Studienprojekt PBSP Titel: Die Praxis der ethnografischen Feldforschung: Flüchtlinge in Trier Leitung: Dr. Claudia Böhme, Prof. Dr. Michael Schönhuth Dauer: SS 2016 bis WS 2016/17 Zeit und Ort: SS 2016: Mittwoch 10-14 Uhr, D 034 Inhalt: Begriffe wie Herkunft, Fremde und Kultur sind im Zuge der aktuellen Flüchtlingskrise in den Fokus der deutschen Öffentlichkeit und auf die politische Agenda gerückt. Die Vorstellung und der Umgang mit den „Fremden“ ist dabei äußert ambivalent. Praktizieren viele eine Willkommenskultur so hetzen andere mit verbaler und physischer Gewalt gegen die Flüchtlinge. Migration und Flucht haben sich in den letzten Jahren stark verändert. Die „medialen Migranten“ organisieren ihre Flucht weitestgehend eigenständig und bleiben mit den zurückgelassenen Verwandten und Freunden in Kontakt. Durch das Internet verbreitete Bilder, wie die Selfies mit Angela Merkel haben dabei eine enorme Wirkung auf Fluchtentscheidungen und auf das Bild und Image Deutschlands und der Kanzlerin, die dabei als Heilige stilisiert wird. Durch die Medien wird das Thema Flüchtlinge und Flüchtlingskrise zu einem rituellen Medienevent, durch das der Umgang mit den Flüchtlingen diskutiert und ausgehandelt wird. Die Ethnologie als die Wissenschaft vom kulturell Fremden ist prädestiniert über Fluchtursachen, Migration und das Verhältnis zwischen den zusammenkommenden Menschen und Verständnissen von Kultur zu vermitteln. Migration und Mobilität werden dabei als Norm und nicht als Ausnahme betrachtet und Ethnologen widmen sich in qualitativen Einzelstudien den „Cultures of Migration“ (Hahn/Klute 2007, Cohen 2004), die nicht als starr und festgeschriebene Migrationsmuster, sondern als die während der Migration unter den verschiedenen Akteuren ausgehandelten Praktiken betrachtet werden. In dem geplanten Studienprojekt sollen die Studierenden diesen „Cultures of Migration“ im Rahmen der Aufnahme von Flüchtlingen in Trier nachgehen. Dies kann anhand der Akteure selbst und der Erfassung ihrer Migrationsbiografien und –praktiken oder an sozialen Orten wie Erstaufnahmeeinrichtungen, Kleiderkammern und in Bildungseinrichtungen erforscht werden. Oder sie widmen sich den Diskursen und Meinungen über Migration, die auf der Straße oder auf Veranstaltungen für oder über Flüchtlinge geäußert werden. Hier gilt, dass sich die Studierenden möglichst aktiv in ihren Forschungsbereich einbringen, um tiefe Inneneinsichten ihrer Fallstudien zu erhalten. In der ersten Phase (SS 2016) werden ethnologische Theorien und Studien zu Migration und Flucht behandelt und Methoden, wie qualitative Interviews, Beobachtungen und der Einsatz von Hilfsmitteln und Medien wie das Feldtagebuch, Audiorekorder, Foto oder Film erprobt. Dabei werden auch immer wieder ethische Fragen, wie die Rolle der Forschenden und Erforschten und der Umgang mit sensiblen Daten behandelt. Parallel dazu entwickeln die Studierenden ihre Projektthemen, recherchieren und sammeln Material und bilden Forschungsgruppen. Zum Ende des Sommersemesters beginnen die Teilnehmenden mit der Feldvorbereitung, finden und adressieren Kontaktpartner und legen ihre Methode und Rolle in der Forschung fest. In der anschließenden vorlesungsfreien Zeit werden die Kurzzeitfeldforschungen durchgeführt und während regelmäßiger Treffen über Fortschritt und Probleme der Forschung berichtet und diskutiert. Im Wintersemester 2016/17 werden die gesammelten Daten ausgewertet und analysiert und in gemeinsamen Treffen vorgestellt. Das Studienprojekt endet mit der Verfassung des Feldberichts, dem Abschlussbericht der Forschergruppen und der Gruppenhausarbeit.
© Copyright 2024 ExpyDoc