OBERÖSTERREICHISCHE K U LT U R V E R M E R K E wILL.HaBEn GMUnDEn 15.–18.10.2015 Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde der OBERÖSTERREICHISCHEN KULTURVERMERKE! Ich freue mich, Ihnen das Programm der 24. OBERÖSTERREICHISCHEN KULTURVERMERKE präsentieren zu dürfen. Einmal mehr geht das Symposion daran, die Zeichen der Zeit zu deuten. Die prominent besetzten Veranstaltungen widmen sich an vier Tagen dem Thema WILL.HABEN. Profitgier, Kapitalkonzentration und Turbokapitalismus sowie deren Auswirkungen auf unsere Lebenswelt bilden einen wichtigen Themenkreis des Programms; Lebensgier, Begehren, Konsumzwang und Sucht als menschliche Phänomene bilden einen zweiten Schwerpunkt. Im Rahmen von Autorenlesungen, Referaten, Diskussionen, einem Liederabend, Kabarett und Filmen werden interessante Zugänge und spannende Einblicke eröffnet. Nahezu alle Programmpunkte finden bei freiem Eintritt statt. Zu den vielseitigen und hochaktuellen Veranstaltungen der OBERÖSTERREICHISCHEN KULTURVERMERKE 2015 lade ich Sie herzlich ein und freue mich darauf, Sie bei unserem Symposion begrüßen zu dürfen! Jutta Skokan Gründerin und Kuratorin Weitere KuratorInnen: Franz Schuh, Lutz Ellrich, Brigitte Zierhut-Bösch, Silvana Steinbacher und Christian Steinbacher WILL.HABEN Es gibt eine soziologisch begründbare Aversion gegen das Psychologische: Die Psyche, besonders die jeweils eigene, ist nur ein kleiner Teil des Weltgeschehens. So etwas wie die Eigenschaft der „Gier“ ist ein persönliches Laster und keineswegs der Schlüssel zu den Krisen, die derzeit die Gesellschaften erschüttern. Es sind Strukturen, systemische Gewalten, die man verstehen muss, um diese Krisen zu durchschauen. Dem braucht man nicht zu widersprechen. Man kann aber ein ergänzendes Verfahren vorschlagen, zumal ja offenkundig die persönliche Eigenschaft der Gier nicht privat bleibt. Die Gierigen lassen sich haufenweise abbilden: in den Journalen des Luxus und der Moden – die Medienlandschaft ist voll mit den Selfies der Gierigen und mit Berichten von ihren partiell kriminellen Abenteuern. Man kann vermuten, dass sich eine Gesellschaft, die sich seit Jahrzehnten in die Lage gebracht hat, hauptsächlich durch „Wachstum“ zu überleben, die Individuen entsprechend zugerichtet hat. Der „Konsumerismus“ (die Kompensation allen Leids durch Konsum) tendiert zu keinem Weniger, sondern zu einem Immer-Mehr, auch weil der Genuss des Konsumierten nicht anhält. Dagegen richten Predigten und biedermeierliche Vorstellungen von Zufriedenheit nichts aus. Die Menschen sind auf das System der Vermehrung eingeschworen. Wer dagegen „ein Zeichen setzt“ und als triumphierender Asket durch die Lande zieht, wird genauso vermarktet wie seine Gegner. Nicht zu vermarkten sind „die Armen“, Menschen, die immer weniger haben (und die sich erst recht nach mehr sehnen). Die Gesellschaft kann noch relativ gut die zwangsweise aus dem System Ausgestiegenen verbergen. Die Frage nach der sozialen Gerechtigkeit stellt sich wie selbstverständlich, wenn der Reichtum sündhaft ist und die Armut nicht beachtet wird. Die OBERÖSTERREICHISCHEN KULTURVERMERKE versuchen mit ihrem WILL.HABEN-Thema das Einrasten und Einklinken der persönlichen Eigenschaft „Gier“ in die vorgegebenen sozialen Strukturen zu diskutieren. Es ist ein Wechselverhältnis: Die Verhältnisse begünstigen die Gierigen; die Gierigen stützen Verhältnisse, die allerdings allmählich außer Balance geraten sind. (Franz Schuh) 5 Donnerstag, 15. Oktober 18:00 Stadttheater Gmunden Grußworte Prof. Jutta Skokan Dr. Paul Stepanek, Vorsitzender des Oberösterreichischen Landeskultur beirates Mag. Reinhold Kräter, Landeskulturdirektor Eröffnung Mag. Stefan Krapf, Bürgermeister der Stadt Gmunden Eröffnungsreferat Christian Felber Gemeinwohl statt Gier, Geiz, Geldgeilheit und Geierfonds Stadttheater Gmunden 15:00 Renate Becker Wir konsumieren uns zu Tode oder Von der Sehnsucht nach dem Paradies 15:30 Knut Boeser Haltet die Diebe... 16:00 Jörg Kraigher-Krainer Güterdämmerung: Wirtschaften im Zwielicht der Profitgier 16:30 Franz Schuh Glück und Gier In der Pause Treffpunkt Foyer 17:30 Paul Michael Zulehner Angst ist die Wurzel der Gier. Was kann uns davon befreien? 18:00 Gesprächsrunde mit Renate Becker, Knut Boeser, Jörg Kraigher-Krainer, Franz Schuh und Paul Michael Zulehner Moderation Peter Huemer In der Pause Treffpunkt Foyer 19:30 Mark Scheibe Liederabend Gier nach Liebe Anschließend Treffpunkt Foyer Im Gespräch Christian Felber mit Franz Schuh In der Pause Empfang des Bürgermeisters Mag. Stefan Krapf 20:30 Autorenlesung Ariadne von Schirach Du sollst nicht funktionieren. Für eine neue Lebenskunst. Im Gespräch Ariadne von Schirach mit Franz Schuh Anschließend 6 Treffpunkt Foyer Freitag, 16. Oktober 7 Samstag, 17. Oktober Stadttheater Gmunden 11:00 René Freund Ausgespielt! Eine Komödie der Habgier 11:30 12.00 Samstag, 17. Oktober 18:00 Werner Rügemer Die Gier organisieren – Wer ist und was macht die „transnational capitalist class“? Franz Huber Hab & Gier bei William Shakespeare, Sarah Kane und anderen Tragödien 18:30 Gesprächsrunde mit René Freund und Franz Huber Moderation Peter Huemer Gesprächsrunde mit Gustav Ernst, Klaus Zeyringer, Gottfried Schweiger und Werner Rügemer Moderation Peter Huemer In der Pause Treffpunkt Foyer 20:00 Jazz Slam CITY BOYS: Monolog eines Londoner Börsenmaklers Alfred Zellinger – Minimalistische Prosa Franz Koglmann – Komposition, Trompete, Flügelhorn Anschließend Empfang des OÖ Landeshauptmanns Dr. Josef Pühringer Anschließend Treffpunkt Foyer 15:00 Filmreportage Gier – Wirtschaftskrise mit System (USA 2013, 47 Min.) Regie Dennis Weckl In Zusammenarbeit mit der Kulturinitiative 08/16 16:00 Gustav Ernst Ich bin mehr! Ich will mehr! 16:30 Klaus Zeyringer Das runde Leder und das große Geld. Fußball. Eine Kulturgeschichte 17:00 Gottfried Schweiger Der Einzelne im System von Armut und Reichtum In der Pause Treffpunkt Foyer 8 Stadttheater Gmunden 9 Sonntag, 18. Oktober 9:00 Stadttheater Gmunden Film Das große Fressen Regie Marco Ferreri (Frankreich, Italien 1973, 129 Min.) Programm Info Stadttheater Gmunden, Freitag, 16. Oktober Jugend-Programm: Workshops mit Franz Schuh, Knut Boeser, Renate Becker, René Freund, Lutz Ellrich und Franz Huber. In Zusammenarbeit mit der Kulturinitiative 08/16 11:30 Anton Thuswaldner Will sein. Die Sache mit der Lebensgier 12:00 Gespräch Anton Thuswaldner mit Peter Huemer 16:00 Lutz Ellrich Sucht