Öffentliches Recht – Polizei- und Ordnungsrecht - Extra-Fragen _ ________ Seite 1 von 4 Antworten zu den Vertiefungsfragen zum Polizei- und Ordnungsrecht zur eigenständigen Bearbeitung Fragen zur Gefahrenabwehrverfügung 1. Endet die Zustandsverantwortlichkeit des Eigentümers bei Diebstahl der störenden Sache? Die Zustandsverantwortlichkeit wird durch den Diebstahl unterbrochen, da der Eigentümer keine tatsächliche Sachherrschaft mehr ausüben kann. Allerdings kann die Zustandsstörerhaftung des Eigentümers dann wieder aufleben, wenn der Dieb die Sachherrschaft nicht mehr ausübt. 2. Ist die bewusste Übereignung der störenden Sache an eine zur Gefahrenabwehr leistungsunfähige Person wirksam? Str. Hier wird zum Teil vertreten, dass eine derartige Übereignung wegen § 138 BGB unwirksam ist. 3. Inwieweit ist beim Störerauswahlermessens zwischen Primär- und Sekundärebene zu differenzieren? Auf der Primärebene ist vorrangig die Effektivität der Gefahrenabwehr maßgeblich für die Frage der Störerauswahl, auf der Sekundärebene kann stärker nach Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit differenziert werden. Fragen zu Standardmaßnahmen 1. Wie grenzen Sie die Standardmaßnahmen von Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung ab? Dies ist zumindest in Teilen umstritten. Dazu lesenswert m.w.N. Muckel JA 2012, 272, 274: „Nach einer Ansicht umfasst die Standardmaßnahme nur eine Anordnungsbefugnis. Die Behörde kann also dem Betroffenen (z.B. bei der Sicherstellung) aufgeben, die Sache herauszugeben und zu dulden, dass er in seiner Verfügung darüber beschränkt ist. Nimmt der Beamte sich aber die Sache selbst, soll dies eine Vollzugsmaßnahme sein, die sich nachdem Verwaltungsvollstreckungsrecht richtet. Nach gegenteiliger Auffassung enthält z.B. die Standardmaßnahme „Sicherstellung“ nicht nur eine Anordnungs-, sondern auch die Ausführungsbefugnis. Sie umfasst danach nicht nur die Verfügung, sondern zugleich deren Vollzug durch tatsächliches Handeln.“ Wird allerdings bei der Wegnahme ein Zwang angewandt, der über das typische Erscheinungsbild einer Standardmaßnahme hinausgeht (z.B. die sicherzustellende Sache wird dem Bürger mit erheblicher Gewalt entrissen), liegt unstreitig eine Verwaltungsvollstreckung mit anschließender Sicherstellung vor. 2. Sind bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Standardmaßnahme auch die üblichen Vorschriften zur Verantwortlichkeit (§§ 8 ff SOG) zu prüfen? Soweit die Rechtsgrundlagen ein Vorgehen z. B. gegen „jede Person“ zulassen, sind §§ 8 ff SOG nicht zu prüfen. Beispiel: § 3 GesDatVPol. Soweit die Rechtsgrundlagen keine Aussagen zur Verantwortlichkeit, ist es str., ob die Störervorschriften heranzuziehen sind oder nicht. 3. Wie ist die Rechtsnatur von Standardmaßnahmen zu beurteilen und wofür ist dies relevant? Werden Standardmaßnahmen gegenüber anwesenden Personen vorgenommen, liegt häufig ein VA vor, ggf. kann man hier auch eine konkludente Duldungsverfügung annehmen (z.B. bei der Durchsuchung von Personen). Werden Standardmaßnahmen gegenüber abwesenden Personen vorgenommen, liegt die Annahme eines Realaktes nahe. Relevant ist die Rechtsnatur vor allem für die Frage der richtigen Klageart. 4. Welche Rechtsschutzmöglichkeiten bestehen im Zusammenhang mit dem Gewahrsam? Geregelt in § 13 a SOG. Zuständig ist das AG. Gem. § 13 a II 2 SOG richtet sich das Verfahren nach dem Gesetz über das gerichtliche Verfahren über die Freiheitsentziehung. Achtung: Für die nachträgliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Gewahrsams bleibt das Verwaltungsgericht zuständig, § 13 a II 4 SOG. ____________________________________________________________________________ www.schloemer-sperl.de Juristisches Repetitorium Hemmer RA Dr. Uwe Schlömer --- September 12 Öffentliches Recht – Polizei- und Ordnungsrecht - Extra-Fragen _ ________ Seite 2 von 4 5. Welche Rechtsschutzmöglichkeiten bestehen gegen eine Durchsuchung einer Person? Fortsetzungsfeststellungsklage, da hier von einer konkludenten Duldungsverfügung ausgegangen werden kann. 6. Welche Rechtsschutzmöglichkeiten bestehen gegen die Maßnahme des Betretens einer Wohnung? Soweit der Betroffene anwesend war, kann auch hier von einer konkludenten Duldungsverfügung ausgegangen werden (dann Fortsetzungsfeststellungsklage). Ist der Betroffene hingegen abwesend, liegt es näher von einem Realakt auszugehen und die allg. Feststellungsklage als statthafte Klageart anzusehen. 