herunterladen/ ansehen Nr. 21 - bei der Armin T. Wegner Gesellschaft

Armin T. Wegner Gesellschaft e.V.
Else Lasker-Schüler Str. 45
D-42107 Wuppertal
21. Rundbrief
der
Armin T. Wegner
Gesellschaft
Oktober 2015
Vorsitzender:
Ulrich Klan
stv. Vorsitzende:
Dr. Johanna Wernicke-Rothmayer
Schatzmeister:
Dr. Michael A. Obst
Beisitzer:
Haik Davidjan-Stolz
Dr. Birgitta Hamann
Sabine Lehmann
Judith Schönwiesner
Michael Wegner
Nach der Armin T. Wegner Straße in Erewan
und dem Armin T. Wegner Platz in Wuppertal
gibt es seit dem 16. Mai 2015 in Neuglobsow einen
Armin-T.-Wegner-Weg
Am 16. Mai 2015 wurde das Straßenschild von Sohn Michael und Enkeltochter Fiammetta im Beisein von Neuglobsower Schülerinnen feierlich enthüllt (s. Rückblicke S.9 ). An die Verbindung von „Weg“ und
„Wegner“ hat Armin T. Wegner sich 1974 folgendermaßen erinnert:
E-Mail Kontakte:
[email protected]
[email protected]
[email protected]
Die Gesellschaft im internet:
www.armin-t-wegner.de
Beitrags- und Spendenkonto:
IBAN: DE16 3305 0000 0000 916445
SWIFT-BIC: WUPSDE33XXX
(Beiträge und Zuwendungen
sind steuerlich absetzbar)
Armin T. Wegner:
„Der des Weges Schreitende“
[…] Nach kurzer Tätigkeit als Pfleger in den Krankenhäusern Konstantinopels und in Zelten Verwundeter an
den Dardanellen war ich eines Nachmittags in Bagdad Gast im Kreise arabischer Dichter dieser Stadt.
Die merkwürdigste Gesellschaft, die man sich denken kann. Weder verstanden die Araber die deutsche Sprache noch ich, von einigen Sätzen des täglichen Umgangs abgesehen, die arabische. Dennoch lasen wir einander in eigener Mundart unsere Gedichte vor, achteten aufmerksam auf Hebungen und Senkungen unserer
Verse. Der Dolmetscher des Feldmarschalls von der Goltz leitete die Versammlung. Am Ende fragten sie ihn
nach meinem Namen. Er nannte ihn. „Was heißt das?“ fragten sie. Das Wort „Wegner“, der ein ständiger
Wanderer war, erklärte er auf Arabisch, könnte man übersetzen mit „Der des Weges Schreitende“. „Ah, Tarik“, riefen sie wie aus einem Munde. „Ömer Tarik“, indem sie den Namen Armin in Ömer verwandelten.
So war mir von einem fremden Volke große Ehrung zuteil geworden. Denn Tarik war der Name des Feldherrn der Mauren, der 711 das arabische Heer über die Meerenge von Gibraltar nach Spanien geführt und die
Westgoten geschlagen hatte. Aber damit war der Sinn dieses arabischen Namens für mich nicht erschöpft.
Das ‚T‘ in meinem Namen hatte als „Ömer Tarik“ neue Bedeutung gewonnen. Nach meiner Heimkehr benutzte ich dieses Wort mitunter als Decknamen für Veröffentlichungen von mir. […]
Aus: Armin T. Wegner: Wer war ich? In: Fällst du, umarme auch die Erde oder
Der Mann, der an das Wort glaubt. Wuppertal: Hammer Verlag 1974. S. 141f.
1
INHALT
Armin T. Wegner: „Der des Weges Schreitende“
Inhalt
Grußwort von Ulrich Klan
1
2
3
Rückblicke
Nov. 2014:
März 2015:
März 2015:
Vortrag über Lola Landau in der Alten Synagoge Wuppertal
Tag der Gerechten im Landtag in Düsseldorf
Leipziger Buchmesse: Rufe in die Welt: musikalische Lesung
Thomas Hartwig auf der Buchmesse und in Armenien
Mai 2015
Armin T. Wegner Tage in Berlin und Neuglobsow
Vorstandssitzung und Mitgliederversammlung
Juni 2015
Totenklage und Gedächtnis des Schreckens: Tagung in Villigst
Sept. 2015
Erinnern – Verstehen – Verständigung
Genozid-Seminar in Bonn
Sept. 2015
Abend der Begegnung in Solingen
Alley of Gratitude in Erewan
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5
6
7
8
10
12
14
15
16
Einblicke
Literaturnobelpreis für Swetlana Alexijewitsch
ALG-Projekt Poetendaten
16
17
Rezensionen
„Rufe in die Welt“ - Übersicht über verschiedene Rezensionen
„Tod in der Wüste“ - Rezension von Johanna Wernicke-Rothmayer
„Werwolf und Taube“ - Rezension von Ulrich Klan
18
19
20
Neuerscheinungen:
Franz Werfel und der Genozid an den Armeniern
Der Blaue Reiter ist gefallen
„La Lettera a Hitler“
21
22
22
Ausblicke und Termine
Unsere Wanderausstellung – eine flexible Präsentation in Modulen
Ganz unten – ein Buch und seine Wirkung
Buchpräsentation Biografie von Helene Stöcker
Buchpräsentation und Lesung: Parujr Sewak: Und sticht in meine Seele
Ausstellung in Leutershausen-Hirschberg
„Utopie Heimat“ - Biennale 2016 in Wuppertal
Ausblick auf die Armin T. Wegner Tage 2016
23
26
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28
29
29
30
Nachruf
Arnim Juhre
Begebenheit. Ein Gedicht von Arnim Juhre
30
32
2
„Meine Schreibtafel ist die Erde.
Mit dem Griffel der Füße sang ich mein Leben über die Welt.“
Armin T. Wegner
Liebe Mitglieder,
liebe Freundinnen und Freunde,
sehr geehrte Kooperationspartner,
inmitten stürmischer globaler Entwicklungen im Allgemeinen und erhöhter Wahrnehmung und Wirkung der
Armin T. Wegner Gesellschaft im Besonderen sende ich Ihnen und Euch herzliche und herbstliche Grüße.
Viele von uns engagieren sich aktuell auf die eine oder andere Weise für MigrantInnen, die unsere Hilfe brauchen. Oder für die Helfer, die auch Hilfe brauchen. Dafür möchte ich allen danken, die sich hier zusätzlich
einbringen. Schon der Name und das Schicksal Armin T. Wegners können uns nicht gleichgültig lassen, wenn
es um den Schutz für Geflüchtete geht. Mehrere Veranstaltungen von Helferorganisationen haben wir in diesem Zusammenhang schon unterstützt mit unserem kulturellen Potential, etwa mit der Kraft von Literatur und
Musik – so u.a. einen gemeinsamen Abend von Diakonie, Caritas, muslimischen Verbänden und jüdischer
Kultusgemeinde am 28. September im Kunstmuseum Solingen, dem künftigen Zentrum für verfolgte Künste
(s. Rundbrief S. 15).
Das ganze Jahr 2015 stand und steht noch im Zeichen der weltweiten Erinnerung an 100 Jahre „Aghet“, den
Völkermord an den Armeniern. Nach den bewegenden Veranstaltungen am 24. April im Genozid-Memorial
Tsitsekarnabert der armenischen Hauptstadt Jerewan - an ihnen nahm unser Mitglied Thomas Hartwig auf
Einladung der armenischen Regierung teil (s. Bericht in diesem Rundbrief S.7) - und nach einer neuen Qualität und Quantität des Erinnerns in der Türkei und Deutschland, in den USA und Kanada, in Frankreich, Italien
und anderen europäischen Ländern gilt unser Dank in diesem Jahr besonders Bundespräsident Joachim Gauck
und Bundestagspräsident Norbert Lammert, aber auch der Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen, Carina Gödecke: Während Gauck und Lammert mit klaren Worten zum jungtürkischen Völkermord vor hundert
Jahren Bewegung in die offizielle Erinnerung brachten, welche auch hierzulande noch Verdrängungs- und
Vermeidungsritualen festgefahren ist, ehrte der NRW-Landtag zu diesem Thema Menschen für ihre Zivilcourage: Bereits am 6. März – dem noch jungen europäischen „Tag der Gerechten“ - wurden hier erstmals in einem deutschen Parlament Künstler offiziell dafür gewürdigt, dass sie unter hohem persönlichen Risiko jetzt
oder in der Vergangenheit einen Beitrag dazu leiste(te)n, Verbrechen wie diesen Völkermord bekannt zu machen und dem Verschweigen zu entziehen. Hier waren es posthum Dr. Armin T. Wegner und der heute in Köln
lebende deutsch-türkische Schriftsteller Doğan Akhanlı, die im Düsseldorfer Landtag geehrt wurden, weil sie
für die Armenier eingetreten sind oder heute eintreten. Die Zeremonie im Landtag fand auf Vorschlag und
unter Beteiligung der Armin T. Wegner Gesellschaft statt (s. Bericht im Rundbrief S. 5).
Nun gilt es, die Politik – aber auch uns selbst - beim Wort zu nehmen, damit Taten folgen. Auf menschlicher
wie auf staatlicher Ebene. Vor allem bei der immer noch ausstehenden offiziellen deutschen Aufarbeitung der
Mitverantwortung des deutschen Kaiserreiches, welches mit den damaligen jungtürkischen Machthabern verbündet war.
Vor allem zu diesem ganzen Themenkomplex leistete unsere Gesellschaft in diesem Jahr Außerordentliches und wir leisten es noch. Gleich zweifach waren / sind unsere Beiträge nachhaltig: Zum einen mit dem neuen
Modul „Aghet“ unserer Armin T. Wegner Wanderausstellung, das wieder von unserer Kuratorin Judith
Schönwiesner realisiert wurde und schon in Wuppertal Schwerte und Bielefeld zu sehen war bzw. noch ist (s.
Bericht S. 23). Mein herzlicher Dank dafür gilt hier abermals Frau Schönwiesner und der Grafikerin Kerstin
Hamburg. Zum anderen konnten wir wesentliche Texte von Armin T. Wegner auch zu diesem Thema wieder
veröffentlichen mit der Edition der Manifeste und Offenen Briefe des Dichters unter dem Titel „Rufe in die
Welt“. Dafür danke ich den Herausgebern Prof. Dr. Michael Hofmann und Miriam Esau sowie dem Wallstein
Verlag, die dieses Buch als Band zwei unserer Armin T. Wegner Werkausgabe edierten.
Nun bitte ich Sie / Euch, Wegners „Rufe in die Welt“ und auch seinen Erzählband „Der Knabe Hüssein ...“ bei
uns zu erwerben, weiter zu verkaufen oder zu verschenken. Ebenso unser Wegner-Hörbuch „Bildnis einer
Stimme“ oder den Sammelband „Armin T. Wegner – Schriftsteller, Reisender, Menschenrechtsaktivist“.
3
Die kommende Advents- und Weihnachtszeit ist eine gute Gelegenheit dafür!
Nur dann, wenn wir unsere Bestände der bisherigen Bände verkaufen, können wir die kommenden Bücher
finanzieren.
Für das Jahr 2016 könnten es in unserer Armin T. Wegner Werkausgabe gleich zwei neue Bände sein: Zum
einen hoffen wir auf die lange erwartete Ausgabe mit Armins Gedichten, herausgegeben von Prof. Andreas
Meier. Und zum anderen bereiten zwei weitere kompetente Herausgeber aus unseren eigenen Reihen bereits
Wegners Russland-Reisebuch „Fünf Finger über Dir“ vor: Der Slawist und Gründungsvorsitzende unserer
Gesellschaft Christoph Haacker und der Historiker Dr. Michael Obst, der Vorstandsmitglied unserer Gesellschaft ist.
Allen, die unsere Arbeit unterstützt haben, den Mitgliedern, SpenderInnen und Kooperationspartnern danke ich
herzlich für die Zusammenarbeit und hoffe, dass sie uns gewogen bleiben. Gut ist, was besser werden kann
sagt ein Sprichwort. In diesem Sinn möchte ich der Hoffnung Ausdruck geben, dass Sie / Ihr und ich selbst im
kommenden Jahr noch weitere UnterstützerInnen und Kooperationen für die Armin T. Wegner Gesellschaft
gewinnen werden.
Viele kleine Leute können zusammen auch große Schritte gehen...
Ihnen / Euch und uns allen wünsche ich eine gute, gesunde Advents- und Weihnachtszeit und ein friedlicheres
Neues Jahr 2016.
28. Oktober 2015
Ulrich Klan
Rückblicke
November 2014
Lola Landau – Meine drei Leben –
Vortrag in der Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal
Am 2.11.2014 hielt Dr. Birgitta Hamann in der Begegnungsstätte „Alte
Synagoge Wuppertal“ einen Vortrag zu der deutsch-jüdischen Autorin
Lola Landau, der ersten Ehefrau des Schriftstellers Armin T. Wegner.
Im Zentrum stand unter dem Titel „Meine drei Leben“ die Vermittlung der
verschiedenen Lebensphasen der Autorin, die nach einem sorglosen großbürgerlichen Leben in Berlin und Breslau Anfang des 20.Jh. erste schriftstellerische Erfolge erlebte.
Die Ehe mit dem Schriftsteller A.T. Wegner in Neuglobsow und Berlin
war für beide eine literarisch produktive und glückliche Zeit. Durch den
Nationalsozialismus erlebte Lola Landau eine elementare persönliche Krise
und entschloss sich zur Flucht nach Palästina/Israel.
Die Ehe mit A.T. Wegner zerbrach, für beide eine sehr schmerzliche Erfahrung. Nach schweren und zerrissenen Anfangsjahren in Jerusalem entfaltete Lola Landau neue Seiten ihrer Identität und erlebte - allerdings erst im
hohen Alter - weitere schriftstellerische Erfolge.
