Examensklausurenkurs im Sommersemester 2015 - Klausur im Öffentlichen Recht 8 - Chris Gutmann, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Völker- und Europarecht, Prof. Dr. Georg Nolte Rekapitulation Sachverhalt - Ausbreitung der Terrororganisation „Islamischer Staat“ im Osten Syriens und Norden Iraks - Operation der „Allianz gegen den Terror“ auf der Grundlage eines Hilfsgesuchs der irakischen Regierung - Bundesregierung beschließt mit Zustimmung des Bundestages die Entsendung einer Ausbildungsmission mit 100 Soldaten - kontrovers diskutiert wird die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer solchen Operation - ferner: die Mandatierungspflichtigkeit - Klage der Oppositionsfraktionen gegen die Entsendeentscheidung Klausur im Öffentlichen Recht 8 Examensklausurenkurs SoSe 2015 2 Fallanalyse - 3 Aufgaben: - vollständige(!) Prüfung der Zulässigkeit der vor dem BVerfG in Betracht kommenden Verfahren - Verfassungskonformität des Einsatzes prüfen - Zustimmungsbedürftigkeit untersuchen Vorüberlegung 1. Aufgabe - In Betracht kommende Verfahren: - Organstreitverfahren - abstrakte Normenkontrolle - evtl. Verfassungsbeschwerde Klausur im Öffentlichen Recht 8 Examensklausurenkurs SoSe 2015 3 1. Aufgabe: Zulässigkeit der in Betracht kommenden Verfahren A. Zulässigkeit eines Organstreitverfahrens I. Zuständigkeit des BVerfG - gem. Art. 93 I Nr. 1 GG, §§ 13 Nr. 5, 63 ff. BVerfGG II. Beteiligtenfähigkeit - gem. Art. 93 I Nr. 1 GG oberste Bundesorgane oder andere Beteiligte, die durch das GG oder die GO eines obersten Bundesorgans mit eigenen Rechten ausgestattet werden Klausur im Öffentlichen Recht 8 Examensklausurenkurs SoSe 2015 4 1. Aufgabe: Zulässigkeit der in Betracht kommenden Verfahren A. Zulässigkeit eines Organstreitverfahrens II. Beteiligtenfähigkeit - oberste Bundesorgane oder andere Beteiligte, die … a) Beteiligtenfähigkeit des Antragstellers - Fraktionen „Bündnis90/Die Grünen“ und „Die Linke“ - Fraktionen sind - ständig vorhandene Gliederungen des Btages - vom GG vorausgesetzte (vgl. Art. 53a I 2 GG) „notwendige Einrichtungen des Verfassungslebens“ - in der GOBT mit eigenen Rechten ausgestattet (vgl. §§ 10 ff. GOBT) Klausur im Öffentlichen Recht 8 Examensklausurenkurs SoSe 2015 5 1. Aufgabe: Zulässigkeit der in Betracht kommenden Verfahren A. Zulässigkeit eines Organstreitverfahrens II. Beteiligtenfähigkeit - oberste Bundesorgane oder andere Beteiligte, die … a) Beteiligtenfähigkeit des Antragsgegners - Bundesregierung als oberstes Bundesorgan (+) - Bundestag als oberstes Bundesorgan? - P: Insichprozess - aber: Möglichkeit der Prozessstandschaft, § 64 I BVerfGG -> Sinn und Zweck: Minderheitenschutz -> greift auch, wenn Parlamentsmehrheit nicht „unterlässt“, sondern handelt (BVerfGE Lissabon) Klausur im Öffentlichen Recht 8 Examensklausurenkurs SoSe 2015 6 1. Aufgabe: Zulässigkeit der in Betracht kommenden Verfahren A. Zulässigkeit eines Organstreitverfahrens III. Streitgegenstand - gem. § 64 I BVerfGG: Maßnahmen und Unterlassungen des Antragsgegners - Entsendeentscheidung hier (+) IV. Antragsbefugnis - gem. § 64 I BVerfGG muss ein