und Begehren 16:30 Andreas Gruber Erklärungsversuche jenseits der Ökonomie 17:00 Christian Schacherreiter Begehren und Gerechtigkeit 17:30 Gerhard Spring … und endlos sei mein Begehr. Anmerkungen zu einer Verklärung der Gier 18:00 Gesprächsrunde mit Lutz Ellrich, Andreas Gruber, Christian Schacherreiter und Gerhard Spring Moderation Peter Huemer In der Pause Empfang des Bezirkshauptmanns Mag. Alois Lanz 20:00 Kabarett Andrea Händler Ausrasten Anschließend Treffpunkt Foyer 10 PROGRAMM INFO Referate, Gespräche, Filme: Eintritt frei Autorenlesung und Gespräch mit Ariadne von Schirach am 15.10., Liederabend mit Mark Scheibe am 16.10. und Jazz Slam mit Alfred Zellinger und Franz Koglmann am 17.10. je € 8,Kabarett mit Andrea Händler am 18.10. € 18,Tickets: Telefon: 07612 70630, Fax 07612 70638, Mail: [email protected] Veranstaltungsort: Stadttheater Gmunden, Theatergasse 7, 4810 Gmunden Für den Inhalt verantwortlich: Verein Kulturbüro, Griesstraße 18, A-4600 Wels, www.kulturvermerke.at Mit Förderung von: Österreichische Nationalbank Gründungspräsident: Mag. Andreas Gruber Ehrenboard: Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer, Landesrätin Gertraud Jahn, Josef Ackerl, Bezirkshauptmann Mag. Alois Lanz, Bürgermeister Mag. Stefan Krapf, Bürgermeister Johannes Schobesberger, Bürgermeisterin Christine Eisner, Dr. Manfred Asamer, Ing. Andreas Cuturi, HR Mag. Josef Ecker, Mag. Reinhold Kräter, Dr. Paul Stepanek, Gouverneur Dr. Ewald Novotny, Andreas Murray, Rudolf Roitner, Christine Zemann, Mag. Sonja Aigner, Mag. Hannes Moser, Mag. Vincent Leroy, Dr. Helmut Rogl, Dr. Leopold Tröstl, Mag. Ursula Prenner, Anita Gattinger, Rudolf Wagner, Dr. Bernd Zierhut, KR. Margund Lössl. Büchertisch: Buchhandel KOchLIBRI Logo: Gerwald Rockenschaub Lektorat: Ursula De Santis-Gerstenberg Kommunikation: Dr. Brigitte Zierhut-Bösch Organisation: Manuela Prokop, Gertraud Pöstlberger, Helene Habacher Grafik: Gottfried Hattinger 11 Stadttheater Gmunden 18:00 Donnerstag, 15. Oktober Grußworte Prof. Jutta Skokan Dr. Paul Stepanek, Vorsitzender des Oberösterreichischen Landeskultur beirates Mag. Reinhold Kräter, Landeskulturdirektor Eröffnung Mag. Stefan Krapf, Bürgermeister der Stadt Gmunden Eröffnungsreferat Christian Felber Gemeinwohl statt Gier, Geiz, Geldgeilheit und Geierfonds Wenn in der Wirtschaft allerorts die Akkumulation der Mittel anstatt der Erreichung der Ziele und Werte gemessen und mit Erfolg verwechselt wird; wenn grenzenlose Ungleichheit ebenso legal ist wie kaltblütiger ökonomischer Kannibalismus, dürfen wir uns nicht wundern, dass die Gier grassiert und Geld die Rolle spielt, die wir ihm mit dieser großen Verwechslung zuweisen. Eine intelligente Gesellschaft, die ihre Werte fördert, anstatt sie zu untergraben, achtet auf die Klarheit von Zielen und Mitteln, korrekte Methoden der Erfolgsmessung, „negative Rückkoppelungen“ und sie knüpft Anreize an die Werte, die sie zusammenhalten. Würde das Töten belohnt, gäbe es vermutlich mehr Morde. Analog könnten in einer intelligenten Wirtschaftsordnung Beiträge zum Gemeinwohl positiv und Gier und Geiz negativ angereizt werden. Christian Felber, Publizist und Buchautor, 1972 geb., studierte Spanisch, Psychologie, Soziologie und Politikwissenschaft in Madrid und Wien. Er ist Mitbegründer von Attac Österreich, international Christian Felber © Robert Gortana 13 Donnerstag, 15. Oktober Stadttheater Gmunden gefragter Referent, Lektor an der Wirtschaftsuniversität Wien und Autor mehrerer Wirtschaftsbestseller: 50 Vorschläge für eine gerechtere Welt. Gegen Konzernmacht und Kapitalismus (2006), Neue Werte für die Wirtschaft. Eine Alternative zu Kommunismus und Kapitalismus (2008), Kooperation statt Konkurrenz. 10 Schritte aus der Krise (2009), GemeinwohlÖkonomie (2010, Neuausgabe 2012) und Geld. Die neuen Spielregeln (2014). Er initiierte den Aufbau der „Gemeinwohl-Ökonomie“ und der „Bank für Gemeinwohl“. Im Gespräch Christian Felber mit Franz Schuh In der Pause Empfang des Bürgermeisters Mag. Stefan Krapf 20:30 Autorenlesung Ariadne von Schirach Du sollst nicht funktionieren. Für eine neue Lebenskunst. Optimierung und Ausbeutung sind allgegenwärtig. Die Natur, durch Profitgier und schiere Blödheit bedroht, ist uns fremd geworden. Das betrifft auch uns, unseren Umgang mit unserem Körper, der kontrolliert und nicht mehr bewohnt wird, unsere Beziehungen und Freundschaften, die uns nützen sollen, anstatt uns zu bereichern. Doch vor allem werden die Anforderungen an uns selbst immer maßloser. Du sollst nicht funktionieren ist eine kluge Polemik gegen den Selbstoptimierungswahn, eine leidenschaftliche Beschwörung des echten Lebens und ein Plädoyer für eine neue Lebenskunst. Ariadne von Schirach studierte Philosophie in München und Berlin. Sie lehrt an der Berliner Universität der Künste und hat Gastdozenturen an der HFBK in Hamburg und an der Donau-Universität Krems inne. 2007 erschien ihr erstes Buch, der Best- Adelheid Kastner 14 Ariadne von Schirach © Detlef Eden Donnerstag, 15. Oktober Stadttheater Gmunden steller Der Tanz um die Lust. Neben der Liebe und der Ethik gehört auch das Glück zu den Lieblingsthemen der Philosophin – für Welt-Online schrieb sie eineinhalb Jahre lang die wöchentliche Kolumne „Glücksversuche“. Auch in ihren Essays für das ZEITMagazin, die FAS oder den SPIEGEL verbindet sie philosophische Gedanken mit zeitgenössischen Phänomenen. Neben Vorträgen und Workshops arbeitet Ariadne von Schirach als Kritikerin für Deutschlandradio Kultur und das Philosophie-Magazin. Ihr neues Buch Du sollst nicht funktionieren. Für eine neue Lebenskunst erschien 2014 im Tropen Verlag. Stadttheater Gmunden 15:00 Franz Schuh © Jutta Skokan Anschließend 16 Treffpunkt Foyer Renate Becker Wir konsumieren uns zu Tode oder Von der Sehnsucht nach dem Paradies Wir haben uns von einer Gesellschaft der Produzenten in eine Gesellschaft der Konsumenten gewandelt. „Ich shoppe, also bin ich.“ „Ich bin, was ich habe.“ „Erwachsensein wird zur Kindheit mit Kreditkarte.“ Das kann man alles nur unterschreiben und mehr noch: In dieser Verbrauchergesellschaft werden die Individuen selbst zur Ware. Sie müssen sich auf dem Markt als Konsumgut bewerben und verkaufen und sind Ware und Verkäufer zugleich. WILL.HABEN – ohne Subjekt und Objekt, reines Einverleiben-Wollen, birgt in sich aber noch eine andere Dimension: die Sehnsucht, die isolierte Existenz zu transzendieren. Was ist geschehen, dass die Sehnsucht nach Zugehörigkeit, nach Liebe, nach Seinsvergessenheit nicht länger das lebendige Gegenüber vor Augen hat, sondern die Erfüllung im regressiven Modus des Haben-Wollens zu finden glaubt? Im Gespräch Ariadne von Schirach mit Franz Schuh Franz Schuh, Schriftsteller und Philosoph. 