Dosisanpassung bei eingeschränkter Nierenfunktion

REGIONALES KOOPERATIVES
RHEUMAZENTRUM HANNOVER e. V.
Langfristig wirkende Antirheumatika - Dosisanpassung bei
eingeschränkter Nierenfunktion
Für alle Basistherapeutika außer Azathioprin gelten „Niereninsuffizienz“ (orales und parenterales
Gold, D-Penicillamin, Methotrexat) bzw. „schwere Niereninsuffizienz“ (Chloroquin, Sulfasalazin,
Cyclophosphamid) als Kontraindikation. Voraussetzungen für eine Basistherapie bei
Niereninsuffizienz sind daher: Sorgfältige Nutzen-/Risiko-Abwägung, intensive Therapiekontrolle,
Aufklärung und Einwilligung des Patienten.
In den nachfolgenden Richtlinien zur Basistherapie bei Niereninsuffizienz werden auch Empfehlungen
für Basistherapeutika gegeben, welche bei Nierenfunktionsstörungen jeden Schweregrades
kontraindiziert sind (orales und parenterales Gold, D-Penicillamin, Methotrexat). In diesen Fällen gründet
sich unsere Empfehlung zwar auf den derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand, trotzdem
entspricht diese Empfehlung nicht der bestimmungsgemäßen Anwendung dieser Medikamente. Die
Verantwortung liegt daher beim behandelnden Arzt.
1. Chloroquin, Hydroxychloroquin (z. B. Resochin® bzw. Quensyl®)
Bei chronischer Niereninsuffizienz ist die Plasma-Halbwertzeit von Chloroquin gegenüber Patienten mit
normaler Nierenfunktion um das Dreifache verlängert (1). Bei eingeschränkter Nierenfunktion muß die
Dosis parallel zur Kreatinin-Clearance reduziert werden.*
Bei Hämodialyse beträgt die Chloroquin-Clearance nur 14,5 % der Gesamtkörper-Clearance von
Gesunden; deshalb, wenn überhaupt, maximal 10 % der üblichen Dosis jeweils nach der Hämodialyse
verabreichen (2).
2. Sulfasalazin (z. B. Azulfidine® RA)
Bei chronischer Niereninsuffizienz mit verminderter Kreatinin-Clearance (< 60 ml/min) ist mit verzögerter
Elimination und unerwünschten Wirkungen von Sulfasalazin und seinen Metaboliten zu rechnen (3).
Genaue Richtlinien zur Dosisreduktion sind nicht bekannt, folgendes Vorgehen erscheint sinnvoll: Bei
Kreatinin-Clearance > 60 ml/min normale Dosierung. Bei Kreatinin-Clearance < 60 ml/min vorsichtige
Dosissteigerung um 500 mg/Woche und Reduzierung der Erhaltungsdosis auf 50 % - 75 % der
Normaldosis.
Sulfasalazin und Metabolite sind dialysierbar (4), Literaturangaben zur Dosisanpassung von Sulfasalazin
bei Hämo-/Peritonealdialyse existieren nicht.
3. Auranofin (Ridaura®)
Zur Therapie mit oralem Gold bei eingeschränkter Nierenfunktion liegen nur wenige Fallberichte vor, die
folgendes Vorgehen sinnvoll erscheinen lassen: Bis Kreatinin-Clearance von 10 ml/min 2x3 mg/d (5).
Bei Kreatinin-Clearance < 10 ml/min, Hämo- oder Peritonealdialyse 3 mg/d (6).
4. Aurothioglukose, Natriumaurothiomalat (Aureotan® bzw. Tauredon®)
Parenterale Goldpräparate nicht anwenden bei eingeschänkter Nierenfunktion.
5. D-Penicillamin (z. B. Metalcaptase®)
Nur in Ausnahmefällen bei eingeschränkter Nierenfunktion anwenden. Bei Kreatinin-Clearance
> 60 ml/min langsame Dosissteigerung mit normaler Erhaltungsdosis (7). Bei Kreatinin-Clearance < 60
ml/min keine D-Penicillamin-Gabe. Bei Hämodialyse langsame Dosissteigerung auf 3x250 mg DPenicillamin/Woche (8).
