Wir müssen den Trumpf Gastfreundschaft ausspielen

Datum: 30.12.2015
Urner Wochenblatt
6460 Altdorf
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Medientyp: Tages- und Wochenpresse
Auflage: 9'586
Erscheinungsweise: 2x wöchentlich
Themen-Nr.: 277.007
Abo-Nr.: 1073552
Seite: 19
Fläche: 100'953 mm²
«Wir müssen den Trumpf Gastfreundschaft ausspielen»
Gästival 1 Im Gespräch mit Flurin Riedi und Martina Stadler
Flunn Riedi und Martina Stadler sind verantwortlich fur die touristischen Belange im Kanton Uri.
Markus Arnold
FOTO, MARKUS ARNOLD
Und das sagen Sie als gebürtige Ös- here Hotelkategorie, und in einem
Tophaus hat man überall einen besseIn Uri, wo der Tourismus ein terreicherin.
ren Service. Wie Martina Stadler anwichtiger Wirtschaftstreiber
Martina Stadler: «Genau. In dieser getönt hat, spielen auch die touristiist, spielt die GastfreundDiskussion werden die Themen Gast- schen Infrastrukturen eine wesentliche
schaft eine wichtige Rolle.
freundschaft, Infrastrukturen und Rolle in der Wahrnehmung der Gäste.
Zwei Urner Tourismusprofis Preise vermischt. Die Leute, die sa- Der alte Sessellift am Nätschen ist
geben den Urnerinnen und gen, die Österreicher seien viel gast- nicht vergleichbar mit einer neuen Anfreundlicher, müsste man fragen, lage in einem Top-Skigebiet in ÖsterUrnern relativ gute Noten.
wann sie denn zuletzt in der Schweiz reich. ,Da kann das Personal am Nät-
Wer echte Gastfreundschaft erleben eine Woche Skiferien gemacht haben. schen noch so freundlich sein: Man
hat gegenüber der modernen neuen
will, verbringt seine Ferien in Öster- Nur so kann man vergleichen.»
reich, heisst es oft. Ist man in ÖsterBahn einen Nachteil. Ich selber habe
reich gastfreundlicher als in der Flurin Riedi: «Für Schweizer sind Län- übrigens auch schon in Österreich sehr
Schweiz?
der wie Österreich auch wegen des negative Erfahrungen bezüglich GastMartina Stadler: «Nein.»
Franken-Euro-Kurs sehr interessant. freundschaft gemacht.»
Da leistet man sich vielleicht eine hö-
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Was ist denn überhaupt Gastfreund- freundlichkeit wäre als eine andere.»
schaft?
Flurin Riedi: «Zum Glück nicht. Ich
Martina Stadler: «Wenn ich mich als bin überzeugt, in Uri bieten wir sehr
Gast willkommen fühle, wenn ich gute Gastfreundschaft an, auch wenn
merke, dass man an mir als Person in- man sich immer verbessern kann. Es
teressiert ist und sich freut, dass ich gibt aber, wie überall, auch schwarze
da bin.»
Schafe. Und EinzelFlurin Riedi: «Bei. der Gastfreund- fälle machen halt die
schaft im touristischen Sinn spielt Runde und haben
auch der Servicegedanke eine wichti- einen negativen Efge Rolle. Gerade heute mit allen He- fekt.»
rausforderungen im Tourismus ist der Wie reagieren Sie auf
Service einer der Trümpfe, den wir Reklamationen?
noch viel besser ausspielen könnten.»
Martina Stadler: «Wir
Das tönt ja schön, aber wenn man hören uns die Sichtin ein überfülltes Pistenrestaurant weise des Gastes an.
kommt, wo alle im Stress sind und In der Regel nehmen
keine Zeit haben: Was kann man da wir dann mit dem bevom Personal noch an Gastfreund- anstandeten Betrieb oder der betrofschaft erwarten?
fenen Person Kontakt auf. Wir sind
Martina Stadler: «Ein strenger uns bewusst, es gibt immer zwei SeiArbeitstag geht nicht schneller vorbei, ten zu einer Geschichte. Sollte etwas
wenn man unfreundlich ist. Man wirklich nicht gut gelaufen sein, verkann auch in stressigen Momenten suchen wir gemeinsam, dem Gast
freundlich bleiben. Dann verzeiht ein eine Lösung anzubieten.»
