Suchtmittelmissbrauch am Arbeitsplatz

Suchtmittelmissbrauch am
Arbeitsplatz
Augen zu und durch?
Gerald Wanka, Referatsleiter Gesundheitsschutz, DGUV
© Gerald Wanka
Suchtmittelmissbrauch am Arbeitsplatz, Gerald Wanka
11.06.2015, Potsdam
Vier Thesen zum Thema Sucht
• Jeder Mensch kann süchtig werden
• Ob eine Droge legal oder illegal ist, hat mit der Gefährlichkeit nichts zu
tun
• Eine Droge erhöht das Unfallrisiko und kann gesundheitsschädigend
sein
• Sucht ist eine Krankheit und nicht heilbar
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11.06.2015, Potsdam
Alkohol – Volksdroge Nr. 1 ?
• 16 % der Bundesbürger haben einen riskanten bis missbräuchlichen
Alkoholkonsum
• Ca. 1,4 Millionen Menschen sind alkoholkrank
• Ca. 5 % der Beschäftigten sind alkoholabhängig
• Jährlich sterben ca. 73 000 Menschen an den Folgen des
Alkoholkonsums
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Alkoholkonsum pro Jahr und Einwohner (D):
9,9 Liter reiner Alkohol
• Bier 111,7 Liter = ca. 223 Flaschen je 0,5 l
+
• Wein 20,6 Liter = ca. 28 Flaschen je 0,75 l
+
• Schaumwein 3,7 Liter = ca. 19 Gläser je 0,2 l
+
• Spirituosen 5,6 Liter = ca. 280 Gläser je 0,2 cl
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Tabak
•
ca. 1/3 der erwachsenen Männer rauchen
•
ca. 1/4 der erwachsenen Frauen rauchen
•
20 – 23 % der Jugend im Alter von 11 – 17 raucht
•
ca. 115.000 Tote im Jahr durch Rauchen
•
23,1 Mrd. € Ausgaben für Tabak
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Drogen
• ca. 1,6 Mio. Medikamentenabhängige
• 1296 Rauschgifttote im Jahr 2006
• 944 Rauschgifttote im Jahr 2012
• 1032 Rauschgifttote im Jahr 2014
• Einstiegsalter bei Drogen zwischen 11 u. 12 Jahren
• Einstieg beim Rauchen zwischen 11 u. 12 Jahr
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Drogen
• Drogenpreise
• Heroin: vor 15 Jahren etwa 500 DM - heute ca. 20
Euro pro Gramm
• Kokain: vor 15 Jahren etwa 800 - 1.000 DM heute
ca. 30 Euro pro Gramm
• Ecstasy: etwa 10 Euro pro Pille, reicht anfangs für
einen Abend
• Haschisch im Preis etwa gleich geblieben ca. 6 - 8
Euro pro Gramm
• LSD: Einzeldosierung ca. 15 Euro
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Suchtmittelgrenze im Straßenverkehr
• 0,0 o/oo Alkohol
• für Omnibus- und Taxifahrer
• Fahranfänger
• Teilnahme am Straßenverkehr unter Wirkung
berauschender Mittel
• Ordnungswidrigkeit
• ab 0,3 o/oo Alkohol im Blut, wenn Straßenverkehrsgefährdung infolge des Genusses alkoholischer
Getränke oder anderer berauschender Mittel
(relative Fahruntüchtigkeit)
• Straftat
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Suchtmittelgrenzen im Straßenverkehr
• ab 0,5 o/oo Alkohol im Blut oder ab 0,25 mg/l Alkohol in Atemluft auch
ohne Beweisanzeichen für Fahruntüchtigkeit
• Ordnungswidrigkeit
• ab 1,1 0/oo Alkohol im Blut gilt Fahrer auch ohne auffälliges Verhalten
als absolut fahruntüchtig
• Straftat
• ab 1,6 o/oo Alkohol im Blut gilt auch Radfahrer als absolut
fahruntüchtig
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Rechtliche Auswirkung im Betrieb
Problem:
Alkohol und Suchtmittelkonsum ist nicht generell gesetzlich verboten
Betriebliches Alkohol-/ Suchtmittelverbot
• kann durch Betriebsvereinbarung begründet werden
• Regelung im individuellen Arbeitsvertrag möglich
• ausnahmsweise greift Direktionsrecht des Arbeitgebers (z.B. bei
Tätigkeiten in besonderem Sicherheitsbereich)
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Mögliche arbeitsrechtliche Konsequenzen für
Mitarbeiter
• Abmahnung bis Kündigung
• Kürzung des Arbeitsentgelts
• Verlust des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung bei verschuldeter
Arbeitsunfähigkeit (§ 3 EFZG)
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Mögliche arbeitsrechtliche Konsequenzen für
Vorgesetzte
• Strafbarkeit
… wegen fahrlässiger oder vorsätzlicher Körperverletzung oder
Tötung z.B.