7. Welche Rechtsschutzmöglichkeiten bestehen gegen die Maßnahme des Durchsuchens einer Wohnung? Zuständig ist das Amtsgericht gem. § 16 a I 2 SOG. Verwiesen wird in § 16 a I 3 SOG auf das FGG (heute FamFG, so dass die Beschwerde gem. §§ 58 ff FamFG in Betracht kommt). Achtung: Falls es sich um eine nichtrichterlich angeordnete Durchsuchung handelt, ist nach h.M. das VG zuständig. Als Klageart kommen hier Fortsetzungsfeststellungsklage und allg. Feststellungsklage in Betracht. 8. Wann liegt eine Sicherstellung vor? Welche Rechtsschutzmöglichkeiten bestehen hiergegen? Nach h.M. muss der Hauptzweck der Maßnahme in der Begründung neuer Sachherrschaft bestehen. Es muss der Behörde darauf ankommen, ein Verwahrungsverhältnis zu begründen. Wird die Sicherstellung gegenüber einem Anwesenden vorgenommen ist, geht die h.M. von einem VA aus. Dauert die Sicherstellung noch fort, ist die Anfechtungsklage statthaft. Ist die Sache bereits herausgegeben, dann die Fortsetzungsfeststellungsklage. Bei einer Sicherstellung gegenüber Abwesenden kann mangels Bekanntgabe kaum von einem VA ausgegangen werden, so dass hier eine Leistungs- bzw. allg. Feststellungsklage in Betracht kommt. 9. Wie prüfen Sie die Rechtmäßigkeit einer Sicherstellung und Verwahrung? Rechtmäßigkeit einer Sicherstellung a. RGL § 14 I SOG b. Formelle RM Zuständigkeit / Verfahren zu beachten: § 14 II SOG / Form c. Materielle RM TB - Voraussetzungen Verantwortlichkeit Allg. RM-Voraussetzungen und Ermessen. Die Rechmäßigkeit der Verwahrung setzt die rechtmäßige Sicherstellung voraus. 10. Welche Probleme stellen sich im Hinblick auf die Herausgabe einer sichergestellten Sache und im Hinblick auf die Verwertung einer solchen? Fraglich ist, was Anspruchsgrundlage für die Herausgabe ist. Hier kommt der Folgenbeseitigungsanspruch in Betracht (nach a.A. auch § 695 BGB analog), soweit die Voraussetzungen der Sicherstellung nicht (mehr) vorliegen und insoweit ein rechtswidriger Zustand vorhanden ist. Nach wohl h.M. ist für diesen Anspruch der Verwaltungsrechtsweg gegeben (vgl. dazu Kopp/Schenke § 40 VwGO Rn. 64, zwar a.A. aber m.w.N.). Zur Verwertung bitte lesen: § 14 IV, V SOG. Sie stellt keine Enteignung dar, da es nicht um Güterbeschaffung geht. Rechtsschutz gegen eine bereits vorgenommene Verwertung ist im Regelfall mit der Fortsetzungsfeststellungsklage zu suchen. ____________________________________________________________________________ www.schloemer-sperl.de Juristisches Repetitorium Hemmer RA Dr. Uwe Schlömer --- September 12 Öffentliches Recht – Polizei- und Ordnungsrecht - Extra-Fragen _ ________ Seite 3 von 4 Fragen zum Kostenbescheid 1. Benennen Sie die klausurtypischen Rechtsgrundlagen für einen Kostenbescheid und grenzen Sie die Rechtsgrundlagen voneinander ab. Vgl. dazu Übersicht 8. 2. Welche Rechtsschutzmöglichkeit gegen einen Kosten-VA hat ein Bürger nachdem er bereits gezahlt hat? Inwieweit kann er gleich auf Rückzahlung klagen? Da sich der Kosten-VA nicht erledigt hat, kommt eine Anfechtungsklage zusammen mit einem Annexantrag gem. § 113 I 2 VwGO in Betracht. 