Das Riemanproblem für ein System von Erhaltungsgrößen Seminarvortrag Handout Jan Ingmann Universität Münster Prof. Dr. Michael Herrmann Münster Mai 2015 Einführung In diesem Vortrag wird das Riemanproblem für ein System von Erhaltungsgrößen behandelt. Exemplarisch wird hier der Fall, dass es sich um zwei Erhaltungsgrößen handelt behandelt. Die Ideen für höhere Dimensionen bleiben erhalten, allerdings wird hier die Notation komplizierter.Das Betrachten von Riemanproblemen ist interessant, da sich durch sie numerische Lösungen für komplizietere Anfangswertprobleme ergeben. Das Riemannproblem Als Riemannproblem bezeichen wir ein Anfangswertproblem der Form : 8 > ut + F (u)x = 0 , x 2 R, t > 0 > > > < ( > uL , x < 0 > > uL 6= uR > :u(0, x) = u R ,x > 0 (1) Gleichungen der Form : ut + F (u)x = 0 heissen Erhaltungssätze mögliche Beispiele für solche Erhaltungsätze sind das p-System, Eulers-Gleichungen sowie die shallow-water Gleichung. Es gilt, dass u : R ⇥ [0, 1) ! Rm u = u(x, t) = (u1 (x, t), u2 (x, t), ...., um (x, t)) und F : R ! R mit F = F (z) = (F 1 (z), ..., F m (z)) (z 2 Rm ) Gesucht ist eine Lösung u wobei F sowie uL und uR gegeben sind Das Riemannproblem in 1D Wie bereits im vorrangegangen Vortrag gesehen lässt sich das Riemannproblem für (m = 1) entweder mit einem Schock oder einer Verdünnungswelle lösen. Im Fall uL > uR ist die Lösung des Riemannproblem 1 eine Schockwelle (vgl. Abbildung) wobei gilt : ( uL , xt < u(x, t) := (x 2 R, t > 0) uR , xt > und := und im Fall uL < uR ist die wobei gilt : 8 > < uL u(x, t) := G( xt ) > : uR F (uL ) uL F (uR ) uR Lösung des Riemannproblems eine Verdünnungswelle , xt < F 0 (uL ) , F 0 (uL ) < xt < F 0 (uR ) , xt > F 0 (uR ) 2 (x 2 R, t > 0) t u = G( xt ) u = uL u = uR x Abbildung 1: Verdünnungswelle t ·t x= u = uL u = uR x Abbildung 2: Schockwelle Es wurde außerdem erläutert, dass wir im Fall uL < uR uns für eine Verdünnungswelle entscheiden obwohl auch eine Schocklösung denkbar wäre, da es sich bei diesem Schock um einen Nicht-Lax Schock handelt. Das heisst, das Information aus der Schockkurve hinausfliest anstatt hinein. Diese Idee ist auch in höheren Dimensionen von Bedeutung. Das Riemannproblem in 2D Im Fall (m = 2), sowie auch in höheren Dimensionen werden wir zunächst einige Definitionen einführen, die wir im folgenden für das Riemannproblem vorraussetzen. Diese Definitionen mögen zwar als starke Einschränkungen wirken, sind in der Praxis allerdings häufig gegeben. Definition:Hyperbolizität Wir nennen ein System 1 strikt hyperbolisch, wenn 8z 2 R2 DF (z) (Die Jacobimatrix von F) reelle und eindeutige Eigenwerte hat 3 Definition: echt nichtlinear und linear degeneriert • Wir nennen das Paar ( k (z), rk (z)) echt nichtlinear, falls D • Wir nennen das Paar ( gilt k (z), rk (z)) linear degeneriert , falls D k (u) · rk (u) k (u) 6= 0 gilt · rk (u) = 0 8z 2 R2 Verdünnungswellen Wie im bereits vorgestellten Fall in 1D suchen wir eine selbstähnliche Lösung u(x, t) = U ( xt ) Unter der Annahme, dass U ( xt ) aussreichend glatt und wir die Kettenregel anwenden können liefert das Einsetzen in die Differentialgleichung liefert nun : 1. ut (x, t) = ( x ) t2 · U 0 ( xt ) 2. Fx (U ( xt )) = F 0 (U ( xt )) · U 0 ( xt ) · 1 t Also insgesamt ( Setzen wir nun x x x x 1 ) · U 0 ( ) + F 0 (U ( )) · U 0 ( ) · = 0 2 t t t t t x x x x , · U 0 ( ) = F 0 (U ( )) · U 0 ( )· t t t t := ( xt ) so erhalten wir folgen gewöhnliche Algebro-Differentialgleichung · U 0 ( ) = A(U ( )) · U 0 ( ) wobei gilt A = F 0 (U ) ist die Jacobimatrix von F und somit in unserem Fall eine 2 ⇥ 2 Matrix. Diese implizite Differentialgleichung hat zwei vorstellbare Lösungsäste. • Die triviale Lösung U 0 ( ) = 0 • Die nicht triviale Lösung Dann muss gelten : a) U 0 ( ) = µ( ) · rk (U ( )) b) = k (U ( )) Differentieren der letzten Gleichung nach Sigma liefert nun folgende Gleichung : 1 1 µ( ) )) · U 0 ( ) = D k (U ( = D k (U ( = 1 D k (U ( )) · rk (U ( )) Einsetzen k echtnichtlinear 4 )) · µ( ) · rk (U ( ) a ) U 0 ( ) = F (U ( )) gewöhnliche Differentialgleichung für U wobei F (U ) = k (U ) D k (U )·rk (U ) Wir erhalten also ein Anfangswertproblem U 0 ( ) = F (U ( )); U ( 0 ) = U0 2 R2 wofür wir eine Lösung U : R ! R2 finden können. Problem an einer so generierten Lösung ist, dass die Lösung in Richtung ! ±1 selbst 1 bzw. 1 annehmen kann. Uj ( ) | 0 Idee ist es nun die so erhaltene Lösung mit der trivialen Lösung zu kombinieren, indem man in Punkten + , Die Lösung der Algebrodifferentialgleichung trivial fortzusetzen. Aus Gleichung b.) kann man folgende Konsistzenbedinung abstrahieren: = k (UL ); + = k (UR ) Uj ( ) uR uL | | 0 | + Da wir uns nachwievor im R2 befinden und strikte Hyperbolizität fordern haben wir also zwei Eigenwerte und dementsprechend auch zwei gewöhnliche Differentialgleichungen mit Lösungen und können folgende Mengen definieren : R1 [ul ] := {uR 2 R2 : es existiert eine 1-Verdünnungswelle von ul ! ur } R2 [ul ] := {uR 2 R2 : es existiert eine 2-Verdünnungswelle von ul ! ur } Jeweils zum ersten bzw. zweiten Eigenwert von DF (U ). 5 u2 R1 [uL ] Lösung zu ODE 2 uL R2 [uL ] Lösung zu ODE 1 u1 Abbildung 3: u1 u2 Diagram zu Verdünnungswellen Schockwellen Wie im letzten Vortrag schon in 1D gesehen wollen wir nun auch eine schwache Lösung finden die die Rankine-Hugoniot Bedinung erfüllt · [[u]] = [[F (u)]] bzw. : (uL uR ) = F (uR ) (2) F (uL ) Betrachten wir uL als gegeben haben wir also 2 Gleichungen für die 3 Unbekannten 2 R und uR 2 R2 , also kann uR nicht beliebig sein . Für uns sind natürlich nur die uR 2 R2 interessant, die die Rankine-Huguniot Bedingung (2) erfüllen. Es ist dabei zu erwarten, dass es sich bei dieser Menge um eine Kurve im R2 handelt die durch uL verläuft. Wir versuchen die nun die Lösbarkeit dieser Gleichung durch Linearisieren zu zeigen, dazu wählen wir folgenden Ansatz. Sei UL gegeben und außerden UR = UL + ✏ · v ✏ ! 