`s testen zu lassen. Das Angebot der anonymen und kostenfreien Beratung und Testung der Fachstelle stellt in seiner jetzigen Form einen wichtigen Eckpfeiler in der Präventionsarbeit dar und erfüllt den gesetzlichen Auftrag des Infektionsschutzgesetzes. Vor allen Dingen durch Veröffentlichungen in den Printmedien bezog die Öffentlichkeitsarbeit der Fachstelle die Allgemeinbevölkerung mit ein. 5.2 Nachwachsende Generation Im Jahr 2014 wurde eine hohe Zahl an Präventionsveranstaltungen mit Schulen, vielfach auch in Kooperation mit anderen Beratungsstellen, durchgeführt. Im Folgenden werden einige besondere Projekte vorgestellt. 5.2.1 Babybedenkzeit 2014 beteiligte sich die Beratungsstelle des Gesundheitsamtes an mehreren „Babybedenkzeiten― mit den Jugendämtern Arnsberg und Schmallenberg. Zusätzlich wurde in einem Projekt in der Marienschule Brilon (Kath. Realschule) die gesamte Organisation der dortigen „Babybedenkzeit― durch das Gesundheitsamt in Zusammenarbeit mit der Schulsozialarbeiterin übernommen. Eine Kooperation erfolgte außerdem mit den Hebammen des Krankenhauses Maria-Hilf in Brilon sowie der „Offenen Tür― Brilon. Die Schüler/Innen waren an der Auseinandersetzung mit Elternschaft und verantwortlicher Sexualität sehr interessiert. Im Schulunterricht waren im Vorfeld Themen wie Lebensplanung, Hilfsangebote für Schwangere, aber auch Schwangerschaftsabbruch bearbeitet worden. Es erfolgte eine Vorbereitungsphase mit Elterninformation, die Hebammen gestalteten eine Doppelstunde zu den Themen Schwangerschaft und Geburt. 20 Jahresbericht Fachstelle Sexuelle Gesundheit 2014 „Schwangerschaft und Geburt― Das aktive Rollenspiel startete mit einer „Geburtsstunde―. Die Babys waren mit verschiedenen Tagesabläufen für die 5 Tage und 4 Nächte dauernde Simulation programmiert und begannen durch Weinen oder Quengeln ihre Eltern zu fordern. Die Eltern hatten für ihr Baby einen Erkennungschip, so dass nur sie die Betreuung durchführen konnten. Jeweils 2 Schülerinnen betreuten gemeinsam 1 Babysimulator. Sie mussten herausfinden, ob sie mit der Flasche, Windelwechsel, aufstoßen lassen oder herumtragen ihr Kind zufrieden stellen konnten. Außerdem führten sie ein sogenanntes „Baby-Tagebuch― und hielten besondere Erfahrungen schriftlich fest. Ein Chip zeichnete den gesamten Simulationsverlauf auf. Jede Vernachlässigung oder grobe Behandlung wurde so mit genauer Zeitangabe fest gehalten. Während der Simulation konnten die Teilnehmerinnen am Projekt über eine Handynummer durchgehend Rat und Hilfe der Beratungsstelle anfordern. Dies wurde 3 mal genutzt. Nach Beendigung der Simulation wurden die einzelnen Auswertungsprotokolle mit den Teilnehmerinnen besprochen. Insgesamt wurde ein sehr gutes Betreuungsverhalten aufgezeichnet, die Teilnehmerinnen waren zwar müde, konnten aber mit sich sehr zufrieden sein. Nach Abschluss der Babybedenkzeit erfolgte mit der ganzen Klasse eine interaktive Auseinandersetzung mit den Themen „Verhütung, Schutz und verantwortliche Elternschaft―. „Als junge Mama zieht man viele Blicke auf sich. Das war zunächst ein komisches Gefühl.