Lola Landau, als sie Armin T. Wegner
kennenlernte
Ulrich Klan, der Vorsitzende der A.T. Wegner Gesellschaft, rundete die
Veranstaltung durch beeindruckende Vertonungen einiger Gedichte Lola
Landaus ab, die er selbst komponiert hat.
Birgitta Hamann
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6. März 2015
Tag der Gerechten: Armin T. Wegner und Doğan Akhanlı gewürdigt
Am „Europäischen Tag der Gerechten“ hat der Landtag NRW zwei
Männer aus der Region gewürdigt, die sich gegen Verbrechen gegen
die Menschlichkeit zur Wehr gesetzt haben.
Landtagspräsidentin Carina Gödecke hob den persönlichen Mut und das Engagement der Schriftsteller Dr. Armin T. Wegner und Doğan Akhanlı hervor.
Beide haben sich für Verfolgte eingesetzt und wurden dadurch selbst zu Verfolgten.
Der Schriftsteller und Jurist, Armin T. Wegner, so die Landtagspräsidentin, sei von der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem mit dem Titel „Gerechter unter den Völkern“ ausgezeichnet worden. Der Menschenrechtler
und Kriegsgegner aus Wuppertal-Elberfeld, Weggefährte von Ernst Toller, Erich Maria Remarque und Erich
Mühsam, sei nach dem Zweiten Weltkrieg weitgehend in Vergessenheit geraten: „Heute wollen wir Armin T.
Wegner ins Licht der Öffentlichkeit zurückholen“, sagte die Landtagspräsidentin.
Wegner habe als junger Sanitäter persönlich die Grausamkeiten des Ersten Weltkrieges, u.a. in Armenien,
erfahren. Mit seinen viel gelesenen Büchern gegen den Krieg machte er sich zwangsläufig zum Feind der Nazis. Seine Werke wurden verboten und verbrannt. Mit seinem „Brief an Hitler“ protestierte Wegner 1933 gegen die Ausgrenzung und Verfolgung der Juden in Deutschland. Die Gestapo verhaftete und folterte ihn. Nach
seiner Haftentlassung konnte sich Wegner nach Italien retten. Er starb 1978 im Alter von 91 Jahren in Rom.
Gödecke: „An sein Leben und Werk wollen wir heute mit einer Lesung und einer Ausstellung erinnern, die
den Titel trägt: ‚Widersetzt euch viel und gehorcht wenig!‘“ Die von Judith Schönwiesner erstellte Ausstellung
veranschaulicht mit unbekannten Bildern und Texten sowie Originalobjekten das Wirken Wegners.
Doğan Akhanlı, Carina Gödecke und Ulrich Klan
Der Autor Hermann Schulz hielt die Laudatio auf Armin T. Wegner und wünschte sich, dass dessen Werk
wieder Teil der deutschen Literatur werde: „Das moralische Erbe Wegners gehört uns allen.“ Die Schauspielerin und Regisseurin Günfer Cölgeçen ließ mit Wegner-Texten dessen Engagement lebendig werden. Als eine
"Frage der ganzen Menschheit" griff Wegner 1919 in seinem Offenen Brief an US-Präsident Woodrow Wilson
die "Austreibung der Armenier in die mesopotamische Wüste" auf und schilderte eindringlich deren Schicksal:
"erschossen, erhängt, vergiftet, erdolcht, erdrosselt, von Seuchen verzehrt, ertränkt, erfroren, verdurstet, verhungert, verfault, von Schakalen angefressen".
In seinem "Brief an Hitler" wandte sich Wegner gegen die Judenverfolgung und warnte"
„…Schmach und das Unglück aber, die Deutschland dadurch zuteil wurden, werden für lange Zeit
nicht vergessen sein … wenn einmal die Städte zertrümmert liegen, die Geschlechter verbluteten…
Mit Scham und Verachtung werden sie von den Geschlechtern künden, die nicht nur das Glück des
Landes leichtfertig auf das Spiel setzten, sondern auch sein Andenken für immer geschändet haben!“
5
Mit den Worten "der Europäische Gedenktag für die Gerechten gilt auch ausdrücklich denen, die Zivilcourage
leben - die sich trotz Drohungen das freie Wort nicht nehmen lassen und deshalb auch staatlicher Gewalt und
Willkür ausgesetzt sind", begrüßte die Landtagspräsidentin den türkischstämmigen deutschen Schriftsteller aus
Köln, Doğan Akhanlı. Schwerpunkt seines zivilgesellschaftlichen Engagements sei das Gedenken an die Genozide des 20. Jahrhunderts. Dazu gehörten auch die Verbrechen, die die Armenier zu erleiden hatten.
Akhanlıs Blick aber richte sich auch nach vorne; er setze sich ein für einen interkulturellen, auf Versöhnung
ausgerichteten Dialog. Ulrich Klan, Vorsitzender der Armin-T.-Wegner-Gesellschaft mit Sitz in Wuppertal,
würdigte das Engagement von Doğan Akhanlı. Dieser setze sich dafür ein, dass die Genozide thematisiert
würden, dabei seien "Argumente immer erlaubt, Hass nie".
aus den Pressemitteilungen des Landtags NRW
14. März in Leipzig
„Rufe in die Welt“
auf der Buchmesse in Leipzig
Leipzig liest
Auf dem alljährlich mit der Leipziger Buchmesse verbundenen und unter die
ganze Stadt verteilten Lesefest „Leipzig liest“ wurde am 14. März im Theater
Fact in Barthels Hof der zweite Band der Werkausgabe, Armin T. Wegners
„Rufe in die Welt“ in einer fulminanten musikalischen Lesung vorgestellt.
Ulrich Klan präsentierte die Texte und untermalte die Thematik eindrucksvoll
musikalisch, Prof. Michael Hofmann erläuterte historische Zusammenhänge und
sprach über die Arbeit als Herausgeber dieses Bandes.
auf der Leipziger Buchmesse am
Stand des Wallstein-Verlages
Die Texte las die Bochumer Schauspielerin Günfer Cölgecen.
Gemeinsam mit der Armin T. Wegner Gesellschaft
wurde auf der Leipziger Buchmesse
Thomas Hartwigs Roman
Die Armenierin
noch einmal vorgestellt –
mit dem Mädchenchor ‚Shogher‘ und einem Vertreter der armenischen Botschaft.
Ein Vertreter der armenischen Botschaft, Thomas Hartwig,
Ulrich Klan und Franz Westner
Armine Babayan mit dem Mädchenchor „SHOGHER“ aus der Armenischen Landsmannschaft e. V. München
6
24. – 28. April 2015
Internationales
Autorentreffen in
Eriwan
Literary Ark International
Festival
in Eriwan
Donnerstagnachmittag,
der 23.4.2015
Kiew,
Flughafen
Das alljährlich in Eriwan stattfindende Literatur Festival war in diesem Jahr dem
hundertjährigen Gedenken an den Armenischen Genozid gewidmet und trug den Titel
„Speech for Life”. Auf der literarischen Veranstaltung wurden die Leser mit den
Werken ausländischer Autoren über den Armenischen Genozid bekanntgemacht.
Thomas Hartwig war mit seinem Roman „Die Armenierin“ zu diesem „Literary Ark
Festival“ eingeladen und hat von seiner Reise nach Armenien sehr spannend und
anschaulich berichtet - und darin auch den gesamten Entstehungsprozess seines Romans reflektiert:
[…]
Ich kann es immer noch nicht glauben, dass wir nach Armenien fliegen! Vieles kommt mir so unwirklich vor. Es ist ein langer Weg von meinem Besuch bei Lola
Landau, der ersten Frau des deutschen Schriftstellers Armin T. Wegner, im Jahr
1985 in Jerusalem, bis hin zur großen Recherchenreise 1988 in die Türkei und nach
Syrien auf den Spuren von Wegner. Damals glaubte ich und auch heute noch, dass
sein Leben einen spannenden und ergreifenden Stoff für einen großen Kinofilm sein
könnte. Doch meine verschiedenen Treatment-Fassungen mit dem Arbeitstitel
„Anusch“ wurden in Deutschland immer und immer wieder abgelehnt. Wegner sei
zu unbekannt und der Völkermord an den Armeniern kein Thema für einen Spielfilm,
waren die Begründungen.
[…]
Freitag,
der 24.4.2015
Im
National Memorial
Heute wurden wir am Vormittag mit den anderen ausländischen Teilnehmern zum National Memorial gebracht. Jeder bekam zwei rote Tulpen in die Hand
gedrückt, um diese am Denkmal der ewigen Flamme abzulegen. Wir mussten warten,
weil auf der offiziellen Gedenkveranstaltung Putin und Hollande anwesend waren –
höchste Sicherheitsstufe. Im Abstand von zwei Metern standen unbewaffnete armenische Soldaten und Polizisten, den Weg hinauf zur Gedenkstätte.
[…]
Den ganzen Bericht haben wir auf unserer website www.armin-t-wegner-de eingestellt.
Thomas Hartwig wird zu den folgenden Terminen an den angegebenen Orten aus seinem Roman lesen. Einzelheiten auf der Website des Verlags: http://www.salonliteraturverlag.de
„Die Armenierin“
Lesetermine
im zweiten Halbjahr
2015 und Anfang 2016
4. November 2015
5. November 2015
6./7. November 2015
12. Dezember 2015
16. Dezember 2015
18. Februar 2016
19. Februar 2016
Übersetzung ins
Armenische!
Martin-Luther-Universitat Halle/Wittenberg
Stadtbibliothek Ludwigshafen
Evangelische Akademie Landau
Café Kunst&Rad, Werbellinsee
Stadtbibliothek Schwedt/Oder
Uckermärkische Literaturgesellschaft e.V.
Stadtbibliothek Angermünde
Stadtbibliothek Prenzlau
… und ein Blick auf die website des literary ark festivals zeigt:
Now the book is being translated into Armenian (translator Hakob Movses).
- See more at:
http://www.litark.am/en/news/book-presentation-of-thomas-hartwig#sthash.EtA7F8oI.dpuf
7
15. – 17. Mai 2015
Die Armin T. Wegner Tage 2015
in Potsdam, Neuglobsow
und Berlin
Ein großes Ereignis in diesem Jahr und somit auch der Grund, warum die
Armin T. Wegner Tage nicht turnusmäßig in Wuppertal stattfanden, war
die feierliche Enthüllung des Straßenschildes in Neuglobsow.
„Rufe in die Welt“
Als Auftakt der Armin T. Wegner Tage waren am Freitagabend im
Lepsiushaus in Potsdam Armin T. Wegners „Rufe in die Welt“ – der zweite
Band der Werkausgabe mit Reden, Manifesten und Offenen Briefen – vorgestellt worden. Ulrich Klan unterstrich noch einmal die große Bedeutung dieser mahnenden und anklagenden, zum Aufschrecken und Erschüttern gedachten, oft direkt an die Adresse der Macht gerichteten Texte Wegners.
Einige ausgewählte Stellen wurden von dem Schauspieler Denis Abrahams
eindrücklich vorgetragen.
Buchvorstellung
am 15. Mai 2015
im Lepsiushaus in Potsdam
Wanderung
von Fürstenberg nach
Neuglobsow
Am Samstag, dem 16.5.2015,
wurde dem Weg von Fürstenberg nach Neuglobsow nachgegangen – auf den Spuren
A.T. Wegners, der diesen Weg
in seinen Jahren in
Neuglobsow (1920-1935)
mehrfach zu Fuß zurückgelegt
hat.
Auch Sohn Michael Wegner und die Enkelin Fiammetta hatten sich unter die interessierte Wandergruppe
gemischt, Renate Fechner gab zu bestimmten Abschnitten des Weges sachkundige Erklärungen.
8
Feierliche Enthüllung
In Neuglobsow angekommen wurde die
Gruppe schon am Ortseingang von Peter
Gralla und Hans Maass empfangen.
Bürgermeister Kielblock sprach einführende
Worte ehe er den Armin T. Wegner Weg
feierlich einweihte
und das Straßenschild von Mischa Wegner
und seiner Tochter gemeinsam mit
Neuglobsower Kindern enthüllt wurde. .
Foto: Hans Maass
Feierstunde im
Stechlin Center
Wie oft habe ich dies erlebt und es ist immer das gleiche. Ich öffne die Tür unseres Landhauses und der Hauch der Stille schlägt mir entgegen wie ein küssender Mund. Ich lasse mich
auf den Rasen nieder, meine Blicke fühlen den
Boden und trinken aus ihm wie die Pflanze das
Wasser.
Ich fasse die Erde an.
[…]
Ich bin geborgen. Ich weiß, mir kann
nichts mehr geschehen.
Am Nachmittag fand aus diesem Anlass eine Feierstunde im
Stechlin Center statt. Peter Gralla, der Großcousin des Dichters, gab eine Einführung – mit Hinweisen auf die Ausstellungsbilder aus dem Kurt Tucholsky Museum in Rheinsberg
und das beeindruckende Ölbild zu A.T. Wegner, das der
armenische Künstler Arakelian angefertigt hat.
Johanna Wernicke-Rothmayer sprach über die fruchtbaren
Schaffensjahre Armin T. Wegners in Neuglobsow,
Birgitta Hamann beschrieb die intensiven gemeinsamen Arbeitsjahre des Ehepaars im Haus Siebenwälder aus der Perspektive seiner ersten Ehefrau und Schriftstellerin Lola Landau.
Armin T. Wegner Von Jutta Prignitz und Peter Gralla wurden hierzu beeindruckend Originaltexte des Schriftstellerpaares vorgetragen.
Die Spurensuche wurde durch Ulrich Klan durch seine „Wege zu Wegner“ ergänzt - „Im Namen des Vaters“ richtete der
Wir wölbten über uns das sanfte Haus,
Tief eingemauert in beglückte Wände.