1947 in Wien geb. Buchautor und Kritiker; Kolumnist, u. a. für DIE ZEIT, Neue Zürcher Zeitung und Literaturen. 1976-1980 Generalsekretär der Grazer Autorenversammlung. Bis 1993 Redakteur der Zeitschrift wespennest. Lehrbeauftragter an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien. Zahlreiche Auszeichnungen, u. a.: Österreichischer Staatspreis für Kulturpublizistik (1985), Jean-Améry-Preis für Essayistik (2000), Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Sachbuch/Essayistik (2006), Essay-Preis Tractatus des Philosophicum Lech (2009), Goldenes Verdienstzeichen des Landes Wien (2009). Veröffentlichungen, u. a.: Der Stadtrat. Eine Idylle (1995), Schreibkräfte. Über Literatur, Glück und Unglück (2000), Schwere Vorwürfe, schmutzige Wäsche (2006), Hilfe! Ein Versuch zur Güte (2007), Memoiren. Ein Interview gegen mich selbst (2008), Der Krückenkaktus (2011), Sämtliche Leidenschaften (2014), Über Kulturpublizistik (2014). Freitag, 16. Oktober Renate Becker Renate Becker, Literaturwissenschaftlerin und Gestalttherapeutin. Bis 1995 Dozentin am German Department an der University of Warwick/GB; langjährige Chefredakteurin der Zeitschrift Gestalt therapie; Vorträge und Veröffentlichungen zum Thema „Gender und Darstellungsformen des Weiblichen in der Literatur“. 15:30 Knut Boeser Haltet die Diebe… „WILL.HABEN!“ Nanu! Da fehlt doch was! Und wer oder was fehlt da? Da fehlt das Subjekt, das zu jedem grammatikalisch vollständigen Satz gehört. „Ich will haben“ – so lautet grammatikalisch korrekt dieser Satz eines Erwachsenen. Fehlt das ICH, fehlt womöglich der bewusste, selbstbewusste, sein Tun reflektierende Erwachsene? „Will haben!“ fordert das noch ICH-lose Baby in seiner oralen (nach Freud: oral-sadistischen), rein triebbestimmten Phase, in der 17 Freitag, 16. Oktober Stadttheater Gmunden es keinen Aufschub, keine Geduld und Rücksichtnahme gibt. Will essen, will trinken – bei Bedarf immer sofort. Egal ob ein Adlerjunges, ein Löwenbaby, oder ein Menschenkind: Das Maul wird aufgerissen – und wird da nichts hineingestopft, ist das Geschrei groß. So ist die Natur. – Kann es sein, dass die großen gesellschaftlichen Krisen, mit denen wir uns scheinbar ohne Aussicht auf Besserung plagen – aktuell die seit Jahren andauernde Finanzkrise, im Besonderen die Griechenlandkrise – ihre Ursachen in einer rigorosen Regression in eine frühkindliche, ehemals unschuldige, nämlich rein triebbestimmte, jetzt aber zwar immer noch orale, aber inzwischen bewusst rücksichtslos infantile Anspruchshaltung haben – wobei sich die wenigen zynischen Nutznießer auf Systemzwänge hinausreden, deren Gewinner sie nun mal sind? Das alles ist nicht neu. Die Griechenlandkrise wird vor dem Panorama der großen europäischen Bank- und Börsenkrisen analysiert, der Staatsbankrotte der letzten 400 Jahre, bei denen immer nur die Betrüger und Diebe die Gewinner waren. (Knut Boeser) Knut Boeser 18 Knut Boeser, Schriftsteller, hat in Berlin und Paris Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft, Philosophie und Psychologie studiert. Zunächst war er Chefdramaturg, dann Intendant am Renaissancetheater Berlin, später Chefdramaturg am Theater in der Josefstadt Wien. Er betätigte sich fünf Jahre als Dozent (für Drehbuch und Stoffentwicklung) an der Internationalen Filmschule Köln. Knut Boeser war Mitglied des Kuratoriums des Österreichischen Filminstituts, ist geschäftsführender Vorstand im Verband Deutscher Drehbuchautoren und Mitglied der Deutschen Filmakademie. Er gab u. a. Bücher über Max Reinhardt, Erwin Piscator und Oscar Panizza heraus. Er schreibt Essays, Drehbücher, Theaterstücke und Prosa. Sein Roman Nostradamus wurde in elf Sprachen übersetzt. Knut Boeser lebt in Berlin. Stadttheater Gmunden 16:00 Freitag, 16. Oktober Jörg Kraigher-Krainer Güterdämmerung: Wirtschaften im Zwielicht der Profitgier. Marketingkreationen wie WILL.HABEN oder Geiz ist geil vermitteln den Eindruck, der Kunde sei von Haus aus geizig. Oder unersättlich. Wir seien eben so! Gierig ist also nicht die Wirtschaft, gierig sind die Kunden. Der Vortrag spürt dem Charakter des Konsumenten aus verschiedenen Perspektiven nach: wie ihn die Ökonomie begreift, wie ihn die Profitwirtschaft hinstellt, wie er vielleicht wirklich ist. Für welchen der Charaktere wir uns in dieser gemeinsamen Reflexion entscheiden, ist entscheidend! Ist nämlich Gier einmal hingenommener Teil unserer Natur, dann gibt es vermutlich kein Entrinnen aus der Konsumgesellschaft mehr, keinen fruchtbaren Appell an eine Vernunft im Menschen, keine Alternative zu Wirtschaftswachstum. Jörg Kraigher-Krainer Jörg Kraigher-Krainer war nach dem Studium der BWL, Psychologie und Philosophie 15 Jahre als Marketingleiter in der Wirtschaft tätig. Heute lehrt und beforscht er die Fächer Kundenzentrierung und Käuferverhalten hauptberuflich an der Fakultät für Management der Fachhochschule Oberösterreich und als Lektor an der Universität Graz, der Wirtschaftsuniversität Prag und der Fachhochschule Campus02 in Graz. 2006 hat er sich habilitiert und an der Universität Graz die Lehrbefugnis auf dem Gebiet der Betriebswirtschaftslehre erworben. Er veröffentlichte zahlreiche wissenschaftliche Beiträge und wirkte in verschiedenen akademischen Funktionen: als Studiengangsleiter, als Entwickler und als Mitglied der Entwicklungsteams von Studiengängen, als Beiratsmitglied und Gutachter von wissenschaftlichen Journalen und Konferenzen, als Leiter von Forschungsgruppen wie dem Management Research Center Steyr, und als Vizedekan für Forschung. 19 Freitag, 16. Oktober 16:30 Stadttheater Gmunden Franz Schuh Glück und Gier 17:30 Auf die Frage, was denn alle Menschen miteinander gemeinsam haben, gibt es seit der Antike diese Antwort: Alle Menschen haben miteinander gemein, dass sie „das Glück“ suchen. Diese Gemeinsamkeit kann man ästhetisch und politisch bekämpfen. Ästhetisch sagt es uns der Dichter Karl Ove Knausgard: „Kein glückliches Leben anzustreben, ist das Provozierendste, was man überhaupt tun kann.“ Politisch drückt die Aversion gegen das Glück der anderen ein Politiker wie Orban aus, wenn er den Flüchtlingen auf ihrer Glücksuche entgegenschleudert: „Es gibt kein Grundrecht auf ein besseres Leben.