Gast auch mal, wenn er auf eine Flurin Riedi: «Wenn immer möglich,
Dienstleistung etwas warten muss.» gebe ich dem Reklamierenden perWie oft werden Sie mit Reklamatio- sönlich ein Feedback. Damit hat man
schon viel gewonnen, denn viele genen konfrontiert?
hen davon aus, dass eine Reklamation
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ich den Urnerinnen
und
Urnern
eine
Acht. Wir sind sehr
wohl gastfreundlich,
sehr offen und hilfsbereit. Wenn ein Tourist fragend herum-
steht, dann wird ihm in Uri schnell
und unkompliziert geholfen. In einer
Stadt wird eine solche Person eher ignoriert.»
Wie gross ist die Gefahr, dass man
als Tourismusanbieter mit den Jahren an Gastfreundschaft abbaut?
Flurin Riedi: «Es ist für Mitarbeitende
jeder Branche eine grosse Herausforderung, sich an neuen Zielen zu motivieren. Die Freundlichkeit ist in Dienstleistungsunternehmen aber entscheidender
als in produzierenden Betrieben.»
Martina Stadler: «Grundsätzlich
braucht es im Tourismus eine innere
Motivation. Der Kontakt mit Menschen muss Spass machen. Hier spielen auch das Umfeld und der Arbeitge-
ber eine wichtige Rolle. Wenn es in
einem Betrieb menschlich nicht stimmt,
dann fällt es schwerer, gastfreundlich
zu sein. Als Vorgesetzter kann man
Freundlichkeit vorleben, selber die Extrameile gehen und auch mal ein ÜberFlurin Riedi: «Da wir die erste Anlauf- irgendwo versandet Meistens sind raschungselement einbringen. So kann
stelle für Reklamationen sind, ge- Reklamationen nicht unbegründet. man sein Team anstecken.»
schieht dies immer wieder. Man
kommt zu uns, wenn etwas in der Seil- Sie sind wichtige Inputs für Verbesse- Welche Motivation spielt der Lohn
bahn oder im Restaurant nicht so funk- rungen.»
im Gastgewerbe, der im Vergleich zu
tioniert wie gewünscht, wenn Parkbus- Wie gastfreundlich sind Urnerinnen vielen anderen Branchen ja nicht
sen verteilt werden, wenn der Boden und Urner?
unbedingt hoch ist?
im Dorf vereist ist, wenn zu viel Splitt
behaupte, in Uri Flurin Riedi: «Der Lohn hat natürauf der Strasse ist oder auch wenn ir- Martina Stadler:
sind die Tourismusanbieter nicht
gendwo ein Holzbänklein fehlt.»
lich einen Einfluss. Aber noch wichfreundlicher oder unfreundlicher als
Was sind denn die häufigsten Bean- anderswo. Eine Studie, die wir gemein- tiger ist die Wertschätzung, die dem
Personal entgegengebracht wird.
standungen?
sam mit der Hochschule Luzern ge- Wenn ein Gast die Arbeit des PersoMartina Stadler: «Im Zusammenhang macht haben, besagt aber, dass wir uns nals wertschätzt, wirkt sich dies
mit der Gastfreundschaft ist dies oft- oftmals selber kritischnell auf die Motivation aus. So
kann man auch einen Mittagsstress
mals die unfreundliche Bedienung. scher einschätzen, als
mit Freude bewältigen. Doch die
dies
die
Gäste
tun.»
Egal wo: ob im Dorfladen, auf der
Wertschätzung ist leider häufig nicht
Post, im Restaurant oder im Bus. Es Flurin Riedi: «Auf
sehr gross.»
ist aber sicherlich nicht so, dass eine einer Skala zwischen
Teilbranche anfälliger auf Gastun- eins und zehn gebe
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Martina Stadler: «Als Maturaabsol-
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ventin arbeitete ich im Service. Da Flurin Riedi: «Auch ich hoffe, dass Martina Stadler: «Es gab auch ganz
wurde ich schon mal komisch ange- sich nicht nur die Tourismusbranche bewusst kein offizielles Ende des Gässchaut im Stil: <Hast du nichts Besse- dem Thema Gastfreundschaft wid- tivals, keine Schlussveranstaltung.
res gefunden?) Das ist nicht fair. Der met, sondern auch die anderen Wirt- Gastfreundschaft muss weitergehen
Lohn ist das Öl, damit der Motor über- schaftsbereiche. In jedem Business ist und wachsen. Ich erachte das Gästihaupt läuft. Doch als Betrieb kann es essenziell, dass man kundenfreund- val grundsätzlich als gelungen. Es hat
man sehr viel dazu beitragen, dass die lich ist. Für mich ist auch wichtig, für sehr viele Gespräche und DenkArbeit Freude bereitet. Und das ist am dass den Urnerinnen und Urnern die anstösse gesorgt.»