Sohn Michael Wegner bewegende Worte an die sehr zahlDie Wolke ruhte weich im Vorhang aus.
reich erschienenen und interessierten Zuhörer.
Zu Gittern wuchsen die verschlungnen Hände.
Lola Landau
Birgitta Hamann
9
17. Mai 2015
Vorstandssitzung
Dank an die Armenische
Gemeinde
Werkausgabe
Bericht über die Vorstandssitzung der Armin T. Wegner Gesellschaft
am 17. Mai 2015 von 10.30 – 12.30 Uhr
in der Armenischen Gemeinde zu Berlin
Mit Ausnahme des Kassenwarts Dr. Michael Obst und der Beisitzerin Judith
Schönwiesner, die beide aus beruflichen Gründen verhindert waren, ist der Vorstand vollzählig anwesend.
Ulrich Klan bedankt sich bei der Armenischen Gemeinde zu Berlin für die erneute Gastfreundschaft und berichtet über die Aktivitäten des vergangenen Jahres.
Zur finanziellen Situation der Gesellschaft werden der Kassenbericht für die
Jahre 2013/14 mit den dazugehörigen Anmerkungen sowie die Berichte der Kassenprüfer Hermann Schulz und Karl-Hugo Dierichs verlesen. Es gibt keinerlei
Beanstandungen. Schatzmeister und Kassenprüfern wird daher Entlastung erteilt.
Zum Stand der Werkausgabe: Da die Herausgabe des Lyrikbandes durch Prof.
Dr. Andreas Meier noch nicht abgeschlossen ist, wird vorgeschlagen, als dritten
Band der Werkausgabe im Frühjahr 2016 das Russlandbuch „Fünf Finger über
dir“ herauszubringen.
Vertrieb der Werkausgabe Zum Vertrieb erinnert Uli Klan daran, dass die kommenden Bände größtenteils
durch den Weiterverkauf der bisherigen finanziert werden müssen. Er bittet darum, die Bücher mit Nachdruck zu vertreiben und den Nachschub immer nur
über unsere Gesellschaft zu bestellen. Das gilt derzeit vor allem für das neue
Buch „Rufe in die Welt“, für das der Verkauf nur schleppend angelaufen ist.
Armenienreise –
Es gab bislang kein geeignetes Angebot, das den Bedürfnissen unserer Gesellschaft entsprochen hätte. Einigkeit besteht darüber, dass weiterhin Angebote
eingeholt werden sollen. Selbstverständlich stünde die Teilnahme an einer solauch für Mitglieder! chen Reise nicht nur dem Vorstand, sondern auch interessierten Mitgliedern
unserer Gesellschaft zur Verfügung.
Wegner-Archiv
Besonders bei Johanna Wernicke-Rothmayer in Berlin aber auch an anderen
Stellen gibt es viel Material, das außerhalb des Nachlasses in Marbach und dem
Wegner-Zimmer in Wuppertal aufbewahrt und gepflegt werden muss.
Zur Diskussion steht die Universität Paderborn, wo unser Mitglied Prof. Dr.
Michael Hofmann vom Institut für Germanistik und vergleichende Sprachwissenschaft eine Armin T. Wegner Forschungsstelle mit Archiv einrichten wird.
Eine Entscheidung darüber ist nach der Eröffnung der Forschungsstelle im Dezember geplant.
Ehrenmitgliedschaft
Der Vorstand beschließt, die Institution einer (natürlich beitragsfreien) Ehrenmitgliedschaft in unserem Verein einzurichten. Damit sollen Menschen geehrt
werden, die eine besondere Nähe zu Armin T. Wegner hatten oder sich um ihn
und seine Werke besonders verdient gemacht haben. Die Ehrenmitgliedschaft
wird angetragen :
Mischa Wegner
Sibylle Stevens
Krikor Melikyan
Hamo Petrosian
Gabriele Nissim
Beisitzer und Sohn aus Wegners zweiter Ehe mit Irene
Kowaliska
Tochter von Armin T. Wegner und Lola Landau
langjähriger Freund und Förderer von Armin. T. Wegner
ehemaliger Beisitzer unserer Gesellschaft und
langjähriger Freund und Förderer von Armin T. Wegner
Autor und Präsident der GARIWO - Garden of
Righteous Worldwide - in Mailand
10
Mitgliederversammlung
17. Mai 1978
Todestag Armin T. Wegners
Mitteilungen
Kassenbericht und Prüfung
Neuwahl des Vorstands
Ergebnis
Bericht über die Mitgliederversammlung der Armin T. Wegner Gesellschaft
am 17. Mai 2015 von 13.30 – 15.00 Uhr in der Armenischen Gemeinde zu Berlin. - Anwesend: 6 Vorstandsmitglieder und 4 Vereinsmitglieder.
Zu Beginn erinnerte Ulrich Klan an den 37. Todestag von Armin T. Wegner.
Im Jahresbericht werden unter den zahlreichen Aktivitäten des vergangenen
Jahres besonders die Einweihung der Helene-Stöcker-Skulptur im Mai 2014 in
Wuppertal, die Veranstaltung „Am Rande der Stadt“ in Berlin, die gemeinsam
mit der Stiftung „W“ organsierten „Wege aus der Gewalt“ sowie die Teilnahme
der Armin T. Wegner Gesellschaft an der Wuppertaler Literaturbiennale hervorgehoben. Darüber hinaus wird die von Judith Schönwiesner kuratierte multimediale Wegner-Ausstellung, die nunmehr 4 Module beinhaltet, (s. Rundbrief S.
23) gewürdigt. Die Mitglieder werden ausführlich über den Stand der Werkausgabe informiert sowie auf den großen Erfolg des Romans „Die Armenierin“ von
Thomas Hartwig (s. Rundbrief S.7) hingewiesen.
Nach dem Verlesen des Kassenberichts und des Berichts der Kassenprüfer werden Schatzmeister und Vorstand von der Mitgliederversammlung entlastet und
die Neuwahlen durchgeführt.
Hamo Petrosian hatte schon im Vorfeld sein Amt als Beisitzer aus gesundheitlichen Gründen niedergelegt. Ulrich Klan spricht ihm für die bisherige Arbeit
Dank und Anerkennung aus. Alle anwesenden Vorstandsmitglieder erklären sich
zu einer weiteren Kandidatur bereit, der nicht anwesende Schatzmeister Michael
Obst und die Beisitzerin Judith Schönwiesner hatten Ulrich Klan ihre Bereitschaft mitgeteilt.
Vorsitzender
stv. Vorsitzende:
Schatzmeister:
Ulrich Klan
Dr. Johanna Wernicke-Rothmayer
Dr. Michael Obst (
Beisitzer
Haik Dawidjian-Stoltz
Michele Wegner
Dr. Birgitta Hamann
Sabine Lehmann
Judith Schönwiesner
Beisitzerinnen
Die beiden Kassenprüfer Hermann Schulz und Karl-Hugo Dierichs sind bereit,
ihr Amt erneut zu übernehmen und werden von der Mitgliederversammlung
entsprechend bestätigt.
Mitteilungen
Foto-Archiv
Rechte an den Bildern
Baumeister Armin Wegner
Film von Tigram Khyzalyan
Der Aufbau eines Fotoarchivs mit Portrait- und Familienbildern Armin T. Wegners soll weiter vorangetrieben werden.
Nicht autorisierte (von Wegner gemachte) Bilder, die besonders im letzten Jahr
im Internet auftauchten, sollen dem Wallstein-Verlag gemeldet werden, der der
Inhaber der Rechte dieser Bilder ist. Die Rechte an Familienbildern liegen bei
Mischa Wegner und Sibylle Stevens.
In Greifswald recherchiert Dr. Henriette Bettin zum Baumeister Armin Wegner
(ohne „T“). Die Ergebnisse können in einem der nächsten Rundbriefe erscheinen.
Zum Abschluss der Mitgliederversammlung wurde der 35 minütige Film von
Tigram Khzmalyan „Armin T. Wegner – Photograph des Genozids“ (2005) gezeigt.
Sabine Lehmann
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19. – 21. Juni 2015
„Aghet“
Totenklage und
Gedächtnis des
Schreckens
Tagung in
der
Evangelischen
Akademie Villigst
Mit Mut und einem spannenden Aufgebot berufener ReferentInnen organisierte unser
Mitglied Prof. Dr. Michael Hofmann (Uni Paderborn) zusammen mit Dr. Rüdiger
Sareika diese Tagung in Kooperation mit unserer Gesellschaft.
Dr. Rolf Hosfeld (Lepsiushaus Potsdam) eröffnete sie vor deutschen, armenischen,
türkischen und kurdischen TeilnehmerInnen mit seinem äußerst kenntnisreichen historischen Einblick „Türken und Armenier 1915“. Es folgte eine besondere, noch immer allzu seltene Begegnung: Im Podiumsgespräch traf der armenische Geistliche Dr.
Diradur Sardaryan (Göppingen) auf den türkisch-deutschen Schriftsteller Doğan
Akhanlı (Köln) – moderiert von Rüdiger Sareika. Bei größtem Respekt und gegenseitiger Bezogenheit zeigte sich allerdings, dass es eine gemeinsame Erinnerungsarbeit
erst in Ansätzen gibt.
Armin T. Wegner, der sich dem Schrecken von „Aghet“ vielfach zu stellen hatte – als
Augenzeuge, als Fotograf und in sehr unterschiedlichen Formen als Autor – war hier
Gegenstand gleich zweier Vorträge: Prof. Andreas Meier (Uni Wuppertal) erläuterte
anhand von Wegners eigenhändigen Fotos den Diavortrag des Dichters über „Die
Austreibung des armenischen Volkes in die Wüste“ und die Umstände des damals
großes Aufsehen erregenden Lichtbildvortrages, den Armin T. Wegner in verschiedenen Städten zeigte.
Armin T. Wegners
Totenklage für Armenien
Ulrich Klan sprach zum Thema „Armin T. Wegner - Totenklage für Armenien“. Er
gab zunächst einen Überblick über die erstaunlich unterschiedlichen Textsorten, in
denen Wegner bis ins hohe Alter immer wieder versuchte, die Erinnerung an die gesehenen Spuren der Verbrechen zu fassen und zu bewältigen. Dabei ging er auch auf
bisher fast unbekannte Texte ein – etwa Wegners Sendschreiben „Pary Loues – Das
gute Licht“, welches er 1965 zum 50jährigen Gedenken an den Völkermord als
„Gruß an das armenische Volk...“ verfasste (s. 20. Rundbrief) und auf die unveröffentlichten Typoskripte „Das Armenische Totenlied – Flucht und Leiden des Knaben
Mihran Hamparzun oder Der Untergang eines Volkes in der syrischen Wüste“ sowie
„Tiran – Das Gesicht am Himmel“.
Von Wegners öffentlichen und auch in englischer Sprache verbreiteten Manifesten wie dem offenen Brief an
US-Präsident Wilson (1919) über seine literarisch sehr erfolgreichen Meisterzählungen („Türkische Novellen“
1921) wie „Der Sturm auf das Frauenbad“ oder „Der Knabe Hüssein“ bis hin zu diesen späten Texten zeigt
sich eine durchgehende Konstante: Dieser Dichter umkreist und gestaltet bis zur Unerträglichkeit vor allem
den Schrecken der Ohnmächtigen sowie die Erfahrung des Schmerzes und des gewaltsamen Todes. Anders als
etwa in Franz Werfels Roman „Die 40 Tage des Musa Dagh“ gibt es bei dem Augenzeugen und Pazifisten
Wegner nicht die Perspektive des „Kampfes“ und „Sieges“ der Verfolgten, zumal derartige Episoden wie der
erfolgreiche Widerstand auf dem Musa Dagh alles andere als typisch für die Erfahrung der ausgetriebenen
Armenier war.
Wegner beschränkt sich bis hin zu einer schwer erträglichen, fast obsessiven Haltung auf die Schilderung des
Leidens und des Todes. Und er weigert sich, dem Hass Raum zu lassen oder die Menschen einzusortieren in
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„Opfer“ und „Täter“. Zuweilen zeigt er uns schonungslos, wie „Täter“ zugleich „Opfer“ sein können - etwa in
„Der Knabe Hüssein“, der Geschichte eines Kindersoldaten und jungen Massenmörder - oder wie „Opfer“
auch „Täter“ sind - wie der armenische Wucherer und Waffenhändler Onnigk in der Erzählung „Der Bankier“. Bis hin in mystische Bereiche sucht der Agnostiker Armin T. Wegner nach „ewigen Mächten“, „jenseits
von Gut und Böse, um den Schuldigen sowohl wie den Unschuldigen gerecht zu werden“ („Armenisches Totenlied). 1968 notiert er in einem seiner Aufsätze: „Zwischen Gut und Böse darf nicht unterschieden werden“.
Sein Schreiben folgt häufig – bewusst oder unbewusst – den Phasen der Trauerarbeit, die Angehörige durchleben, welche ohnmächtig den Verlust eines geliebten Menschen wahrnehmen und hinnehmen müssen: Vom
ersten Nicht-Wahrhaben-Wollen über aufbegehrende Wut bis zum schrittweisen Hinsehen und Annehmen der
grausamen Tatsache – um irgendwann loslassen zu können.
Ganz ähnlich im Ansatz - als hätte ein unbekannter Dramaturg die Fäden
geknüpft – war das Hauptreferat des hochverehrten Seniors der Tagung,
Prof. Dr. Jörn Rüsen (Essen). Der weitgereiste Botschafter humanistischer Kultur gab eine eindrucksvolle Präsentation über „Genozid und
historische Sinnbildung“.
Wenn, so führte er aus, Geschichte sinnbildende Erzählung der Vergangenheit ist, dann ist Völkermord eine Zerstörung von Sinn, ein individuelles und kollektives Trauma, das auch im Nachhinein noch das Gedächtnis, die sinnvolle Erinnerung vernichtet.
