Getreide-Ganzpflanzensilage (GPS) für Rinder

Mit Getreide-GPS Futterlücken füllen
Alle hoffen auf Regen. Die lang anhaltende Trockenheit setzt nicht nur den Ackerbau-, sondern auch den Grünlandbetrieben zu. Wiesen werden stellenweise schon
gemulcht, da sich ein Silieren nicht mehr lohnt. Da regional schon befürchtet wird,
dass in diesem Jahr nicht genügend Grundfuttervorräte angelegt werden können,
überlegen Landwirte, ein Teil des Getreides als Getreide-Ganzpflanzensilage (GPS)
zu ernten. GPS kann aber nicht nur Versorgungslücken füllen, wenn Grundfutter
knapp ist, sondern das Rinderfutter kann auch aus Gründen der Fruchtfolge oder der
Pflanzengesundheit mehr an Bedeutung gewinnen. Zudem bringt es Struktur in die
Ration.
GPS ist eine Kombination aus stärkereichen Körnern und Stroh. Sie ist ein eiweißund mineralstoffarmes Grundfutter mit mittlerer Verdaulichkeit. Die mit 10 % geringe
Stärkebeständigkeit liegt auf dem Niveau von Maissilage. Alle Getreidearten lassen
sich als Ganzpflanze silieren, aufgrund des engen Korn:Stroh-Verhältnisses sind
Weizen, Gerste und Triticale etwas besser als Roggen geeignet. In unserer Region
ist GPS bisher überwiegend als Substrat für Biogasanlagen bekannt. Während viele
Rinderbetriebe diese Silage bisher eher als Notfutter ansehen, wird sie z. B. in Brandenburg und Schleswig-Holstein häufiger eingesetzt. Die Vorteile liegen z. B. in der
Auflockerung enger Maisfruchtfolgen und der höheren Ertragssicherheit auf Maisgrenzstandorten. Auch bringt GPS Struktur in die Futterration von grünlandarmen
Betrieben.
Hiesige Betriebe entscheiden sich für GPS häufig erst kurz vor der Getreideernte, um
mögliche Futterlücken zu schließen. In diesen Fällen sind dann Ertrag und Qualität
des Getreides häufig nicht optimal. Hier liegt ein Grund für die unterschiedlichen Futterwerte von GPS. Die DLG-Tabelle aus 1997 weist für Weizen- und Gerste-GPS
mit einem Körneranteil von ca. 50 % mittlere Energiegehalte von 5,5 bis 5,7 MJ
NEL/kg Trockenmasse (9,3 bzw. 9,6 MJ ME/kg) aus. Diese Werte deuten auf einen
verspäteten Erntetermin hin, denn es werden auch höhere Energiekonzentrationen
erreicht, wie holsteinische Auswertungen zeigen. Dort wurden über mehrere Jahre
im Mittel 6,1 MJ NEL/kg TM erzielt. Für Weizen-GPS werden dort bei einem Korn-
Stroh-Verhältnis von 1:0,8 bis 1,2 und einem TM-Ertrag von 190 bis 230 kg/dt
6,2 MJ NEL/kg TM angegeben. In Hessen (2011) erzielten die 25 % besten GetreideGanzpflanzensilagen rund 6,2 MJ NEL/kg TM bei 40,7 % TM.
Neue Verdauungsversuche
Da die Schätzung des Energiegehaltes aufgrund der unzureichenden Datengrundlage eine Unsicherheit birgt, wurden in Haus Riswick im Jahr 2013 Verdaulichkeitsmessungen (Hammeltest) mit GPS aus Weizen (1 Sorte), Roggen (2 Sorten) und
Triticale (2 Sorten) durchgeführt. Die TM-Gehalte von 29 bis 33 % deuten auf einen
frühen Erntetermin hin. Die geringen Stärkegehalte von Weizen und Triticale lassen
eine noch nicht abgeschlossene Kornausbildung vermuten.
Übersicht 1: GPS im Hammeltest 2013 (Angaben in 100 % TM)
Weizen-GPS
TM
RP
Stärke
Rohfaser
ADF
NDF
NEL
Verdaul.
g
g
g
g
g
g
MJ/kg
%
333
95
108
249
255
438
6,30
72
Roggen-GPS 321/323 69/76 181/198 254/271 255/260 430/436 5,60/5,70
Triticale-GPS 288/325 76/78
1)
80/89
262/264 289/306 465/479
5,95
67
1)
71 1)
nur eine Probe
Im Vergleich zu den DLG-Werten in Übersicht 2 ist die Verdaulichkeit der organischen Substanz bei Weizen-GPS höher und bei Roggen-GPS geringer. Weizen-GPS
mit 6,3 MJ NEL/kg TM ist gut in der Fütterung von Milchkühen einzusetzen. Um den
Futterwert von GPS sicher beschreiben zu können, sind weitere Messungen dringend erforderlich. Auf Basis der neuen Ergebnisse kann dann gegebenenfalls die
Schätzgleichung angepasst werden.
