Empfehlungen für die Korrektur von Fallbearbeitungen, Bachelor- und Masterarbeiten I. Funktion und Stellenwert der Empfehlungen Hinsichtlich der formalen Gestaltung einer juristischen Arbeit (Systematik, Verzeichnisse, Zitierweise, Layout usw.) bestehen häufig mehrere Möglichkeiten. Im Rahmen der ErstsemestrigenLehrveranstaltung Juristische Arbeitstechnik lernen die Studierenden nicht eine "einzig gültige" Zitier- bzw. Darstellungsweise. Vielmehr versuchen wir sie in dieser Veranstaltung dafür zu sensibilisieren, dass in Bezug auf wissenschaftliche Standards in der Regel eine Bandbreite vertretbarer Möglichkeiten besteht und dass es innerhalb dieser Bandbreite zuweilen bessere und schlechtere Lösungen gibt (z.B. gemessen am Kriterium der Benutzerfreundlichkeit). Dadurch sollen sie lernen, zu verstehen, was hinter den einzelnen formalen Regeln steckt. Umso wichtiger ist angesichts dieser Bandbreite das Gebot der Einheitlichkeit: Die einmal gewählte Zitierweise bzw. Gestaltung ist in der ganzen Arbeit beizubehalten. Die Autonomie der Lehrstühle, bezüglich der formalen Anforderungen spezifische Vorgaben zu machen, besteht somit weiterhin. Als Verantwortlicher der Veranstaltung Juristische Arbeitstechnik werde ich jedoch zunehmend mit Klagen Studierender konfrontiert, am Lehrstuhl X sei ihnen als falsch angekreidet worden, was zuvor vom Lehrstuhl Y vorgeschrieben worden sei. Dies lässt sich wohl nicht ganz vermeiden, sollte jedoch soweit möglich minimiert werden. In diesem Sinne sind die nachfolgenden Empfehlungen zu verstehen: Sie bezwecken, die Lehrstühle bei der formalen Beurteilung von Fallbearbeitungen, Bachelor- und Masterarbeiten zu unterstützen. Es handelt sich – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – um punktuelle Hinweise zu häufig auftretenden Fragen. Den Lehrstühlen steht es weiterhin frei, sich an abweichenden bzw. restriktiveren Regeln zu orientieren. In diesem Fall wäre es jedoch – soweit dies nicht bereits geschieht – wünschenswert, dass entsprechende Vorgaben den Studierenden vorgängig kommuniziert werden. Die Studierenden sollen zur Kenntnis nehmen können, was von ihnen diesbezüglich erwartet wird. Allgemein gilt also: Was innerhalb der Bandbreite des Zulässigen oder zumindest Vertretbaren liegt, sollte nicht bzw. nur dann als falsch gewertet werden, wenn man vorgängig bestimmte Anforderungen kommuniziert hat. Uneinheitlichkeit innerhalb der Arbeit stellt hingegen stets einen Mangel dar. II. Vorspann 1. Paginierung Die Verzeichnisse sind mit römischen Ziffern zu paginieren, nicht mit arabischen. Das Deckblatt (Titelblatt) wird nicht paginiert; es ist aber zulässig – wenn auch nicht zwingend –, das Deckblatt als Seite I mitzuzählen. Das Inhaltsverzeichnis ist hingegen zu paginieren (je nachdem als Seite I oder II). 2. Inhaltsverzeichnis Das Inhaltsverzeichnis kann, muss jedoch nicht selbst im Inhaltsverzeichnis aufgeführt werden. Dagegen ist die Eigenständigkeitserklärung keinesfalls ins Inhaltsverzeichnis aufzunehmen. 2 3. Literaturverzeichnis Kommentare: Man kann entweder das Gesamtwerk unter dem Namen des/der Herausgebenden oder die einzelnen Kommentierungen unter dem Namen des jeweiligen Autors bzw. der jeweiligen Autorin ins Verzeichnis aufnehmen. Beides ist grundsätzlich korrekt; je nachdem drängt sich das eine oder andere aber eher auf. Im Übrigen gibt es für Kommentare verschiedene gängige Zitierweisen. Monographien, welche in einer Schriftenreihe erschienen sind, können (einheitlich) mit oder ohne Angabe der Reihe aufgeführt werden. Internetquellen: Die Angabe des Pfads ist ebenso korrekt wie die Angabe der URL (welche allerdings nur bei elektronischen Publikationen sinnvoll ist). Der Vermerk "besucht am" ist zulässig, aber entbehrlich. Das Gleiche gilt für die Verwendung von <Winkelklammern>. Autorennamen werden heute üblicherweise in Kapitälchen gesetzt. Korrekt sind aber auch Kursivschrift, Grundschrift und sogar Grossbuchstaben (an sich ein Relikt aus dem Schreibmaschinenzeitalter). Herausgebernamen können wie Autorennamen hervorgehoben oder in Grundschrift belassen werden. Zulässig ist auch eine Differenzierung in dem Sinn, dass Hrsg. wie Autorinnen/Autoren hervorgehoben werden, wenn das Werk nach ihrem Namen ins Verzeichnis eingereiht wird, nicht aber dann, wenn sie bloss innerhalb eines Eintrags erwähnt werden (hrsg. von …). Mehrzahl von Autorinnen/Autoren oder von Hrsg. (drei oder