1. Gottesdienst: Ich bin, der ich bin

Jesus ist… Projekt 2016, Gottesdienst-Serie „Ich bin Worte Jesu“
1. Gottesdienst: Ich bin, der ich bin
(einführende Gedanken zur Serie siehe Datei 00-Konzept, Jesus-ist, GdSerie.pdf)
Mögliche Titel:
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Wer bin ich Mensch und wer bist du Gott?
Wer bin ich, wenn ich bin, was ich bin?
In Namen Gottes bin ich, wer ich bin!
Ich bin dein Gott
Idee und Zielsetzungen
Die «Ich bin-Worte» von Jesus sind verwurzelt in Gottes Namen. Für jüdische Ohren bindet sich
Jesus mit diesen Aussagen stark an Gottes Namen und Wesen. Die einen hören das als erschreckende Provokation, für andere ist es die Offenbarung des göttlichen Retters (Messias).
Diese Predigt will in erster Linie ein Lehrpredigt sein, die aufzeigt, wie Gott sich in seinem Wesen im AT äussert und durch Jesus genau das gleiche im NT nochmals wiederholt. Jesus ist die
weiterführende Offenbarung des genau gleichen Gottes aus dem AT.
Die Predigt schliesst mit dem Gedanken, dass Gott sich an uns Menschen anbindet, nicht unabhängig von ist, sondern sein eigenes Wesen an uns festmacht. Er ist der Gott Abrahams und
der Gott Evelyns, Tims und Leas. Deshalb ist jeder Mensch eingeladen, sein Wesen an Ihm festzumachen.
Blick in den biblischen Zusammenhang
Der Name Gottes
Nachdem der Mensch aus der unmittelbaren Gegenwart Gottes verbannt wird und nicht mehr
im direkten Gespräch mit seinem Schöpfer sein kann, fängt der Mensch mit Beten an: «Damals
fing man an, den Namen des HERRN (Jahwe) anzurufen» (1Mose 4,26). Der Name Gottes ist
von Anfang an wichtig. Der Mensch scheint ihn gekannt zu haben. Der Name ist im Hebräischen
Verständnis nicht einfach Rufname, sondern beschreibt das tiefe Wesen einer Person.1 Darin
verbirgt sich oft eine Berufung, ein Lebenskonzept oder ein Auftrag.
Die erste grosse Frage nach dem Namen Gottes finden wir bei Jakob, als er mit einer fremden
Gestalt kämpft und später sagt, er habe mit Gott gekämpft (1Mose 32). Jakob fragt: «Wie ist
dein Name?» (V28). Doch Gott verrät ihm seinen Namen nicht, sondern segnet ihn. Später will
Mose es genauer wissen. Doch bei ihm finden wir zuerst eine andere Frage: «Wer bin ich, dass
ich zum Pharao gehen sollte?» (2Mose 3,11) Mose weiss noch nicht, wer er ist. Er hat seine Bestimmung und damit seinen Namen verloren, als er aus Ägypten geflohen ist. Bei Mose sehen
wir: Wenn ich nicht weiss, wer ich bin, gebe ich dem andern Schuld für das, was ich nicht kann.
Mose will wissen: „Wie ist dein Name?“ (2Mo 3,13). Nun antwortet Gott das erste Mal ganz direkt: «Ich bin, der ich bin» (kann auch übersetzt werden mit «ich werde sein, der ich sein
werde» oder «ich werde da sein, als der ich da sein werde» oder «ich werde für euch da sein»).
Mit dieser Antwort gibt Gott sein Wesen nicht preis. Er bleibt der Unfassbare, den niemand
wirklich greifen (begreifen, ergreifen) kann. Gleichzeitig offenbart er sich als der Gegenwärtige,
Beständige und Zukünftige! Viele Dimensionen werden spürbar und erlebbar: Gott ist über allem, allgegenwärtig, allmächtig, allwissend und an keine Zeit gebunden – alles Dimensionen
jenseits des menschlichen Erfahrungshorizonts. Auf der anderen Seite ist er erfahrbar hier, an
1
Gerhard v. Rad „Im Namen existiert sein Träger, und deshalb enthält der Name eine Aussage über das Wesen seines Trägers
oder doch etwas von der ihm eigenen Mächtigkeit.“ (zitiert bei Hansjörg Bräumer, Wuppertaler Studienbibel, Das zweite Buch Mose,
Kapitel 1-18, S.87).
meine Zeit gebunden, in meinem Leben gegenwärtig, für meine Zukunft sorgend. Er ist beständig, treu und damit an mich als Mensch gebunden. So ist Gott auch der Hörende, der auf den
Ruf des Menschen hören wird, wenn dieser anrufen wird. Gott hat den Schrei Israels in Ägypten
gehört. Das ist die Botschaft, die Mose den Israeliten im Namen Gottes bringen wird:
2.Mo 3,15-17 Und Gott sprach weiter zu Mose: So sollst du zu den Söhnen Israel sagen: Jahwe, der Gott
eurer Väter, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs, hat mich zu euch gesandt. Das ist
mein Name in Ewigkeit, und das ist meine Benennung von Generation zu Generation… Ich habe genau
achtgehabt auf euch und auf das, was euch in Ägypten angetan worden ist, und habe gesagt: Ich will
euch aus dem Elend Ägyptens hinaufführen in das Land der Kanaaniter… in ein Land, das von Milch und
Honig überfliesst.