Von den vielen modernen Strategien, mit solchen Traumata gesellschaftlich umzugehen, ging Prof. Rüsen u.a. auf die „Integration der Sinnlosigkeit in den historischen Sinn“ z.B. in der Literatur (Kafka, Beckett
u.v.a), in Kunst oder Musik der Moderne ein.
Vor allem aber erläuterte auch er, dass die Verewigung der Trennung
von „Opfern“ und „Tätern“ kontraproduktiv ist. Stattdessen zeigte er an
Beispielen aus vielen Ländern der Welt die relative Wirk- und Heilsamkeit gemeinsamer Trauer von „Opfern“ und „Tätern“: Erst dann werden
evtl. Vergebung und Versöhnung erst möglich.
Probleme speziell des armenischen Erinnerns nach 100 Jahren Schweigen und Verleugnung sowie Probleme
der filmischen Darstellung von Genozid wurden von Prof. Dr. Rita Morrien (Paderborn)am Beispiel des Spielfilms „Ararat“ von Atom Egoyan dargelegt: Ausgewählte Szenen des Films wurden gezeigt und erläutert. In
der lebhaften Diskussion wurde auch intensiv auf andere Filme zum Thema wie „Aghet“ von Eric Friedler und
„The Cut“ von Fatih Akin eingegangen.
Susann Böhringer (Herford), Pastorin und langjährige Vorsitzende der Deutsch-Armenischen Gesellschaft,
stellte weltweite „Armenische Gedächtniskulturen“ vor.
Zusammen mit einer Gruppe von Studierenden unter den Teilnehmern gab es gemeinsame Arbeit in verschiedenen Gruppen zum Thema „Literarische Erinnerungsarbeit der (Ur-)Enkel – Armenienthematik bei Zafer
Senocak, Elif Shafak und Karin Kaci“.
Der Leiter der Tagung Prof. Dr. Michael Hofmann verband in seinem Vortrag das Gedächtnis an „Aghet“ und
Shoah miteinander am Beispiel von Jean Amery und Hrant Dink, und Prof. Dr. Norbert Mecklenburg (Köln)
sprach wie in einem Resumee über „Leistung und Grenzen von „Aghet“-Literatur“.
Alle TeilnehmerInnen zeigten sich von der Tagung stark erschüttert und ebenso stark beindruckt von neuen
Wegen und Erkenntnissen, die hier sichtbar wurden.
Ulrich Klan
13
4. – 6. September 2015
Genozid- Seminar in Bonn
Erinnern Verstehen Verständigung
Ein Seminar der
Friedrich-Ebert
Stiftung
entwickelt und
durchgeführt von der
Armin T. Wegner
Gesellschaft
„Umgang mit
schockierenden
Bildern:
die Fotografien
Armin T. Wegners“
Referat von Kerstin
Hamburg
Angefragt, finanziert und veranstaltet durch die Friedrich Ebert Stiftung (FES) führte
die Armin T. Wegner Gesellschaft erstmals ein bundesweit ausgeschriebenes, mehrtägiges Seminar zum Themenbereich Erinnerungskultur und Geschichtspolitik durch.
Das Programm wurde vom Vorsitzenden der Wegner-Gesellschaft entwickelt, der das
Seminar auch leitete. Neben ihm als Hauptreferenten bestritt die Fotografin und Grafikerin Kerstin Hamburg ein Ko-Referat zum Thema „Umgang mit schockierenden Bildern“. An drei Tagen ging es um den Begriff und die Geschichte des Völkermords, um
Formen und Probleme, derartige Verbrechen zu „fassen“, zu überliefern und – auch
transnational – zu erinnern, um Perspektiven des Völkerrechts und um Möglichkeiten
künftiger Prävention. Wie angekündigt, konnten optional Fragen zu allen bekannten
Völkermorden bearbeitet werden – aber in diesem Gedenkjahr wurde ein Schwerpunkt
auf den Genozid an den Armeniern gelegt sowie auf die Mitverantwortung des deutschen Kaiserreichs und auf den Umgang mit dem Schrecklichen durch Augenzeugen
und Künstlern wie Armin T. Wegner.
Der Ausschreibung folgten TeilnehmerInnen aus dem ganzen Bundesgebiet. In den
Tagungsräumen des Bonner Gustav Stresemann Instituts gab es beste Bedingungen
und professionelle technische Betreuung für intensive Gespräche sowie für eine multimediale Annäherung und Erinnerungsarbeit. Motivierend für Kenner wie auch Neueinsteiger waren abwechselnde Zugänge und Verarbeitungswege wie Armenische, türkische, deutsche u.a. Quellen und unterschiedliche Medien wie Filme, Zeugenberichte,
Literatur, Bilder und Musik, wodurch mehrere Ziele erreicht wurden: Auseinandersetzung mit den historischen Ereignissen u n d Optionen für die Gegenwart und Zukunft,
ethisch u n d (völker-)rechtliche Beleuchtung, Empathie u n d kritische Distanz,
Erschütterung u n d deren Auffangen im achtsamen Gespräch, Auch der Abbau vorhandener Feindbilder war Gegenstand der Tagung sowie Fragen der emotionalen Verarbeitung und der Unterscheidung von Hass und Trauer. Zu letzterem Programmpunkt
gab es auch ausgewählte live-Musik zum Thema - eine positive Erfahrung, die wesentlich zum Gelingen des ganzen Seminars beigetragen hat.
Zu den Teilthemen des Seminars lag vorab ein reichhaltiges Angebot von Quellen und
Materialien vor. Zur tieferen und kritischen Auseinandersetzung mit Bildern derartiger
Verbrechen wurde auch rekurriert auf Susan Sontags berühmten Essay „Die Leiden
anderer betrachten“ sowie auf KriegsfotografInnen der Gegenwart. Die Bilder – nicht
zuletzt die Fotografien Armin T. Wegners – waren eingebettet in ein zweistündiges
Ko-Referat der Fotografin und Grafikerin Kerstin Hamburg, verantwortlich für die
ästhetische Gestaltung der Armin T. Wegner-Wanderausstellung (s. Rundbrief S. 23).
Das Feedback und die Bewertung des ganzen Seminars durch die TeilnehmerInnen
wurde am Ende – wie bei solchen Instituten üblich – anonym und schriftlich auf einem
Fragebogen der FES durchgeführt. Als Leiter des Seminars bekam ich diese anonyme
Auswertung im Nachhinein von der FES digital zugeschickt. Das Ergebnis: Dieses
Seminar bekam in allen Aspekten (Erschließung des Themas, Methoden, Dauer, Arbeits- und Gesprächsklima, Ergebnisse …) die höchst mögliche Punktzahl.
Wie schon in unserer Veranstaltungsreihe „Wege aus der Gewalt“ zeigte sich auch
hier, dass die Armin T. Wegner Gesellschaft zunehmend angefragt ist, wenn Expertise
und attraktive Aufbereitungsformen für große gesellschaftliche und literarische Themen benötigt werden (s. auch www.wege-aus-der-gewalt-2014.de). Die erfolgreiche
Vernetzung der Armin T. Wegner Gesellschaft mit der Kompetenz berufener Partner
wollen wir in Zukunft gezielt weiter entwickeln - etwa in den Bereichen Völkerrecht,
Medien und Sozialpsychologie.
Ulrich Klan
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28. September 2015
Abend der Begegnung in Solingen
... nichts … außer...
Hilfe für Helfer
und
Erinnerung an
Vertriebene
Der traditionelle „Abend der Begegnung“, den Diakonie und Caritas der Städte Wuppertal und Solingen seit Jahren zusammen mit den hiesigen muslimischen Verbänden,
der jüdischen Kultusgemeinde Wuppertal und anderen Organisationen feiern, fand in
diesem Jahr am 28. September im Kunstmuseum Solingen statt:
Und erstmals in Kooperation mit der Armin T. Wegner Gesellschaft!
Das festliche Erinnerungsprogramm enthielt einen Bildvortrag über den ins Exil getriebenen Künstler Walter Trier, der berühmt wurde als Zeichner der Kinderbücher von
Erich Kästner. Das multikulturelle Musikprogramm mit Liedern der Verständigung
und des Friedens in vielen Sprachen wurde vom Internationalen Else Chor bestritten,
geleitet von seinem Gründer und Dirigenten Ulrich Klan.
der internationale ElseChor
Angesichts der neuen Aufgaben der Hilfe für die vielen zu uns geflüchteten Menschen, welche von den zahlreichen anwesenden HelferInnen aus den Sozialverbänden geleistet wird, wurde der Abend spontan zu einem begeisternden Beispiel, wie wir mit der Kraft von Literatur, Kunst und Musik dazu beitragen können, auch Helfer
zu stärken.
Besonders die beiden für diesen Abend geschriebenen Uraufführungen – Lieder auf Sätze von Erich Kästner mit
Musik von Ulrich Klan - wurden spontan mitgesungen und sorgten für beste Stimmung.
Das eine Stück war eine lustige Vertonung des Kästner-Vierzeilers „Was immer geschieht, nie dürft ihr so tief
sinken, von dem Kakao, durch den man euch zieht, auch noch zu trinken.“. Das zweite Stück – komponiert im
Juli noch vor der großen Fluchtwelle nach Deutschland – schien schon voraus geahnt zu haben, was für ein
Wechsel- und Ränkespiel der Politik uns alle im September erwartete: Wie der Kontrapunkt von Merkels „Wir
schaffen das“ und dem „Nein“ der restriktiven Kräfte entfaltete der Chor eine ironische „battle“ aus „Jasagern“
und „Neinsagern“.
Erich Kästners berühmtes bonmot „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“ erschien zunächst zerrissen im Hin
und Her zwischen „Es gibt...“ und „Es gibt nichts...“, ehe es sich unversehrt mit dem Publikum zu einem vierstimmigen Kanon Chor entfaltete. Der wurde am Schluss wieder symbolisch „abgebaut“ - bis zur fast totalen
Reduktion: Die „Neinsager“ endeten auf „nichts“ - die „Jasager“ mit der Gegenfrage „außer?“.
Mit dieser offenen Frage endete ein erkenntnisreicher, vergnügter und Kraft spendender Abend.
Ulrich Klan
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Alley of Gratitude
Allee der
Anerkennung
in Eriwan
Von der Armin T. Wegner Society USA erreicht uns folgende Nachricht über die
Einrichtung einer „Allee der Anerkennung“, mit der die Yerevan State University
posthum 12 Personen ehrt, die während und nach dem Völkermord für die Armenier
eintraten.
Darunter ist auch Armin T. Wegner
Einblicke
Literaturnobelpreis 2015
Glückwunsch
für Swetlana Alexijewitsch
Es ist eine immer neue Frage, inwieweit die Vergabe des Nobelpreises für Literatur Position bezieht in den jeweiligen literarischen Strömungen – oder auch in den jeweiligen gesellschaftlichen Großwetterlagen und Bewegungen. Das NobelKomitee betont stets seine Unabhängigkeit - und ist oft für
Überraschungen gut. In diesem Jahr 2015 überraschte es mit
der Vergabe der höchsten Literatur-Auszeichnung an die weißrussische Autorin Swetlana Alexijewitsch.
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Damit hat erstmals eine Schriftstellerin den Literaturnobelpreis erhalten,
die das oft abwertend behandelte Genre der literarisch-dokumentarischen
Reportage zur Meisterschaft geführt hat. Die 1948 geborene Außenseiterin
im so genannten Literaturbetrieb – in Weißrussland sind ihre Bücher gar
komplett verboten - schreibt dokumentarische Prosa über „einfache Menschen“, die extremes Grauen überlebt haben und deren Existenz und Geschichte im Schatten von Diktaturen offiziell „ausgeblendet“ sind. Sie
schaffte Öffentlichkeit und Aufmerksamkeit für Tabu-Themen und legt den
Finger in Schicksale, welche von den Herrschenden „gemacht“ sind, aber
von den verantwortlichen Regimes wie vom Medienbetrieb verschwiegen
und verdrängt werden. So schrieb sie über Soldatinnen im Zweiten Weltkrieg, über seelische Traumata nach dem sowjetischen Krieg in Afghanistan, über die Folgen der Atomkatastrophe von Tschernobyl oder über die
Leiden der Bevölkerung im postsowjetischen Russland. Immer mit dem
humanen Blick von „unten“ geben Alexijewitschs Bücher denen eine
Stimme, die ohne sie nicht gehört werden.
Wir gratulieren Frau Alexijewitsch zu dieser Auszeichnung.
Für uns ist dabei auch bemerkenswert:
Die Literatur, die nun mit Frau Alexijewitsch international ausgezeichnet wurde, hat „unterirdische“, unausgesprochene Verbindungen zu vielen hiesigen AutorInnen der Gegenwart und Vergangenheit.
In gewisser Hinsicht auch zu Armin T. Wegners Werk.
Denn sein Schreiben teilt objektiv mit Autorinnen wie Frau Alexijewitsch die humanen Maßstäbe und den
Vorrang des kritischen, couragierten Engagements vor der bloßen Karriere. Zudem wählte Armin T. Wegner
bisweilen ähnliche Darstellungsformen wie gute Reporter, auch wenn er nicht mit dem Mittel des Interviews
arbeitete. Wir erleben bei Wegner solche Nähe zu wesentlichem und kritischem Journalismus etwa daran, wie
verblüffend „aktuell“ uns heute viele Passagen in Armins Reisebüchern erscheinen. Von reinen Reportagen,
wenn auch glänzend geschriebenen, wie denen eines Egon Erwin Kisch oder eines Günter Wallraff (s. Rundbrief S. 26), unterschieden sich Milieustudien oder Reiseberichte bei Autoren wie Armin T. Wegner oder Joseph Roth allerdings durch ihre Aufladung mit Poesie und größter Erzählkunst. Wegner insbesondere baute
dazu in seine Texte auch immer noch „Barrieren“ gegen glattes „Darüberlesen“ ein: Er verweigerte bewusst
den bloßen äußerlichen „plot“: Zur „Sache“ gehörten bei ihm immer auch expressive bis expressionistische
Stilmittel – auch dann noch, als letztere in den Moden des Literaturbetriebs längst nicht mehr en vogue waren.
