Artikel aus der Sonntagszeitung vom 15.11.2015 als

Engadin
sonntagszeitung.ch | 15. November 2015
Ein Meilenstein für
Warum wir das
Engadin lieben
Markenbotschafter zeigen
Herzblut für ihre Region
In nur neun Monaten wurde die Bever Lodge mit ihren 41 Zimmern
Dominic Geisseler (Text)
und Samuel Trümpy (Foto)
Ich freue mich über die
Vielfalt unserer Region,
die Menschen zu etwas ganz
Besonderem inspiriert
Felix Dietrich
Die natürlichen Kompositionen und die vielfältigen
Möglichkeiten in diesem
Tal erleben zu können,
bedeutet für mich ein
aussergewöhnlich intensives
Lebensgefühl
Patrik Wiederkehr
Gastfreundschaft
wird bereits seit
Generationen gepflegt
Natascha Lamm
«Das Cheminée muss brennen, mit
grossen Scheitern. Und zwar jeden Tag»,
sagt George Walliser beim Rundgang
durch die Bever Lodge, dem neusten
und unkonventionellsten Hotel im Engadin – ja in der ganzen Schweiz. «Und
eine alte Wurlitzer-Jukebox möchte ich
hier auch noch aufstellen.» Lässig, mit
seiner hellgrünen Daunenjacke und den
halblangen, graumelierten Haaren,
schreitet er durch die Räume im Erdgeschoss, vorbei an Küche, Restaurant und
Réception. Wirft hier einen prüfenden
Blick auf die neuen Einrichtungen,
schüttelt da ein paar Hände und diskutiert die letzten noch offenen Punkte
mit Marco Zeller, dem zukünftigen
Gastgeber hier, damit alles bereit ist für
die Eröffnung am 11. Dezember. Walliser ist stolz auf sein Werk, das er vor
gut zwei Jahren initiiert und auch mitfinanziert hat: «Das ist ein Break­
through, ein Meilenstein für die Schweizer Hotellerie.»
Die Bever Lodge, gleich vis-à-vis des
Bahnhofs der Rhätischen Bahn gelegen, ist in der Tat ein einzigartiges und
ehrgeiziges Projekt. Von aussen hebt
sie sich zwar kaum ab von den übrigen
Bauten in diesem Teil des 500-SeelenDörfchens zwischen St. Moritz und
Zuoz, ausser vielleicht durch die grosse Glasfront, in der sich die Herbstsonne spiegelt. Doch das aus Holz gebaute Hotel verfügt gleich über mehrere Superlative. Einer davon ist die Rekordzeit, in der es erbaut wurde. Walliser, der noch vor ein paar Jahren nie
im ­Leben daran gedacht hätte, einmal
in ein Tourismusprojekt zu investieren:
«Im Frühling haben wir hier das alte
Zeughaus abgerissen, jetzt steht das
neue Hotel. Neun Monate vom Spatenstich bis zur Inbetriebnahme! So was
wäre mit konventioneller Bauweise nie
möglich gewesen.»
«Probleme gibt es keine,
nur Herausforderungen»
Weltgewandtheit ist nicht
nur ein Wort, sondern
auch eine Einstellung, die
ich gern vermittle
Bettina Plattner-Gerber
Hier im Oberengadin
kann man inspirierenden
Gedanken freien Lauf
und die Seele baumeln lassen
Martin Reisinger
Der zweite Superlativ: Die Bever
Lodge, konzipiert als 3-Stern-Haus für
Sportbegeisterte – Wanderer, Langläufer, Snowboarder, Skifahrer und Familien, die gemütlich wohnen, auf den Luxus eines Grandhotels aber verzichten
möchten –, ist ein sogenanntes Modularhotel. Das heisst, sämtliche 41 Zimmer wurden vorfabriziert und innerhalb von gerade mal vier Tagen per Sattelschlepper über den 2284 Meter hohen Julierpass verfrachtet. Vor Ort
Tamara Cadonau
die Schweizer Hotellerie
errichtet. Dank einem völlig neuen Konzept aus vorgefertigten Holzmodulen
mussten die Elemente dann nur noch
mit Stahlstreben verbunden und fixiert
werden. Und fertig war das Unikat! Die
Idee dazu stammt allerdings nicht vom
umtriebigen George Walliser, der als
Unternehmensberater und Investor tätig ist und sich zum Motto gemacht hat:
«Probleme gibt es keine, nur Herausforderungen.» Konzipiert wurde das
Modularzimmer schon ein paar Jahre
früher, als Walliser noch den FacilityManagement-Bereich der Grossbank
UBS verantwortete.
Modulfertigung heisst das
Zauberwort
Als sich St. Moritz nämlich vor vier Jahren für die Olympischen Winterspiele
2022 bewarb, fertigte die Uffer AG jenseits des Albula in Savognin einen Protoypen eines Zimmers an, das später
einmal Teil des Olympischen Dorfes
werden sollte. Doch der Traum vom
sportlichen Grossanlass platzte. Und
das Holzzimmer kam vom Dorfplatz
in St. Moritz, wo es als Werbemittel für
die Spiele eingesetzt wurde, zurück nach
Savognin, wo es übrigens noch heute
auf dem Parkplatz vor der riesigen
Werkshalle des innovativen Bauunternehmens steht.