eigenes Recht oder ein Recht des Organs, dem der Antragsteller angehört, verletzt oder gefährdet sein Klausur im Öffentlichen Recht 8 Examensklausurenkurs SoSe 2015 7 1. Aufgabe: Zulässigkeit der in Betracht kommenden Verfahren A. Zulässigkeit eines Organstreitverfahrens IV. Antragsbefugnis - gem. § 64 I BVerfGG muss ein eigenes Recht oder ein Recht des Organs, dem der Antragsteller angehört, verletzt oder gefährdet sein a) Verletzung des Parlamentsvorbehaltes - der wehrverfassungsrechtliche Parlamentsvorbehalt stellt unstreitig ein Recht des Bundestages dar - prozessstandschaftliche Geltendmachung (fremdes Recht in eigenem Namen) - Verletzung kommt nicht in Betracht, da BTag dem Einsatz zugestimmt hat Klausur im Öffentlichen Recht 8 Examensklausurenkurs SoSe 2015 8 1. Aufgabe: Zulässigkeit der in Betracht kommenden Verfahren A. Zulässigkeit eines Organstreitverfahrens IV. Antragsbefugnis b) Verletzung von Rechten aus Art. 79 II GG? - Fraktionen wollen Verfassungswidrigkeit festgestellt wissen! - Gedankengang: vor Entsendeentscheidung hätte GG geändert werden müssen; dies ist gem. Art. 79 II GG (auch) ein Recht des BTages - aber: BTag hat kein allgemeines Recht auf verfassungskonformes Handeln der Regierung - diese Konstruktion der Antragsbefugnis ist mit dem Wesen des Organstreitverfahrens (kontradiktorisches Verfahren zur Kompetenzabgrenzung) nicht vereinbar, liefe sie doch auf eine objektive Verfassungsmäßigkeitskontrolle hinaus Klausur im Öffentlichen Recht 8 Examensklausurenkurs SoSe 2015 9 1. Aufgabe: Zulässigkeit der in Betracht kommenden Verfahren A. Zulässigkeit eines Organstreitverfahrens IV. Antragsbefugnis b) Verletzung von Rechten aus Art. 79 II GG? - Gedankengang: vor Entsendeentscheidung hätte GG geändert werden müssen - aber: BTag hat kein allgemeines Recht auf verfassungskonformes Handeln der Regierung - diese Konstruktion der Antragsbefugnis ist mit dem Wesen des Organstreitverfahrens (kontradiktorisches Verfahren zur Kompetenzabgrenzung) nicht vereinbar, liefe sie doch auf eine objektive Verfassungsmäßigkeitskontrolle hinaus - BTag = Gesetzgebungsorgan, kein allgemeines Rechtsaufsichtsorgan Klausur im Öffentlichen Recht 8 Examensklausurenkurs SoSe 2015 10 1. Aufgabe: Zulässigkeit der in Betracht kommenden Verfahren A. Zulässigkeit eines Organstreitverfahrens V. Rechtsschutzbedürfnis VI. Frist, Form - §§ 23, 64 II, III BVerfGG VII. Ergebnis - Organstreitverfahren mangels Antragsbefugnis unzulässig Klausur im Öffentlichen Recht 8 Examensklausurenkurs SoSe 2015 11 1. Aufgabe: Zulässigkeit der in Betracht kommenden Verfahren B. Zulässigkeit einer abstrakten Normenkontrolle I. Zuständigkeit - gem. Art. 93 I Nr. 2 GG, §§ 13 Nr. 6, 76 ff. BVerfGG II. Antragsberechtigung - gem. Art. 93 I Nr. 2 GG, § 76 I BVerfGG die Bundesregierung, eine Landesregierung oder ¼ der Mitglieder des Bundestages - Antragsteller machen nur 20% der Mitglieder des Bundestages aus daher nicht antragsberechtigt Klausur im Öffentlichen Recht 8 Examensklausurenkurs SoSe 2015 12 1. Aufgabe: Zulässigkeit der in Betracht kommenden Verfahren B. Zulässigkeit einer abstrakten