Übersicht 2:
Nährstoffgehalte von Ganzpflanzensilage (DLG, 1997)
Gehalte je kg Trockenmasse (TM = 45 %, Körneranteil ca. 50 %)
Rohprotein nXP RNB Stärke Rohfaser NEL
Verdaulichkeit Ca
P
g
g
g
g
g
MJ
%
g
g
GPS-Gerste
97
124
-4
268
227
5,65
67
2,9
2,9
GPS-Weizen
93
118
-4
279
227
5,45
65
2,2
2,7
GPS-Roggen
134
128
1
k.A.
229
5,95
70
k.A. k.A.
Einfluss auf den Energiegehalt
Soll GPS den Ansprüchen von Hochleistungstieren genügen, müssen die Bestände
hohe Kornerträge liefern oder einen niedrigen Strohanteil aufweisen. Entscheidend
ist in erster Linie das Korn-Stroh -Verhältnis, das bei Roggen ungünstiger als bei
Weizen und Gerste ist. Kurzstrohige Sorten sind gut geeignet. Der Energiegehalt
kann je nach Korn-Stroh-Verhältnis, Erntezeitpunkt und Art des Getreides stark
variieren.
Übersicht 3:
Energiekonzentration von Gerste-Ganzpflanzensilage in Abhängigkeit vom Kornanteil (nach Peterhänsel, 1996)
Kornanteil in % der Trockenmasse
30
40
50
60
70
g/kg TM
330
295
255
215
175
MJ NEL/kg TM
4,9
5,4
5,9
6,4
6,9
Rohfaser
Energie
Der Kornanteil sollte mehr als 50 % betragen, um Energiegehalte von mindestens
6,0 MJ NEL/kg TM zu erreichen. Energiegehalt und Massenertrag sind u. a. über die
Höhe der Stoppeln zu beeinflussen. Je 10 cm höherer Schnitt nimmt der Energieertrag/ha um etwa 10 % ab, die TM-Gehalte steigen jeweils um ca. 2 %.
Übersicht 4:
Veränderungen der Energiedichte von Wintergerste – Ganzpflanzen
in Abhängigkeit von der Schnitthöhe (nach Pahl, 1990)
Versuch 1
Versuch 2
Schnitthöhe (cm)
Schnitthöhe (cm)
10
20
30
10
20
30
NEL-Gehalt
MJ /kg TM
5,47
5,57
5,65
5,89
5,97
6,1
NEL-Ertrag
GJ /ha
75,5
67,4
66,1
73,6
63,9
58,0
relativ
100
89
88
100
87
79
In der Literatur werden auch andere Zahlen genannt: Je 10 cm höhere Stoppeln
steigt die Energiekonzentration um 0,2 bis 0,3 MJ NEL/kg TM. Je ha sind unter güns-
tigen Witterungsbedingungen etwa 90 bis 120 dt TM zu erwarten (Faustzahl für die
Praxis: Kornertrag x 1,5 = dt GPS-TM/ha.
Erntezeitpunkt
Nennenswerte Stärkeeinlagerungen in die Getreidekörner finden allgemein erst zu
Beginn der Milchreife statt. Der optimale Erntezeitpunkt stellt einen Kompromiss zwischen möglichst hohen TM-Erträgen und nicht zu hohen TM-Gehalten dar. Angestrebt werden 35 bis 45 % TM, bei Roggen-GPS eher 35 % (Beginn der Teigreife).
Dann sind noch genügend leicht lösliche Kohlenhydrate enthalten, was eine gute
Vergärung ermöglicht. In diesem Stadium sind die Halmknoten noch grün, das Stroh
beginnt sich gelb zu färben, und das Korn lässt sich mit dem Fingernagel eindrücken,
es spritzt aber nicht mehr. Geschnitten wird also ca. zwei bis drei Wochen vor dem
Dreschtermin. Zu beachten ist die knappe Erntezeitspanne. Bei einem späteren
Schnitt sinken die Erträge; außerdem lässt sich die GPS schlechter verdichten, so
dass das Risiko der Nacherwärmung steigt. Zu beachten ist, dass bei einer späteren
Behandlung mit Pflanzenschutzmitteln grundsätzlich die Wartezeit einzuhalten ist.