Nicht zuletzt deshalb enthält seine Prosa so oft lyrische Elemente – eine Umkehrung dessen, was über seine
Lyrik bemerkt wurde, wo Armin T. Wegner „seine Visionen und kosmischen Phantasien mit Hilfe von Realitätspartikeln gleichsam ‚anbindet‘“ (Walter Jens).
Ulrich Klan
Poetendaten
heißt das neue Projekt der ALG.
Mit dem Namensprojekt soll auf die Poeten aufmerksam gemacht werden und
die einzelnen Mitglieder der ALG beworben werden:
klickt man am Geburtstag/Todestag
http://www.poetendaten.de/
an, so erscheint ein Kurz-Portrait und ist ein Zugang zur literarischen Gesellschaft möglich (in unserem Fall das Signet ATW).
Neben dem 16. Oktober und dem 17. Mai für Armin T. Wegner wird auch
noch der 3. Dezember für Lola Landau dazukommen!
Aber auch außerhalb der Gedenktage ist über ‚Archiv 2015‘ (links unten) der
Zugang (alphabetisch) zu Poeten und über den Kalender zu anderen Tagen
möglich.
Eine schöne Idee – eine attraktive Umsetzung!
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Einblicke
Rezensionen
„Rufe in die Welt“- der zweite Band der Werkausgabe in der Kritik
Nach den Kulturredakteuren Anne Grages (Westdeutsche Zeitung vom 18.4.2015) und
Stefan Seitz (Wuppertaler Rundschau vom 20.5.2015) haben zwei weitere Rezensenten
das Buch besprochen:
Oliver Kohns
im
Rezensionsforum
von
Literaturkritik.de
Im - Rezensionsforum von Literaturkritik.de resümiert Oliver Kohns:
Die „Manifeste und offenen Briefe“ Armin T. Wegners lohnen eine Lektüre so nicht
nur, weil der Autor sich als Zeitzeuge und Mahner beweist, sondern auch, weil sie eine
radikale Kritik der modernen Politik und Kultur im Geiste des revolutionären Puritanismus unternehmen.
Dem Rezensenten fällt angesichts des zeitlichen Bogens, den das Schreiben der Texte
von 1914 bis 1968 umfasst neben der „Kontinuität in Wegners moralischer Energie“
vor allem dessen politische Rhetorik auf, die er durchgehend „an der Tradition der
biblischen Sprache orientiert“ sieht und für die er einige Beispiele anführt:
Man könnte sagen, Wegner übersetzt die politischen und kulturellen Themen seiner
Zeit in die Sprache der christlichen Rhetorik. Das zeigt sich nicht nur auf einer oberflächlichen Ebene der sprachlichen Bildlichkeit – etwa wenn die Völker Europas im
Ersten Weltkrieg als kopflose „Lämmer“ bezeichnet werden –, sondern vor allem auf
struktureller Ebene: Die Fanatismen und politischen Religionen seiner Zeit erscheinen
Wegner durchweg als maskierte Götzen, als falsche Idole und Abgötter. Im Nationalismus des deutschen Reichs erkennt Wegner die „Tierfratzen [s]einer Gottheit“ und
einen „rasenden Tanz um die Säule“ wieder, er klagt die „Anbetung vor den gestürzten
Machthabern“ an und verwirft „Macht und nationale Selbstsucht“ als „verfluchte Gottheit“ und als „abscheulicher Fetisch“. Die „Presse“ erscheint als „vielmäuliges, Papierund Druckerschwärze fressendes Ungeheuer“ und „riesenhafte Hure für jeden Gedanken“, während der „Gewinn“ im Kapitalismus zum „Götzen Europas“ wird.
Seine Annahme, der Schriftsteller Armin T. Wegner sei „heute weniger für seine
literarische Produktion, sondern vielmehr für seine Rolle als Zeitzeuge, insbesondere
für den Völkermord an den Armeniern in den Jahren 1915 und 1916“ wird sich hoffentlich durch die noch zu erwartenden Bände der Werkausgabe – und die nächsten
Armin T. Wegner Tage – ändern!
Die gesamte Rezension von Oliver Kohns
Eine mahnende Stimme gegen politische Abgötter
Armin T. Wegners Manifeste und offene Briefe
finden Sie unter
http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=20566
Buch der Woche:
Armin T. Wegners
„Rufe in die Welt“
Matthias Dohmen
im online Magazin
njuuz
„Politische Schriften des in Elberfeld geborenen Schriftstellers und Humanisten vereint der hier anzuzeigende Band.“
Eine ausführliche Besprechung hat Matthias Dohmen in dem Wuppertaler online
Magazin „njuuz“ eingestellt und Armin T. Wegners „Rufe in die Welt“ als Buch der
Woche empfohlen. Neben einem Überblick über den Inhalt des Buches weist er auch
auf die Armin T. Wegner Gesellschaft und das große Projekt der Werkausgabe hin.
Der ganze Artikel kann unter
http://www.njuuz.de/beitrag31290.html nachgelesen werden.
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Rolf Hosfeld: Tod in der Wüste
Der Kulturhistoriker und wissenschaftliche Leiter des Lepsius-Hauses in Potsdam, Rolf Hosfeld, legt mit dem
‚Tod in der Wüste‘ eine Gesamtdarstellung des Genozids an den Armeniern vor, wie es sie bislang im deutschsprachigen Raum nicht gab.
Wer immer sich – wie ich – bislang mit dem Thema zwar ausführlich jedoch großteils von der literarischen
Seite her befasst hatte, ist dankbar für diese dichte, zuverlässige und ansprechende Übermittlung historischer
Zusammenhänge und Hintergründe.
Es geht um die armenische Frage in der Zeit von 1878 – 1915, um die „Etappen einer kumulativen Radikalisierung“, wie der Autor diese Zeit nennt und damit nicht der These folgt, ein geplanter Völkermord habe sich
bereits 1878 abgezeichnet.
Der Autor hat bereits vor 10 Jahren eine Studie über die ‚Operation Nemesis‘ und das unter diesem CodeNamen operierende geheime Sonderkommando zur Vergeltung für den Völkermord veröffentlicht. Sie hat
teilweise in das Buch Eingang gefunden und wurde durch die Einarbeitung gerade in den letzten Jahren zahlreich vorgelegter historiographischer Forschungsergebnisse und neuester Untersuchungen komplettiert.
Im ersten Kapitel führt der Autor in die Thematik und Komplexität der Begriffsdefinition AGHET ein, und
umreißt, wie sich teilweise die Prozesse überlagern und wie sie früh schon auf den ideologischen Hintergrund
des ‚social engeneering‘, der gewaltsamen Homogenisierung in einem ethnisch sauberen Nationalstaat verweisen.
In den darauffolgenden neun Kapiteln wird Schritt für Schritt aufgezeigt wie diese Entwicklung in einem organisierten Völkermord endete: Von der Vorgeschichte unter dem blutigen Sultan, vom Aufstieg und Wandel der
Jungtürken, von den Formen und Phasen der massenhaften Deportationen, vom Beginn der Ausschreitungen
bis hin zu den ‚Endlösungen‘ in den syrischen Lagern und in der syrischen Wüste.
Darüber hinaus greift er auch die nach Kriegsende in Istanbul geführten Prozesse und Verurteilung der Kriegsverbrecher auf bis hin zur Beendigung dieser ‚Aufarbeitung‘ durch Kemal Atatürk. Und weiter geht er noch bis
zur Ermordung Talaat Paschas, folgt dem Prozess, zu dessen Bericht Armin T. Wegner das Vorwort schrieb
und den ersten Diskursen über internationale Regelungen zur Verfolgung von Massenmord.
Hosfeld hat für seine Ereignisgeschichte des Aghet eine Sprache gefunden, die gut lesbar ist und sachlich präzise informiert – und die durch ihre ruhevolle Beherrschtheit geeignet ist, auch das eigentlich nicht Mitteilbare
mitteilen zu können. Es sei, so der Autor, nicht ratsam, sich dem Thema von der Seite heutiger Moralvorstellungen zu nähern. Enver Pascha sei weder roh, noch grausam gewesen, sondern ganz einfach ‚amoralisch‘.
Im Kapitel 9
‚Endlösungen‘
befasst sich Rolf Hosfeld ausführlich
mit den literarischen Zeugnissen
Armin T. Wegners.
Der Autor bindet Briefe und Tagebuchaufzeichnungen aus Wegners ‚Weg ohne Heimkehr‘ ein in die historischen Abläufe, stellt sozusagen den Ablauf von Wegners Aufenthalt in der Türkei seinen literarischen Bekenntnissen gegenüber und verleiht ihnen dadurch gesteigerte historische Wahrnehmung. Und zu Wegners in
letzter Zeit häufig diskutierter Rolle als Augenzuge bescheinigt er ihm: „Wegners Fotografien zählen zu den
seltensten authentischen Bilddokumenten der Schauplätze des Völkermordes“ und zitiert das Unsagbare in der
expressionistischen Sprachgewalt des Armin T. Wegner in dessen Darstellung der „täglich wachsenden Schar
verwaister Kinder“.
Diese Schilderung und das Kindergesicht auf dem Buchumschlag gelangen dabei zu trauriger und bedrückender Übereinstimmung:
„Dies alles aber wurde übertroffen durch den furchtbaren Anblick der
täglich wachsenden Schar verwaister Kinder.
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Am Rande der Zeltstadt hatte man ihnen eine Reihe von Löchern in die
Erde gegraben, die mit alten Lappen bedeckt waren. Darunter saßen
sie, Kopf an Kopf, Knaben und Mädchen in jedem Alter, verwahrlost,
vertiert, verhungert, ohne Nahrung und Brot, der niedrigsten menschlichen Hilfe beraubt und vor der Nachtkälte schaudernd aneinander gedrängt, ein kleines Stückchen glimmende Holzasche in der erstarrten
Hand halten, an dem sie vergeblich versuchten, sich zu wärmen. Einige
weinten unaufhörlich.
Ihr gelbes Haar hing ungeschnitten über die Stirn, ihre Gesichter waren
von Schmutz und Tränen verklebt. Andere lagen im Sterben. Ihre Kinderaugen waren unergründlich und von Leiden ausgegraben, und obwohl sie stumm vor sich hinblickten, schienen sie doch den bittersten
Vorwurf gegen die Welt im Antlitz zu tragen. Ja, es war, als hätte das
Schicksal alle Schrecken der Erde an den Eingang dieser Wüste gestellt, uns noch einmal zu zeigen, was uns erwartet. Entsetzen ergriff
mich, dass ich klopfenden Herzens aus dem Lager eilte, und obwohl
ich auf flacher Erde dahinschritt, erfasste mich ein Schwindel, als bräche der Boden zu beiden Seiten in einen Abgrund zusammen.“
München: C.H. Beck 2015
ISBN 978 3 40667451 8
Armin T. Wegner: An eine Schwester von Gül-Hane.
Tod in der Wüste S. 205
Quelle: Der Weg ohne Heimkehr
Ein Martyrium in Briefen. Dresden: Sybillen Verlag 1920. S. 19f.
Unter den zahlreichen Veröffentlichungen zum vergangenen 24. April als dem großen Gedenktag an den Völkermord ist mir der Satz eines jungen Armeniers im Gedächtnis geblieben: „Immer am 24. April wird viel
darüber gesprochen – und am 25.4. geht das normale Leben weiter.“
Rolf Hosfelds Buch hat nicht nur einem vertriebenen und ermordeten Volk ein Denkmal gesetzt, es wird auch
ganz erheblich dazu beitragen, dass die Diskussion um den Völkermord diesmal nicht so schnell aufhört:
Denn der „Tod in der Wüste“ wird derzeit ins Armenische übersetzt und – zweifellos von ganz enormer Bedeutung: eine Übersetzung ins Türkische ist geplant!
Johanna Wernicke-Rothmayer
Rafaela Thoumassian: Werwolf oder Taube
–
Roman einer Armenierin auf neuen Wegen der Erinnerung
Rafaela
Thoumassian:
Werwolf
oder Taube
Roman
269 Seiten ISBN
978-3-7386-4062-5
Endlich gibt es auch deutschsprachige Literatur von armenischer Seite (!) zur Aufarbeitung von „Aghet“ - dem Völkermord: Die junge, in Deutschland geborene und in Berlin lebende Armenierin Rafaela Thoumassian hat jetzt soeben einen Roman in deutscher Sprache vorgelegt, der großartig geschrieben und tief und (selbst-)kritisch in
seinem Blick ist. „Werwolf oder Taube“ heißt das Buch.
Der Roman kommt leicht und spannend zu lesen daher wie ein sehr gut komponierter
Fantasy-Roman. Aber voll ernster Realität. Und auch voll Witz. Die Geschichte bewegt sich zwischen der „realen“ Welt einer modernen deutschen Armenierin, die auf
der Suche nach ihren Wurzeln mehrere Reisen nach Armenien unternimmt – und einer
„Fantasy“-Welt auf dem Grund des sagenumwobenen armenischen Sewan-Sees, die
nicht weniger real ist: Die Protagonistin Ana trifft dort ihre Ahnen, kann mit ihnen
sprechen und schafft es, in diesen tiefen Gesprächen das dunkle Grauen des Völkermords in großen (Traum-)Bildern aufzuarbeiten. All das kommt in starken und vielfältigen Bildern herüber - und ist sehr kurzweilig geschrieben. Man „lebt“ ihre große
Ambivalenz mit, ihr Schwanken zwischen dem „Werwolf“, welcher abgedrängt ins
Geleugnete, Verhärtete und Unbewusste wie ein ewiger dunkler Wiedergänger immerzu Hass, Rache und Gewalt heraufbeschwört - und der „Taube“, die trauert und sich
nach Liebe und Frieden, Vergebung und Erlösung sehnt. Auch moderne Verbündete
dieser Sehnsucht - etwa der ermordete armenische Journalist Hrant Dink * oder der
20
türkisch-deutsche Schriftsteller Doğan Akhanlı - begegnen ihr in diesem See der Erinnerung und werden Teil ihres Ringens um sich selbst. In ihrem Tauchgang zu den Anfängen sucht die Autorin statt nach Schuld nach Liebe. Scharfsinnig und mit unbeirrbarer Konsequenz hinterfragt sie dabei nicht nur die christlichen Wurzeln der armenischen Kultur sondern auch die vorchristlichen. Die Protagonistin kommt zu einem
erstaunlichen Entschluss ....