Normenkontrolle III. Antragsgegenstand - gem. Art. 93 I Nr. 2 GG, § 76 I Nr. 1 BVerfGG Bundesrecht oder Landesrecht - Parlamentsbeschluss = Recht (sprich: eine Rechtsnorm?) - Rechtsnormen sind abstrakt-generelle, rechtsverbindliche Regeln -> Parlamentsbeschluss nicht abstrakt-generell, sondern Einzelfallentscheidung - aber auch Einzelfallgesetze (z.B. Haushaltsgesetz) können tauglicher Antragsgegenstand sein -> Unterschied zum Parlamentsbeschluss: nicht in förmlichem Gesetzgebungsverfahren zustande gekommen Klausur im Öffentlichen Recht 8 Examensklausurenkurs SoSe 2015 13 1. Aufgabe: Zulässigkeit der in Betracht kommenden Verfahren B. Zulässigkeit einer abstrakten Normenkontrolle III. Antragsgegenstand - Parlamentsbeschluss = Recht (sprich: eine Rechtsnorm?) - jedenfalls dann, wenn er gesetzesersetzenden Charakter hat -> hier (-) - - Sinn und Zweck der Normenkontrolle: Akte, die Binnenbereich des Staates verlassen und Rechtswirkungen zeitigen, sollen auf Verfassungskonformität überprüft werden können Beschluss zeitigt erhebliche Rechtswirkungen Klausur im Öffentlichen Recht 8 Examensklausurenkurs SoSe 2015 14 1. Aufgabe: Zulässigkeit der in Betracht kommenden Verfahren B. Zulässigkeit einer abstrakten Normenkontrolle III. Antragsgegenstand - Parlamentsbeschluss = Recht (sprich: eine Rechtsnorm?) - Sinn und Zweck der Normenkontrolle: … - Beschluss zeitigt erhebliche Rechtswirkungen - gegen Tauglichkeit spricht jedoch: - Beschluss ist bloßes Abstimmungsergebnis, temporärer Ausdruck der parlamentarischen Willensbildung - Keine separate Publikation -> zweifelhaft, ob Binnenbereich des Staatshandelns verlassen wird -> jedenfalls fehlt es an äußerer Form eines Rechtssatzes Klausur im Öffentlichen Recht 8 Examensklausurenkurs SoSe 2015 15 1. Aufgabe: Zulässigkeit der in Betracht kommenden Verfahren B. Zulässigkeit einer abstrakten Normenkontrolle III. Antragsgegenstand - Parlamentsbeschluss = Recht (sprich: eine Rechtsnorm?) - Sinn und Zweck der Normenkontrolle: … - Beschluss zeitigt erhebliche Rechtswirkungen - gegen Tauglichkeit spricht jedoch: - Beschluss ist bloßes Abstimmungsergebnis - Keine separate Publikation - böte die Möglichkeit, die politisch verlorene Debatte vor dem BVerfG fortzusetzen -> führte zu einer Entwertung des Verfahrens Klausur im Öffentlichen Recht 8 Examensklausurenkurs SoSe 2015 16 1. Aufgabe: Zulässigkeit der in Betracht kommenden Verfahren B. Zulässigkeit einer abstrakten Normenkontrolle IV. Meinungsverschiedenheiten und Zweifel - Art. 93 I Nr. 2 GG: „Zweifel“ an der Verfassungsmäßigkeit - § 76 I Nr. 1 BVerfGG fordert „Überzeugtsein“ - unterschiedliche Anforderungen hier irrelevant, da die Antragsteller lt. SV „überzeugt sind“ V. Frist, Form - § 23 BVerfGG; keine Frist zu wahren VI. Ergebnis - unzulässig, da weder tauglicher Gegenstand noch Antragsteller Klausur im Öffentlichen Recht 8 Examensklausurenkurs SoSe 2015 17 1. Aufgabe: Zulässigkeit der in Betracht kommenden Verfahren C. Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde - VB kommt in dieser Konstellation eigentlich nicht in Betracht: - Fraktionen nicht GR-Träger, daher nicht beteiligtenfähig - Rechte des Abgeordneten aus Art. 38 I 2 GG sind keine GR; Streit über verfassungsrechtlichen Status des Abgeordneten ist im Organstreitverfahren auszutragen - WahlR des Bürgers aus Art. 38 GG („Lissabon-Konstruktion“) offensichtlich nicht verletzt (d.h. Möglichkeit einer GR-Verletzung besteht nicht) Klausur im Öffentlichen Recht 8 Examensklausurenkurs SoSe 2015 18 1. Aufgabe: Zulässigkeit der in Betracht kommenden Verfahren C. Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde - VB kommt in dieser Konstellation eigentlich nicht in Betracht: - die antragstellenden Fraktionen sind nicht GR-Träger, daher nicht beteiligtenfähig - Rechte des Abgeordneten aus Art. 38 I 2 GG sind keine GR; Streit über verfassungsrechtlichen Status des Abgeordneten ist im Organstreitverfahren auszutragen (Streit im Staatsinnenverhältnis, nicht zwischen Staat und Bürger, der Gegenstand der VB ist); Abgeordneter träte staatsorganisationsrechtlich und nicht als „Jedermann“ auf (s. dazu z.B. Bethge in Maunz/SchmidtBleibtreu/Klein/Bethge, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 45. EGL 2014, § 90 Rn. 38) Klausur im Öffentlichen Recht 8 Examensklausurenkurs SoSe 2015 19 2. Aufgabe: Verfassungskonformität des Einsatzes Vorüberlegung - Normative Anknüpfungspunkte: Art. 24 II GG, Art. 87a II GG - Probleme: - Findet der Einsatz im Rahmen eines kollektiven Sicherheitssystems statt? - Einsatz im Rahmen der Vereinten Nationen? - „Allianz gegen den Terror“ = kollektives Sicherheitssystem? - Dient der Einsatz der Verteidigung i.S.v. Art. 87a II GG? Klausur im Öffentlichen Recht 8 Examensklausurenkurs SoSe 2015 20 2. Aufgabe: Verfassungskonformität des Einsatzes A. Zulässigkeit des Einsatzes gem. Art. 24 II GG - - - Art. 24 II GG ermöglicht die Einordnung in ein System kollektiver Sicherheit zur Wahrung des Friedens Wesensmerkmal derartiger Systeme ist u.a. die Durchführung friedenserhaltender Maßnahmen, notfalls auch mit militärischen Mitteln es kann nicht davon ausgegangen werden, dass das GG einerseits zur Einordnung in Systeme kollektiver Sicherheit ermächtigt, andererseits aber die Möglichkeit der Mitwirkung an einer der Kernaufgaben derartiger Systeme ausschließen wollte daher ermächtigt Art. 24 II GG zur Teilnahme an militärischen Operationen, die im Rahmen und nach den Regeln eines kollektiven Sicherheitssystems stattfinden Klausur im Öffentlichen Recht 8 Examensklausurenkurs SoSe 2015 21 2. Aufgabe: Verfassungskonformität des Einsatzes A. Zulässigkeit des Einsatzes gem. Art. 24 II GG I. Einsatz im Rahmen der Vereinten Nationen? - bei den Vereinten Nationen handelt es sich unstreitig um ein kollektives Sicherheitssystem - dafür: - Hilfsgesuch des Iraks an den Generalsekretär der VN - Resolution des Sicherheitsrates, die „IS“ als Friedensbedrohung gem. Art. 39 SVN qualifiziert - aber: Konstruktion der VN: - Gewaltverbot (Art. 2(4) SVN) - Ausnahme: Autorisierung der Gewaltanwendung durch den Sicherheitsrat gem. Art. 42 SVN Klausur im Öffentlichen Recht 8 Examensklausurenkurs SoSe 2015 22 2. Aufgabe: Verfassungskonformität des Einsatzes