Gott ist der Jeschuah, der Retter, Befreier und Erlöser. Das «ich werde sein, der ich sein
werde» hat auch etwas Kämpferisches an sich: Gott wird sich nicht verändern. Er ist gekommen, die Werke des Bösen zu zerstören (1Joh 3,18). Gott lässt sich das Leben nicht nehmen,
welches er geschaffen hat. Was er gemacht hat, ist in sich ewig.
Jesus offenbart den Juden den Namen Gottes in einer ganz neuen Weise (Joh 17,6). Im ganzen
Johannesevangelium wird klar: Gott ist der Vater. Im AT wird diese Beziehungsbezeichnung selten erwähnt. Gott wird durch Jesus sichtbar: Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen
(Joh 14,9). Kinder sind mit Vater und Mutter so verbunden – sie können sich nichts anderes
vorstellen. Sie rufen nach ihnen, sobald sie etwas möchte, Schwierigkeiten auftauchen oder was
auch immer ist. Die Eltern sind Tag und Nacht verfügbar. – Diesen Zugang zu Gott lebt Jesus
vor.
Gott bindet sich an den Menschen
Gott ist ein Gott der Menschen! Gott stellt sich nicht unabhängig als «ich bin, der ich bin» vor,
sondern definiert sich selbst in Abhängigkeit zum Menschen, zu seinen Geschöpfen, für die stellvertretend Abraham, Isaak und Jakob stehen. Darüber hinaus wird sein Volk Israel ihn als eigenen Gott erkennen: Jes 52,6 «Darum wird mein Volk meinen Namen erkennen, darum an jenem Tag erkennen, dass ich es bin, der da spricht: Hier bin ich!»
Der «Ich bin, der ich bin» wiederholt xfach die ultimative Zusage «Ich bin mit dir» (2Mo 18,9;
5Mo 31,23; Jos 3,7 richtet sich (an den Zweifler, den Zögerer, den Mutlosen) und «Ich will mit
dir sein» (1Mo 26,3; 28,15; 31,3; 32,10; 2Mo 3,12; Jos 1,5.9; 3,7; Ri 6,16 und viele andere
mehr). Dieses «Ich bin, der ich bin» wird zu einem persönlichen «Ich bin bei dir, mit dir, helfe
dir, unterstütze dich, beschütze dich, führe dich…». Gott bindet sich in seinem ganzen Wesen
an sein Lieblingsgeschöpf Mensch.
Jesus spitzt das mit den Ich-bin-Worten zu. Er erklärt den Namen Gottes Bildern (Weinstock),
Vergleichen (guter Hirt) oder auch mit Kernaussagen des Lebens (Wahrheit, Auferstehung). Allerdings bleibt er mit diesen Aussagen nie bei sich selbst, sondern verbindet sich in der Gemeinschaft mit dem Menschen. Der Mensch hat immer einen Bezug in den Namen Gottes hinein. In
Johannes 17 spitzt Jesus das so zu, dass er seine Jünger mit sich als unauflösliche Einheit beschreibt, die er gleichsetzt mit seiner Einheit mit dem Vater. Jesus bildet so nicht eine hierarchische Gemeinschaft, sondern entwirft das Modell einer Kreisgemeinschaft, in der sich alle auf
Augenhöhe begegnen und trotzdem der Mensch Mensch bleiben kann und nicht selbst Gott
spielen muss (1Mo 3: Ihr werdet sein wie Gott), woran er bis heute kläglich scheitert. Das
«sein-wie-Gott» spielt auch wieder auf den Namen Gottes an «ich bin, der ich bin». Erst wenn
der Mensch Geschöpf bleiben kann und nicht sein will, wie Gott ist, wird er frei, sich komplett
an Gott anzubinden.
Anregungen
Gott ist ein Gott der Menschen
Die Predigt will das Gleiche fragen, wie Mose gefragt hat: «Wer bin ich Mensch und wer bist du
Gott?»
Wer Gott ist, kann Gott nicht anders sagen, als mit Bezug auf die Menschen, deren Gott er ist.
Er ist nun einmal ein Gott, der nicht anders kann und nicht anders will: Er ist der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, und jetzt auch der Gott des Moses, und er ist der Gott Biancas, Cornelias und Thomas, der Gott Martins und Christianes, der Gott Maiks und Carmens, der Gott
Lucas und Finjas.
Und nun genau umgekehrt: Wer Mose ist, kann Gott nicht anders sagen als mit Bezug auf den
Gott, der ihn rief. Ich bin mit dir.
Wer bin ich? Der, mit dem Gott ist.
Wer bin ich? Ich bin die, mit der Gott ist. Gott „definiert“ sich über die Menschen, die er liebt
und ruft und an seinem großen Werk beteiligt.