Das Buch ist im besten Sinne ein Stein des Anstoßes. Aber auf eine so liebe-volle Weise, die uns allen sehr gut und Not tut. Ein Buch zum neu Nachdenken und neu Nachfühlen über „Aghet“ - nicht nur für Menschen mit armenischen Wurzeln. Es wird irritierende und positive Impulse für diejenigen auf allen Seiten geben, deren „Erinnerung“ nach so langer Zeit verstellt und verfestigt ist von Fühllosigkeit, von vorgefertigten Gedanken und von verordneten Ritualen. Hier ist Erinnern mit neuen, klaren Wassern gewaschen - ein frischer, warmer Strom aus der Tiefe des Menschlichen öffnet
Wege aus Erstarrung und finsterer „Selbstverständlichkeit“.
Ulrich Klan
* Hrant Dink sah es als seine Lebensaufgabe – und setzte sein Leben dafür ein -, als Armenier neue Bewegung
in die Erinnerung aller zu bringen und die „Lager“ sowie Feindbilder zu überwinden. In seiner armenischtürkischen Zeitung „Agos“ schrieb er dazu u.a.:
„Es war ein Fehler der Armenier, ihr Selbstbild und ihre Identität so lange an die Anerkennung des Völkermords durch Franzosen, Deutsche oder Amerikaner und vor allem durch die Türken zu binden. Ich stelle der
armenischen Diaspora immer die gleiche Frage: „Was ist wichtiger, die Demokratisierung der Türkei oder ihre
Anerkennung des Völkermords? Brauchen wir Parlamentsbeschlüsse aus den verschiedenen Ecken der Welt?
Wird das, was wir wissen, wirklicher, wenn andere es anerkennen? Stärkt es unseren inneren Frieden, wenn
unsere Wirklichkeit Spielball ihrer Ungnade oder Gnade ist? Kann ihr verrostetes Gewissen denn Trost für
unsere Herzen sein? Lasst uns mit diesem Spiel aufhören.“
Franz Werfel und der Genozid an den Armeniern
von Roy Knocke (Herausgeber) und Werner Treß (Herausgeber)
Der Band nimmt eine interdisziplinäre Bestandsaufnahme von Biografie und Werk des
österreichisch-jüdischen Schriftstellers Franz Werfel unter dem Gesichtspunkt des
Völkermords an den Armeniern vor. Was brachte Werfel in seinem Roman „Die vierzig Tage des Musa Dagh“ zu seinem literarischen Engagement für die Armenier? Wie
sind Fiktion und historisches Geschehen in dem Roman umgesetzt und später kinematografisch verarbeitet worden? Welche Rolle spielen christliche und jüdische Anschauungen im Werk von Werfel? Welche Rezeptionslinien lassen sich aus armenischjüdisch-türkisch-deutscher Perspektive ziehen? Der Band erschließt erstmals einen der
großen Romane des 20. Jahrhunderts im Kontext des ersten modernen Genozids.
aus der Produktinformation des Verlags
Europäisch-Jüdische
Studien – Beiträge
De Gruyter Oldenbourg
2014
ISBN-10: 3110339048
ISBN-13: 9783110339048
178 Seiten, € 79,95
Beiträge über
Armin T. Wegner
Über Armin T. Wegner sind in dem Kapitel:
„Das Unerhörte, was im Orient geschehen war …“
folgende Beiträge enthalten:
Andreas Meier:
Franz Werfel und Armin T. Wegner in Palästina.
Zur Entdeckung des Armenienthemas in der deutschen Literatur.
Martin Tamcke:
Fiktion und Wirklichkeit. Wegner und Werfel.
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Der blaue Reiter ist gefallen
Dokumentation eines Vierteljahrhunderts
und des
XX. Else Lasker-Schüler-Forums
vom 27.-30. März 2014 in Solingen und Wuppertal
Zu ihrem 25-jährigen Bestehen hat die Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft
ihren elften Almanach herausgegeben: „Der blaue Reiter ist gefallen" versammelt die Beiträge vom XX. ELS-Forum, das 2014 zum Ausbruch des
Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren stattgefunden hat.
Der Band enthält unveröffentlichte Beiträge über Else Lasker-Schüler und
ihre Freundschaft zum Bildhauer Jussuf Abbo und über die Dichterin im
Spiegel der Fotografie, außerdem die Erstveröffentlichung eines Auszugs aus
Peter Handkes neuestem Prosawerk.
Herausgegeben von Hajo Jahn
und der Else Lasker-SchülerGesellschaft
Wuppertal: P. Hammer Verlag
2015
broschiert, 416 Seiten
€ 18,00 (D)
ISBN: 978-3-7795-0532-7
Herta Müller trägt ein flammendes Plädoyer für das Zentrum der verfolgten
Künste bei und Ulla Hahn schreibt über die Dichterin Gertrud Kolmar.
Neben weiteren Texten über Kunst und Krieg u.a. von Alfred Grosser und
Alan Kramer enthält der Jubiläumsalmanach zahlreiche Fotos aus 25 Jahren.
aus der Verlagsankündigung
Im Kapitel 1
„Die Urkatastrophe des XX. Jahrhunderts“
befinden sich die Vorträge von
Beiträge
über
Armin T. Wegner
Ulrich Klan: „Wege aus der Gewalt? Nach 100 Jahren Globalisierung von
Krieg und Frieden / Thesen zum modernen Krieg“ und
Michael Obst: „‘Am Tag des Kriegsausbruchs war ich der einsamste
Mensch‘ / Armin T. Wegner und der erste Weltkrieg“.
Unter dem Titel
La Lettera a Hitler
ist in Italien ein Buch erschienen über Armin T. Wegner, den „einsamen Kämpfer
gegen die Völkermorde des zwanzigsten Jahrhunderts“.
Geschrieben von Gabriele Nissim, Journalist und Essayist, Begründer der italienischen Zeitschrift ‚Der achte Tag‘, die sich mit der politischen Gegenwart osteuropäischer Länder beschäftigt.
Als Gründer und Präsident der Gariwo (Gardens of the Rightous world-wide) ist
er seit Jahren aktiv in der Erforschung und Anerkennung der Verfechter des moralischen Widerstands in all den Völkermorden und Totalitarismen des 20. Jahrhunderts. Auf sein intensives Betreiben hin wurde 2012 der 6. März als „Tag der Gerechten“ in den Kalender der EU aufgenommen.
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Nissim ist Autor einer Reihe von Dokumentarfilmen und Veröffentlichungen, u.A. Ebrei invisibili. I
sopravvissuti dell’Europa orientale dal comunismo a oggi (in Zusammenarbeit mit Gabriele Eschenazi, 1995);
L’uomo che fermò Hitler. La storia di Dimitar Pesev che salvò gli ebrei di una nazione intera. Auf Deutsch bei
Siedler: Der Mann, der Hitler stoppte. Dimitar Pesev und die Rettung der bulgarischen Juden (1998); Una
bambina contro Stalin. L’italiana che lottò per la verità su suo padre (2007) und La bontà insensata. Il segreto
degli uomini giusti (2010).
Ausgangsfigur ist eine junge Frau, die in den sechziger Jahren bei Armin T. Wegner als Sekretärin arbeitet und
zehn Jahre später mehrmals zurückkommt, um für ihre Dissertation zu recherchieren.
Die Idee dazu geht auf meinem Beitrag in dem Sammelband Armin T. Wegner, Schriftsteller – Reisender –
Menschenrechtsaktivist zurück: Deutscher Dichter sucht deutsche Sekretärin.
Mehr darüber im nächsten Rundbrief.
Johanna Wernicke-Rothmayer
Ausblicke und Termine
Unsere Wanderausstellung – eine flexible Präsentation in Modulen
Armin T. Wegner – Schriftsteller, Reisender, Menschenrechtler –
bietet zahlreiche Ansätze für eine Auseinandersetzung mit ihm
und seinem Werk. Während die einen durch seine Literatur zu ihm
finden, werden andere über seine Reisefotografien, die dokumentarischen Bilder zum Völkermord an den Armeniern oder seinen
Einsatz für Menschenrechte auf ihn aufmerksam.
Um diese verschiedenen Ansätze einem breiteren Publikum zu
eröffnen, präsentiert die Armin T. Wegner-Gesellschaft seit 2013
eine eigene Wanderausstellung. Diese wird – parallel zur Wiederauflage des Werks – kontinuierlich erweitert. Derzeit besteht die
Ausstellung aus folgenden Modulen:
Starttafel Modul 1
1.
2.
3.
4.
Modul: Biografie
Modul: Werk
Modul: Krieg und Frieden
Modul: Aghet, der vergessene Völkermord
Mit diesen Modulen werden bereits die verschiedensten
Themen und Lebenszusammenhänge im Bezug auf Wegner angesprochen. Auch Zeitgenossen bzw. Weggefährten
finden in diesen Modulen ihren Platz. So bleibt Wegner
nicht als Solitär innerhalb seiner Zeit, sondern wird in
einen größeren historischen und gesellschaftlichen Kontext gestellt. Ergänzt werden die Texte durch Bilder, Hörstationen, original Objekte und Faksimiles. Da die inhaltliche Darstellung immer nur in einem begrenzten Rahmen
erfolgen kann, werden Verweise auf andere Autoren und
Künstler oder zu Filmen mit QR-Codes gewährleistet. So
ist es z.B. möglich weitere Informationen zu Kurt Hiller
zu erhalten, da an einem als Faksimile präsentierten Brief
von Hiller ein QR-Code zur Homepage der Kurt Hiller
Gesellschaft führt. Auf diese Weise stellen wir zudem
Verbindungen zu anderen Literaturgesellschaften her.
Starttafel Modul 2
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Doch was bedeutet „eine Wanderausstellung in Modulen“?
Bei unserem Ausstellungssystem handelt es sich um fünfseitige Würfel aus Acryl, die eine Größe von 60 × 60
× 60 cm haben. Ein Modul besteht mindestens aus drei Würfeln, die übereinander gestapelt werden. Dies ermöglicht eine freistehende Präsentation im Raum. Da alle Würfel komplett zerlegbar sind, können die einzelnen Würfelseiten auch als „Bild“ an der Wand präsentiert werden. Das von uns gewählte Ausstellungssystem
bietet daher größtmögliche Flexibilität in der Präsentation, je nachdem ob mehr Wand- oder Raumfläche zur
Verfügung steht. Dadurch ergibt sich zugleich eine individuelle Ausstellung für jeden neuen Ausstellungsort.
Keine Präsentation gleicht der anderen. Das Modulsystem – ein Thema wird immer innerhalb eines Moduls
abgeschlossen – ermöglicht nicht nur die kontinuierliche Ergänzung um neue Module. Vielmehr können die
ausleihenden Institutionen ihre eigenen Schwerpunkte setzen und von einem bis hin zu vier Modulen für ihre
Präsentation wählen.
Zum 100jährigen Gedenken des Völkermords an den Armeniern ist in diesem Jahr das Modul „Aghet, der
vergessene Völkermord“ entstanden. Es besteht aus sechs Würfeln und ist damit das bislang umfangreichste
Modul. Im Fokus stehen die dokumentarischen Fotografien Wegners von der Vertreibung der Armenier. Diese
werden immer im Kontext mit Zitaten aus seinem Lichtbildvortrag zu den Geschehnissen im Osmanischen
Reich gezeigt. Das von Professor Andreas Meier herausgegebene Buch „Die Austreibung des armenischen
Volkes in die Wüste: Ein Lichtbildvortrag“ und die damit verbundene wissenschaftliche Arbeit, bilden daher
die inhaltliche Grundlage dieses Moduls.
Beipieltafeln Modul 4
Die Ausstellung im Jahr 2015
Das Jahr 2015 war im Hinblick auf die Anfragen und die Resonanz zur Wanderausstellung sehr erfolgreich.
Sie war komplett oder in Teilen
·
·
·
·
·
beim Schülerkonvent „Eurovision 1914“ des LVR in Oberhausen,
im Landtag NRW in Düsseldorf,
im Erich Maria Remarque Friedenszentrum in Osnabrück,
im Café Ada in Wuppertal
und in der evangelischen Akademie in Schwerte zu sehen.
Zudem haben wir die Möglichkeit erhalten, die Wanderausstellung bei der diesjährigen ALG-Tagung in
Münster vorzustellen. Unsere Ausstellung war innerhalb der Tagung eines der kleinsten Projekte und zugleich eines der realistischsten für Literaturgesellschaften mit kleinem Budget und ohne eigene Räume.