“ (Teilnehmerin) 21 Jahresbericht Fachstelle Sexuelle Gesundheit 2014 Die Schule verfasste einen Bericht über das Projekt und erhielt für die gelungene Konzeption und Durchführung einen 1. Preis im Synergia-Wettbewerb des Erzbistums Paderborn. Der Preis in Höhe von 3000,- € wurde vom Erzbischof in Paderborn verliehen. Preisverleihung in Paderborn Auf Grund der Nachfrage nach individuellen Einsätzen eines Babysimulators bei jungen Mädchen/Paaren mit Kinderwunsch durch andere Beratungsstellen und Jugendämter wurde ein Simulator für die Beratungsstelle durch den Hochsauerlandkreis angeschafft. Aus der Zusammenarbeit mit den Hebammen des Krankenhauses im Rahmen der Babybedenkzeit und der gemeinsamen Öffentlichkeitsarbeit ergab sich eine weitere Zusammenarbeit: 5.2.2 Familientag Krankenhaus Brilon Das Krankenhaus Maria-Hilf in Brilon veranstaltet jährlich einen „Tag der offenen Tür― mit wechselnden Themen. Für das Jahr 2014 war das Thema „Prävention― vorgesehen. Da am Vortag, dem sogenannten Familientag, ein spezielles Angebot für Schulklassen erfolgen sollte, wurde gemeinsam mit Mitarbeiter/Innen des Krankenhauses und der Krankenpflegeschule über sinnvolle Inhalte und Methoden diskutiert. Die Entscheidung fiel auf den von der KoT (Kleinen offenen Tür) Eslohe angefertigten „Gib-Gummi― – Parcours zum Thema HIV, STI, Verhütung und Schutz. Das Angebot sollte sich an die Klassen 8 bis 10 richten. Aus der guten Kooperation mit dem Kreisjugendamt ergab sich, dass dieses den Schulen parallel den „Klarsicht― – Parcours zum Thema Alkohol und Tabakprävention anbieten konnte. Für die Durchführung eigneten sich die Klassenräume der Krankenpflegeschule Für die verschiedenen Stationen der beiden Parcours wurden Schülerinnen der Krankenpflegeschule als Moderatoren eingesetzt und im Vorfeld durch die Fachstelle bzw. das Jugendamt geschult. Dies erfüllte gleich mehrere Ziele: 22 Jahresbericht Fachstelle Sexuelle Gesundheit 2014 an einem Veranstaltungstag konnten sich verschiedene Schulen beteiligen, der personellen Ressourcen der Fachstelle und des Jugendamtes reichten aus, mit den Moderatoren/Innen wurden Multiplikatoren für Präventionsthemen in Krankenhäusern für die Zukunft gewonnen, diese profitierten inhaltlich für ihre berufliche Zukunft, die anspruchsvolle Moderatoren-Tätigkeit schulte Selbstbewusstsein, Klarheit und Durchsetzungsfähigkeit, die Krankenpflegeschule stellte sich als möglicher Berufsweg für künftige Schulabsolventen/Innen vor. Schülerinnen der Krankenpflegeschule moderieren eine Station des Parcours Die Vorbereitung der Veranstaltung erfolgte gemeinsam, die Öffentlichkeitsarbeit übernahm das Krankenhaus. Die Veranstaltung wurde von den Schulen in Brilon sehr gut angenommen. Auf Grund der guten Resonanz und der Nachhaltigkeit soll diese kooperative Veranstaltung an der Krankenpflegeschule Brilon von nun an jährlich angeboten werden. Der Termin für Anfang 2015 ist bereits gemeinsam festgelegt worden. 5.2.3 Prävention – SexworkerInnen Mit Beginn der HIV/AIDS-Epidemie vor ca. 30 Jahren gingen die Infektionen mit anderen STI wie Syphilis, Gronorrhö und Chlamydia trachomatis zunächst zurück. Im letzten Jahrzehnt verzeichnen wir aber wieder eine Zunahme dieser Infektionen, die ihrerseits wiederum die HIV-Infektion begünstigen. Zudem ist in Deutschland sowohl in der Allgemeinbevölkerung als auch in den Risikogruppen und selbst in der Ärzteschaft die Sensibilisierung gegenüber STI gering. Die Zahl der Menschen, die HIV-infiziert sind, ist seit Mitte der 90er Jahre bis heute auf das doppelte angestiegen. Es wird erwartet, dass diese Zahl auch weiter steigt. Seit 2012 hat die BZgA die STI’s in Ihre HIV-Kampagne aufgenommen.6 6 Hamouda O., Bremer V., Marcus U., Bartmeier B.: Epidemiologische Entwicklung bei ausgewählten sexuell übertragbaren Infektionen (STI) in Deutschland. Bundesgesundheitsblatt 2013. 