Getreide als GPS ernten Getreide als Getreide-Ganzpflanzensilage (GPS) geerntet kann nicht nur Versorgungslücken füllen, wenn Grundfutter knapp ist. Das Grundfutter bringt auch Struktur in die Ration und gewinnt aus Gründen der Fruchtfolge, der Greening-Auflagen oder der Pflanzengesundheit mehr an Bedeutung. Vorteile liegen z. B. in der Auflockerung enger Maisfruchtfolgen und der höheren Ertragssicherheit auf Maisgrenzstandorten. In unserer Region ist GPS vor allem als Substrat für Biogasanlagen bekannt. Getreide-Ganzpflanzensilage besteht aus stärkereichen Körnern und Stroh und ist folglich eiweiß- und mineralstoffarm, ihre Verdaulichkeit ist mittel. Die geringe Stärkebeständigkeit von 10 % liegt auf dem Niveau von Maissilage. Alle Getreidearten lassen sich als Ganzpflanze silieren, aufgrund des engen Korn:Stroh-Verhältnisses sind Weizen, Gerste und Triticale etwas besser als Roggen geeignet. Hiesige Betriebe entscheiden sich für GPS häufig erst kurz vor der Getreideernte, um mögliche Futterlücken zu schließen. In diesen Fällen sind dann Ertrag und Qualität des Getreides häufig nicht optimal. Hier liegt ein Grund für die unterschiedlichen Futterwerte von GPS. Die DLG-Tabelle aus 1997 weist für Weizen- und Gerste-GPS mit einem Körneranteil von ca. 50 % mittlere Energiegehalte von 5,5 bis 5,7 MJ NEL/kg Trockenmasse (9,3 bzw. 9,6 MJ ME/kg TM) aus. Diese Werte deuten auf einen verspäteten Erntetermin hin, denn es werden auch höhere Energiekonzentrationen erreicht, wie holsteinische Auswertungen zeigen. Dort wurden über mehrere Jahre im Mittel 6,1 MJ NEL/kg TM erzielt. Für Weizen-GPS werden dort bei einem Korn-StrohVerhältnis von 1:0,8 bis 1,2 und einem TM-Ertrag von 190 bis 230 dt/ha 6,2 MJ NEL/kg TM angegeben. In Hessen (2011) erzielten die 25 % besten GetreideGanzpflanzensilagen rund 6,2 MJ NEL/kg TM bei 40,7 % TM. Neue Verdauungsversuche Da die Schätzung des Energiegehaltes aufgrund der unzureichenden Datengrundlage eine Unsicherheit birgt, wurden in Haus Riswick in den Jahren 2013 bis 2015 Verdaulichkeitsmessungen (Hammeltest) mit GPS aus Weizen (n=8), Roggen (n=6) und 1 Triticale (n=6) durchgeführt. Die Nährstoffgehalte und die Verdaulichkeiten in den jeweiligen GPS-Arten schwanken deutlich, was z.T. durch die Stoppelhöhe zu erklären ist. Übersicht 1: GPS im Hammeltest von 2013 bis 2015 (Angaben je kg TM) GPS-Weizen GPS-Roggen GPS-Triticale Trockenmasse g/kg 349 (302 - 474) 337 (318 - 377) 327 (288 - 342) Rohprotein g/kg 90 (65 - 108) 75 (69 - 78) 75 (69 - 81) Rohfaser g/kg 228 (204 - 249) 254 (223 - 276) 246 (222 - 264) Stärke g/kg 172 (61 - 303) 180 (135 - 228) 145 (80 - 226) NEL MJ/kg 6,1 (5,8 - 6,4) 5,7 (5,6 - 6,0) 6,0 (5,5 - 6,3) ME MJ/kg 10,2 (9,8 - 10,7) 9,7 (9,5 – 10,0) 10,1 (9,4 - 10,5) Ca g/kg 2,0 (1,6 - 2,5) 2,2 (2,0 - 2,4) 2,1 (2,1 - 2,2) P g/kg 2,3 (1,6 - 3,0) 2,2 (1,9 - 2,4) 2,0 (1,8 - 2,4) 72 (69 - 74) 67 (66 - 69) 70 (65 - 71) Verdaulichkeit OM % Im Vergleich zu den DLG-Werten in Übersicht 2 ist die Verdaulichkeit der organischen Substanz bei GPS-Weizen höher. In den Riswicker Untersuchungen wird der Energiegehalt durch die Schätzgleichung bei allen GPS-Arten unterschätzt, beim Weizen um durchschnittlich 0,7 MJ ME/Kg TM. Um den Futterwert von GPS sicher beschreiben zu können, sind weitere Messungen dringend erforderlich. Auf Basis der neuen Ergebnisse kann dann die Schätzgleichung angepasst werden. Übersicht 2: Nährstoffgehalte von Ganzpflanzensilage (DLG, 1997) Gehalte je kg Trockenmasse (TM = 45 %, Körneranteil ca. 50 %) Rohprotein nXP RNB Stärke Rohfaser NEL Verdaulichkeit g g g g g MJ % GPS-Gerste 97 124 -4 268 227 5,65 67 GPS-Weizen 93 118 -4 279 227 5,45 65 Die Ergebnisse der LUFA Nord-West zeigen wiederum etwas andere Ergebnisse (Übersicht 3). Beim Vergleich von Futterwerten ist entscheidend, dass von vergleichbaren Erntezeitpunkten und Schnitthöhen ausgegangen wird. Für die Rationsberechnungen sind eigene Analysen grundsätzlich zu empfehlen. 