“ – In der Antike hat man versucht, das Glück mit Ausgewogenheit, mit einer „Mitte“ zu identifizieren. Der Extremismus der Gier (die verfehlte Mitte) lässt sich auch aus dem Horizont der Glückssuche interpretieren. (Franz Schuh) Franz Schuh © Jutta Skokan In der Pause 20 Stadttheater Gmunden Franz Schuh, Schriftsteller und Philosoph. 1947 in Wien geb. Buchautor und Kritiker; Kolumnist, u. a. für DIE ZEIT, Neue Zürcher Zeitung und Literaturen. 1976-1980 Generalsekretär der Grazer Autorenversammlung. Bis 1993 Redakteur der Zeitschrift wespennest. Lehrbeauftragter an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien. Zahlreiche Auszeichnungen, u. a.: Österreichischer Staatspreis für Kulturpublizistik (1985), Jean-Améry-Preis für Essayistik (2000), Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Sachbuch/Essayistik (2006), Essay-Preis Tractatus des Philosophicum Lech (2009), Goldenes Verdienstzeichen des Landes Wien (2009). Veröffentlichungen, u. a.: Der Stadtrat. Eine Idylle (1995), Schreibkräfte. Über Literatur, Glück und Unglück (2000), Schwere Vorwürfe, schmutzige Wäsche (2006), Hilfe! Ein Versuch zur Güte (2007), Memoiren. Ein Interview gegen mich selbst (2008), Der Krückenkaktus (2011), Sämtliche Leidenschaften (2014) ); Über Kultur publizistik (2014). Treffpunkt Foyer 20 Paul Michael Zulehner Freitag, 16. Oktober Paul Michael Zulehner Angst ist die Wurzel der Gier. Was kann uns davon befreien? Der Kulturanthropologe René Girard verweist darauf hin, dass Gewalt, Gier und Lüge die Geschichte der Menschheit von Anfang an prägen. Wie es dazu kommt, erläutert die Tiefenpsychologin Monika Renz, indem sie jene Urangst bedenkt, mit welcher jeder neugeborene Mensch nach seiner Geburt fertig werden muss. Menschen, die nach der Geburt nicht vertrauen lernen, greifen in ihrer ungeheilten Urangst zu Selbstsicherungsstrategien – und diese sind eben Gewalt, Gier und Lüge, oder modern: Terrorismus, giergesteuertes Finanzsystem, Korruption. Was aber hilft gegen die Angst? Wer diese Frage beantworten kann, darf auf eine Welt ohne Gewalt, Gier und Lüge hoffen. Eines ist sicher: Moralisierung behebt nicht die Angst. Sie mehrt diese vielmehr. Es ist auch fahrlässig, die Angst der Menschen z. B. vor Fremden/Flüchtlingen/Muslimen parteipolitisch wahlwerbend zu schüren – denn Angst entsolidarisiert immer; und ohne Solidarität gibt es keine friedvolle, weil gerechte Zukunft. Das einzige Mittel gegen Angst ist Heilung an den Wurzeln der Seele. Das verweist uns auf die bewährten Heilungsagenturen unserer Gesellschaft. Zu diesen gehört neben der Psychotherapie seit jeher eine heilende Religion. Paul Michael Zulehner, 1939 in Wien geb., ist Pastoraltheologe und Religionsforscher. Studien der Philosophie, der katholischen Theologie und der Religionssoziologie in Innsbruck, Wien, Konstanz und München. Schüler von Johannes Schasching und Karl Rahner. 1964 Priesterweihe, Kaplan und Subregens im Wiener Priesterseminar. 1973 Habilitierung für Pastoraltheologie und Pastoralsoziologie bei Rolf Zerfaß. Lehrtätigkeit in Bamberg, Passau, Bonn, Salzburg und seit 1984 am Lehrstuhl für Pastoraltheologie und Kerygmatik an der Universität Wien. Zulehner war langjähriger Dekan der Fakultät, seit 2009 emeritiert. 15 Jahre lang war er Theologischer Berater der jeweiligen Vorsitzenden des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen, Beiratsmitglied 21 Montag, 22. Oktober Stadttheater Gmunden Freitag, 16. Oktober in der Österreichischen Forschungsgemeinschaft. Er ist Mitglied der Europäischen und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Mit Kardinal Franz König Gründer des Pastoralen Forums zur Förderung der Kirchen in Ost-(Mittel-)Europa. Zahlreiche Publikationen zu Pastoraltheologie, Religionsforschung und Spiritualität nicht nur für gläubige Zeitgenossen. 2015 wurde ihm das Ehrendoktorat der Universität Erfurt verliehen. 18:00 Gesprächsrunde mit Renate Becker, Knut Boeser, Jörg Kraigher-Krainer, Franz Schuh und Paul Michael Zulehner Moderation Peter Huemer Peter Huemer, 1941 in Linz geb., ist Journalist und Historiker. Studium der Geschichte, Germanistik und Kunstgeschichte an der Universität Wien. Ab 1969 Mitarbeiter in der Dokumentationsabteilung des Österreichischen Fernsehens. 1974-1976 Mitarbeiter bei Claus Gatterer am TV-Magazin teleobjektiv; 1977-1987 Leiter der Talk-Show Club 2; 1987-2002 Im Gespräch im ORF-Hörfunk; 1989-1994 Moderator Streit im Schloss, Südwestfunk, Saarbrücken; 19922001 Moderator Berliner Begegnungen, 3sat. Seit 2003 Lehrtätigkeit an der Filmakademie Wien und seit 2006 auch an der Universität Wien. Zahlreiche Auszeichnungen und Preise für die wissenschaftliche und für die journalistische Tätigkeit, u. a. KunschakPreis, Preis der Stadt Wien, Torberg-Medaille, Axel Corti-Preis, Staatspreis für Kulturpublizistik. In der Pause Peter Huemer Treffpunkt Foyer 23 Freitag, 16. Oktober 19:30 Stadttheater Gmunden Liederabend Mark Scheibe Gier nach Liebe Musik, die dir den Mantel abnimmt und dich zum gedeckten Tisch führt. Lieder, die das Licht dimmen und dir reinen Wein einschenken. Worte wie Samt. Inspiriert vom romantischen Swing der 30er und 40er Jahre, singt Mark Scheibe seine Jazzlieder mit deutschen Texten: Er verwandelt jeden Raum in eine ebenso elegante wie extravagante Piano-Bar – mit Charme, Passion und swingendem Schönklang. Er schafft eine Atmosphäre, die in eine andere Zeit entführt, in der es nicht um Leistung und Optimierung geht, sondern einzig um Zuwendung und den Rausch der Begegnung. Dieses Thema flutet auch durch die Lieder, wie im Chanson MITTWOCHS, das die wöchentliche erotische Begegnung von zwei Menschen im Hotel zum Thema hat. Der gebürtiger Bremer Mark Scheibe lebt seit 2000 in Berlin, wo er nach der gewonnenen „Radio Fritz-Nacht der Talente“ 2008 bis 2012 das VarietéPublikum im „Admiralspalast“ mit seiner Berlin Revue beglückte – einer „Hommage an Berlin“ (Berliner Morgenpost). Im „Wintergarten“ holte der Sänger am Piano Orchester und Artisten auf Mark Scheibes Wilde Bühne; er arbeitet darüber hinaus als Schlagertexter und als Arrangeur von Orchestermusik. Für sein Jugendprojekt Melodie des Lebens mit der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen wurde Mark Scheibe 2008 mit dem Preis „Kinder zum Olymp“ ausgezeichnet; 2012 bekam er mit dem Zukunftslabor den „ECHO Klassik“ für Nachwuchsförderung. Gegenwärtig schreibt er Musik für das Theater, bringt aktuell einen Liederzyklus nach Thomas Manns Zauberberg zur Aufführung und schreibt jeden Tag ein Lied, das auf seiner Facebookseite als Video die Welt erreicht. Anschließend 24 Treffpunkt Foyer Mark Scheibe Stadttheater Gmunden 11:00 Montag, Samstag,22. 