56: 1600-1608 23 Jahresbericht Fachstelle Sexuelle Gesundheit 2014 So entstehen Medien, die die Fachstelle in die Risikogruppen bringt, wie z.B. Postkarten mit entsprechenden Inhalten: Die STI-Outreach – Studie des RKI hat gezeigt, dass die im §19 IfSG festgeschriebene Verpflichtung des öffentlichen Gesundheitsdienstes zur Beratung Untersuchung falls erforderlich auch Behandlung auch aufsuchend flächendeckend anonym Risikogruppen erreichen kann – im Rahmen dieser Studie schwer erreichbare SexworkerInnen, bei denen eine deutlich höhere Prävalenz von STI’s zu finden ist. Der Hochsauerlandkreis unterscheidet sich diesbezüglich auch nicht von größeren Städten, wie die folgenden graphischen Ergebnisübersichten deutlich zeigen. Grafiken aus „ Hohe Prävalenz genitaler Infektionen mit Chlamydien, Gonorrhö und Trichomonas bei „hard-to-reach― Sexarbeiterinnen in Deutschland: erste Daten der STI-Outreach-Studie― RKI 24 Jahresbericht Fachstelle Sexuelle Gesundheit 2014 Die voraus genannten Zahlen (unter den ensprechenden Infektionen) machen deutlich, welche hohe Bedeutung der HIV/AIDS und STI – Prävention auch bei uns zukommt. Die Fachstelle ist daher bei ihren Außendiensten immer wieder in Betrieben, von denen wir wissen, dass die dort arbeitenden Frauen kaum einen Zugang zum Regelversorgungssystem haben, kaum über Wissen zu STI’s verfügen – manchmal sogar das Wort HIV/AIDS in der Muttersprache nicht bekannt ist. 2014 war die Fachstelle ein zweites Mal zum Tag der offenen Tür in einem Saunaclub eingeladen und konnte diesen Tag nutzen, um mit Präventionsangeboten ebenso wie mit Testdurchführungen Sexarbeiter ebenso wie Freier zu erreichen. Wegen Insolvenz des Betreibers fand ein geplantes ähnliches Ereignis in einem Betrieb im östlichen HSK dann doch nicht statt. Inzwischen liegt der Fachstelle aber bereits wieder eine Einladung vor zu einem geplanten ähnlichen Event an der westlichen Grenze des HSK. Dadurch wird sichtbar, dass die Fachstelle mit ihrem Angebot durchaus die Risikogruppen erreicht. Da große Events wie zum Beispiel die Ausstellung „Große Freiheit – liebe.lust.leben.― der BZgA ausschließlich in Großstädten stattfinden, ist es umso wichtiger, das Angebot der Fachstelle nicht nur zu erhalten, sondern intensiv auch in die aufsuchende Arbeit zu gehen. Zitiert aus dem u.a. Artikel der Mitarbeiter des RKI im Bundesgesundheitsblatt: „Eine nachhaltige Eindämmung der HIV-Neuinfektionen kann nur gelingen, wenn gleichzeitig auch die Verhütung anderer sexuell übertragbarer Infektionen bei den Präventionsbotschaften, insbesondere für die am stärksten betroffenen Zielgruppen, berücksichtigt wird.