0 , = (✏) Die Sprungbedinung liefert nun: (✏)[✏ · v] = [F (UL ) + ✏ · v) F (UL )] = [F (UL ) + ✏ · DF (UL ) · v = ✏ · DF (UL ) · v Linearisieren F (UL )] + O(✏2 ) Also letztendlich (✏) · v = DF (UL ) · v. Das heißt, dass v ein Eigenwert von DF (UL ) sein muss. Da wir das Riemanproblem nur für strikt hyperbolische Systeme betrachen ist die Rankine-Hugoniot Bedingung 2 also lösbar unter der Annahme, das UR = UL + ✏ · v Wir definieren also analog zu den Verdünnungunswellen: • S1 [uL ] = {uR 2 R2 es existiert eine 1-Schockwelle von uL ! ur } • S2 [uR ] = {uR 2 R2 es existiert eine 2-Schockwelle von uL ! ur } 6 u2 Lax N ichtLax S1 [uL ] UL S2 [uL ] u1 Abbildung 4: Lax- und Nichtlaxschocks Wie bereits im vorrangegangen Vortrag werden wir wieder zwischen pyhsikalisch relevanten (Lax) und physikalisch irrelevanten(Nichtlax) Schocks unterscheiden, dafür führen wir erneut die Lax Entropiebedingung ein. Lax Entropiebedingung Unter der Annahme dass das Paar ( k (ur ) k , rk ) echt nicht linear ist nennen wir < (uR , uL ) < k (uL ) Lax Entropiebedingung Diese Bedingung sagt nichts anderes, als dass Information in den Schock hineinfliessen soll und nicht hinaus. Wir nennen Schocks die diese Bedingung erfüllen Lax und diese werden für uns die interessanten Schocks sein Waveset Tragen wir nun die beiden erarbeiteten Andreaskreuze in einem u1 -u2 Diagram auf , so kann man sehen das diese sehr ähnlich sind. Man kann sogar zeigen, dass die Schockwellen und Verdünnungswellen im Punkt UL die selbe Tangete haben, sich also gegenseitig stetig forsetzen lassen. 7 u2 R2 (ul ) Lax N ichtLax S1 [uL ] UL S2 [uL ] R1 (ul ) u1 Abbildung 5: Verdünnungs- und Schockwellendiagramm Idee ist es nun, wie schon zuvor, nur die physikalisch relevanten Schocks für unsere Lösung zu verwenden. Das heisst wir kombinieren die beiden Kreuze zu einem indem wir die Laxäste von den Schockwellen benutzen und sie mit den Verdünnungsästen fortsetzen.Wir erhalten dann folgende Grafik, welche wir Waveset nennen werden. Es ist zu beachten, dass die Verteilung von Schockteilen und Verdünnungsteilen auch anders aussehen kann als hier dargestellt. U2 R2 [Ul ] S1,Lax [UL ] UL R1 [Ul ] S2,Lax [UL ] U1 Abbildung 6: Waveset Lösen des Riemanproblems Mit den vorangegangen Schritten können wir nun das Riemannproblem lösen. Gegeben seien Anfangswerte UL und UR . Beim lösen des Riemannproblems im R2 geht es nun darum eine 1-Welle bzw. 2-Welle zu finden,wobei 1- und 2- Welle Schockwelle oder Verdünnungswelle seien kann (abhängig von den Anfangswerten) sowie einen Zwischenzustand UM . Es können also insgesamt 4 verschiedene Fälle eintreten : 1. Schockwelle-Schockwelle 8 2. Schockwelle-Verdünnungswelle 3. Verdünnungswelle-Schockwelle 4. Verdünnungswelle-Verdünnungswelle Wobei die jeweils erste Welle die 1-Welle und die jeweils zweite die 2-Welle seien soll. 1 W elle 2 t W elle UM UL UR x Wie findet man nun den Zwischenzustand UM ? Bei gegebenen Anfangswerten UL und UR kann man sich das lösen des Riemannproblems folgendermaßen veranschaulichen. Entlang des Wavesets, also entlang der jeweiligen Äste des Andreaskreuz(vgl. Abbildung 6), hat jeder Punkt in einer Umgebumg um UL