17.Oktober Oktober René Freund Ausgespielt! Eine Komödie der Habgier René Freund liest Szenen aus seinem Theaterstück Ausgespielt!, das die Mechanismen der Macht und der Habgier in einer Kleinstadt beschreibt. Als nämlich dort zwei Fremde auftauchen, befürchten die Mächtigen, es handle sich um verdeckte Ermittler der Korruptionsstaatsanwaltschaft. Doch dann stellt sich heraus: Die beiden sind ein Oligarch und sein Lobbyist. Oder doch nicht? René Freund, 1967 geb., lebt als Autor und Übersetzer in Grünau/Almtal. Er studierte Philosophie, Theaterwissenschaft und Völkerkunde, war 1988 bis 1990 Dramaturg am Theater in der Josefstadt Wien. Buchveröffentlichungen, zuletzt: Stadt, Land und danke für das Boot (2002), Wechselwirkungen (2004), Donau, Stahl und Wolkenklang. Linzer Augenblicke (2008), Liebe unter Fischen (2013), Mein Vater, der Deserteur. Eine Familiengeschichte (2014). 11:30 Franz Huber René Freund © Monika Loeff Franz Huber Hab & Gier bei William Shakespeare, Sarah Kane und anderen Tragödien Theaterfiguren, die man mit dem Attribut „gierig“ charakterisiert, gibt es zuhauf. In vielen bürgerlichen Trauerspielen, die auch Ausdruck eines wachsenden bürgerlichen Bewusstseins sind, spielen die moralischen Kategorien von „Tugend“ und „Laster“ eine große Rolle. Mit der Herausbildung der bürgerlichen Gesellschaft gewinnt der Faktor Geld eine neue, erweiterte Bedeutung; damit ist das Auftauchen bestimmter neuer literarischen Figuren verbunden. Gier – eines der Hauptlaster des Menschen – lässt sich aber auch als Element der menschlichen Existenz verstehen, als misslungene Antwort auf die Grundangst und die Grundsorge des Menschen. Und Gier beinhaltet ein Begehren, ein Sehnen nach Leben, Liebe, Glück und Macht. Samstag, 17. Oktober Stadttheater Gmunden Stadttheater Gmunden Franz Huber studierte an der Ludwig-MaximiliansUniversität München Neuere Deutsche Literatur, Linguistik und Publizistik, arbeitete als Lektor und Produzent beim Bayerischen Rundfunk, war Dramaturg an zahlreichen deutschen Theatern. Seit 1998 ist Franz Huber Chefdramaturg am Linzer Landestheater und seit Herbst 2002 Dozent an der Anton Bruckner Privatuniversität Linz. 12:00 Gesprächsrunde mit René Freund und Franz Huber Moderation Peter Huemer Anschließend Treffpunkt Foyer 15:00 Filmreportage Gier – Wirtschaftskrise mit System (USA 2013, 47 Min.) Regie Dennis Weckl 2008 erlebte die Welt einen folgenreichen Zusammenbruch der globalen Märkte – selbst Institutionen, die als unzerstörbar galten, kollabierten. Die Regierungen reagierten sofort mit massiven Rettungsschirmen. Doch langsam wachsen Zweifel: Wurden die Probleme wirklich gelöst oder nur verdrängt? Treibt die Gier der Banken unsere Wirtschaft ins Verderben? – Ein spannendes Bild unserer möglichen finanziellen Zukunft. Gustav Ernst, 1944 in Wien geb., schreibt Romane, Stücke und Drehbücher. Er ist Gründer und (mit Karin Fleischanderl) Leiter der Leondinger Akademie für Literatur. Gemeinsam mit Karin Fleischanderl ist er Herausgeber von kolik. zeitschrift für literatur und kolik.film. Zuletzt erschienene Romane: Beste Beziehungen (2011), Grundlsee (2013), Zur unmöglichen Aussicht (2015). 2013 erhielt er den Preis der Stadt Wien für Literatur. Gustav Ernst © Gerhard Kresser 16:30 Klaus Zeyringer In Zusammenarbeit mit der Kulturinitiative 08/16 16:00 Gustav Ernst Ich bin mehr! Ich will mehr! Ein paar flüchtige Beobachtungen zum Phänomen der Gier oder: Wen ich möglicherweise liebend gern als Gierhals bezeichnen würde. 28 Samstag, 17. Oktober Klaus Zeyringer Das runde Leder und das große Geld. Fußball. Eine Kulturgeschichte Der Weltverband FIFA ist in seinen Strukturen und Mechanismen ein interessanter Fall von Gier und Macht – mit der merkwürdigen Situation, dass ein gemeinnütziger Verein, der rechtlich wie jeder schweizerische Jodelclub organisiert ist, es zu derartiger Macht bringt. Der Fußball ist eine Sonde in die Geschichte der Moderne und der ihr folgenden Epochen; eine Weltmeisterschaft wiederum ist eine Sonde in die Kulturgeschichte des Phänomens. Eine Bilanz der Fußballweltmeisterschaft 2014 in Brasilien macht Facetten der Gier als gesellschaftliches Phänomen erkennbar. „WILL.HABEN!“: Die Verbände wollen Geld und Macht, so dass Staaten wesentliche Hoheitsrechte abtreten. Die Funktionäre wollen Spieler und Medienpräsenz; und das Publikum will offenbar laufend Unterhaltung haben. Klaus Zeyringer, 1953 in Graz geb., habilitierte sich dort 1993 und war Universitätsprofessor für Germanistik in Frankreich. Er ist als Literaturkritiker u. a. für den Standard tätig sowie Jury-Mitglied der ORF-Bestenliste, moderiert in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Zuletzt erschienen: Blicke von außen. Österreichische Literatur im internationalen Kontext (mit F. Haas, H. Schlösser, 2003), Ehrenrunden im Salon. Kultur-Literatur-Betrieb (2007), Österreichische Literatur seit 1945 (3. Aufl., 2008), Eine Literaturgeschichte: Österreich seit 1650 (mit H. Gollner, 2012), Fußball. Eine Kulturgeschichte (2014). Samstag, 17. Oktober 17:00 Gottfried Schweiger 30 Stadttheater Gmunden Stadttheater Gmunden Gottfried Schweiger Der Einzelne im System von Armut und Reichtum Strukturelle Verwerfungen wie Armut und soziale Ausgrenzung – man kann sie auch soziale Pathologien nennen – sind nicht das Produkt der Handlungen einzelner Personen und der ihre Handlungen anleitenden Begierden und Wünsche. Dennoch sind zumindest vier Eintrittsstellen der „Individualität“ in den Armutsdiskurs zu benennen, die insbesondere einer sozialphilosophischen und ethischen Reflexion zugänglich sind. Zunächst einmal ist von einer „Individualisierung“ der sozioökonomischen Position zu reden, also dem falschen Glauben daran, dass Armut und Reichtum – letzteres umso mehr – das Produkt eigener Entscheidungen und Leistungen seien. Eine solche Individualisierung hat dann auch Einfluss darauf, welche Hilfspflichten gegenüber den Armen eingenommen werden. Zweitens werden Armut und Reichtum oftmals entkoppelt, und zwar gerade von den handelnden Personen. Dass durch das eigene Handeln zugunsten der Optimierung der