“ Ausstellung „Große Freiheit – liebe,lust.leben― (BZgA) hier in Trier 25 Jahresbericht Fachstelle Sexuelle Gesundheit 2014 6. Koordination 6.1 Öffentlichkeitsarbeit Der Bereich der Öffentlichkeitsarbeit stellt innerhalb der Fachstelle „Sexuelle Gesundheit― eine wichtige Aufgabe dar. Dabei wird versucht, die Bevölkerung des Hochsauerlandkreises durch regelmäßige Präsenz mit unterschiedlichen Medien zu erreichen. Printmedien bilden bei der Öffentlichkeitsarbeit immer noch den Kern. Als guter Zeitpunkt für Öffentlichkeitsarbeit hat sich die Karnevalszeit seit einigen Jahren bewährt. Die Fachstelle weist dabei im Rahmen ihrer Aktion „Niemals ohne“ unter anderem auf die Gefahren eines „One-Night-Stands― unter Alkoholeinfluss hin. Die Aktion wird von vielen Veranstaltern von Karnevalsveranstaltungen durch Aushängen von Plakaten der BZgA und die Ausgabe von Kondomen unterstützt. Dass dieser Weg der Öffentlichkeitsarbeit als positiv zu bewerten ist, zeigt sich unter anderem an der Tatsache, dass viele Veranstalter mittlerweile von sich aus auf die Fachstelle zukommen und um Material zur Öffentlichkeitsarbeit bitten. Straßenkarneval in Arnsberg Neben der Karnevalsaktion im Frühjahr fand in diesem Jahr auch eine Herbstaktion statt. Hierzu konnten erstmalig Betreiber von Fitnessstudios und Physiotherapiepraxen als Kooperationspartner gewonnen werden. Zahlreiche Betreiber von Fitnessstudios und Physiotherapiepraxen aus dem gesamten Hochsauerlandkreis halfen durch Aushang eines entsprechenden Plakates der BZgA aus dem Themenbereich HIV/AIDS dabei, auf die Situation von HIV-positiven Menschen hinzuweisen und so der Ausgrenzung von Betroffenen entgegenzuwirken. 26 Jahresbericht Fachstelle Sexuelle Gesundheit 2014 Herr Hamich von der Physiotherapiepraxis „Gesundfit― in Meschede und Hubertus Martin mit dem Aktionsplakat Eine besondere Form der Öffentlichkeitsarbeit bot sich der Fachstelle durch die Durchführung der 9. Sitzung der AG-AIDS-Prävention NRW im Kreishaus Meschede. Die Fachstelle konnte sich und ihre Arbeit in dieser Sitzung vorstellen und erfuhr seitens der AGAIDS-Prävention eine positive Rückmeldung für ihre geleistete Arbeit. „Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft waren von der engagierten inhaltlich und strukturell innovativen Arbeit der Fachstelle „Sexuelle Gesundheit“ sehr beeindruckt und haben viele Anregungen zur Qualitätsentwicklung der HIV-/STI-Prävention mitnehmen können“ (Auszug aus dem Dankesschreiben der AG-AIDS-Prävention). 27 Jahresbericht Fachstelle Sexuelle Gesundheit 2014 6.1.1 Welt-Aids-Tag Anlässlich des diesjährigen Welt-AIDS-Tages am 01.12. führte die Fachstelle einen „Tag der offenen Tür― im Gesundheitsamt Arnsberg durch. Kern der Aktion bildete der Mitmachparcours Gib-Gummi der KoT Eslohe, der auf spielerische Art und Weise Interessierten die Themen HIV, STI, Schwangerschaft und Verhütung näher brachte. Schüler am „Kondom-TÜV― des Gib-Gummi-Parcours Wer mochte, konnte an einem Simulationsarm eine Blutentnahme üben und feststellen, dass es gar nicht so einfach ist, eine Vene für eine Blutentnahme zu treffen. Eine Lehrerin bei der Blutentnahme unter Anleitung von Frau Dr. Binhold An der Aktion nahmen insgesamt ca. 150 Schülerinnen und Schüler aus dem Stadtgebiet Arnsberg teil. Neben der Realschule Arnsberg nahmen Schülerinnen und Schüler des Mariengymnasiums, des Kolpingbildungswerks sowie des Berufsbildungswerks Arnsberg das Angebot des „Tag der offenen Tür― wahr. 28 Jahresbericht Fachstelle Sexuelle Gesundheit 2014 7. Vernetzung Auch im Jahr 2014 nahm das Bestreben der Fachstelle, Präventionsarbeit mit anderen Institutionen zu vernetzen, einen hohen