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Die Evangelische Rundfunkbeauftragte beim WDR -­‐ Kaiserswerther Straße 450 -­‐ 40474 Düsseldorf TELEFON: 0211-41 55 81-0 FAX:0221-41 55 81-20 E-­‐MAIL: buero@rundfunkreferat-­‐nrw.de INTERNET: www.kirche-­‐im-­‐wdr.de Die Text-­‐Rechte liegen bei den Autoren und beim Evangelischen Rundfunkreferat. Verwendung nur zum privaten Gebrauch! evangelisch: Kirche in WDR 2 | 12.04.2016 | 05:55 Uhr | Erhard Ufermann
Deine Welt komme
Maybrit Illner vor ein paar Wochen. In der Talkshow sitzen unter anderen der
ehemalige bayerische Ministerpräsidenten Edmund Stoiber und Manfred
Rekowski, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland. Es dauert nicht
lange, da bügelt Stoiber den Kirchenmann Rekowski ab, als dieser in der
Diskussion über die sogenannte Flüchtlingskrise versucht, die Frage nach den
Ursachen einzubeziehen. Stoiber belehrt: Die Fluchtursache sei der Krieg. Ob
er denn in den Krisenregionen militärisch eingreifen wolle?
Ich weiß nicht, was mir im Moment mehr Angst macht, die brisanten Konflikte
und furchtbaren Kriege wenige Flugstunden entfernt oder das Niveau der
öffentlichen Diskussion in Politik und Medien. Seit wann lassen sich Probleme
ohne die Kenntnis ihrer Ursachen verstehen geschweige denn lösen? Erklären
Sie das mal Ihrem Chef oder ihrer Frau. Nicht die Flüchtlinge machen die Krise.
Vielmehr fliehen sie vor einer solchen. Viele Menschen verlassen ihre Heimat,
weil ihnen längst durch einen unsichtbaren, nicht erklärten Krieg alle
Lebensgrundlagen entzogen wurden. Die rücksichtlose Ausbeutung der
Ressourcen unserer Erde geschieht seit Jahren auf Kosten der Ärmsten. Papst
Franziskus spricht von einem dritten Weltkrieg zwischen arm und reich. Es geht
um die brutale Absicherung wirtschaftlicher Interessen und zukünftiger Märkte.
Dass wir jetzt ein Problem haben mit Flüchtlingen, ist unser Rendezvous mit der
Globalisierung. Die Not nicht mehr nur im Fernsehen, sondern im Vorgarten,
wie es der Finanzminister neulich formulierte.
Nun sollen 130 Milliarden Euro in den nächsten Jahren zusätzlich für die
Bewaffnung der Bundeswehr ausgegeben werden. So hat es die
Verteidigungsministerin gefordert. Wegen der vielen Auslandseinsätze bräuchte
die Armee außerdem 15.000 neue Stellen. Gegen die neue Aufrüstung hört
man kaum Proteste. Hinzu kommt: In nur einem Jahr hat sich der Export
deutscher Rüstungsgüter auf 12 Milliarden Euro verdoppelt. Zum Vergleich: Für
Entwicklungshilfe gibt Deutschland in diesem Jahr etwas mehr als 7 Milliarden
Euro aus. Der Krieg als Mittel der Politik scheint wieder salon- bzw.
talkshowfähig zu sein.
Die Bekämpfung von Fluchtursachen sieht anders aus. Stellen Sie sich einmal
vor, was möglich wäre, wenn die 130 Milliarden Euro in den nächsten Jahren
nicht in die Aufrüstung gingen, sondern in eine effiziente Bekämpfung von
Armut in den Krisenregionen unserer Welt. Oder in eine gute und
menschenwürdige Versorgung der Flüchtlinge in den Krisenregionen selbst.
Wie viele Menschen würden ihre Heimat noch verlassen, wenn sie eine
Perspektive für Frieden sähen oder die Möglichkeit, dass ihre Kinder zur Schule
gehen und eine Ausbildung machen können.
In den Texten der Bibel gehören Gerechtigkeit und Frieden übrigens untrennbar
zusammen. Sie lassen sich nicht ungestraft aufteilen, verrechnen oder
verkaufen. Die Propheten und Jesus von Nazareth stellten sich immer auf die
Seite der Ärmsten. Seine Hinrichtung zeigt, wie sehr er den Interessen der
Mächtigen damit in die Quere kam.
Kirche hat in diesem Sinn nicht nur den Auftrag, Notleidenden zu helfen,
sondern auch die Ursachen der Not zu benennen bzw. ein anderes Wirtschaften
anzumahnen. Selbst wenn dies öffentlich, sei es in Talkshows oder
Gottesdiensten, quer kommt. Anders lässt sich nicht glaubwürdig beten: „Dein
Reich“ – oder besser: „Deine Welt komme.“
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