• durch Unterlassen, wenn Rechtspflicht zum Tätigwerden
(Garantenstellung) und Unfall eintritt, der durch rechtszeitiges
Eingreifen hätte verhindert werden können
• Fahrlässig handelt, wer trotz Anhaltspunkten für Suchtmittelkonsum
und Verhaltensauffälligkeiten duldet, dass der Arbeitnehmer
weiterarbeitet
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Pflichten für betriebliche Vorgesetzte
• Arbeitsvertrag, Fürsorgepflicht
• Arbeitsplatz
• auch Heimweg
• Verantwortung für Arbeitssicherheit
• Auswahl „befähigter Beschäftigter“ ((§ 7 ArbSchG)
• Durchsetzung des Beschäftigungsverbotes aus DGUV Vorschrift1
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Schwierigkeiten der Führungskräfte
Die Führungskräfte haben
• … einerseits das Verbot der Beschäftigung eines alkoholisierten oder
berauschten Mitarbeiters zu beachten,
• … andererseits aber erhebliche diagnostische Schwierigkeiten
Zur Durchsetzung des Beschäftigungsverbots
reicht die subjektive Einschätzung des
Vorgesetzten!
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Zulässigkeit von Tests nur, wenn ...
•
•
... Anhaltspunkte für Suchtmittelgebrauch vorhanden sind oder
bei besonderer Gefahrenlage
... die Einwilligung des
Betroffenen vorliegt
© Gerald Wanka
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Zulässigkeit von Tests
• bei Einstellungsuntersuchungen
• bei auffälligen Mitarbeitern
• bei „verdächtigen Mitarbeitern
• vor Versetzung an
sicherheitsrelevante Arbeitsplätze-
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Betriebliches Gesundheitsmanagement
• Betriebsvereinbarung
• Sucht-Beauftragten
• Enge Zusammenarbeit mit Betriebsvertretungen und
Unternehmer/in
• Gesundheitszirkel
• Kontakte zu Organisationen
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Betriebsvereinbarung - möglicher Inhalt
•
Ziel und Zweck
•
Geltungsbereich/Geltungsdauer
•
Verfügbarkeit von Alkohol-/Suchtmitteln im Betrieb bzw. generelles
Verbot
•
Aufklärung, Schulung, Gesprächskreise, Hilfen für Betroffene
•
Ermittlung und Beseitigung suchtfördernder Bedingungen
•
Kontrollmaßnahmen
• (Test nur mit Einwilligung des Betroffenen, nicht erzwingbar)
•
Entgeltanspruch, Transportkosten
•
Schweigepflicht
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Betriebsvereinbarung - möglicher Inhalt
Maßnahmenkette/Stufenplan
• Gespräch, Hilfsangebote
• Androhung von Abmahnung/Kündigung
(als automatische Folge problematisch wg.
Kündigungsschutzvorschriften)
• Wiedereingliederung, Wiedereinstellungsvereinbarung
• Vorgehensweise bei Rückfall
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Kündigungsmöglichkeiten
Verhaltensbedingte Kündigung (nach Abmahnung)
•
bei Leistungsminderung durch Suchtmittelkonsum
(Schlecht-, Minder-, Nichtleistung)
•
•
bei Verstoß gegen betriebliches Suchtmittelverbot
bei Störung der betrieblichen Ordnung
Fristlose Kündigung:
•
•
bei schwerem Verstoß gegen Suchtmittelverbot
bei erheblicher Unfallgefahr oder drohendem großen Sach-/
Personenschaden
 Gilt nicht bei krankhaftem Suchtverhalten (Krankheit)
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Nicht jeder der Alkohol trinkt
ist Alkoholiker;
aber jeder der Alkohol trinkt,
kann Alkoholiker werden!
© BG RCI
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Betriebs- und umweltspezifische Merkmale
•
Kurzfristiges Entfernen vom Arbeitsplatz
•
Verlust von Werkzeug und Material
•
Häufiges Fernbleiben durch Krankheit
•
Übergroße Nervosität
•
Lange Pausen
•
Steigerung der Häufigkeit von Krankheiten
•
Aktive Phasen mit nachfolgendem Leistungsabfall
•
Geringe Arbeitsqualität und –quantität
•
Meidung von Vorgesetzten
•
Überproportionale Beteiligung an Arbeits- und/oder Wegeunfällen
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Individuelle Merkmale
• Niedergeschlagenheit am Arbeitsplatz
• eingeschränkte Verantwortungsbereitschaft
• Argwohn
• Ungewöhnliche Entschuldigungen
• Bagatellisierungen
• Schlechte Laune
• Lautes, unkontrolliertes Reden
• finanzielle Probleme
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Gesprächsführung
Was ist mein Gesprächsziel?
 Was ist das Ziel meines Gegenübers?
 Welches sind meine Hauptargumente?
 Wie könnte der Gesprächspartner darauf
reagieren?
 Welche Teilziele kann ich erreichen?
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Gesprächsführung
 Anteilnahme zeigen
 Fakten benennen
 Erwartungen formulieren
 Konsequenzen aufzeigen
 Hilfsangebote nennen
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Als „Co-Abhängiger“ wird bezeichnet, wer in
guter Absicht, dem Abhängigen zu helfen,
dessen Spiel mitspielt und sich nicht durch
bewusstes Verhalten von der ihm zugedachten Rolle abgrenzt.
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Ein „Co-Abhängiger“...
...ist eine Person,
die so auf den Abhängigen reagiert,
dass sie ihn schützt und ihn davon abhält,
die volle Wirkung seiner Sucht und die damit
verbundenen Konsequenzen
am eigenen Leibe zu erfahren.
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit !
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