Stellenwert ein. Im Frühjahr konnte die Fachstelle in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt HSK erneut eine Multiplikatoren-Schulung durchführen. Im Kreishaus Brilon trafen sich hierzu insgesamt 16 TeilnehmerInnen verschiedener Einrichtungen, um sich in einem mehrstündigen Seminar zu den Themen Sexualität, Sucht und Nikotin mit Hilfe interaktiver Medien weiterbilden zu lassen. Durch die MitarbeiterInnen des Jugendamtes wurden den TeilnehmerInnen anhand des „Klarsicht-Koffers― der BZgA die Themen Sucht und Nikotin näher gebracht, während die Fachstelle das Thema Sexualität durch den Mitmach-Parcours „Gib Gummi― präsentierte. Beide Methodenmaterialien stehen den Teilnehmern für ihre Präventionsarbeit zur Verfügung und werden bei Bedarf durch MitarbeiterInnen des Jugendamtes und der Fachstelle begleitet. Teilnehmer der Multiplikatoren-Schulung in Brilon Das Projekt „Body und Grips―, welches erstmalig in 2013 in Kooperation mit den Jugendämtern Arnsberg, Meschede, Schmallenberg und dem Deutschen Jugendrotkreuz Münster durchgeführt wurde, erfuhr im Jahr 2014 eine erfolgreiche Fortsetzung. An insgesamt 5 Einsatztagen konnten ca. 230 Schülerinnen und Schüler das Body und GripsMobil nutzen, um sich interaktiv den Themenfeldern Bewegung, Sucht, Ernährung, Sexualität und Beziehungen zu nähern. Schon jetzt sind weitere Termine für das Jahr 2015 vorgemerkt. Neben dem Präventionsnetzwerk „Gefühls echt― Arnsberg konnte ein ähnliches Netzwerk für den Raum Meschede etabliert werden. Beide Netzwerke haben sich zum Ziel gesetzt, sexualpädagogische Angebote für interessierte Einrichtungen, wie beispielsweise Schulen, 29 Jahresbericht Fachstelle Sexuelle Gesundheit 2014 vorzuhalten. Neben Kindern und Jugendlichen sind aber auch Eltern und Multiplikatoren aus dem schulischen und außerschulischen Bereich als Zielgruppe vorgesehen. Neben der Teilnahme an regionalen Netzwerktreffen nahm die AIDS-Koordination auch an überregionalen Treffen in NRW teil. Die von der Landesarbeitsgemeinschaft der AIDSKoordinatoren NRW veranstalteten Netzwerktreffen wurden durch die AIDS-Koordination im Jahr 2014 insgesamt vier Mal besucht. Die Schwangerschaftsberatungsstelle beteiligte sich an den Arbeitskreisen der regionalen und der kommunalen Schwangerschaftsberatungsstellen. Beim Erfahrungsaustausch der kommunalen Beratungsstellen mit Ministerium, Städtetag, Landkreistag und Landschaftsverbänden wurde das regelmäßige Präventionsangebot der Fachstelle am Berufsbildungswerk in Olsberg vorgestellt. Sexualpädagogische Prävention für junge Menschen mit körperlichen, seelischen und geistigen Einschränkungen 03. April 2014 Gesundheitsamt des Hochsauerlandkreises Fachstelle Sexuelle Gesundheit Im Hochsauerlandkreis bestehen bisher Netzwerke für Kinderschutz in Arnsberg, Brilon, Olsberg, Schmallenberg und Sundern. Die Schwangerschaftsberatungsstelle beteiligte sich an diesen Netzwerken sowie dem Projekt „Kein Kind zurücklassen― in Arnsberg. 