eigenen Position andere in die Armut gezwungen werden, gerät aus dem Blick, da die systemischen Zusammenhänge nicht offen sichtbar sind oder aber bewusst verleugnet werden. Drittens beeinflussen gesellschaftliche Strukturen das Handeln bzw. die Handlungsoptionen wie auch die Bedürfnisstruktur des Individuums, was dazu führt, dass moralische Appelle, die sich gegen solche eingeimpften Muster richten, oftmals ungehört bleiben oder gar als Träumerei abgetan werden. Es stimmt schon, dass ein Einzelner wenig tun kann, aber es ist mehr als nichts. Und dieses Mehr ist auch angesichts der katastrophalen Zustände als eine Verantwortung der Gerechtigkeit zu verstehen. Viertens ist eine solche Verantwortung aber gemäß der Handlungsmacht des Einzelnen zu gewichten – es haben also Menschen, die mehr besitzen auch eine größere Verpflichtung, zu geben und zum Ausgleich des Elends der Armut beizutragen. Stattdessen ist aber zunehmend ein Stimmungsbild anzutreffen, in dem jene, die noch genug, jedoch Angst vor dem sozialen Abstieg haben, schützend vor die kleine Minderheit der Reichen und Superreichen positioniert Samstag, Montag, 17. 22. Oktober 18. werden und die Ermöglichungsbedingungen für deren Handeln und Streben, die Anhäufung immer größerer Sach- und Geldwerte, verteidigen. Gottfried Schweiger studierte Philosophie, Theater-, Film- und Medienwissenschaften sowie Biologie in Salzburg und Wien und promovierte 2008 an der Universität Salzburg mit einer Arbeit zu Hegels Naturphilosophie. Seit 2011 ist er am Zentrum für Ethik und Armutsforschung der Universität Salzburg tätig; seit 2014 leitet er dort das Forschungsprojekt „Soziale Gerechtigkeit und Kinderarmut“, das durch den Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF) gefördert wird. Zwischenzeitlich war er Gastforscher am Institut für Philosophie der Universität St. Gallen. Seine Forschungs- und Publikationsschwerpunkte liegen im Bereich der Politischen Philosophie sowie der Sozialphilosophie. Schweiger ist u. a. Ko-Herausgeber der Zeitschrift für Praktische Philosophie, Mitglied im Forschungsnetzwerk „Normative Aspekte des Kindeswohls“, Koordinator des Netzwerks „Philosophie und Kindheit“ sowie Mitglied im Chapter Committee von „Academics Stand Against Poverty (ASAP)“, einem internationalen Verbund von ArmutsforscherInnen. Jüngst erschien von ihm eine Forschungsmonographie zur Kinderarmut (A Philosophical Examination of Social Justice and Child Poverty, mit Gunter Graf, 2015). Er ist Ko-Herausgeber mehrerer Sammelbände. Schweiger veröffentlichte zahlreiche Aufsätze in Zeitschriften, u. a. zu Armut, Arbeitslosigkeit, Gesundheit, Kindheit, zum Fähigkeitenansatz sowie zur Theorie der Anerkennung. In der Pause Treffpunkt Foyer 18:00 Werner Rügemer Die Gier organisieren – Wer ist und was macht die „transnational capitalist class“? Gierig sein kann jeder und jede, und diese Gier kann sich auf alles Mögliche richten: Sex, Geld, Berühmtheit, Suchtmittel. Aber die gefährlichste Gier ist die nach dem kapitalistischen Privatgewinn, der durch privilegierte Hilfstruppen, Staaten, Samstag, 17. Oktober Stadttheater Gmunden professionelle Lügner, dann auch Geheimdienste und Militärs organisiert, gesichert, erweitert wird, bzw. werden soll. Armut für die Mehrheit der Bevölkerungen und Kriege sind das Ergebnis, ebenso Demoralisierung. Werner Rügemer Werner Rügemer, 1941 geb., ist interventionistischer Philosoph. Er ist als Publizist, Lehrbeauftragter an der Universität Köln und als Stadtführer tätig. Buchveröffentlichungen, u. a.: Philosophische Anthropologie und Epochenkrise (1979), Staatsgeheimnis Abwasser (1996), Colonia Corrupta (2002), „Heuschrecken“ im öffentlichen Raum. Public Private Partnership – Anatomie eines globalen Finanzinstruments (2010), Ratingagenturen – Einblicke in die Kapitalmacht der Gegenwart (2012), Die Fertig macher. Arbeitsunrecht und professionelle Gewerkschaftsbekämpfung (mit Elmar Wigand, 2014). 18:30 Gesprächsrunde mit Gustav Ernst, Klaus Zeyringer, Gottfried Schweiger und Werner Rügemer Moderation Peter Huemer In der Pause Treffpunkt Foyer 20:00 Jazz Slam Alfred Zellinger und Franz Koglmann CITY BOYS: Monolog eines Londoner Börsentraders Alfred Zellinger – Minimalistische Prosa Franz Koglmann – Komposition, Trompete, Flügelhorn Texte, collagiert und konzentriert aus Alfred Zellingers neuem Buch CITY BOYS. Hybris, Katharsis und ein Daycruiser; instrumental interpretiert und pointiert von Franz Koglmann. Innere Mono- 32 Franz Koglmann Samstag, 17. Oktober Stadttheater Gmunden loge eines aus Kostengründen entlassenen, wegen Betrügereien gefeuerten und aus moralischen Über legungen aussteigenden Börsentraders. Stadttheater Gmunden 9:00 Alfred Zellinger, 1945 geb., studierte Rechtswissenschaften in Wien. Er lebt als Schriftsteller in Wien und Gmunden. Während seiner, wie er es nennt, „40 Jahre im Auge des Kapitalismus“ arbeitete er für Konzerne wie Unilever und Procter & Gamble sowie für die englische Werbeagentur Masius. Er war Marketingleiter bei Philips, Professor an der Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung Linz, Werbechef der BAWAG PSK, zuletzt CEO von Bösendorfer. Er veröffentlichte eine Reihe von Büchern und schrieb die von Franz Koglmann vertonten Bühnenwerke Börsenkonzert und JOIN! In der Edition P.E.N. im Löcker Verlag erschien 2015 sein neues Buch CITY BOYS. Alfred Zellinger © Apollonia Bitzan Franz Koglmann, 1947 in Mödling bei Wien geb. Studium Klassische Musik und Jazz. Studienaufenthalte in New York und Philadelphia. Franz Koglmann wird international als wesentlicher Erneuerer der Musik am Schnittpunkt von Jazz und europäischer Moderne rezipiert. Er arbeitete mit namhaften internationalen Musikern wie Lee Konitz, Derek Bailey, Tony Coe, Steve Lacy, Paul Bley u. v. a. zusammen. Von 1986 bis 1996 erschienen seine CDs bei „Hat ART“/Schweiz. 