Ermittlung von Fliesskurven und r-Werten eines 34MnB5

Ermittlung von Fliesskurven und r-Werten eines 34MnB5-Stahles als
Grundlage für die Simulation des Rohrziehens
K. Kern1, M. Lüchinger1,2, M. Schreiner1, N. Herres1, W. Tillmann2
1) Interstaatliche
Hochschule für Technik Buchs SG (CH)
2) Technische Universität Dortmund (D)
Bestimmung der r-Werte (Fliessortkurve)
Für die Simulation von Umformprozessen werden Materialmodelle benötigt, die das Fliessverhalten des Werkstoffs
beschreiben [1, 2]. Die Fliesskurve und die quadratische
Fliessortkurve nach Hill lassen sich durch Versuche an
Druckproben ermitteln. Aus normalisierten Rohren (34MnB5)
wurden vor dem Ziehen kleine Druckproben entnommen. Mit
diesen wurden die Fliesskurven und die r-Werte für die
Beschreibung der Fliessortkurve ermittelt.
• Proben: Würfel mit definierten
Orientierungen aus der Rohrwand [4]
(B x D x H = 3,02 x 2,98 x 3,1 mm)
b = B1-B0 (abs. Breitenänderung)
d = D1-D0 (abs. Dickenänderung)
b,d … Breiten-/Dickenumformgrad
0 … vor Stauchung
1 … nach Stauchung
I. Simulation der Ausbauchung in Abhängigkeit von der Reibzahl 
Bestimmung der Fliesskurven
nachher
• Proben: Zylinder (D x H = 4 x 6 mm)
aus der Rohrwand
• Ermittlung der Fliesskurve durch Stauchen
der Proben bis zum Umformgrad  = 0,8 bei
verschiedenen Umformgeschwindigkeiten:
 = 1; 10; 100 s-1 und vier Starttemperaturen: T = 20; 100; 200; 300°C
Umformgeschwindigkeit = 10s-1
450
400
Temperaturabnahme durch
Wärmeabfluss über Druckstempel:
Temperatur [°C]
350
kf … Fliessspannung / D … Dissipation
cp … Wärmekapazität / ρ … Dichte
Ausbauchung
3
Probengeometrie
=0
 = 0.025
 = 0.05
 = 0.075
 = 0.1
2
1
300
250
200
=0
 = 0.025
 = 0.05
 = 0.075
 = 0.1
b
0.2
0.15
0.1
max
0.05
0
1.55
1.6
Halbe Probenbreite [mm]
d
0
max
0.02
0.04
0.06
Ausbauchung [mm]
0.08
II. Experiment mit Variation der Reibung
150
100
nach dem Stauchen:  = -14.9  0.1 %
vor dem Stauchen:
50
0
0.25
0
1.5
Breiten- und Dickendehnung
0.3
bmax /2
Durch die Reibung zwischen Probe und Druckstempel werden die ermittelten r-Werte verfälscht. Sowohl die FE-Simulation als auch die Experimente mit verschiedenen Reibungszuständen zeigen, dass zwischen dem
Ausbauchungsgrad und der maximalen Breiten- und Dickenänderung der
Proben ein linearer Zusammenhang besteht. Mit Hilfe von Druckversuchen
bei verschiedenen Reibungen wurde auf eine Ausbauchung von «Null»
extrapoliert, was dem reibungsfreien Zustand entspricht.
I. Berechnung der Probentemperatur
Temperaturerhöhung aus
Umformenergie:
Probenbreite vor und nach Stauchung
4
Probenhöhe [mm]
vorher
• Mikroskopische Ermittlung von Breitenund Dickenumformgrad (b und d)
bei Stauchung (statisch) um h = -0,15
Verschiebung [mm]
Motivation
mit Aceton gereinigt
0
0.2
0.4
Umformgrad [-]
0.6
phosphatiert u. beseift
mit Teflon geschmiert
0.8
α … Wärmeübergangszahl / h … Probenhöhe
T∞ … Stempeltemperatur / t … Zeit
II. Modellbildung für die Simulation
800
800
700
T
500
TStart = 100°C
Start
400
200
T
= 200°C
T
= 300°C
Start
Start
300
= 20°C
0.2
0.4
0.6
Umformgrad [-]
700
600
0.8
gemessene nicht-isotherme Fliesskurven mit
Johnson-Cook-Modell [3]
0.35
0.3
0.3
0.25
Telflonband
Zn-Phosphat+Seife
Aceton-Reinigung
Regression
0.2
0.1
T = 20°C
T = 100°C
T = 200°C
T = 300°C
400
200
0.35
0.15
500
300
Johnson-Cook
0
bmax [mm]
900
Spannung [MPa]
Spannung [MPa]
900
600
Umformgeschwindigkeit = 10s-1
1000
0.4
0
0.2
0.4
0.6
Umformgrad [-]
dmax [mm]
Umformgeschwindigkeit = 10s-1
1000
absolute Dickendehnung für rx00
absolute Breitendehnung für rx00
0.4
0
0.1
0.2
Ausbauchung [mm]
0.25
Telflonband
Zn-Phosphat+Seife
Aceton-Reinigung
Regression
0.2
0.15
0.1
0.3
0
0.1
0.2
Ausbauchung [mm]
0.3
r-Werte für 5 verschiedene Probenorientierungen (Druckrichtung
):
0.8
x
isotherme Fliesskurven durch Auswertung des Modells für T=const.
Literatur:
[1] D. Banabic, et al., Formability of Metallic Materials, Springer Verlag, Berlin 2000.
[2] M. Merklein, Charakterisierung von Blechwerkstoffen für den Leichtbau, Meisenbach
Verlag, Bamberg, 2006.
[3] G. R. Johnson, W. H. Cook, Proceedings of the 7th Int. Symp. on Ballistics 1983, S. 541-547
[4] M. Terano et al., Journal of Solid Mechanics and Materials Engineering 2009, S. 256–266.
Danksagung:
Das Projekt wurde gefördert durch die Förderagentur des Bundes: Kommission für
Technologie und Innovation (KTI) unter dem Kennzeichen 15031.1 PFIW-IW
Wir bedanken uns beim Institut für Bildsame Formgebung der RWTH Aachen für die Messung
der Fliesskurven.
z
y
rx00
rx45
rx90
ry45
rz45
0,86  0,04
0,99  0,12
0,89  0,08
2,11  0,37
2,18  0,31
x: radiale Richtung / y: Umfangsrichtung
z: Achsrichtung
Erkenntnisse:
Die Fliesskurven wurden mit dem Johnson-Cook-Modell mathematisch beschrieben. Die gemessenen Fliessspannungen sind stark
abhängig von der Temperatur, während die Abhängigkeit von der
Umformgeschwindigkeit weniger stark ausgeprägt ist.
Der r-Wert, kennzeichnend für die Materialanisotropie, wurde in
unterschiedlichen Richtungen an Würfelproben bestimmt.
Die Ermittlung des r-Werts für den reibungsfreien Zustand gelingt
durch Extrapolation der reibungsbehafteten r-Werte.