30 Jahresbericht Fachstelle Sexuelle Gesundheit 2014 8. Qualitätssicherung Im Bereich der Testorganisation ergaben sich im Jahr 2014 keine organisatorischen Veränderungen. HIV-Standard- und HIV-Schnelltest sowie eine Syphilis-Diagnostik werden kostenmäßig vom Land Nordrhein-Westfalen getragen. Die Herstellerfirma des HIV-Schnelltestes hat bereits angekündigt, für das Jahr 2015 einen verbesserten Schnelltest der 4. Generation auf den Markt zu bringen. Zur besseren Qualitätskontrolle werden dann pro neu gelieferter Charge bekannt positive und negative Proben mitgeschickt. Die seit dem 01. Juli 2013 durch die Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung labormedizinischer Untersuchungen vorgeschriebenen Ringversuche wurden auch im Jahr 2014 erfolgreich durchgeführt. Diese zwingend vorgeschriebenen und zweimal im Jahr durchzuführenden Ringversuche dienen der externen Qualitätskontrolle. Im abgelaufenen Jahr ist weiterhin deutlich geworden, dass die Durchlässigkeit der Beratungsstelle (STI-Beratung, HIV-Beratung und Schwangerschaftsberatung) ein großer Vorteil für die Ratsuchenden ist. So kann das Anliegen eines Anfragenden einfacher koordiniert und eine telefonische Terminanfrage bereits im Vorfeld an die richtige Stelle weitergeleitet werden, ohne dass der Zeitaufwand für eine Mehrfachberatung anfällt. Die Fachstelle hat sich auch im Jahr 2014 an der landesweiten webbasierten Datenerhebung beteiligt, die von der Arbeitsgemeinschaft AIDS-Prävention (AG AIDS-Prävention NRW) angeboten wird. Durch diese Art der Datenerhebung werden Strukturen und Maßnahmen der HIV/AIDS-Prävention erfasst und ermöglichen so eine bessere Übersicht, um daraus Rückschlüsse für die weitere Entwicklung der HIV/AIDS-Prävention zu ziehen. Die halbjährliche Datenerfassung der Schwangerschaftsberatungsstellen wurde 2014 weiter durchgeführt. Nach weiteren Workshops in Düsseldorf zur Neuregelung der Landesförderung wird diese für das Jahr 2016 wirksam werden. Zu den Maßnahmen der Qualitätssicherung sind auch die verschiedenen Fort- und Weiterbildungen der Mitarbeiter/innen der Fachstelle zu zählen. Diese wurden wie bereits im Vorjahr je nach Schwerpunktarbeit in der Fachstelle belegt. Für die AIDS-Beratung hat sich die 3tägige Fortbildung des Verbandes der AIDS-Koordinatoren NRW (VAK-NRW) bewährt und wurde im Jahr 2014 in Oelde besucht. Im Arbeitskreis Sexuelle Gesundheit (AK Sexuelle Gesundheit) des Landeszentrum Gesundheit NRW (LZG NRW) ist die Fachstelle durchgehend vertreten. Die dort geführten Diskussionen um die landesweite Ausrichtung der operativen und strategischen Themen haben auch Auswirkungen auf die Qualitätsentwicklung der Fachstelle. Die jährliche Fortbildungsveranstaltung für die Schwangerschaftsberatung wurde in diesem Jahr beim Landschaftsverband Rheinland in Köln zum Thema „Vertrauliche Geburt― wahrgenommen. Die Implementierung einer gemeinsamen Datenerfassung der AIDS- und STI-Beratung ist im Aufbau. Seit Ende 2014 wird ein entsprechendes Programm entwickelt, so dass im Laufe des Jahres 2015 mit einer Einführung zu rechnen ist. 31 Jahresbericht Fachstelle Sexuelle Gesundheit 2014 9. Entwicklungen in NRW und Bund Die Arbeitsgemeinschaft AIDS-Prävention NRW (AG AIDS-Prävention NRW) als Koordinationsstelle zur AIDS-Prävention des Ministeriums für Gesundheit, Emanzipation Pflege und Alter (MGEPA NRW), führt seit dem Jahr 2013 eine landesweite Datenerhebung durch. An dieser Datenerhebung beteiligen sich neben Akteuren aus dem öffentlichen Gesundheitsdienst auch Anbieter aus freier Trägerschaft. Für die Zukunft ist eine höhere Beteiligung an der Erhebung erwünscht, um ein umfassenderes Bild über Präventionsangebote