Tiroler Industrie Pressedienst - Eduard-Wallnöfer

Tiroler Industrie
Pressedienst
Innsbruck, 15.12.2015
TIP 38
Projekt „Programmierbarer Quantencomputer“ gewinnt EduardWallnöfer-Preis 2015
In diesem Jahr vergab die Eduard-Wallnöfer-Stiftung der Tiroler Industrie mit
Unterstützung der Stiftung Südtiroler Sparkasse in der Kategorie „Forschungsund Studienprojekte“ einen Hauptpreis in Höhe von € 5.000,- für das Projekt
„Programmierbarer Quantencomputer“ sowie zwei Anerkennungspreise in
Höhe von je € 2.500,- für die Forschungsarbeiten „Weltanschaulicher
Pluralismus und Bedingungen eines gelingenden Dialogs: Eine philosophischexperimentelle Studie“ und „Die Tiroler Frage 1918/19 unter Berücksichtigung
der Erinnerungskultur von 1920 bis 2010“.
In der Kategorie „mutigste Initiative“ wurde das Projekt „Spielraum“ mit einem
Anerkennungspreis in Höhe von € 2.500,- ausgezeichnet.
Der Stiftungsvorsitzende, Dr. Oswald MAYR, zeichnete die Preisträger in feierlichem
Rahmen im Barocksaal des Hotel Europa aus, präsentierte den Jury-Bericht und
erläuterte die Siegerprojekte im Beisein zahlreicher Ehrengäste aus Wirtschaft,
Wissenschaft und Politik sowie des Tiroler Industriepräsidenten Dr. Reinhard
SCHRETTER.
Der Eduard-Wallnöfer-Preis 2015 für Forschungs- und Studienprojekte ging an
den Quantenphysiker Dr. Wolfgang LECHNER für das Projekt
„Programmierbarer Quantencomputer“.
Der Schritt von mechanischen Rechenmaschinen zu voll programmierbaren digitalen
Computern hat unsere Gesellschaft im letzten Jahrhundert revolutioniert. Bei der
Entwicklung des Quantencomputers stehen wir gerade vor diesem Schritt:
Quantencomputer, die derzeit noch ganze Laborräume ausfüllen, sollen zu
Gebrauchsgegenständen werden.
Die Erforschung und Entwicklung der Grundbausteine eines Quantencomputers, also
Quantenbits, die kontrolliert und programmiert werden können, ist bereits bewältigt.
Nicht zuletzt haben große Teile der Grundlagenforschung in theoretischer- als auch
experimenteller Physik hier in Tirol stattgefunden. Eine Richtung mit besonderem
Interesse in Wissenschaft aber auch Wirtschaft ist dabei der sogenannte
„adiabatische Quantencomputer“.
Hier handelt es sich um einen Quantencomputer der Optimierungsprobleme lösen
kann, die auf einem herkömmlichen Computer nicht mehr machbar sind. Bisherige
Konzepte für einen solchen Quantencomputer basieren darauf, dass der Input in den
Wechselwirkungen zwischen Quantenbits encodiert wird. Um damit einen voll
programmierbaren Computer zu realisieren, müssten alle Qbits mit allen anderen
Qbits verbunden sein, was physikalisch nicht möglich ist. Dadurch konnte man in den
bisherigen Ansätzen nur bestimmte Wechselwirkungen programmieren und die
Probleme, die man dann lösen kann, sind durch die Hardware bestimmt und nicht frei
programmierbar.
Der Preisträger hat nunmehr eine Architektur mitentwickelt, die es erlaubt, einen
Quantencomputer voll programmierbar und skalierbar zu machen. Dieser
Quantencomputer wird nicht wie bisher über die Wechselwirkungen zwischen Qbits
programmiert, sondern über lokale Felder, die auf Qbits wirken. Weiters sind alle
Wechselwirkungen auf die nächstgelegenen Qbits beschränkt. Dadurch wird der
Quantencomputer voll programmierbar und auch skalierbar. Diese in Innsbruck
getätigte Entwicklung gilt in der „Quantenszene“ als bahnbrechend.