ebenfalls ein Andreaskreuz, welches ähnlich zu dem Ursprünglichen ist, allerdings leicht gedreht (es kann gezeigt werden, dass hier stetige Abhängigkeit herrscht). Startet man also in UL und schiebt einen Punkt UM̃ entlang der Äste wird sich das Andreaskreuz in diesem Punkt je weiter man sich von UL entfernt stärker vom Urprünglichen unterscheiden. Zum Lösen des Riemannproblems schiebt man UM̃ also soweit entlang der Äste bis einer der Äste des Kreuzes in UM̃ durch UR verläuft. Ist dies der Fall so hat man den Zwischenwert UM gefunden. u2 u2 UM UL UM̃ UR u1 UL UR u1 Abbildung 7: Lösen des Riemannproblems 9 Durch das Andreaskreuz in UL wird die u1 -u2 Ebene in 4 ’Quadratanten’ aufgeteilt. Abhängig davon in welchem Quadranten UR liegt ergibt sich entlang welche Äste des Andreaskreuz in UL UM gesucht werden muss. Es lassen sich also Bedinungen für UM formulieren. Im Falle von Abbildung 7 würden diese wie folgend aussehen: • UM 2 S1 [UL ] [ R1 [UL ] • UR 2 S2 [UM ] [ R2 [UM ] Es ist hierbei wichtig, dass dies nur ein lokale Lösungsansatz ist , da wenn UR sehr weit von UL entfernt ist, man ihn entweder mit keinem Andreaskreuz entlang der Äste erreichen kann oder dass die einzelnen Äste in UL garnicht soweit reichen. Der entsprechende Beweis hierfür benutzt im wesentlichen den Satz über implizite Funktionen. Ob ein Riemanproblem lokal lösbar ist hängt also davon ab, ob man einen Zwischenzustand UM finden kann, der UR und UL verbindet. Wie bereits zuvor erwähnt kann die Verteilung der Schockäste und Verdünnungsäste auch anders als zuvor dargestellt aussehen. Zur Veranschaulichung dessen nochmal zwei weitere denkebare Verteilungen und Positionen von UR . u2 u2 UM UR UM UL UR u1 UL u1 Die gesuchte 1-Welle ist also der Ast, der UL mit UM verbindet und die 2-Welle der Ast, der UM mit UR verbindet Das Riemannproblem im R3 Im R3 hat die Matrix DF (z) eine höhere Dimension und somit potentiell mehr Eigenwerte. Folge dessen ist, dass man nun eine 1-Welle, 2-Welle und 3-Welle sowie zwei Zwischenzustände UM,1 und UM,2 sucht. Es können hier also prinzpiell acht verschiedene Fälle auftreten : 1. Schockwelle-Schockwelle-Schockwelle 10 2. Schockwelle-Schockwelle-Verdünnungswelle 3. Schockwelle-Verdünnungswelle-Schockwelle 4. Schockwelle-Verdünnungswelle-Verdünnungswelle 5. Verdünnungswelle-Schockwelle-Schockwelle 6. Verdünnungswelle-Schockwelle-Verdünnungswelle 7. Verdünnungswelle-Verdünnungswelle-Schockwelle 8. Verdünnungswelle-Verdünnungswelle-Verdünnungswelle 1 W elle t2 UM,1 W elle 3 W elle UM,2 UL UR x Die Überlegungen zum finden der 1-,2- und 3-Wellen bleiben die selben. Gleiches gilt für die Zwischenzustände UM,1 und UM,2 . Der Unterschied zum vorangegangenen Fall im R2 ist, dass nun die Andreaskreuze in den Punkten UL ,UM,1 und UM,2 dreidimensional sind, also sechs Äste haben. Die zugrundeliegende Analysis bleibt ebenfalls die selbe ( Satz über implizite Funktionen) allerdings wird die Notation komplizierter. 11
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