und Aktionen zu erhalten. Aus den gewonnenen Daten spricht die AG AIDS-Prävention Empfehlungen zur AIDS-Prävention aus. Übergeordnetes Ziel dieser Empfehlungen ist die „Minimierung― von Neuinfektionen. Im Jahr 2014 wurde erneut empfohlen, die Zusammenarbeit, Koordination und Vernetzung als Fundament Erfolg versprechender Prävention weiter auszubauen und die HIV-Prävention mit der Prävention anderer sexuell übertragbarer Infektionen zu verknüpfen. Die Deutsche AIDS-Gesellschaft e. V. (DAIG) hat sich im August 2014 auf Einladung der Deutschen AIDS-Hilfe (DAH) an einem runden Tisch zum Thema „Diskriminierung im Gesundheitswesen― beteiligt. Anlass des runden Tisches waren erneute Meldungen, in denen HIV positiven Menschen eine ärztliche Behandlung verweigert wurde. Die DAIG unterstützt die dort vorgestellte Initiative, Diskriminierungsfälle deutschlandweit standardisiert zu dokumentieren und an die Anti-Diskriminierungsstelle der DAH weiterzuleiten. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) hat in ihren durchgeführten Kampagnen zur HIV-/AIDS-Prävention die Einbindung anderer sexuell übertragbarer Erkrankungen im Jahr 2014 weiter voran getrieben. Massenkommunikative Medien (Plakate, Radio- und Fernsehspots etc.) rücken neben dem Thema STI auch die zunehmende Diskriminierung HIV-positiver Menschen verstärkt in den Mittelpunkt. Das Robert Koch-Institut (RKI) als die zentrale Einrichtung der Bundesregierung auf dem Gebiet der Krankheitsüberwachung und –prävention hat im epidemiologischen Bulletin 09/2014 aufgrund gestiegener Fallzahlen die Wichtigkeit aufsuchender Beratung und Untersuchung auf STI bei Sexarbeiterinnen durch den ÖGD hingewiesen. „Aufsuchende, niederschwellige Beratungs- und Untersuchungsangebote sind erforderlich, um gerade gefährdete Personengruppen hinsichtlich sexuell übertragbarer Infektionen zu erreichen“. Nach vorbereitenden Workshops und Arbeitstreffen der Träger von Schwangerschaftsberatungsstellen wurden im Dezember 2014 für Nordrhein-Westfalen das Schwangerschaftskonfliktgesetz-Ausführungsgesetz — AG SchKG (am 09.12.2014) und die Verordnung zum Schwangerschaftskonfliktgesetz-Ausführungsgesetz - AG SchKG VO (am 18.12.2014) verabschiedet. Im Jahr 2015 müssen die Anträge für die weitere Förderung ab 2016 gestellt werden. Bewilligungen werden bis 2020 gelten. Die Förderung der Beratungsstelle beim Gesundheitsamt des Hochsauerlandkreises wird unverändert bleiben, da diese wegen der geringen Personalkapazität unter den Bestandsschutz fällt. Die gesetzlichen Regelungen zur „Vertraulichen Geburt― betrauen die Schwangerschaftsberatungsstellen mit einem neuen Aufgabenfeld. Trotz der erwarteten geringen Fallzahlen (Voraussagen belaufen sich auf ca. 22 bis 25 Fälle jährlich für NRW) muss jede Beratungsstelle bereit und in der Lage sein, im Bedarfsfall sofort zu reagieren. Auch die Information von anderen Institutionen und Personen über das Vorgehen im Falle einer vertraulichen Geburt nimmt einen hohen Zeitfaktor in Anspruch. 