Diagnose-/Therapieempf.
Empfehlungen LWAR
6. Methotrexat
Bei eingeschränkter Nierenfunktion muß die Dosis parallel zur Kreatinin-Clearance reduziert werden.*
Bei terminaler Niereninsuffizienz Methotrexat nicht anwenden, da es nicht durch Hämo- oder
Peritonealdialyse eliminierbar ist (9, 10).
7. Azathioprin (z. B. Imurek®)
Bei eingeschränkter Nierenfunktion wurde keine erhöhte Toxizität von Azathioprin beobachtet (11). Zur
Sicherheit sollte bei einer Kreatinin-Clearance zwischen 50 und 10 ml/min eine Dosisreduzierung auf 75
% der Normdosis erfolgen (7). Bei Kreatinin-Clearance < 10 ml/min 50 % der Normdosis (7, 12). Bei
Hämodialyse Gabe einer normalen Erhaltungsdosis jeweils nach der Dialyse (7).
8. Cyclophosphamid (z. B. Endoxan®)
Bei eingeschränkter Nierenfunktion wurde keine erhöhte Toxizität von Cyclophosphamid beobachtet
(13). Zur Sicherheit sollte bei einer Kreatinin-Clearance zwischen 50 und 10 ml/min eine
Dosisreduzierung auf 75 % der Normdosis erfolgen (7). Bei Kreatinin-Clearance < 10 ml/min 50 % der
Normdosis (7). Bei Hämodialyse Gabe einer normalen Erhaltungsdosis jeweils nach der Dialyse (7).
* Weitere Angaben zur Berechnung der Dosis können einem Leitfaden „Dosierungsanpassung bei
Niereninsuffizienz“ entnommen werden, der auf Anforderung zugesandt wird.
Literatur:
1. Salako LA, Walter O, Iyun AO. Pharmacokinetics of chloroquine in renal insufficiency. Afr J Med Sci
1984; 13: 177-82.
2. Akintonwa A, Odutola TA, Edeki T et al. Hemodialysis clearance of chloroquine in uremic patients.
Ther Drug Monit 1986; 8: 285-7.
3. Peppercorn MA, Sulphasalazine. Pharmacology, clinical use, toxicity, an related new drug
development. Ann Int Med 1984; 101: 377-86.
4. Anonymus Herstellerinformation Azulfidine®. Pharmacia GmbH, 1990.
5. Graninger W, Seidl G, Kovarik J et al. Oral gold therapy in a patient with rheumatoid arthritis and
preexisting uremia. Arthritis Rheum 1985; 28: 710-2.
6. Mathieu A, Pale R, Altieri P et al. Oral chrysotherapy in a hermodialyzed rheumatoid patient. J
Rheumatol 1985; 12: 380-1.
7. Bennett WM, Aronoff GR, Golper TA et al. Drug prescribing in renal failure. American College of
Physicians, Philadelphia, PA, 1987.
8. Matthey F, Perett D, Greenwood RN et al. The use of D-penicillamin in patients with rheumatoid
arthritis undergoing hemodialysis. Clin Nephrol 1986; 25: 268-71.
9. Ahmad S, Shen FH, Bleyer WA. Methotrexate-induced renal failure and ineffectiveness of peritoneal
dialysis. Arch Intern Med 1978; 138: 1146-7.
10.Howell SB, Blair HE, Uren J et al. Hemodialysis and enzymatic cleavage of methotrexate in man. Eur
J Cancer 1978; 14: 787-92.
11.Bach J-F, Dardenne M. The metabolism of azathioprine in renal failure. Transplantation 1971;
12:253-9.
12.Poralle T, Meyer zum Büschenfelde K-H. Immunsuppressive Therapie. In: Weihrauch TR (Hrsg.).
Internistische Therapie 1994/96, 9. Auflage. München. Urban und Schwarzenberg. 1994: S. 72-95.
13.Grochow LB, Colvin M. Clinical pharmacokinetics of cyclophosphamide. Clin Pharmacokinet 1979; 4:
380-94.
Dr. med. D. O. Stichtenoth, Prof. Dr. med. J. C. Frölich, 1995