A. Zulässigkeit des Einsatzes gem. Art. 24 II GG I. Einsatz im Rahmen der Vereinten Nationen? - Konstruktion der VN: - Gewaltverbot (Art. 2(4) SVN) - Ausnahme: Autorisierung der Gewaltanwendung durch den Sicherheitsrat gem. Art. 42 SVN - nur bei Vorliegen einer solchen kann von einem Einsatz „im Rahmen und nach den Regeln“ der VN gesprochen werden - daran fehlt es aber - für diese Auslegung spricht auch die Ratio des Art. 24 II GG Klausur im Öffentlichen Recht 8 Examensklausurenkurs SoSe 2015 23 2. Aufgabe: Verfassungskonformität des Einsatzes A. Zulässigkeit des Einsatzes gem. Art. 24 II GG II. „Allianz gegen den Terror“ = kollektives Sicherheitssystem? „Das System gegenseitiger kollektiver Sicherheit begründet durch ein friedensicherndes Regelwerk und den Aufbau einer eigenen Organisation für jedes Mitglied einen Status völkerrechtlicher Gebundenheit, der wechselseitig zur Wahrung des Friedens verpflichtet und Sicherheit gewährt.“ (BVerfGE 90, 286, 349) -> Verfestigung, institutionelle Struktur als Wesensmerkmal Klausur im Öffentlichen Recht 8 Examensklausurenkurs SoSe 2015 24 2. Aufgabe: Verfassungskonformität des Einsatzes A. Zulässigkeit des Einsatzes gem. Art. 24 II GG II. „Allianz gegen den Terror“ = kollektives Sicherheitssystem? -> Verfestigung, institutionelle Struktur als Wesensmerkmal -> dem wird eine ad-hoc „Koalition der Willigen“ nicht gerecht -> diese ist i.d.R. auf einmaliges Zusammenwirken ausgelegt -> zudem fehlt es an hinreichend verfestigter Struktur -> keine Mechanismen zur Streitbeilegung zwischen den Mitgliedern III. Zwischenergebnis Klausur im Öffentlichen Recht 8 Examensklausurenkurs SoSe 2015 25 2. Aufgabe: Verfassungskonformität des Einsatzes B. Zulässigkeit des Einsatzes gem. Art. 87a II GG I. Anwendbarkeit von Art. 87a II GG auf Auslandseinsätze? - dagegen: - Systematik: Abs. 3 und 4 des Art. 87a II GG - - - Entstehungsgeschichte dafür: - Wortlaut - alleinige Grenze in Art. 26 GG rechtsstaatlich bedenklich Nebenbemerkung zum obiter dictum des BVerfG in der LissabonEntscheidung (BVerfGE 123, 267, 360) Klausur im Öffentlichen Recht 8 Examensklausurenkurs SoSe 2015 26 2. Aufgabe: Verfassungskonformität des Einsatzes B. Zulässigkeit des Einsatzes gem. Art. 87a II GG II. Einsatz zur Verteidigung? - Verteidigung ≠ Verteidigungsfall i.S.v. Art. 115a I 1 GG (Wortlaut) - daher denkbar: nicht nur Fälle der Landes- sondern auch der Bündnisverteidigung erfasst - dafür spricht auch der Grds. der VR-freundlichkeit: Auslandseinsätze finden im Geltungsbereich des VR statt; nach dem Grds. der VR-freundlichkeit sind Friktionen zwischen Völkerrecht und nationalem Recht möglichst zu vermeiden; daher Begriff der Verteidigung in Art. 87a II GG so auslegen, wie er völkerrechtlich verstanden wird und in Art. 51 SVN Niederschlag gefunden hat - so auch BVerwG (E 127, 302, Rn. 107) Klausur im Öffentlichen Recht 8 Examensklausurenkurs SoSe 2015 27 2. Aufgabe: Verfassungskonformität des Einsatzes B. Zulässigkeit des Einsatzes gem. Art. 87a II GG II. Einsatz zur Verteidigung? - vertretbar: nicht nur Fälle der Landes- sondern auch der Bündnisverteidigung