32 Jahresbericht Fachstelle Sexuelle Gesundheit 2014 10. Fazit Auch im vergangen Jahr hat sich die aktuelle Konzeption der Fachstelle bewährt. Die Zuweisung der Ratsuchenden konnte direkt und unkompliziert erfolgen. Ist die Inanspruchnahme der Fachstelle im Jahr 2013 gegenüber dem Vorjahr leicht zurück gegangen, so ist für das Jahr 2014 ein deutlicher Anstieg festzustellen. Es zeigt sich, dass konstante Zahlen nicht vorausgesagt werden können. Ob die Zahlen auch zukünftig auf so hohem Niveau verbleiben, lässt sich anhand der vorliegenden Daten nicht voraussagen und muss in den weiteren Jahren beobachtet werden. In der Schwangerschaftsberatung haben sich die Arbeitsinhalte weiter verändert. Zum einen durch verstärkte Netzwerkarbeit und neue Aufgabenfelder, zum anderen durch steigenden Betreuungsbedarf in den Einzelfällen. Die Schwankungen in den Beratungszahlen folgten 2014 nicht dem allgemeinen Trend in Deutschland und NRW. Obwohl die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche weiter rückläufig ist, wandten sich wieder mehr Frauen und Paare zur Konfliktberatung an das Gesundheitsamt des Hochsauerlandkreises. Gute telefonische Erreichbarkeit, kurzfristige Terminvergabe und wohnortnahe Beratungstermine in den Außen- und Nebenstellen des Hochsauerlandkreises müssen wegen der großen Fläche des Kreises auch weiterhin gewährt bleiben. Anhand der bundesweit gestiegenen Zahlen an HIV/AIDS und anderer sexuell übertragener Erkrankungen ist davon auszugehen, dass sich die Einstellung der Bevölkerung hin zu Lasten einer zunehmend sorglosen Haltung verändert hat. Ein Grund könnten die vermehrten Meldungen in den Medien sein, die suggerieren, dass eine Heilung von HIV/AIDS oder gar eine Impfung kurz vor der Einführung stehen. Die durch das RobertKoch-Institut geschätzt hohe Anzahl an nichtdiagnostizierten HIV-Infektionen (ca. 14.000 Betroffene) kann so nicht hingenommen werden. Die Empfehlungen des Robert-KochInstituts und der in Deutschland zentral mit der Therapie befassten Institutionen nach Weiterführung und Intensivierung der Prävention erscheinen vor diesem Hintergrund umso wichtiger. Die groß angelegten Präventionskampagnen müssen daher auch zukünftig auf den Hochsauerlandkreis herunter gebrochen werden, um die Bevölkerung über die Gefahren von HIV/AIDS und anderer sexuell übertragbarer Erkrankungen, aber auch über Schutzmaßnahmen zu informieren. Die Verbindung mit den Themen „Verhütung― und „verantwortliche Elternschaft― hat sich besonders bewährt. Hierzu kann auch eine weitere Vernetzung hilfreich sein. Das im Jahr 2014 in Meschede neu gegründete Netzwerk aus Beratungsstellen hat sich zum Ziel gesetzt, gemeinsame sexualpädagogische Präventionsmaßnahmen, vor allem mit örtlichen Schulen, durchzuführen, um die nachwachsende Generation zu sensibilisieren. Nur durch die Vermittlung eines fundierten Wissens ist es der nachwachsenden Generation möglich, einen verantwortungsvollen und selbstbestimmten Umgang mit dem Thema „Sexualität― für sich zu erreichen. Die hohe Nachfrage nach Präventionsveranstaltungen im Jahr 2014 zeigt, dass die Fachstelle „Sexuelle Gesundheit― mit ihrer derzeitigen Konzeption dieses notwendige Wissen sehr gut vermitteln kann. 33 Jahresbericht Fachstelle Sexuelle Gesundheit 2014 Mitarbeiter der Fachstelle Sexuelle Gesundheit Obere Reihe v. l. : Frau Dr. Binhold, Frau Dr. Kannengießer, Frau Dahl, Herr Martin Mittlere Reihe v. l. : Frau Befeld-Elkemann, Herr Drees, Frau Striebe, Herr Kleine Untere Reihe v. l.: Frau Ossenbrink, Frau Kreft Wir sind weiterhin gerne für Sie da. 34
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