Und genau da sah es George Walliser. Er nahm Kontakt mit dem Inhaber
Enrico Uffer auf und holte ihn ins Boot
seiner neugegründeten Bever Lodge
AG. Eine Vision war geboren: Ähnlich
der Schiffe, die riesige Ladungen von
Containern transportieren, sollten in
Zukunft auch Hotelbetten auf die Reise gehen, nicht über See, aber über
Land. Uffer verfeinerte das Element in
enger Zusammenarbeit mit den FHArchitekten aus Bever und stellte innert
Jahresfrist die 41 fixfertigen Hotelzimmer her. Alle genau gleich, 21 Quadratmeter gross, gefertigt aus Bündner Fichtenholz, mit WC, Dusche, Eingangsbereich und auf der Frontseite einer bis
zum Boden reichenden Glasscheibe, die
jetzt in der Bever Lodge den Blick freigibt auf die im Abendlicht glänzenden,
schneebedeckten Gipfel des Engadins.
Modulfertigung heisst das Zauberwort. Damit lassen sich nicht nur Zeit,
sondern auch Kosten sparen. Gerade
mal 10 Millionen Franken hat die Bever Lodge gekostet, inklusive des betonierten Erdgeschosses mit Lounge, dem
Restaurant und der Bar, die zum neuen Treffpunkt im ruhigen Engadinerdorf werden soll. Zugute gekommen ist
dem jungen Unternehmen aber auch,
dass die Gemeinde am selben Strick gezogen hat. «Gemeindepräsidentin La-
Gemütlich. Eines der vorfabrizierten Modularzimmer in der Bever Lodge
In vier Tagen zusammengebaut. Das 3-Stern-Hotel besteht aus 41 Elementen
Bereit für die Gäste. Investor George Walliser (r.) und Gastgeber Marco Zeller in einem Zimmer der Bever Lodge, die am 11. Dezember 2015 eröffnet wird
dina Meyer war von Anfang weg begeistert von unserem Projekt», sagt Walliser, der inzwischen auf einem der bequemen Lounge-Sessel in der Lobby
Platz genommen hat und von dort aus
das emsige Treiben der Handwerker beobachtet. Entgegengekommen ist ihm
die Gemeinde aber auch mit dem Baurechtszins für das Grundstück, und sie
hat sich gleich noch am Projekt beteiligt. Walliser: «Wenn man das teure
Land hier oben kaufen müsste, könnte
2008 und 2013 verschwanden allein
im Oberengadin über tausend Hotelbetten. Und da will Walliser mit seiner Bever Lodge Abhilfe schaffen. «Die
grossen Luxushäuser in St. Moritz oder
Pontresina gehören ebenfalls zum
­Engadin, aber was wir dringend brauchen, sind Hotels im 3-Stern-Bereich.»
Und schon fast philosophisch fügt er
an: «Es braucht ein Umdenken. Wir
müssen dem Maloja-Wind trotzen. Der
bläst das Tal hinunter, wir hingegen
man ein solches Projekt glatt vergessen.» Seine Stimme wird etwas lauter.
«Es gibt noch viele brachliegende Bauplätze hier oben im Engadin, in Zuoz,
Samedan, Pontresina und Silvaplana.
Aber diesbezüglich müssen die Gemeinden handeln und innovative Projekte
fördern statt verhindern. «Sonst wird
es schwierig für das Engadin.»
In der Tat kämpft das traumhafte
Hochtal seit mehreren Jahren mit rückläufigen Touristenzahlen. Zwischen
brauchen Aufwind.» Wenn es nach
ihm ginge, ist es nur eine Frage der
Zeit, bis die Bever Lodge selber zum
Vorbildprodukt wird und sich multipliziert. Zwei, drei Orte für weitere
Modularhotels hat Walliser bereits im
Visier. Doch der clevere Geschäftsmann geht noch einen Schritt weiter.
«Ein Hotel, das zu diesem Preis und
in dieser kurzen Zeit gebaut werden
kann, lässt sich überall auf der Welt
aufstellen.» Recht hat er. Vor ein paar
Wochen reiste bereits eine Delegation
chinesischer Investoren nach Bever
und schaute sich den Bau an. Interessiert? «Ja, sehr!»
Und noch einen Superlativ gibt es
in der Bever Lodge. Als einziges
Restaurant der Schweiz wird hier Wein
vom neuseeländischen Weingut
Fromm ausgeschenkt. Na und? Ganz
einfach. Es handelt sich dabei nicht nur
um einen hervorragenden Tropfen, der
im internationalen Wine Guide «De-
canter» die vordersten Plätze belegt.
Das Weingut Fromm gehört mehrheitlich George Walliser, gekauft vor ein
paar Jahren, als er sich schwor, nie
mehr eine Krawatte anzuziehen. Doch
das mit den Vorsätzen ist das eine, das
schwach besiedelte Land ohne echte
Probleme, pardon, Herausforderungen, das andere. «Das war nicht meine Welt. Und der grösste Misserfolg
meiner Karriere», gibt er lachend zu.