Das Getreide muss mit einem Häcksler so exakt geerntet werden, dass ein Aufspleißen der Halme und Knoten gewährleistet ist. Werden nicht alle Körner angeschlagen, passieren heile Körner den Verdauungstrakt und werden unverdaut mit dem Kot
ausgeschieden, was erhebliche Körner- und somit Energieverluste verursacht. Ein
Zerkleinern mittels Cracker ist also vorteilhaft. Die Häcksellänge sollte möglichst unter 8 mm liegen. Verfügen die Exakthäcksler über Vielmessertrommeln, Corn Cracker und Reibeböden, kann die GPS auch etwas später geerntet werden. Vorteil dabei ist der höhere Stärkegehalt, Voraussetzung ist aber, dass alle Körner auch zerschlagen sind. Neben einer exakten Häckseltechnik kommt der sorgfältigen Silierung
große Bedeutung zu. Die GPS muss hoch verdichtet und anschließend sofort abgedeckt werden, da sie sich sonst schnell erhitzt. Bei einer GPS mit 35% TM sollte
nach Honig (1987) eine Verdichtung von 230 kg TM/m3 erreicht werden, bei 45 % TM
liegt der Sollwert bei 260 kg. Empfehlenswert ist der Einsatz von Siliermitteln auf der
Basis von Milchsäurebakterien. Zu beachten ist, dass GPS wenig Nitrat enthält, was
die Bildung von Buttersäure begünstigen kann. Bei der Siloentnahme neigt GPS zu
Instabilität. Um möglichen Risiken von Nacherwärmungen entgegenzuwirken, sollten
in diesen Fällen ein ausreichender Vorschub gewährleistet und Siliermittel zur Sicherung der aeroben Stabilität eingesetzt werden. Neben einer Silierung im Fahrsilo und
im Schlauch ist auch eine Silierung in Rund- oder Quaderballen möglich, wobei eine
Vorzerkleinerung des Langgutes unbedingt zu empfehlen ist. Mit der Verfütterung
kann etwa vier Wochen nach der Silierung begonnen werden.
Die GPS-Sortenversuche für die Biogasproduktion der LWK in der Versuchsstation
Otterham in Ostfriesland zeigen, welch hohe Erträge in der Marsch erzielt werden
können und wie sich die TS- und Rohfasergehalte bis zur Ernte entwickeln.
Übersicht 5: TS- und Rohfasergehalte sowie Erträge von GPS
(LWK-Sortenversuche für Biogasproduktion 2014, VS Otterham,
ausgewählte Daten, Angaben in 100 % TS))
Gerste
Roggen
Triticale
Weizen
TS
Rohf.
TS
Rohf.
TS
Rohf.
TS
Rohf.
%
%
%
%
%
%
%
%
11.6.
29,2
27,1
27,7
28,5
24,7
29,0
28,5
25,3
30.6 1)
36,8
26,4
32,8
28,3
31,0
31,0
35,5
26,7
-
-
36,8
25,5
34,3
23,7
37,5
18,9
7.7.
Ernte 2) :
TS-Ertrag dt/ha
237
209
270
242
TS-Gehalt
36,5
36,8
34,3
37,5
1)
%
Gerste 25.6.,
2)
Ernte von Roggen, Triticale, Weizen am 7.7., Gerste am 25.6.
Zur Ernte wurden folgende Stärkegehalte (100 % TS) der GPS ermittelt: Gerste und
Roggen 16,0 %, Triticale 17,2 % und Weizen 25,3 %.
Ganzpflanzensilage kann an Milchkühe und Bullen verfüttert werden und ist mit
Grassilage gut zu kombinieren. Wegen der niedrigen Gehalte an Kalium und DCAB
(Kationen-Anionen-Bilanz/Milchfieberprophylaxe) ist GPS auch für die Fütterung der
Trockensteher gut geeignet. Je Kuh und Tag können etwa 4 bis 6 kg GPS-TM eingesetzt werden, wobei die schnell abbaubare Stärke besonders in der Hochleistungsphase zu berücksichtigen ist. In der Ration für höher leistende Kühe ist der erforderliche Anteil beständiger Stärke sicherzustellen. Der Stärkegehalt ist in erster Linie abhängig vom Kornanteil und liegt deutlich unter dem von Maissilage, was in der Bullenmast zu beachten ist. Analysen geben Aufschluss über den Futterwert.