3. Hat eine Klage gegen einen Kostenbescheid nach Ersatzvornahme aufschiebende Wirkung gem. § 80 I VwGO? Dies ist umstritten. In Betracht kommt zunächst ein Ausschluss der aufschiebenden Wirkung gem. § 80 II Nr. 1 VwGO. Hiermit soll der stetige Mittelzufluss für den Staat gesichert werden, so dass hierunter nur Kosten nach feststehenden Sätzen fallen. Nach h.M. fallen daher die Kosten des Verwaltungszwangs – insbesondere der Ersatzvornahme – nicht darunter (OVG Koblenz DVBl. 1999,116; Peter JuS 2008, 512). Nach a.A. ist der Begriff Kosten weit auszulegen und erfasst daher auch die Kosten der Ersatzvornahme. Für Hamburg hat das OVG Hamburg (NordÖR 2006, 201) § 80 II Nr. 1 VwGO im Hinblick auf einen Kosten-VA nach Abschleppmaßnahme bejaht, da zwischen Auslagen und den schon im Vorfeld feststehenden Gemeinkostenzuschlägen ein Sachzusammenhang besteht. Dies bedeutet, dass keine aufschiebende Wirkung eintritt. Darüber hinaus kommt auch § 80 II Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 hmbVwVG bzw. § 8 hmb AGVwGO in Betracht, wonach Rechtsbehelfe gegen Maßnahmen der Vollstreckung keine aufschiebende Wirkung haben. Zum Teil wird dies für den Kostenbescheid nach Ersatzvornahme angenommen. Die h.M. lehnt dies aber ab und begründet, dies damit, dass der Kostenbescheid nach Ersatzvornahme ja keine Maßnahme „der“ sondern eine Maßnahme „nach der“ Vollstreckung ist, so dass eine Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung hat (vgl. OVG Münster NJW 1983, 1441; Peter JuS 2008, 512). 4. Aus welcher Anspruchsgrundlage kann der Bürger Rückzahlung begehren? Hier kommt der allg. ör. Erstattungsanspruch in Betracht, soweit keine spezielleren Anspruchsgrundlagen eingreifen. Fragen zur Vollstreckung 1. Welche Rechtsschutzmöglichkeiten bestehen gegen die Androhung, die Festesetzung und die Anwendung des Zwangsmittels? Androhung und Festsetzung stellen nach h.M. ein VA dar. Bei der Anwendung ist dies str., vgl. Fall 4. Der Hinweis nach § 18 VwVG soll nach Ansicht des OVG Hamburg jedoch kein VA sein. 2. Welche Rechtsschutzmöglichkeiten bestehen gegen die Unmittelbare Ausführung? Nach wohl h.M. allg. Feststellungsklage, nach a.A. unter Bezugnahme auf § 18 II BVwVG die Fortsetzungsfeststellungsklage, vgl. Fall 8. Fragen zur Datenerhebung, -verarbeitung und Datenschutz 1. Wie grenzen Sie § 7 GesDatVPol von § 81 b 2.Alt. StPO ab? Das GesDatVPol ist hier nur anwendbar außerhalb von Strafverfahren. ____________________________________________________________________________ www.schloemer-sperl.de Juristisches Repetitorium Hemmer RA Dr. Uwe Schlömer --- September 12 Öffentliches Recht – Polizei- und Ordnungsrecht - Extra-Fragen _ ________ Seite 4 von 4 2. Wann besteht ein Verwertungsverbot für von der Polizei erhobene Daten? Falls die Daten rechtswidrig erlangt worden sind. Sind die Daten für einen ganz anderen Zweck ermittelt worden, dürfen die Daten nur verwertet werden, soweit die gesondert zugelassen worden ist (S) Zweckbindungsgebot, vgl. §§ 14 ff GesDatVPol. 3. Wann besteht ein Anspruch auf Berichtigung personenbezogener Daten, wann auf Löschung, wann auf Sperrung? Für die Berichtigung kommt § 24 I GesDatVPol, im Übrigen § 19 I HmbDSG als Anspruchsgrundlage, subsidiär der FBA in Betracht. Ein Anspruch besteht, soweit die Daten unrichtig sind. Löschungsansprüche können sich aus speziellen Vorschriften ergeben, vgl. § 7 II GesDatVPol, sonst aus § 24 II GesDatVPol, im Übrigen aus § 19 III HmbDSG. Liegen die Voraussetzungen der Normen nicht vor, kommt der FBA als Anspruchsgrundlage in Betracht. Gelöscht werden müssen die Daten, soweit sie nicht mehr benötigt werden oder sie rechtswidrig erhoben oder rechtswidrig verarbeitet worden sind. Ein Anspruch auf Sperrung besteht aus § 24 IV GesDatVPol bzw. § 19 II HmbDSG, falls nicht gelöscht werden darf. 4. Wie setzt man den Anspruch auf Löschung der Daten prozessual durch? Str., zum Teil wird die Verpflichtungs-, zum Teil die allg. Leistungsklage herangezogen (vgl. dazu Götz Rn. 555; Knemeyer Rn. 182). ____________________________________________________________________________ www.schloemer-sperl.de Juristisches Repetitorium Hemmer RA Dr. Uwe Schlömer --- September 12
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