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Derzeit präsentieren wir – noch bis zum 10.11.2015 –
das Modul „Aghet, der vergessene Völkermord“ in der
ev.-luth. Neustädter Marienkirche in Bielefeld. Einen
gelungenen Gegenpol bildet die zeitgleich dort präsentierte Ausstellung zum „Codex Etschmiadsin“. Die Eröffnung am 18.10.2015 war ein großer Erfolg. Bei voll
besetzter Kirche haben Pastorin Susanne Böhringer und
Ruth M. Seiler die Ausstellungen eröffnet. Während der
Ausstellungszeit finden darüber hinaus folgende Begleitveranstaltungen statt:
01.11.2015, 17:00 Uhr
Konzertlesung u.a. mit Franz Werfels „Die 40 Tage des
Musa Dagh“
03.11.2015, 19:30 Uhr
Kammermusik & Film „Asche und Phoenix“
07.11.2015, 19:00 Uhr
Tigran Mansurian, Requiem & Wolfgang Amadeus Mozart, Requiem KV 626
Präsentation in der ev.-luth. Neustädter Marienkirche
in Bielefeld
Dank für die
Unterstützung
An dieser Stelle gilt mein Dank all jenen Institutionen, mit denen wir in
diesem Jahr zusammenarbeiten durften sowie allen Kooperationspartnern,
die uns bei der Umsetzung der Ausstellung behilflich waren. Dazu zählen
unter anderem der Wallstein Verlag Göttingen, das Deutsche Literaturarchiv
Marbach, die ALG, das Bundesarchiv Koblenz, das Zentrum für verfolgte
Künste in Solingen, Susanne Böhringer (Enger) sowie Ulrike Müller
(Pleudaniel). Großer Dank gebührt auch der Stadtbibliothek Wuppertal, die
es uns ermöglicht, die Ausstellung dauerhaft unterzustellen.
Ausblicke
auf 2016
Auch für 2016 stehen bereits drei Ausstellungsorte fest: Der Arbeitskreis
Ehemalige Synagoge Leutershausen wird gemeinsam mit der Stadt Hirschberg von Mitte Januar bis Ende Februar die Ausstellung in der Hirschberger
Rathausgalerie zeigen. Initiatorin war hier unser Vorstandsmitglied Birgitta
Hamann (s. Rundbrief S. 28).
neues Modul:
In 2016 wird die Wanderausstellung zudem eine Erweiterung erfahren. Das
Modul „Heimat und Exil“ wird derzeit erarbeitet und kommt im Mai 2015
zur Wuppertaler Literaturbiennale erstmals zum Einsatz. Die komplette
Wanderausstellung – die ab Mai 2016 aus fünf Modulen bestehen wird –
werden wir dann von Oktober bis Dezember 2016 erstmals komplett in der
Gedenkstätte Esterwegen präsentieren. So wird unsere Ausstellung genau an
jenem Ort gezeigt, an dem Wegner über 80 Jahre zuvor von den Nationalsozialisten inhaftiert worden war.
Heimat
und Exil
Wir freuen uns sehr auf die kommenden Kooperationen und den regen Austausch mit anderen Institutionen. Gedanken, Vorschläge, Rückmeldungen
oder Anfragen zur Ausstellung sind immer willkommen und können gerichtet werden an: [email protected]
Judith Schönwiesner
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10. November in Dortmund
Ein Buch und seine Wirkung: 30 Jahre „Ganz unten“
Günter Wallraff, Mitglied der Armin T. Wegner Gesellschaft, hat mit
vielen seiner Bücher, Filme und Reportagen Aufsehen erregt und Einfluss
auf soziale Entwicklungen genommen. „Seine Bücher haben unsere Welt
verändert“, schrieb die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Schon
Wallraffs erste „Industriereportagen“ der 60er Jahre stießen auf großes
Echo – und auf Kritik. Nicht nur in Politik und Wirtschaft. Als damals
auch Teile der literarischen Szene, Mitglieder der „Gruppe 61“, Lektoren
und Rezensenten die Nase über solches Schreiben rümpften, setzte sich
der greise Dichter Armin T. Wegner für den jungen Wallraff ein. Auf
einer Dortmunder Tagung im Mai 1966 sagte Wegner zu Fritz Hüser:
„Dieser junge Mann ist die stärkste Begabung Ihrer Gruppe. Von Wallraff
werden wir noch viel hören und lesen, wenn seine Kritiker, die braven
Versemacher, verstummt sind“.
Günter Wallraff:
Ganz unten
Kiepenheuer und Witsch, 1985
In seinem Buch „Ganz unten“ deckte Wallraff an Hand eigener Erfahrung
auf, wie kriminell Firmen von Schwarzarbeit und extremer Ausbeutung
ausländischer Arbeiter in Deutschland profitieren, damals etwa in der
August Thyssen Hütte. Er hatte sich dort von einer Leihfirma als „türkischer“ Hilfsarbeiter „Ali“ anwerben lassen, um undercover zu recherchieren. Ähnlich wie Armin T. Wegner, der neben dem Schreiben auch die
Fotografie einsetzte, bediente sich Wallraff dabei auch moderner Kommunikationstechnik wie verdeckter Audio- und Filmaufnahmen. Das
Buch „Ganz unten“ erschien am 21. Oktober 1985 - genau vor 30Jahren und wurde in mehr als 1 Million Exemplaren verkauft. „ Ganz unten“
wurde verfilmt, wurde vielfach Schullektüre und erschien übersetzt in 38
Sprachen.
Die im Buch geschilderten Zustände lösten Razzien der Polizei in Firmen
aus und führten zu einer neuen, Anteil nehmenden Sicht auf die damals so
genannten „Gastarbeiter“ sowie zu verstärkten Kontrollen der Industrie.
„Ganz unten“ führte damals zur Überwindung von „Tabus“ und „blinden
Flecken“: Endlich wurde – nicht zuletzt von Behörden – auch in Richtung Arbeitgeber gefragt, wer z.B. für Dumpinglöhne und für „Schwarzarbeit“ verantwortlich ist. Die moderne Mindestlohndebatte und Gesetzgebung geht auch auf die Impulse zurück, die der Erfolg dieses
Buches gab. Wir gratulieren Günter Wallraff!
Ulrich Klan
Günter Wallraff:
Ganz unten und Arbeitsmigration heute
mit
Ali-Ekber Koşan, Industriegewerkschaft BAU
Tag:
Ort:
Zeit:
10. November 2015
Haus der Vielfalt
Beuthstr. 21, 44147 Dortmund
18.00 Uhr
Eine Veranstaltung des Fritz Hüser Institutes in Kooperation mit der Fritz
Hüser Gesellschaft
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4. November in Wuppertal
Helene Stöcker - Buchpräsentation und Enthüllung der Gedenktafel
"Oder kann man das ändern...?"
Helene Stöcker (1869 Wuppertal - 1943 New York)
Helene Stöcker
Lebenserinnerungen
Die unvollendete Autobiographie
einer frauenbewegten Pazifistin
Herausgegeben von: Reinhold
Lütgemeier-Davin und Kerstin
Wolff
Köln: Böhlau Verlag 2015, 390 S.
Preis: € 39.90
ISBN 978-3-412-22466-0
Nachdem vor einem Jahr das Denkmal für Dr. Helene Stöcker vor der
Volkshochschule ihrer Geburtsstadt errichtet werden konnte, sind nun die
Lebenserinnerungen dieser bedeutenden Sexualreformerin, Frauenrechtlerin,
Pazifistin und Philosophin der Liebe als Buch erschienen.
Der Mut, gesellschaftliche Veränderungen anzuregen - und das schon im
deutschen Kaiserreich - zeichnete die Sozialphilosophin aus, als führende
Persönlichkeit im "Bund für Mutterschutz und Sexualreform" wie als Herausgeberin der Zeitschrift "Die Neue Generation".
Kaum jemand wagte so wie sie, Tabu-Themen anzusprechen – und kaum
jemand hatte dabei so viel Durchsetzungskraft und so langen Atem. Viele
moderne Errungenschaften im Familienrecht und in der Sozialpolitik wurden von ihr erstmals angestoßen. Und viele ihrer weit blickenden Vorschläge warten heute noch immer auf Verwirklichung.
Wie andere, die ihrer Zeit weit voraus waren, hatte auch Helene Stöcker
zahlreiche Angriffe auf die eigene Person auszuhalten. Die Verfolgung
durch den NS-Staat zwang die weit über Deutschland hinaus bekannte Philosophin 1933 in die Emigration. Heimatlos geworden, suchte die 64-jährige
Aufnahme in verschiedenen Ländern. 1943 starb Helene Stöcker in den
USA.
An der Veröffentlichung dieses bedeutsamen Buches war auch die Armin T. Wegner Gesellschaft durch
Spenden beteiligt – sie ist darin ausdrücklich dankend erwähnt. Der Wuppertaler Journalist Matthias Dohmen hat über Stöckers „Lebenserinnerungen“ soeben die online-Rezension „Was für ein Buch!“ veröffentlicht, auf die wir gerne hinweisen:
http://www.njuuz.de/beitrag32758.html.
Auf Einladung von ‚Geschichte Gestalten‘ und der Armin T. Wegner Gesellschaft präsentiert der Herausgeber Dr.
Lütgemeier-Davin die bewegende Autobiografie Helene Stöckers erstmals in
Wuppertal.
An diesem Abend wird in der VHS –
ergänzend zu ihrem Denkmal – eine Gedenktafel für Helene Stöcker enthüllt.
Tag und Zeit: 4. November um 18.00 Uhr
Ort:
Bergische Volkshochschule VHS
Auer Schulstr. 20,
42103 Wuppertal-Elberfeld
Eintritt frei
Eine Veranstaltung von ‚Geschichte Gestalten‘
und der Armin T. Wegner Gesellschaft e.V.
mit der Bergischen Volkshochschule
In Rom hat Mischa Wegner Helene Stöckers „Liebe“ in der Bibliothek seines
Vaters entdeckt und uns die darin enthaltene Widmung geschickt:
Dem menschlichen Dichter
Armin T. Wegner
der Dichterin Lola Landau
in Gesinnungsgemeinschaft
Helene Stöcker
Nikolassee
Dez. 1922
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Parujr Sewak - Meistergedichte der Moderne
armenisch-deutsche Lyrikauswahl (Neuerscheinung)
Parujr Sewak:
Und sticht in meine Seele
24 und 4 Gedichte
Übersetzer:
Agapi Mkrtchian
und Heide Rieck
Verlag Hans Schiler
1. Auflage (2015)
104 Seiten - 16.00 €
ISBN
978 – 3899 – 3003 -7 -6
Nach der Edition „Mein Armenien“ des Lyrikers Jeghische Tscharenz im arcoVerlag unseres
Gründungsvorsitzenden Christoph Haacker (s. Rundbrief Nr. 14) erschien soeben im Verlag Hans Schiler abermals eine mutige Auswahl neuerer armenischer Gedichte in deutscher Übersetzung und im Original: Verse des in Armenien berühmten Dichters Parujr Sewak (1924 - 1971). Unausgesprochen und
unabgesprochen bauen beide Lyrikbände auf einander auf. Tscharenz
(1897 – 1937), der Erneuerer der armenischen Literatur, fiel Stalins Terror zum
Opfer. Sewak war schon als Kind begeistert von Tscharenz` Werk. Er las dessen verbotene Bücher und trat in seine
Fußstapfen. In seinem Nachwort des neuen Lyrikbandes von Sewak zitiert
Prof. Samwel Muradjan, Universität Jerewan, den Dichter: „Ich kannte im
Dorf Jeghisches Namen. Ich wusste, dass Tscharenz das Rückgrat der armenischen Literatur ist. Tscharenz‘ Horizont ist die ganze Welt, seine Motive sind
international. Deshalb tat es mir sehr weh, als ich erfuhr, dass seine Bücher
aus der Bibliothek entfernt wurden. Ein Exemplar vom „Buch des Weges“
stahl ich aus der Bibliothek. Ich las es die ganze Nacht.“
Sewaks eigene Gedichte sind den Weg der Erneuerung und der Wahrhaftigkeit
konsequent weiter gegangen. Er gab seinem traumatisierten Volk eine neue
Stimme und neuen Mut. Mit kraftvoller Phantasie und ungeheurer Treffsicherheit wurde er zu einem der beliebtesten Dichter im Armenien der Gegenwart.
Sein Werk zeigt: Es gibt größte Populärität jenseits von Populismus.
Dass seine Verse jetzt zweisprachig vorliegen – und dass wir sie in einem berührenden Deutsch lesen können, verdanken wir dem wunderbaren Übersetzerinnen-Team Agapi Mkrtchian und Heide Rieck.
Wir sind wenige, aber Armenier
Wir erheben uns über niemanden.
Ja, anders war unser Los.
Ja, wir haben viel Blutzoll entrichtet …
Doch unterjochten wir kein anderes Volk.
Niemand hatte unter unserem Arm zu leiden.
Wenn wir gefangen nahmen,
Nur mit unseren Büchern.
Wenn wir herrschten,
Nur mit unseren Talenten …
Parujr Sewan (Auszug)
aus dem Zyklus „Gedichte außerhalb der Reihe“
Die Armin T. Wegner Gesellschaft stellt in Kooperation mit dem ArmenischAkademischen Verband 1860 den neuen Gedichtband vor:
Lesung im
Stadtarchiv Bochum
in armenischer und
deutscher Sprache
"Parujr Sewak - Und sticht in meine Seele - 24 und 4 Gedichte
musikalische Lesung
mit Heide Rieck und Agapi Mkrtchian (Lesung)
und Christiane Conradt (Violoncello)
Tag:
Zeit:
Ort:
11. Dezember 2015
19:00 Uhr
Stadtarchiv Bochum
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31. Januar bis 28. Februar 2016
Ausstellung
Genozid an den
Armeniern
Eröffnung:
31. Januar 2015
11.00 Uhr
im Rathaussaal.
In Leutershausen - Hirschberg (nahe Heidelberg) wird in der Hirschberger Rathausgalerie das Modul unserer Wander-Ausstellung zum „Genozid an den Armeniern“ zu sehen sein (s. Rundbrief S. 25).