«Nach ein paar Monaten fiel ich in ein
Riesenloch.» Er kehrte zurück in die
Schweiz, um neue Herausforderungen
zu suchen. Und gegen den talwärts blasenden Maloja-Wind zu kämpfen.
Walliser zieht sich seine Jacke etwas fester zu. Noch ist es kühl in der
Lobby, noch läuft die Heizung nicht
auf Hochtouren, noch wartet das innovativste Engadiner Hotel auf seine
Gäste. Aber schon bald wird im grossen Kamin ein Feuer lodern. Und zwar
den ganzen Tag.
Es müssen
nicht
immer fünf
Sterne sein
Neben Luxushäusern
verfügt das Engadin auch
über viele stilvolle
3- und 4-Stern-Hotels
Genuss im Engadiner Hochtal ist so erstklassig, dass ein
neues Wort dafür erfunden
wurde – Hochklassigkeit
85
Hotel Albris, Pontresina
Das Albris ist ein gemütliches 3-Stern-Hotel, mitten im Dorfzentrum von Pontresina gelegen. Die 68 Zimmer sind geschmackvoll und heimelig eingerichtet, riechen nach Arvenholz und bieten einen fantastischen Blick auf die Diavolezza,
die Julierkette oder ins Rosegtal. Doch noch bekannter als
das Hotel ist die Konditorei, die hier vor über hundert Jahren
ihren Betrieb aufnahm. Johann Friedrich Kochendörfer war
es, der aus Württemberg hierherzog und 1903 begann, Brot
und Torten zu backen. Sein Sohn Oscar baute den Betrieb
stetig aus und machte die Kochendörfer Engadinertorte zur
beliebtesten Spezialität im ganzen Engadin.
Waldhaus am See, St. Moritz
Idyllisch thront es auf dem kleinen Hügel über dem St. Moritzer See und bietet einen herrliche Blick aufs Oberengadin
und die imposante Bergwelt. Das heimelig und stilvoll eingerichtete Hotel gehört zu den besten 3-Stern-Häusern der
Schweiz. Bereits seit über dreissig Jahren wird es von der
Familie Bernasconi geführt. Was das Waldhaus aber zusätzlich auszeichnt und weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt machte, ist Devil’s Place. Die grösste Whisky-Bar der
Welt mit 2500 verschiedenen Sorten schaffte es gar schon
mehrmals ins «Guinnessbuch der Rekorde». Zur Bar gehört
ein Shop, in dem mehr als 1000 Whiskys erhältlich sind.
Reine Victoria, St. Moritz
Herzstück in diesem wundervollen Hotel aus den Zeiten von
Queen Victoria ist der fast fünfhundert Quadratmeter grosse Theatersaal mit seinen Deckengemälden und den schweren, roten Vorhängen. Hier hat schon der weltberühmte Dirigent Herbert von Karajan den Taktstock geschwungen. Aber
auch sonst bietet das Reine Victoria unten bei St. Moritz-Bad
ein traumhaftes Ambiente mit seinen Kronleuchtern, den
Stuckaturdecken, antiken Spiegeln und Wandgemälden. Und
lässt den Gast eintauchen in die guten alten Zeiten. Das
­Jugendstilhotel gehört zum moderneren Hotel Laudinella
und ist nur hundert Meter von der Signalbahn entfernt.
Hotel Müller, Pontresina
In den mit viel Stil eingerichteten Zimmern des 1890 vom
Weinhändler und Posthalter Jakob Müller erbauten Hotels
lässt es sich tief schlafen und himmlisch träumen. Vor zehn
Jahren wechselte es den Besitzer und wurde von Grund auf
erneuert. Heute präsentiert sich die Mountain Lodge mit ihrer Innenarchitektur als eigentliches Schmuckstück inmitten
der Engadiner Bergwelt, nur ein paar Schritte von der Talstation des Sessellifts zur Alp Languard entfernt. Seit 2008 ist
das Hotel Müller auch Mitglied der Swiss Design & Lifestyle
Hotels. Dem Hotel angeschlossen sind drei Restaurants, unter anderem die gemütlich Stüva mit ihrem Arvenholztäfer.
Hotel Krone, La Punt
Die Geschichte dieses Wind und Wetter trotzenden Berghotels geht zurück bis ins 16. Jahrhundert. Damals stärkten
sich die Kutscher im Dörfchen La Punt nach der mühsamen
Fahrt über den Albulapass. Als 1903 die Albulabahn ihren Betrieb aufnahm, verlor der Pass an Bedeutung, und die Krone
erlebte strube Zeiten. Bis sie 2002 vom Unternehmer Beat
Curti übernommen und umfassend renoviert wurde. Heute
ist das schmucke 3-Stern-Hotel ein Geheimtipp im Oberengadin, ein faszinierender Mix aus Kunst, Architektur, Kulinarik
und Gemütlichkeit. Dank dem Spa-Bereich eignet sich die
Krone auch hervorragend für ein Wellness-Wochenende.