1998 bis 2004 war er künstlerischer Leiter des Frankfurter CD Labels „between the lines“. Mehrere Bühnenwerke, darunter die Oper JOIN!, Libretto Alfred Zellinger, Wiener Festwochen 2013. Anschließend Empfang des OÖ Landeshauptmanns Dr. Josef Pühringer Sonntag, 18. Oktober Film Das große Fressen (Originaltitel: La Grande Bouffe) Regie Marco Ferreri (Frankreich, Italien 1973, 129 Min.) Mit Marcello Mastroianni, Ugo Tognazzi, Andréa Ferreol und Michel Piccoli Vier Männer mittleren Alters verabschieden sich aus ihrem bürgerlichen Leben: der Pilot Marcello, der Koch Ugo, der Fernsehredakteur Michel und der Richter Philippe. Sie treffen sich an einem Wochenende in einer alten Villa, die Philippes Vater vor etlichen Jahren gekauft hat. Dort wollen die lebensmüden Männer ihre eigene Selbstzerstörung durch eine Überdosis Sex und Essen zelebrieren. Das Personal wird fortgeschickt, drei Freudenmädchen dienen dem Lustgewinn. Die Lehrerin Andréa stößt hinzu und wird zum einzigen Dauergast. Bald schon steigert sich die endlose Zubereitung kulinarischer Köstlichkeiten zum widerwärtigen großen Fressen. Andréa gibt sich sowohl den vier Herren als auch der gnadenlosen Völlerei willig hin. Ab sofort heißt es: Wer stirbt zuerst? Die Kapitalismuskritik Marco Ferreris ist unübersehbar, der gesellschaftskritische Ansatz heute aktueller denn ja. Das abgründige Meisterwerk von Marco Ferreri über die Maßlosigkeit der Konsumgesellschaft war einer der großen Filmskandale der 70er Jahre. In Zusammenarbeit mit der Kulturinitiative 08/16 11:30 Anton Thuswaldner Will sein. Die Sache mit der Lebensgier Gier ist auf Verbrauch aus, schädigt Ressourcen und ist gefährlich. Aber was hat es mit der Lebensgier auf sich? Ist sie eine Reaktion auf eine Welt, die im Besitz und der Vermehrung der Güter ihren Sinn bezieht, oder müssen wir sie als besondere Spielart des Prinzips Gier verstehen? Geht sie als Selbstverwirklichung durch? Ist sie als kritische Haltung des- 34 35 Sonntag, 18. Oktober Stadttheater Gmunden Stadttheater Gmunden halb nicht brauchbar, weil sie ebenso auf Verbrauch abzielt? Sind Raff-Gestalten von Balzac‘schem, Dickens‘schem oder Hoffmann‘schem Format Ausgeburten einer kapitalistischen Haltung, zumal solche Wesen in ihrem Inneren verkümmern und das Leben aussperren, weil ihre Gier jede Lebensgier verhindert? Der Literatur fällt zum Phänomen Lebensgier etwas ein. Anton Thuswaldner 12:00 16:00 Anton Thuswaldner, Literaturkritiker. 1956 in Lienz geb. Studium der Germanistik und Geschichte in Salzburg. Lebt als Literaturkritiker ebenda, wo er für in- und ausländische Medien (SN, FAZ, FR, Die Furche) arbeitet. Von 1993 bis 2012 war er Jurymitglied des „aspekte“-Literaturpreises. 1996 wurde er mit dem Österreichischen Staatspreis für Literaturkritik ausgezeichnet. Mehrere Buchveröffentlichungen, zuletzt erschienen: Österreichisches Lesebuch (Hg., 2000), Kaprun. Steinstunden (2005), Das jüdische Budapest (mit Péter Nádas, 2010), Salzkammergut schauen. Ein Blick ins Ungewisse (mit Christian Dirninger und Thomas Hellmuth, 2015). 36 hafte Erfahrung, dass sie das Ziel ihrer Wünsche immer wieder verfehlen, energisch ankämpfen und die Dosis der jeweils eingesetzten Mittel beständig erhöhen, genießen die Begehrenden das Wissen um die Unerreichbarkeit der ersehnten Objekte. Lutz Ellrich 16:30 Im Gespräch Anton Thuswaldner mit Peter Huemer Lutz Ellrich, Prof. em. für Medienkulturwissenschaft an der Universität Köln. Studium der Philosophie, Soziologie und Theaterwissenschaft. Forschungsschwerpunkte: gesellschaftstheoretisch orientierte Medienanalyse, Surveillance Studies, Verstehen fremder Kulturen, Organisations- und Konfliktforschung, experimentelles Theater. Aktuelle Projekte: Misstrauen in Bürokratien, Netzwerken und Märkten, Recht und Unrecht der Piraterie. Publikationen, u. a.: Verschriebene Fremdheit (1999), Die Unsichtbarkeit des Politischen. Theorie und Geschichte medialer Latenz (mit H. Maye und A. Meteling, 2009), Vorführen und Verführen (2011), Facetten der Gewalt (2014). Andreas Gruber Erklärungsversuche jenseits der Ökonomie Basierend auf einem Traktat von Walter Benjamin Der Kapitalismus als neue Religion, soll der Frage nachgegangen werden, welche messianische Botschaft, welche Erlösungsversprechen zu dieser WILL. HABEN.GIER verleiten. Versprechen, die sich nicht einlösen lassen. Daher muss die Dosis ständig erhöht werden. Wie viele Spielformen der Ersatzvornahme stecken hinter dieser Gier? Ist die Gier alternativlos, weil es keine anderen Währungen mehr zwischen den Menschen gibt als das müde und ermüdende Geld? Benjamin nennt den Kapitalismus die erste nicht entschuldende, sondern immer tiefer verschuldende Religion. Lutz Ellrich Sucht und Begehren Die Formen und Gegenstände von Sucht und Begehren sind extrem vielfältig: Es geht um den uneingeschränkten Besitz von Dingen und Personen, aber auch um den enthemmten Konsum der gewählten Objekte und nicht selten auch um die rückhaltlose Auslieferung an sie. Man strebt die absolute Verfügung über etwas Bestimmtes an und ebenso den Verlust der Selbst- und Fremdkontrolle in Rausch und Delirium. Beide Dispositionen, beide Formen des Drangs bewegen sich im Spannungsfeld von Souveränität und Abhängigkeit, von Steigerung und Reduktion, von Verfügung und Entzug. Während freilich die Süchtigen gegen die schmerz- Sonntag, 18. Oktober Andreas Gruber Andreas Gruber, 1954 in Wels geboren, ist ein österreichischer Drehbuchautor, Film- und Fernseh regisseur. Von 1974 bis 1982 Drehbuch- und Regiestudium an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Wien. Ab 1978 freiberufliche Tätigkeit für Film und Fernsehen. Ab 1979 Regie37 Sonntag, 18. Oktober Stadttheater Gmunden assistent bei Axel Corti. 2001–2002 Professor für Drehbuch und Dramaturgie an der Kunsthochschule für Medien in Köln. Seit 2002 Professor für Regie und Drehbuch an der Hochschule für Fernsehen und Film, München. Filme (Auswahl): 1983 Drinnen & Draußen, 1989 Schalom, General, 1994 Hasenjagd – Vor lauter Feigheit gibt es kein Erbarmen, 1997 Die Schuld der Liebe, 2004 Welcome Home, 2008 Der Kurssturz des goldenen Kalbes auf der Grundlage des Fragments von Walter Benjamins Kapitalismus als Religion, 2014/15 Kinofilm Hannas schlafende Hunde (Drehbuch und Regie) mit Hannelore Elsner in der Hauptrolle. Preise und Auszeichnungen (u. a.): 1990 Max Ophüls-Preis, 1994 Kulturpreis des Landes Oberösterreich für Film, 1995 Deutscher Kritikerpreis, 1996 Preis des Verbandes Deutscher Kritiker, 1996 Preis der Österreichischen Filmtage Wels, 2000 „Goldene Romy“ für Beste Regie, 2013 Heinrich Gleißner-Kulturpreis. 