mehr): Es gibt keine einheitlichen Gepflogenheiten, ob und ab wie vielen Namen diese mit "et al." abgekürzt werden dürfen. Bei Autorinnen/Autoren ist diesbezüglich grössere Zurückhaltung geboten als bei Hrsg. Periodika können nach Erscheinungsjahr, Jahrgang oder beidem zitiert werden. Es gibt verschiedene Darstellungsweisen (mit Schrägstrich oder Klammern). Seitenangaben (jeweils mit oder ohne "S."): einheitlich mit Anfangsseite und ff. oder mit der Angabe der Seitenspanne (S. 220–245). Satzzeichen: Komma zwischen Nachname und Vorname zulässig, aber nicht zwingend; nach Name/Vorname Komma, Doppelpunkt oder – bei tabellarischer Darstellung – kein Satzzeichen; zwischen Titel und Untertitel Komma, Gedankenstrich oder Punkt möglich. Abschluss des Eintrags mit oder ohne Punkt. Verlagsort: Massgebend sind die Angaben im betreffenden Werk (z.B. "Zürich/Basel/Genf"). Zitierstichwörter: Werden mehrere Werke des gleichen Autors / der gleichen Autorin zitiert, so ist mit geeigneten Zitierstichwörtern zu arbeiten; ebenso bei Sammelbänden und Kommentaren. Bei der Auswahl von Zitierstichwörtern (die auch aus mehreren Wörtern bestehen können) besteht Spielraum. Auch gibt es verschiedene Möglichkeiten, Zitierstichwörter im Verzeichnis kenntlich zu machen. Kriterium für die Aufnahme ins Literaturverzeichnis: Die zuweilen angewandte Regel, dass ein Werk nur dann ins Verzeichnis aufzunehmen ist, wenn es mehrfach zitiert wird, wogegen bei einem einmaligen Zitat ein Vollzitat in der Fussnote zu erfolgen habe, ist vertretbar, aber nicht zwingend. 3 4. Materialienverzeichnis Materialienbegriff: In ein Materialienverzeichnis gehören primär Gesetzesmaterialien (z.B. bundesrätliche Botschaften oder amtliche Erläuterungen zu einer Verordnung). Werden nur wenige Materialien zitiert, können anstelle eines Verzeichnisses auch Vollzitate in den Fussnoten erfolgen. Das Amtl. Bull. wird direkt in der Fussnote zitiert, ohne Aufnahme ins Verzeichnis. Für den Umgang mit anderen amtlichen Publikationen (amtliche Berichte, Vollzugsempfehlungen, Leitfäden usw.) besteht Spielraum. Sie können ins Literaturverzeichnis oder gegebenenfalls in ein separates Verzeichnis "Amtliche Publikationen" aufgenommen werden. Da die Abgrenzung zu Gesetzesmaterialien nicht immer eindeutig ist, kann sich auch ein Verzeichnis "Materialien und amtliche Publikationen" empfehlen. Reihenfolge: chronologisch, alphabetisch oder nach einem anderen plausiblen Kriterium. Verhältnis Verzeichnis/Fussnoten: Es empfiehlt sich (ist aber nicht zwingend), wie bei Literatur mit Zitierstichwörtern zu arbeiten. 5. Abkürzungsverzeichnis Allgemein gebräuchliche Abkürzungen (wie Kantonsnamen, bzw., usw., z.B., S. oder Nr.) können, müssen aber nicht ins Abkürzungsverzeichnis aufgenommen werden. III. Fussnoten Belegdichte: ‒ Belegungsbedürftig sind Aussagen (Inhalte), nicht einzelne Sätze. Auf jeden Fall muss klar sein, auf welche Aussage(n) im Text sich eine Belegstelle bezieht. ‒ Als Grundsatz gilt: Aussagen zu zentralen Punkten der Arbeit sollen dichter (d.h. "engmaschiger", aber auch mit mehr Belegstellen pro Fussnote) belegt werden als Aussagen zu Aspekten, die im Kontext nebensächlich sind. Es sollte erkennbar sein, ob es sich um eine blosse Belegstelle für das im Text Gesagte oder um einen weiterführenden Hinweis handelt. Letzteres kann mit "vgl. (ferner/auch/aber)", "siehe (ferner/auch/aber)" oder dergleichen kenntlich gemacht werden. Einen allgemein anerkannten Unterschied zwischen "vgl." und "siehe" gibt es nicht. Reihenfolge der Belegstellen in einer Fussnote: alphabetisch, chronologisch oder nach Gewichtung. Mehrere Belegstellen werden üblicherweise mit einem Strichpunkt voneinander getrennt. Seiten können mit oder ohne "S." angegeben werden. Für Noten bzw. Randziffern hat sich keine einheitliche Abkürzung durchgesetzt, auch nicht je nach Literaturgattung (Lehrbücher, Kommentare usw.). Gebräuchlich sind insbesondere N, N., Rz, Rz. und Rdnr. Zitiervorschläge: Die Beachtung von Zitiervorschlägen aus mehreren Werken kann zu uneinheitlichen Zitierweisen führen. Wir geben dem Gebot der Einheitlichkeit (und damit der Abweichung von Zitiervorschlägen) den Vorzug; die Beachtung von Zitiervorschlägen sollte aber nicht als Fehler gewertet werden. Zürich, 6. Oktober 2015 Prof. Dr. Alain Griffel, unter Mitarbeit von Jonas Alig, MLaw, und Renata Trajkova, BLaw
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