2 Übersicht 3: Analysen der LUFA (Angaben je kg TM, 2010) Anzahl TM Rohprotein nXP RNB Rohfaser NEL g g g g g MJ GPS-Gerste 108 388 97 117 -3,2 258 5,3 GPS-Weizen 33 432 90 119 - 4,6 224 5,6 GPS-Roggen 202 395 90 112 - 3,5 296 5,1 Einfluss auf den Energiegehalt Hohe Kornerträge oder niedrige Strohanteile sind nötig, wenn GPS den Ansprüchen von Hochleistungstieren genügen soll. Entscheidend ist in erster Linie das KornStroh-Verhältnis, das bei Roggen ungünstiger als bei Weizen und Gerste ist. Kurzstrohige Sorten sind gut geeignet. Der Energiegehalt kann je nach Korn-StrohVerhältnis, Erntezeitpunkt und Art des Getreides stark variieren. Übersicht 4: Energiekonzentration von Wintergerste-Ganzpflanzensilage in Abhängigkeit vom Kornanteil (nach Peterhänsel, 1996) Kornanteil in % der Trockenmasse 30 40 50 60 70 g/kg TM 330 295 255 215 175 MJ NEL/kg TM 4,9 5,4 5,9 6,4 6,9 Rohfaser Energie Um Energiegehalte von mindestens 6,0 MJ NEL/kg TM zu erreichen, sollte der Kornanteil mehr als 50 % betragen. Energiegehalt und Massenertrag sind u. a. über die Höhe der Stoppeln zu beeinflussen. Je 10 cm höherer Schnitt nimmt der Energieertrag/ha um etwa 10 % ab, die TM-Gehalte steigen jeweils um ca. 2 %. Übersicht 5: Veränderungen der Energiedichte von Gerste-Ganzpflanzen in Abhängigkeit von der Schnitthöhe ( zwei Versuche, nach Pahl, 1990) Schnitthöhe (cm) (1) Schnitthöhe (cm) (2) 10 20 30 10 20 30 NEL-Gehalt MJ /kg TM 5,47 5,57 5,65 5,89 5,97 6,1 NEL-Ertrag GJ /ha 75,5 67,4 66,1 73,6 63,9 58,0 relativ 100 89 88 100 87 79 3 In der Literatur finden sich auch andere Zahlen: Je 10 cm höhere Stoppeln steigt die Energiekonzentration um 0,2 bis 0,3 MJ NEL/kg TM. Erntezeitpunkt Nennenswerte Stärkeeinlagerungen in die Getreidekörner finden allgemein erst zu Beginn der Milchreife statt. Der optimale Erntezeitpunkt stellt einen Kompromiss zwischen möglichst hohen TM-Erträgen und nicht zu hohen TM-Gehalten dar. Angestrebt werden 35 bis 45 % TM, bei Roggen-GPS eher 35 % (Beginn der Teigreife). Dann sind noch genügend leicht lösliche Kohlenhydrate enthalten, was eine gute Vergärung ermöglicht. In diesem Stadium sind die Halmknoten noch grün, das Stroh beginnt sich gelb zu färben, und das Korn lässt sich mit dem Fingernagel eindrücken, es spritzt aber nicht mehr. Geschnitten wird also ca. zwei bis drei Wochen vor dem Dreschtermin. Zu beachten ist die knappe Erntezeitspanne. Bei einem späteren Schnitt sinken die Erträge; außerdem lässt sich die GPS schlechter verdichten, so dass das Risiko der Nacherwärmung steigt. Bei einer späteren Behandlung mit Pflanzenschutzmitteln ist grundsätzlich die Wartezeit einzuhalten. Das Getreide muss mit einem Häcksler so exakt geerntet werden, dass ein Aufspleißen der Halme und Knoten gewährleistet ist. Werden nicht alle Körner angeschlagen, passieren heile Körner den Verdauungstrakt und werden unverdaut mit dem Kot ausgeschieden, was erhebliche Körner- und somit Energieverluste