Und wir sind die, die wir sind, nicht durch unsere Titel, nicht durch unser Geld, unsere Häuser,
unsere Autos, unsere tollen Familien, unsere Musikalität oder Sportlichkeit.
Wir sind die, die wir sind, auch nicht durch unser Versagen, unsere Verwundungen, unsere
Mängel, also die Familien, die wir nicht haben, die Titel, die uns versagt blieben, die Güter, die
immer nur andere haben.
Wir sind die, die wir sind, durch Gottes ewiges Ja, seinen unverrückbaren Beschluss, seinen nie
aufgehobenen Ruf, seine Berufung in unseren Dienst, sein treues, ja stures Festhalten, seine
ins göttliche Herz tätowierte Liebesbande zu uns, für uns, mit uns. Ich bin mit dir. Komme, was
da wolle. Fehle, was da wolle. Auf den Höhen, im finsteren Tal. In Stärke. In Schwäche. Im Gelingen. Im Versagen. Mit dir, auf ewig. Ich bin nicht ohne dich. Du bist nicht ohne mich. Das ist
Gottes Wille.2
Unser Bild von uns selbst
Die ersten beiden Gebote heissen: Kein anderer Gott, kein anderes Bild anbeten. Aber unsere
Gesellschaft ist darauf ausgerichtet, dass wir etwas entsprechen - einem Bild, welches wir haben. Wir leben für ein Bild von uns. So möchten wir sein. So sehen uns andere. Unsere Werte
werden von unserem Bild bestimmt, wofür wir leben. Das ist Götzendienst, wie es Gott nicht
möchte. Unsere ganze andere Energie fliesst dahinein, wir suchen nur unser Bild. Tragischerweise bestimmt dieses Suchen, dieses Anbeten unseres Bildes unsere Identität.
Gott will es umgekehrt. Er will, dass unser Identität fest ist in ihm. Aus dieser Identität heraus
kann Intimität zu Gott wachsen.
Kreatives
Witz zum Thema Identität oder «wer bin ich»?
Spielt in einem kleinen heruntergekommenen Zoo, der ohnehin nur mehr schlecht als recht über
die Runden kommt. Da passiert das Unfassbare: Der Gorilla stirbt. Er war die Hauptattraktion
und ohne ihn droht dem Zoo die Pleite. Die Zooleitung berät, was zu tun ist. Nach langem Hin
und Her kommen sie zu dem Entschluss: Wir können uns keinen neuen Gorilla leisten, aber
ohne einen Gorilla können wir dichtmachen. Deshalb müssen wir jemanden einstellen, der den
Gorilla spielt.
Gesagt, getan: Man findet tatsächlich jemanden, der bereit ist, den Job zu übernehmen. Er bekommt das extra angefertigte Gorilla-Kostüm angezogen und darf im Gorilla-Gehege seine ersten Versuche machen. Er hüpft zunächst etwas zaghaft im Käfig auf und ab, wird dann aber immer mutiger. Es klappt fabelhaft. Keiner der Besucher merkt den Unterschied! Der Mann ist ein
Naturtalent. Von Tag zu Tag wird er routinierter, hangelt sich elegant den Baum hoch und runter, springt am Käfiggitter hoch, schlägt sich an die Brust, usw. Die Zooleitung ist ausserordentlich zufrieden.
2
Quelle: http://www.greifbar.net/uploads/media/GreifBar_plus_2.Mose_3_1-14_01.pdf
Da passiert das Unglück: Der "Gorilla" wir bei seinen Turnübungen zu übermütig und lässt im
falschen Moment den Ast los. Er hat so viel Schwung, dass es ihn über die Absperrung des Käfigs katapultiert und er landet im Nachbargehege! Dort ist der Löwe untergebracht! Der Löwe
kommt auch gleich schnurstracks auf den Gorilla zu. Dieser bekommt panische Angst, läuft völlig kopflos ans Gitter - fängt an daran zu rütteln und ruft laut: "Hilfe, Hilfe, holt mich um Himmels willen hier raus!" - Da springt der Löwe mit einem riesigen Satz auf den zitternden Gorilla
zu und zischt ihm ins Ohr: "Halts Maul, oder wir verlieren beide unseren Job!!!"
Anstösse für die Kleingruppe
Die Frage von Mose «wer bin ich?» greift sehr tief, weil es eine Frage nach der Identität ist. Die
Antwort Gottes «ich bin, der ich bin» spiegelt ein Selbstverständnis, welches unglaublich entlastet. Wie können wir selbst von der Frage «wer bin ich?» zur Antwort «ich bin, der ich bin» finden? Wer kann eigene hilfreiche Lernerfahrungen mitteilen und sie uns zugänglich machen?
Die Tatsache, dass sich Gott mit seinem Namen mit uns einzelnen Menschen verbindet, ist eine
starke Entdeckung. Können wir das für uns nachvollziehen? Für uns selbst annehmen? Was
macht das mit uns? Mit unserer Identität, wenn sich Gott nach uns benennt?
März 2016, Beat Ungricht, Freie Evangelische Gemeinde Winterthur, [email protected]