Die Forschergruppe hat diese Architektur für einen programmierbaren
Quantencomputer auch als Patent eingereicht. Weiteres wurde die Arbeit als
wissenschaftliche Publikation in „Science Advances“ veröffentlicht. Die Resonanz auf
diese Arbeit ist beträchtlich. Kommerzielles Interesse am Patent zeigen auch schon
US-Konzerne. Das bedeutet, dass diese Tiroler Idee um die Welt geht.
Der erste Anerkennungspreis für Forschungs- und Studienprojekte wurde an
MMag. Dr. Georg GASSER für das Projekt „Weltanschaulicher Pluralismus und
Bedingungen eines gelingenden Dialogs: Eine philosophisch-experimentelle
Studie“ vergeben.
Moderne Gesellschaften sind weltanschaulich pluralistisch. Dieser Pluralismus ist
nicht nur eine Quelle für Toleranz, Offenheit und Innovation, sondern birgt auch die
Gefahr von Spannungen und Konflikten in sich. In der Studie geht es im
theoretischen Teil auch um die Eigenart weltanschaulicher Überzeugungen.
Zentrale These: Weltanschauliche Überzeugungen sind nicht subjektiv-beliebig,
sondern sie weisen rationale Strukturen auf. Anhand dieser Strukturen können sie
als angemessen oder unangemessen bewertet werden. Daraus ergeben sich
wichtige Ergebnisse für die Voraussetzungen eines gelingenden interreligiösen und
interkulturellen Dialogs, sowie für seine Grenzen.
Auch die Gesellschaft in Tirol ist heterogen und wird aller Voraussicht nach in den
nächsten Jahrzehnten noch heterogener werden. Die Frage eines friedlichen,
möglichst spannungsfreien Zusammenlebens von Menschen mit einem
unterschiedlichen weltanschaulichen Hintergrund bzw. die Integration von
Immigranten und Flüchtlingen gehört somit zu den politischen, sozialen und
zivilgesellschaftlichen Aufgaben Tirols.
Im praktischen Teil trägt die experimentelle Studie dazu bei, besser zu verstehen,
unter welchen Umständen bzw. mithilfe welcher Anreizsysteme die Bereitschaft zu
Kooperation und gegenseitigem Austausch erhöht werden kann.
Bemerkenswert bei dieser Studie ist zudem das Zusammenwirken des Instituts für
Christliche Philosophie und dem Forschungslabor zur experimentellen Ökonomie.
Ein weiterer Anerkennungspreis für Forschungs- und Studienprojekte wurde
an Mag. Thomas LINTNER für das Projekt „Die Tiroler Frage 1918/19 unter
Berücksichtigung der Erinnerungskultur von 1920 bis 2010“ vergeben.
Nach der Unterzeichnung des Waffenstillstandsvertrages zwischen ÖsterreichUngarn und dem italienischen Königreich wurde von Seiten der Bevölkerung und der
Politiker Deutschtirols der Versuch unternommen, die Einheit des deutschsprachigen
Teils der ehemaligen gefürsteten Grafschaft Tirol, die sich von Kufstein bis zur
Salurner Klause erstreckte, zu wahren. Dafür wurden mehrere staatsrechtliche
Lösungen in Erwägung gezogen. Auf der einen Seite wurde eine Alpenrepublik aus
Teilen Altösterreichs ebenso in den Mittelpunkt der Überlegungen gestellt wie auf der
anderen Seite eine Monarchie Tirols, ein Anschluss an Bayern sowie ein Freistaat
von Kufstein bis Salurn.
Bis dato nicht konsultierte Akten aus den britischen National Archives belegen, dass
selbst auf der Friedenskonferenz in Paris über diese Möglichkeiten debattiert wurde.
Dort stand sogar eine neutrale Alpenrepublik, die aus Liechtenstein, Vorarlberg und
Tirol bestehen sollte, zur Diskussion.
Im Mittelpunkt der Ausführungen steht neben den Denkschriften, den Kundgebungen
für die Einheit Deutschtirols und den diplomatischen Aspekten der Pariser Konferenz
hinsichtlich der Tiroler Frage auch die Erinnerungskultur im Land Tirol von 1920 bis
2010, die durch Befunde aus dem Österreichischen Staatsarchiv belegt wurde.
