Körperliche Aktivität bei älteren Erwachsenen: Überprüfung des

Psychologisches Institut, Angewandte Sozial- und Gesundheitspsychologie
UFSP Dynamik Gesunden Alterns
Körperliche Aktivität bei älteren Erwachsenen: Überprüfung
des HAPA-Modells auf inter- und intraindividueller Ebene
Walter Bierbauer1,2, Sabine Schäfer3, Maike Kleemeyer3, Urte Scholz1,2
1Angewandte Sozial- und Gesundheitspsychologie, Universität Zürich
2UFSP Dynamik Gesunden Alterns
3Forschungsbereich Entwicklungspsychologie, Max-Planck-Institut für Bildungsforschung Berlin
Kontakt
[email protected]
www.psychologie.uzh.ch/fachrichtungen/angsoz.html
Theoretischer Hintergrund & Ziel der Studie
Körperliche Inaktivität (WHO, 2010)
Theoretisches Modell
 maßgebender Risikofaktor für Mortalität und
Selbstwirksamkeit
nichtübertragbare Krankheiten
Handlungskontrolle
 Europa ~ 50 % inaktiv
 Deutschland 79.6 % inaktiv (Krug et al., 2013)
Handlungsergebniserwartung
 84.2 % der Deutschen 60 – 80-Jährigen zu wenig aktiv
Intention
Verhalten
 Aktivitätsempfehlung der WHO siehe Abbildung 1
Planung
Risikowahrnehmung
Abb.1: Körperliche Aktivitätsempfehlungen der WHO, 2010.
Ziel: Überprüfung der Annahmen des HAPA-Modells auf der inter- und intraindividuellen Ebene bei
Volitionale Phase
M o t i v a t i o n a l e Ph a s e
älteren Erwachsenen im Kontext der körperlichen Aktivität.
Abb.2: Sozial-kognitives Prozessmodell des Gesundheitsverhaltens (HAPA; Schwarzer, 2008)
Methode
Stichprobe
Monatliche Fragebögen
Alter: M = 66 Jahre (SD = 4.3),
N = 52 inaktive, gesunde Personen
Min – Max = 60 – 73 Jahre
61.5 % weiblich (32 Personen)
Körperliche Aktivität
HAPA Konstrukte (Skala 0 – 5)
Risikowahrnehmung
Wenn ich nicht regelmäßig körperlich aktiv bin, ist die Wahrscheinlichkeit hoch,
dass ich irgendwann einmal ernste gesundheitliche Probleme bekomme.
Handlungsergebniserwartung
Studiendesign
Sieben Fragen zur generellen körperlichen
Aktivität in den letzten vier Wochen:
Bsp.: Sind Sie in den letzten 4 Wochen Fahrrad gefahren?
Nein / Ja? Wie lange? _____Stunden _____Minuten
Ich sehe mehr Vor- als Nachteile darin, regelmäßig körperlich aktiv zu sein.
Selbstwirksamkeit
52 Personen x 6 Messzeitpunkt = 312 Beobachtungen
Sechs monatliche Fragebögen
Ich bin mir sicher, dass ich es in den nächsten vier Wochen schaffen kann,
regelmäßig körperlich aktiv zu sein, auch wenn es schwierig wird.
Intention
Ich beabsichtige, in den nächsten vier Wochen regelmäßig körperlich aktiv zu
sein.
Stunden in MET (metabolische Äquivalent) umgewandelt.
MET vergleicht die Sauerstoffaufnahme in Ruhe mit der
Sauerstoffaufnahme bei Belastung.
Planung
M1
M2
M3
M4
M5
M6
T1
T2
Ausschnitt aus der Studie „Auswirkungen
körperlicher Bewegung auf kognitive und
neurophysiologische Parameter bei älteren
Erwachsenen“, MPI-Berlin, 2012
Ich habe für die nächsten vier Wochen genau geplant, wie ich körperlich aktiv
sein werde.
MMET/Monat = 34.32 MET (SD = 28.76)
M6 Monate = 203.26 MET (SD = 126.31)
Handlungskontrolle
Ich habe mir in den letzten vier Wochen meine Vorsätze für meine körperliche
Aktivität stets vor Augen gehalten.