Veranstalter ist der Arbeitskreis Ehemalige Synagoge Leutershausen gemeinsam
mit der Stadt Hirschberg in Zusammenarbeit mit der Armin T. Wegner Gesellschaft. Am Vorabend der Eröffnung wird der Film „The Cut“ von Fatih Akin im
Olympiakino Leutershausen gezeigt.
Eine literarisch-musikalische Lesung zu Armin T. Wegner mit Ulrich Klan und
einem armenischen Musiker ist für das Wochenende 20./21. Februar geplant.
Weitere Angaben unter www.arbeitskreis-synagoge-leutershausen.de oder auf
unserer Website.
25. Mai – 05. Juni 2016
Literaturbiennale in Wuppertal
„Utopie Heimat“
Wuppertaler
Literaturpreis
Einsendeschluss:
31. Januar 2016
Armin T. Wegner
Ausstellung - neues
Modul „Heimat und
Exil“
Literaturpreis für junge AutorInnen und
Armin T. Wegner-Ausstellung
Dass die Kultur in Wuppertal finanziell nicht auf Rosen gebettet ist, hat sich bundesweit herumgesprochen. Umso erstaunlicher ist, wie hier die Not erfinderisch
macht. Viele kreative Köpfe, ein Netzwerk von Kulturschaffenden und ein engagiertes städtisches Kulturbüro verwandeln nachhaltig Mangel in Energie: In einer
abermaligen Kooperation von Künstlern und literarischen Gesellschaften wird die
Stadt weit über ihre Grenzen hinaus zu einem neuen Anziehungspunkt für Literatur. Vom 25. Mai bis 05. Juni 2016 organisiert die Stadt Wuppertal zum dritten
Mal eine Literaturbiennale mit Ausstrahlung in den gesamten deutschsprachigen
Raum. Es werden AutorInnen eingeladen – und zwar prominente internationale
wie noch wenig bekannte aus der Region – und man macht das große literarische
Erbe dieser Stadt lebendig. Das Thema aller Veranstaltungen ist diesmal „Utopie
Heimat“ - ein Motto, welches Spannung und Dynamik verheißt. Es birgt zugleich
Tiefe und höchste Aktualität. Auf diese „offene Frage“ konnte sich der runde „Literaturtisch Wuppertal“ für 2016 verständigen – und zwar voraus schauend schon
vor einem Jahr als Ergebnis der Beratungen von Vertretern der Armin T. Wegner-,
Else Lasker-Schüler- und Goethe-Gesellschaft, des Künstlerinnenverbandes
GEDOK, des Verband Deutscher Schriftsteller (VS), der Initiative GeschichteGestalten und der Poetry-Slam-Bewegung.
Für junge deutschsprachige AutorInnen bis zu einem Alter von 35 Jahren schreibt
die Biennale erneut einen Literaturpreis aus. Ein bis zu 10 DIN A 4 Seiten langer
Erzähltext zum Thema der Biennale kann bis zum 31. Januar 2016 eingereicht
werden unter www.wuppertaler-literaturpreis.de . Der Hauptpreis ist mit 3000.- €
dotiert - und es gibt zwei Förderpreise über je 1000.- €.
Auf der Wuppertaler Biennale und zu ihrem Thema wird die Stadt gemeinsam mit
unserer Gesellschaft ein neues Modul unserer Armin T. WegnerWanderausstellung eröffnen. Unter dem Ausstellungstitel „Heimat und Exil“ erarbeitet Kuratorin Judith Schönwiesner, Vorstandsmitglied der Armin T. Wegner
Gesellschaft, derzeit neue Bilder, Hörstationen und Texte zu diesem großen Aspekt in Werk und Leben Armin T. Wegners wie auch Lola Landaus, Irene
Kowaliskas und weiterer Künstler und Persönlichkeiten, die wie er ins Exil getrieben wurden (s. auch Rundbrief S. 25).
In diesem Rahmen ist auch eine Einführung über Armin T. Wegner und seine
schriftstellerische Tätigkeit im italienischen Exil geplant (siehe auch unten).
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15./16. Oktober 2016
Armin T. Wegner Tage in Berlin
Die Armin T. Wegner Tage 2016 werden im nächsten Jahr nicht wie gewohnt im Frühjahr, sondern im Oktober stattfinden. Denn am 16. Oktober
2016 jährt sich Wegners Geburtstag zum 130. Mal.
Armin T. Wegner in Italien
wird das Thema sein. Neben den Orten, an denen Wegner in Italien gelebt
hat
- u.a. Positano, Stromboli, Rom
wird das Hauptaugenmerk der Literatur gelten:
den Gedichten, Vorträgen, Skizzen und Hörspielen, die er dort verfasst hat.
Und auch den Briefen, die er u.a. seit 1909 aus Italien geschrieben hat.
Wir trauern um unser Gründungsmitglied, den Schriftsteller Arnim Juhre, der am 28. September 2015 in
Wuppertal verstorben ist.
Nachruf
„Es warten
noch Fragen
auf Antwort…“ –
eine Erinnerung
an
Arnim Juhre
von
Susanne Brandt
„Was hältst Du von diesem Text?“ oder „Wer kümmert sich um dieses Thema?“ oder „Auf welchen Wegen
können wir darauf aufmerksam machen?“… - unter den ungezählten Briefen einer intensiven, rund 20 Jahre währenden Korrespondenz mit Arnim Juhre gibt es viele, die diese und ähnliche Fragen enthalten und
entfalten: leidenschaftlich, beharrlich, manchmal auch zornig. Sein deutliches Mahnen und besorgtes Nachfragen wird mir und vielen anderen Menschen fehlen. Am 28. September ist Arnim Juhre im Alter von 89
Jahren gestorben.
Hochsensibel für Fragen der Menschenrechte, im Alter zunehmend auch für Fragen des Klimaschutzes und
der dramatischen Veränderungen der Umwelt, unterstützte Arnim Juhre die Arbeit von verschiedenen Verbänden und Vereinen, ohne sich jemals vereinnahmen zu lassen. Seine Solidarität im Engagement für gemeinsame Interessen war immer auch von einer kritischen Distanz geprägt. Stets hörte er aufmerksam zu,
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fragte gründlich nach, erhob Einspruch, wenn er dafür einen Anlass sah, konnte in der Sache scharfe Kritik
üben, tat das jedoch stets mit Achtung vor der Meinung und Persönlichkeit seines Gegenübers. Mit dieser
Haltung war er eine unverwechselbare Stimme im Gründerkreis der internationalen Armin T. Wegner Gesellschaft und im festen Kern der Textautor/-innen- und Komponist/-innen-Tagung TAKT, war ebenso
Mitglied bei der Else Lasker-Schüler Gesellschaft, beim Verband deutscher Schriftsteller und gehörte zum
deutschen Zentrum des P.E.N.. Initiativen für „writers for peace“, „writers in prison“ und „writers in exile“
wurden durch ihn nachhaltig unterstützt.
Besonders in der Zeit zwischen 2000 und 2010, als ich in Papenburg lebte und mich dort in der Gedenkstättenarbeit zu den Emslandlagern engagierte, spielte in unserem regelmäßigen Briefwechsel das Thema „Armin T. Wegner“ immer wieder eine Rolle. Arnim Juhre selbst hatte 2000 im Rahmen einer TAKT-Tagung
die Gelegenheit, Papenburg zu besuchen und sich dort mit jener Landschaft vertraut zu machen, die durch
das Lager Börgermoor mit dem Leben von Armin T. Wegner verbunden und u.a. durch Wegners Briefwechsel mit Lola Landau unter dem Titel „Welt vorbei“ dokumentiert ist. Mit einer kleinen Geschichte vom
„Mann mit dem Bücherkoffer“ nahm er darauf Bezug. Und noch etwas war für Arnim Juhre bei seinem
Besuch in Papenburg von besonderer Bedeutung: Sein drängendes Mahnen gegen die Legendenbildung um
den Reichstagsbrand 1933 fand dort wie in den Folgejahren noch an vielen anderen Orten durch die öffentliche Generalprobe seines Werks für Sprecher, Pauke und Orgel „Eines Tages müssen wir die Wahrheit
sagen“ erstmals Gehör und wurde anschließend, moderiert durch den Gedenkstättenleiter Kurt Buck, zur
Diskussion gestellt.
Viele Wuppertaler werden ihre eigenen Begegnungsgeschichten mit Arnim Juhre zu erzählen wissen, bei
denen sie ihn als aufmerksamen Gesprächspartner und Impulsgeber – immer offen für die Anliegen der
Armin T. Wegner Gesellschaft – erleben konnten. Als unermüdlicher „Spurensucher“ widmete er sich in
literarischen und journalistischen Texten aber auch anderen Persönlichkeiten, die Verfolgung erlitten haben,
gegen Krieg und für Menschenrechte eingetreten sind: So geht es in dem Oratorium „Die Eiche im Dom“
um den Künstler Ernst Barlach. Und neben Armin T. Wegner befasste er sich ebenfalls mit Johannes
Lepsius und seiner Bedeutung als Helfer und Anwalt des armenischen Volkes – um nur zwei Beispiele
seiner umfassenden biografischen Nachforschungen auf verschiedenen Gebieten zu nennen.
In langer kollegialer Verbundenheit mit dem ehemaligen Chefredakteur des „Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatts“ Günter Geschke, der 2014 starb, schätzte Juhre die Möglichkeit, solche Themen wie auch Literarisches hin und wieder in der von Geschke herausgegebenen Zeitschrift „Das Gespräch aus der Ferne.
Vierteljahreshefte zu wesentlichen Lebensfragen unserer Zeit “ (gegründet 1946) zu veröffentlichen. Seine
beruflichen Erfahrungen, u.a. als Lektor beim Peter Hammer Verlag und Lutherischen Verlagshaus Hamburg wie auch als Literaturredakteur beim Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatt flossen nach seinem „Ruhestand“ in eine fortwährende publizistische und literarische Tätigkeit ein, für die er vor allem die klassischen Printmedien – Buch und Zeitschrift – schätzte. Mit den Möglichkeiten des Internets und der OnlineKommunikation mochte er sich nicht mehr anfreunden.
„Manchmal wirken wir Gottes Frieden, manchmal wirken wir nichts“ – auch das gehörte zu Arnim Juhre:
seine Auseinandersetzung mit dem christlichen Glauben, die nie „leichtgläubig“ daher kam. Mit der eben
zitierten Zeile, die als 4. Strophe einen Text von seinem Schweizer Dichterfreund Kurt Marti zum Abschluss bringt, ist Arnim Juhre in zahlreichen Gesangbuchausgaben zu finden. Sein gesamtes Schaffen als
Liederdichter zu würdigen, würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen. Eine Bibliografie zu seinen Werken wie zu Vertonungen seiner Gedichte, die 2005 anlässlich seines 80. Geburtstages erstellt wurde (unter
ISBN 3-938500-03-4 beim Strube-Verlag erschienen), zählte damals rund 270 Musikwerke zu seinen Texten. Es werden heute weit über 300 sein!
Arnim Juhre – ein Friedenssucher, ein Mahner, ein Zweifler, ein Nachfrager, der auch das gesungene Wort
nicht leicht und widerstandslos über die Lippen gehen lässt. Gut so. So wird uns seine Stimme in Erinnerung bleiben: nie schnell und geschmeidig dahin gesprochen, manchmal sperrig. Und einige Fragen, die er
mir mit seinen letzten Briefen während des Jahres gestellt hat, warten noch auf Antwort…
Susanne Brandt
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Arnim Juhres letzte Veröffentlichung Mit Glasfedern schreiben, 14 Kurzgeschichten und ein Nachwort, wurde von Susanne Brandt im Rundbrief Nr. 17 vorgestellt. Das Buch ist in der Reihe Die besonderen Hefte (ISBN: 978-3-935421-91-1) im NordPark Verlag erschienen.
Das folgende Gedicht hat Arnim Juhre 1965 geschrieben, erstmals wurde es veröffentlicht in der Anthologie ‚Stimmen vor dem Tag. Gedichte aus diesem Jahrhundert‘. Gesammelt in biblischer Sicht von Kurt
Marti‘. München: Siebenstern Taschenbuchverlag 1967.
Begebenheit
Es begab sich aber zu der Zeit,
da die Bibel ein Bestseller war,
übersetzt in 197 Sprachen,
und das Neue Testament
noch sechzigmal mehr,
daß alle Welt sich fürchtete:
vor selbstgemachten Katastrophen,
Inflationen, Kriegen, Ideologien,
vor Regenwolken, radioaktiv,
und Raumschiff-Flottillen,
die spurlos verglühn.
Als die Menschenmenge auf dem Wege war,
ungeheuer sich vermehrend,
hinter sich die Vernichtungslager der Vergangenheit,
vor sich die Feueröfen des Fortschritts;
wo alle Welt täglich geschätzt und gewogen wurde,
ob das atomare Gleichgewicht stimmt,
hörte man sagen:
Laßt uns nach Bethlehem gehen.
Gedenkveranstaltung
Am 6. Dezember wäre Arnim Juhre 90 Jahre alt geworden. An diesem
Sonntag findet eine musikalisch-literarische Gedenkveranstaltung für ihn in
der Pauluskirche, Wuppertal-Unterbarmen, statt. Nähere Hinweise auf unserer Website.
Die Rundbriefe der
Armin T. Wegner Gesellschaft
erscheinen zweimal jährlich (Ende Juni und Ende Dezember) und werden
allen Mitgliedern – in der digitalen Version auch Freunden – der Armin T.
Wegner Gesellschaft kostenlos zugestellt.
Beiträge bis 15. Mai bzw. 15. November an die Redaktion
Redaktion und Versand:
Johanna Wernicke-Rothmayer
[email protected]
und
Sabine Lehmann
[email protected]
Die News Letter der
Armin T. Wegner Society of USA sind
auf Anfrage ebenfalls digital erhältlich:
Zaven Khatchaturian
[email protected]
http://www.armin-t-wegner.us
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