erfasst -> fraglich: Einsatz zur Selbstverteidigung gem. Art. 51 SVN? -> bewaffneter Angriff gegen den Irak? - Militärische Gewaltanwendung gegen den Irak und Gebietseroberungen von erheblichem Ausmaß, nicht nur bloßer Grenzzwischenfall - Art. 51 SVN schließt Recht zur kollektiven Selbstverteidigung ein -> dritte Staaten durften der Bitte des Iraks nachkommen und Beistand leisten Klausur im Öffentlichen Recht 8 Examensklausurenkurs SoSe 2015 28 3. Aufgabe: Mandatierungsbedürftigkeit Vorüberlegungen - normativer Anknüpfungspunkt: wehrverfassungsrechtlicher Parlamentsvorbehalt -> dieser ist im GG nicht explizit niedergelegt, daher zunächst herleiten - sodann: inhaltliche Ausprägung des PVB darstellen - schließlich: Anwendung auf den konkreten Fall Klausur im Öffentlichen Recht 8 Examensklausurenkurs SoSe 2015 29 3. Aufgabe: Mandatierungsbedürftigkeit I. Herleitung des wehrverfassungsrechtl. Parlamentsvorbehalts - Verantwortlichkeit des Parlaments für das Heer: Art. 45b GG, Art. 87a I 2 GG, Art. 115a I 1 GG -> systematische Zusammenschau aller wehrverfassungsrechtlichen Bestimmungen des GG - Verfassungstradition seit 1918 - Demokratieprinzip, Wesentlichkeitstheorie -> erhöhte Legitimation gerade bei umstrittenen Einsätzen - Rechtsstaatsprinzip, Gewaltenteilung: BW nicht als alleiniges Machtpotential der Exekutive - Kompensationsargument Klausur im Öffentlichen Recht 8 Examensklausurenkurs SoSe 2015 30 3. Aufgabe: Mandatierungsbedürftigkeit II. Inhaltliche Ausprägung a) Rolle des Parlamentsbeteiligungsgesetzes b) Schlüsselbegriff: Einbeziehung in bewaffnete Unternehmungen - kommt es auf einen tatsächlichen Waffeneinsatz an? -> nein, würde PVB entwerten; daher auch bewaffnete „Unternehmung“, nicht „Auseinandersetzung“ - abzugrenzen von humanitären Einsätzen, wo Waffen nur zur Selbstverteidigung mitgeführt werden (vgl. § 2 II 3 ParlBG) -> bew. Unternehmung liegt vor, wenn aufgrund der tatsächlichen und rechtlichen Umstände die qualifizierte Erwartung besteht, dass dt. Soldaten in bewaffnete Auseinandersetzungen einbezogen werden Klausur im Öffentlichen Recht 8 Examensklausurenkurs SoSe 2015 31 3. Aufgabe: Mandatierungsbedürftigkeit II. Inhaltliche Ausprägung b) Schlüsselbegriff: Einbeziehung in bewaffnete Unternehmungen -> bew. Unternehmung liegt vor, wenn aufgrund der tatsächlichen und rechtlichen Umstände die qualifizierte Erwartung besteht, dass dt. Soldaten in bewaffnete Auseinandersetzungen einbezogen werden - dies ist unter Berücksichtigung des Einsatzzwecks, der Einsatzbefugnisse, der Eskalationsgefahr und der konkreten militärischen Gefahrenlage zu bestimmen - für konkrete, d.h. qualifizierte Erwartung muss eine hinreichende sachliche Nähe zur Anwendung von Waffengewalt bestehen (in örtlicher und/oder zeitlicher Hinsicht) III. Anwendung auf den konkreten Fall IV. Ergebnis Klausur im Öffentlichen Recht 8 Examensklausurenkurs SoSe 2015 32 Bei Fragen, Anregungen oder Kritik könnt ihr euch gern an mich wenden: [email protected] Klausur im Öffentlichen Recht 8 Examensklausurenkurs SoSe 2015 33
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