verursacht. Ein Zerkleinern mittels Cracker ist also vorteilhaft. Die Häcksellänge sollte möglichst unter 8 mm liegen. Verfügen die Exakthäcksler über Vielmessertrommeln, Corn Cracker und Reibeböden, kann die GPS auch etwas später geerntet werden. Vorteil dabei ist der höhere Stärkegehalt, Voraussetzung ist aber, dass alle Körner auch zerschlagen sind. Neben einer exakten Häckseltechnik kommt der sorgfältigen Silierung große Bedeutung zu. Die GPS muss hoch verdichtet und anschließend sofort abgedeckt werden, da sie sich sonst schnell erhitzt. Bei einer GPS mit 35% TM sollte nach Honig (1987) eine Verdichtung von 230 kg TM/m3 erreicht werden, bei 45 % TM liegt der Sollwert bei 260 kg. Empfehlenswert ist der Einsatz von Siliermitteln auf der Basis von Milchsäurebakterien. Zu beachten ist, dass GPS wenig Nitrat enthält, was die Bildung von Buttersäure begünstigen kann. Bei der Siloentnahme neigt GPS zu Instabilität. Um möglichen Risiken von Nacherwärmungen entgegenzuwirken, sollten in diesen Fällen ein ausreichender Vorschub gewährleistet und Siliermittel zur Siche4 rung der aeroben Stabilität eingesetzt werden. Neben einer Silierung im Fahrsilo und im Schlauch ist auch eine Silierung in Rund- oder Quaderballen möglich, wobei eine Vorzerkleinerung des Langgutes unbedingt zu empfehlen ist. Da die Körner in den Ballenpressen nicht angeschlagen werden, muss früher geerntet werden (Milchreife). In der Praxis werden die Ballen durchaus achtmal gewickelt. Mit der Verfütterung kann etwa vier Wochen nach der Silierung begonnen werden. Die GPS-Sortenversuche für die Biogasproduktion der LWK in der Versuchsstation Otterham in Ostfriesland zeigen, welche Spitzenerträge in der Marsch erzielt werden können und wie sich die TS- und Rohfasergehalte bis zur Ernte entwickeln. Übersicht 6: TS- und Rohfasergehalte sowie Erträge von GPS (LWK-Sortenversuche für Biogasproduktion 2014, VS Otterham, ausgewählte Daten, Angaben in 100 % TS)) Gerste Roggen Triticale Weizen TS Rohf. TS Rohf. TS Rohf. TS Rohf. % % % % % % % % 11.6. 29,2 27,1 27,7 28,5 24,7 29,0 28,5 25,3 30.6 1) 36,8 26,4 32,8 28,3 31,0 31,0 35,5 26,7 - - 36,8 25,5 34,3 23,7 37,5 18,9 7.7. Ernte 2) : TS-Ertrag dt/ha 237 209 270 242 TS-Gehalt 36,5 36,8 34,3 37,5 % 1) Gerste 25.6., 2) Ernte von Roggen, Triticale, Weizen am 7.7., Gerste am 25.6. Die Erträge reichten von 209 bis 270 dt TM/ha. Im letzten Jahr erzielten GPS-Weizen in Sortenversuchen im Mittel von drei Standorten 195 dt und GPS-Triticale 201 dt TM/ha. In Versuchen der LWK Nordrhein-Westfalen wurden im dreijährigen Durchschnitt folgende TM-Erträge/ha erzielt: GPS-Winterweizen 143 dt, GPS-Winterroggen 154 dt, GPS-Wintertriticale 161 dt. GPS kann an Milchkühe und Bullen verfüttert werden und ist mit Grassilage gut zu kombinieren. Wegen der niedrigen Gehalte an Kalium und DCAB (Kationen-AnionenBilanz/Milchfieberprophylaxe) ist GPS auch für die Fütterung der Trockensteher gut 5 geeignet. Je Kuh und Tag können etwa 4 bis 6 kg GPS-TM eingesetzt werden, wobei die schnell abbaubare Stärke besonders in der Hochleistungsphase zu berücksichtigen ist. In der Ration für höher leistende Kühe ist der erforderliche Anteil beständiger Stärke sicherzustellen. Der Stärkegehalt ist in erster Linie abhängig vom Kornanteil und liegt deutlich unter dem von Maissilage, was in der Bullenmast zu beachten ist. Analysen geben Aufschluss über den Futterwert. 6
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