Außerdem wurde eine Kontrastierung mit dem Freistaat Bayern durchgeführt, um die
Rahmenbedingungen einer Freistaatswerdung aufzuzeigen, da im selben Zeitraum,
in dem in Tirol über den Freistaat debattiert wurde, in Bayern die staatsrechtliche
Selbstständigkeit ausgerufen worden war.
Der Eduard-Wallnöfer-Anerkennungspreis 2015 für die „mutigste Initiative von
Tirolerinnen und Tirolern zum Wohle unseres Landes“ ging an Nikolaus
STAUDACHER, BA, für das Projekt „Spielraum.“
Nikolaus Staudacher ist Initiator des Projekts „Spielraum“ in Innsbruck. Ein Ort, an
dem Jugendliche und andere am digitalen Spiel Interessierte schon bald gemeinsam
ihrer Leidenschaft nachgehen werden können – und dabei Verständnis, Respekt und
Integrationsfähigkeit erfahren.
Der Preisträger hat sich als einer der ersten wissenschaftlich mit dem zunächst nur
als Phänomen wahrgenommenen „Digitalen Spiel“ auseinandergesetzt. Diese nun
zur Massenbewegung mutierte gesellschaftliche Erscheinung bedarf neuer Zugänge,
weil sich viele Spieler zunehmend isolieren und von anderen Menschen abkoppeln.
In seiner Bachelorarbeit erfolgte erstmals die Auseinandersetzung mit dieser
Thematik, auch mit dem Ziel, Menschen aus der Isolation herauszuführen. Mit dem
Projekt „Spielraum“ werden nun die aus der wissenschaftlichen Aufarbeitung
gezogenen Schlüsse auch in die Praxis umgesetzt. Schon bald wird diese
interkulturelle Begegnungsstätte ins Leben gerufen werden. In Tirol haben 230.000
Menschen Interesse am digitalen Spiel. Viele von ihnen können sich demnächst
auch real im digitalen Spielraum treffen: Jugendliche, Eltern, Migranten und
Migrantinnen. Auch wird ein Schwerpunkt in die offene Aufklärungs- und
Informationspolitik gelegt. Dazu werden verschiedene Workshops und
Veranstaltungen angeboten, die mit Hilfe von Fürsorgestellen entstehen sollen.
Ebenso für Eltern und Pädagoginnen sollen dabei Chancen und Risiken digitaler
Spiele aufgezeigt werden.
Die Idee wurde 2008/2009 in Anlauf genommen, beim Studium in Kufstein
weiterentwickelt, wissenschaftlich erarbeitet und nunmehr konkretisiert. Mut hat Herr
Staudacher schon bewiesen, als er sich gegen den Rat vieler für das
unternehmerische Risiko entschieden hat. Mutiger noch ist seine Vision: Persönlich
zu interagieren, und über den virtuellen Kontakt hinaus auch den realen Kontakt zu
Gleichgesinnten herzustellen. Über die Spielleidenschaft des Einzelnen etwas
Größeres formen – das ist mit dem Projekt „Spielraum“ gelungen.
Die „Eduard-Wallnöfer-Stiftung“ war im Jahre 1978 das Geschenk der Tiroler
Industrie zum 65. Geburtstag des legendären Landesvaters. Der Vorsitzende der
Stiftung, Dr. Oswald MAYR, und ihr Geschäftsführer, Mag. Josef
LETTENBICHLER, freuen sich über die hohe Qualität der ausgezeichneten Arbeiten
und sind von der Signalwirkung der Eduard-Wallnöfer-Stiftung überzeugt.
Dem Vorstand der „Eduard-Wallnöfer-Stiftung“ gehören an: Ehrenpräsident Dr.
Oswald MAYR (Vorsitzender des Stiftungsvorstandes), DI Dr. Heinrich
SCHERFLER (1. Stellvertreter) sowie Dr. Eduard WALLNÖFER (2. Stellvertreter).
Geschäftsführer ist Mag. Josef LETTENBICHLER.
Weitere Informationen zur „Eduard-Wallnöfer-Stiftung“ finden Sie zudem auf der
Homepage unter www.eduard-wallnoefer-preis.at.
Mit freundlicher Unterstützung der
Stiftung Südtiroler Sparkasse
Foto zur freien Verwendung
Bildnachweis: IV-Tirol
Dr. Wolfgang Paulmichl
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