Ergebnisse
Intention über die Zeit
Körperliche Aktivität
Intercept
 61.5 % (23 Frauen, 9 Männer) inaktiv über 6 Monate
 Männer bewegten sich signifikant mehr als Frauen,
t310=4.42, p<.001, Mw = 179.19 (SD=107.56), Mm = 241.78
Zeit
Intention
(SD=141.50)
interindividuell
Intention
Körperliche Aktivität über die Zeit
Intercept
intraindividuell
Zeit
Selbstwirksamkeit
Selbstwirksamkeit
Selbstwirksamkeit
interindividuell
in t e rin d ivid u el l
intraindividuell
Selbstwirksamkeit
in t ra in d ivid u e l l
Handlungsergebniserw.
Intention
in t e rin d ivid u el l
interindividuell
intraindividuell
in t ra in d ivid u e l l
Risikowahrnehmung
Planung
in t e rin d ivid u el l
interindividuell
in t ra in d ivid u e l l
Abb.3: Gestrichelte Linie entspricht WHO Empfehlung, grün – mittlere Aktivität der
aktiven Probanden, rot – mittlere Aktivität der inaktiven Probanden, N=308.
Handlungskontrolle
Handlungskontrolle
Handlungsergebniserw
Risikowahrnehmung
Körperliche
Aktivität
Motivationale Phase
Planung
Volitionale Phase
intraindividuell
Abb.4: Ergebnisse der Mehrebenenanalyse. Werte entsprechen unstandardisierten Regressionskoeffizienten (b), Volitionales Modell zusätzlich für Geschlecht kontrolliert (b=0.40,
p=.004). * p<.05., ** p<.001
Diskussion
 Konsistent mit den Ergebnissen vorangegangener Studien sind Männer körperlich aktiver als Frauen (Krug et al., 2013). Außerdem ist die Rate der inaktiven Personen hoch (61,5 %; Varo et al., 2003).
 Risikowahrnehmung wurde oft als schwächster Prädiktor für Intention innerhalb des HAPA identifiziert (Schwarzer, 2008; Scholz et al., 2009). Auch in dieser Studie trug die Risikowahr. nicht signifikant zur
Intentionsgewinnung bei. Risikowahr. dient oft als Ausgangspunkt für den Verhaltensänderungsprozess. Durch vorangegangenes Training sind Probanden womöglich über diesen Punkte hinaus.
 Entgegen zahlreicher Befunde (Schwarzer et al., 2008; Sniehotta et al., 2005) ist interindividuelle Planung negativ mit körperlicher Aktivität assoziiert; Kausalrichtung allerdings unklar.
 Stärken: Sechs Messzeitpunkte pro Person mit kaum fehlenden Daten, Berücksichtigung der genesteten Datenstruktur durch die Anwendung von Mehrebenenanalysen.
 Schwächen: Stark selektierte, kleine Stichprobe, Einzel-Item Messungen, körperliche Aktivität im Selbstbericht erhoben, Erhebungszeitraum Dezember bis Mai (mittlere Temperatur 4,7 C°).
Referenzen
Krug, S., Jordan, S., Mensink, G., Müters, S., Finger, J. & Lampert, T. (2013). Körperliche Aktivität: Ergebnisse der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1).
Bundesgesundheitsblatt, Gesundheitsforschung, Gesundheitsschutz, 56 (5-6), 765–771.
Scholz, U., Keller, R. & Perren, S. (2009). Predicting behavioral intentions and physical exercise: a test of the health action process approach at the intrapersonal level. Health
psychology : Official journal of the Division of Health Psychology, American Psychological Association, 28 (6), 702–708.
Schwarzer, R. (2008). Modeling Health Behavior Change: How to Predict and Modify the Adoption and Maintenance of Health Behaviors. Applied Psychology, 57 (1), 1–29.
Schwarzer, R. & Luszczynska, A. (2008). How to overcome health-compromising behaviors: The health action process approach. European Psychologist, 13 (2), 141–151.
Sniehotta, F. F., Scholz, U. & Schwarzer, R. (2005). Bridging the intention‐behaviour gap: Planning, self-efficacy, and action control in the adoption and maintenance of physical
exercise. Psychology & Health, 20 (2), 143–160.
Varo, J. J., Martínez-González, M. A., Irala-Estévez, J. de, Kearney, J., Gibney, M. & Martínez, J. A. (2003). Distribution and determinants of sedentary lifestyles in the European
Union. International Journal of Epidemiology, 32 (1), 138–146.
WHO. (2010). Global recommendations on physical activity for health. Geneva, Switzerland: World Health Organization.