17:00 38 17:30 Christian Schacherreiter, 1954 in Linz geb. Germanist, Literaturkritiker, Autor und Direktor eines Linzer Gymnasiums. Studium der Germanistik und Geschichte an der Universität Salzburg. Freier Mitarbeiter des ORF von 1982 bis 1992. Kolumnist und Literaturkritiker für die Oberösterreichischen Nachrichten. Mitglied des Adalbert StifterInstituts Linz. Zahlreiche Publikationen, zuletzt erschienene Bücher: Der Wappler. Das österreichische Deutsch in Anekdoten (2006) und Diese ernsten Spiele. Eine Kindheit im Innviertel (2011). Sonntag, 18. Oktober Gerhard Spring … und endlos sei mein Begehr. Anmerkungen zu einer Verklärung der Gier Ich gehe von einem „Standardmodell“ des Handelns aus: Demnach ist Handlung Konsequenz eines Wunsches, zu dessen Erfüllung sie beitragen soll. Moralische Kritik findet in diesem Modell keinen Platz; es sei denn, die Moral selbst wäre Gegenstand eines Wunsches. Der platonische Dialog Gorgias stellt ein Muster der Gier dar, in dem gesteigerte Lust Folge einer Steigerung des Begehrens ist. Die moralische Widerlegung dieses Musters setzt bei Plato ein Maß voraus, das die Gier verfehlt, indem sie es übererfüllt: Dafür prägt der Dialog die Metapher der Füllung eines Fasses. Um diese Metapher zu kritisieren, zerlege ich das Muster der Gier in zwei konträre Muster: ein naturalistisches, das maßlos ist, und ein zeremonielles, nach dem das Maß erzeugt wird, an dem die Gier zu messen ist. (Gerhard Spring) Christian Schacherreiter Begehren und Gerechtigkeit „Gerechtigkeit“ ist ein Wert, auf den man sich einigen kann. Keine Partei, keine Religion wäre erfolgreich, würde sie „Ungerechtigkeit“ propagieren. Das Problem besteht aber darin, dass die Vorstellungen darüber, was gerecht ist und was nicht, enorm von einander abweichen. Analysiert man unterschiedliche Gerechtigkeitsforderungen, erkennt man: Meist ist es das subjektive Begehren, das für sich beansprucht, objektiv gerecht zu sein. Christian Schacherreiter Stadttheater Gmunden Gerhard Spring © Marion Kalter 18:00 Gerhard Spring, 1962 in Scheibbs/NÖ geb., lebt als Künstler in Wien. Studierte Musik, Bühnenbild und visuelle Mediengestaltung (1979–1999). Internationale Ausstellungsbeteiligungen, Veranstaltungen und Aktionen sowie mehrere Veröffentlichungen im Duo „Deutschbauer/Spring“ (2000–2007). 2007 Gastdozentur an der FHfG Zürich zu „Rhetorik in Kunst und Politik“. Seit 1992 zahlreiche Publikationen, zuletzt ein Essay im Passagen Verlag zur Theorie der Metapher unter dem Titel Figur ohne Grund (2008), sowie ein Aufsatz zu einer Handlungstheorie der Kunst unter dem Titel Stolpern und sich totstellen für die „Tage der Poesie“ (Linz 2012). Die Anmerkungen zu einer Verklärung der Gier wurden für die OBERÖSTERREICHISCHEN KULTURVERMERKE 2015 verfasst und sind Teil des Projektes „Rhetorik der Muster“. Gesprächsrunde mit Lutz Ellrich, Andreas Gruber, Christian Schacherreiter und Gerhard Spring Moderation Peter Huemer 39 Sonntag, 18. Oktober Stadttheater Gmunden In der Pause Empfang des Bezirkshauptmanns Mag. Alois Lanz 20:00 Kabarett Andrea Händler Ausrasten Andrea Händler Andrea Händler ist knapp am Ausrasten. Am Flughafen wurde ihre gefakte Tussischleuder von einer Spaßbremse an Zollbeamtem konfisziert. Dabei liegen ihre Nerven ohnehin schon blank: Der Allinclusive-Cluburlaub in der Türkei hat die Händler nämlich mörderisch unter Stress gesetzt. Diese Versäumnispanik, dass ihr irgendwo etwas entgeht! Das dauernde Psychogemetzel um die Strandliegen! Während Händler im Kreise anderer Schmuggelsünder um das Schicksal ihrer geliebten Tasche zittert, tut sie, was sie am besten kann: Sie entführt das Publikum auf Trips in ihren irrwitzigen Alltag. Und erinnert sich an jene Urlaube, die sie eigentlich am liebsten verdrängt hätte. Dabei scheut sie sich auch nicht, sich großen philosophischen Fragen zu stellen: Kann man Romantik bei einem Veranstalter buchen? Wieso funktioniert Kleinfaschismus auf Campingplätzen so pipifein? Warum gibt es im Flieger immer weniger „chicken“ als „fish“? Und wo, verdammt, bleibt all die Zeit, die man sich durch das digitalisierte Leben erspart? Nach dem Erfolgsprogramm Naturtrüb begibt sich Österreichs weibliche Komik-Supermacht jetzt auf eine rasante Reise ins wilde Absurdistan der angeblich schönsten Wochen des Jahres. Schwarzer Humor, Lebensweisheiten und abschreckende Beispiele – all inclusive! Andrea Händler absolvierte ihre Schauspielausbildung bei Herwig Seeböck, Reinhard Tötschinger, Giora Seeliger und wirkte ab 1984 in diversen Theaterproduktionen mit. Seit 1984 ist sie auch als Kabarettistin tätig. Als Mitglied der Kabarettgruppe „Schlabarett“ spielte sie in Am Tag davor, Atompilz von links und Muttertag; mit Herwig Seeböck in Qualverwandtschaft und als Mitglied der Kabarettgruppe „Statt-Theater“ unter der Regie von Uli Brée in Männer-Schmerzen und Frauen-Schmerzen. 1993 Contessa Juliette © Mystique Photography 40 Andrea Händler Sonntag, 18. Oktober präsentierte sie zusammen mit Reinhard Nowak Schräbergarten. 1995 startete Andrea Händler ihre Solo-Karriere mit dem Programm Diskret – eine Peepshow!. Es folgten: Heiss gemacht (1997), Auszeit (1998), Notstand (2000) und Paradies (2002). 2004 folgte das Programm Einsendeschluss, erstmals mit Angelika Hager als Mitautorin. Es folgten weitere Zusammenarbeiten mit Angelika Hager für die Soloprogramme Das Schweigen der Händler (2008), Naturtrüb (2011) und Ausrasten (2015). Andrea Händler wurde für ihre kabarettistische Arbeit mit dem „Salzburger Stier“ (1999) und dem Österreichischen Kabarettpreis „Karl“ (2000) ausgezeichnet. Darüber hinaus war sie in diversen Theater-, Film- und Fernseh-Produktionen tätig, wie z. B. in den Filmen Muttertag (1993), Hinterholz 8 (1998), Zwölfeläuten (2001) und Poppitz (2002), sowie bei den ORF-TV-Produktionen Kaisermühlen Blues (1996-1999), Kommissar Rex (2002), MA 2412 – Die Staatsdiener (2002) und Polly Adler (2005). Zusammen mit Dolores Schmidinger spielte sie seit 2003 auch in Alltagsgeschichten nach der gleichnamigen TV-Reihe von Elisabeth T. Spira. 2010 war Händler als Theaterschauspielerin in Bezahlt wird nicht von Dario Fo im Kosmos Theater Wien und 2011 in Campiello (von Peter Turrini frei nach Carlo Goldoni) im Theater in der Josefstadt Wien zu sehen. Anschließend Treffpunkt Foyer SALZKAMMERGUT estwochen GMUNDEN TRAUNKIRCHEN EBENSEE ALTMÜNSTER OHLSDORF Programmvorschau 2016 Schneegestöber 31. Jänner – 14. Februar 31.1.Agnes Palmisano und Die Österreichischen Salonisten Liederabend 5.2. Chris Pichler und Hermann Beil Lesung 14.2.Gidon Kremer und Kremerata Baltica Konzert Osterfestspiel 18. März – 9. April 27.3.Martin Stadtfeld Klavierkonzert 3.4. Andrea Eckert Liederabend 7.4. Martin Walser und Thekla Chabbi Lesung Tickets und Informationen: www.festwochen-gmunden.at 42
© Copyright 2024 ExpyDoc