Ende des Tages ja das, was zählt»
Wichtigkeit des Tourismus für den Herzlichen Dank für das Gespräch.
Warum haben Sie den Fokus in die- Standort Uri bewusst wird.
s2m Jahr so stark auf die Gast- Und wie lautet Ihr Fazit nach der
freundschaft gelegt?
Gastfreundschaftsoffensive?
Martina Stadler: «Wir wollten die Flurin Riedi: «Es gab sehr viele Rückbreite Bevölkerung fürs Thema Gast- meldungen zum Gästival, auch kritifreundschaft sensibilisieren. Wir woll- sche Stimmen: <Nützt das etwas oder
ten aufzeigen, dass Gastfreundschaft kostet das nur ?> Aber solche Reaktionicht nur diejenigen betrifft, die im nen zeigen, dass man sich Gedanken
Restaurant das Essen servieren. Gast- zu diesem Thema macht Somit haben
freundschaft kann in ganz vielen Be- wir bereits ein Ziel erreicht. Das Gäsreichen gelebt werden. Jeder und jede tival war eine gute Gelegenheit, den
Einzelne kann dazu beitragen, dass Tourismus zu präsentieren. Der Toueine Region als gastfreundlich wahr- rismus ist auf Medienpräsenz angegenommen wird. Das ist wichtig für wiesen. Die Challenge ist nun, draneine Region wie Uri, wo der Touris- zubleiben und das Thema Gastfreundmus ein wichtiger Wirtschaftstreiber schaft regelmässig wieder aufs Tapet
zu bringen.»
ist und immer wichtiger wird.»
Martina Stadler ist Geschäftsführerin der Uri
Tourismus AG, Flurin Riedi ist Tourismusdirektor von Andermatt-Urserntal Tourismus. In diesem Jahr haben die beiden Urner Tourismus-
organisationen in Zusammenarbeit mit dem
«Urner Wochenblatt» regelmässig Beiträge zu
Gastfreundschaftsthemen veröffentlicht.
«Als Maturaabsolventin arbeitete ich
im Service. Da
wurde ich schon
mal komisch angeschaut im Stil: (Hast
du nichts Besseres
gefunden?»,
Martina Stadler
«Rund um den Vierwaldstättersee»
Der Zentralschweizer Tourismus hat
sich im zu Ende gehenden Jahr mit
und Martino Froelicher ausführlich
dem Gästival dem Thema Gast-
Tipps versetzt. Der kulturhistorische
Fokus liegt dabei auf der Tourismusund Agrargeschichte. Von den ersten Bildungs- und Forschungsreisenden bis zum modernen Gruppentou-
Waldstätterweg & Weg der Schweiz.»
herausgekommen. Es handelt sich
dabei um den dritten Band der Reihe Kulturlandschaftsführer. Die insgesamt neun Etappen rund um den
Vierwaldstättersee werden im Buch
der Autoren Erika Flückiger Strebel
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Rund uni den
freundschaft gewidmet. Ein wichtiger Teil dieses Festivals waren die
Veranstaltungen auf der «Seerose».
Zum Projekt gehörte auch die Eröffnung des «Waldstätterweges» rund
um den Vierwaldstättersee mit einer
Gesamtlänge von 146 Kilometern.
Nun ist im Weber-Verlag das Buch
«Rund um den Vierwaldstättersee.
beschrieben und mit praktischen
rismus aus Fernost und von der
kleinräumigen Selbstversorgungsge-
sellschaft bis zur überregionalen
Produktion von Vieh und Käse für
die Märkte Oberitaliens: Die vielen
Bilder eröffnen Tür und Tor zur vielfältigen historischen Vergangenheit
der Region. - Erika Flückiger Stre-
bel, Martino Froelicher: Rund um
den Vierwaldstättersee. Luzern,
2015; 162 Seiten. ISBN: 978 -303818 -048 -7 (UW)
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