Erfolg für angestellte Lehrer

OSTWESTFALEN-LIPPE / NRW
WESTFALEN-BLATT Nr. 271
Freitag, 20. November 2015
LWL: Es fehlen
42,5 Millionen
WestfalenLexikon
Münster (dpa/WB). Weil im
Haushalt des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe eine gewaltige
Lücke klafft, müssen die Kreise
und Städte womöglich mehr zahlen. Für das Jahr 2016 fehlen 42,5
Millionen Euro, wie der LWL mitteilte. Verbandschef Matthias Löb
schlug deshalb vor, den Hebesatz
der Umlage um 0,3 Prozentpunkte
auf 16,8 Prozent anzuheben. Der
LWL betreibt mit rund 16 000 Beschäftigten Förderschulen, Krankenhäuser, Museen und die Behindertenhilfe. Der Haushalt für 2016,
der Ende Januar verabschiedet
werden soll, sieht Rekordausgaben
von 3,3 Milliarden Euro vor. Ein
Großteil davon entfällt auf die seit
Jahren steigenden Ausgaben für
die Behindertenhilfe.
Kilmerstuten
Der Kilmerstuten ist eine besondere Form eines Stuten oder
Hefezopfs, der traditionell in
Nordwestdeutschland verzehrt
wird, in Westfalen vor allem im
Münster- und Tecklenburger
Land. Ein klassischer Kilmerstuten ist fünf bis sieben Kilo
schwer. Vereine, Freunde oder
Arbeitskollegen der Eltern bringen ihn innerhalb eines Jahres
nach der Geburt zu Ehren des
Kindes in das Elternhaus. Das
Wort »Kilmer« leitet sich vom
Wort »Kindelbier« ab. Damit
wurde das Bier bezeichnet, mit
dem nach einer Kindtaufe die
Nachbarn bewirtet wurden.
Weise
Streit um
Autoverkauf
Worte
»Wichtiger, als die Dinge richtig
zu machen, ist es, die richtigen
Dinge zu machen.«
Peter Ferdinand D r u c k e r
(1909-2005), Ökonom
In NRW gibt es 170 000 Lehrer. Etwa 40 000 von ihnen sind angestellt und werden schlechter bezahlt als die verbeamteten Kollegen. Foto: dpa
Kopf
des Tages
Erfolg für angestellte Lehrer
Gericht gibt Paderborner recht – Altersgrenze für Verbeamtung verfassungswidrig
Von Christina R i t z a u
Matthias Löb, Direktor des
Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe, sieht im Entwurf des
Landesentwicklungsplans das
Rheinland und das Ruhrgebiet
bevorzugt. Löb: »Wir müssen
selbstbewusster sein. Westfalen
ist mehr als Pferde, Pils und
Pumpernickel. In OstwestfalenLippe arbeiten über 29 Prozent,
im Münsterland fast 26 Prozent
und in Südwestfalen sogar 38,5
Prozent der Beschäftigten in der
Produktion.« In den sogenannten Metropolregionen Ruhr und
Rheinland gebe es nur 20 Prozent Industriearbeitsplätze.
Reingeklickt
l Ihnen ist in den vergangenen
Monaten Schmuck gestohlen
worden? Die Polizei in Bielefeld
hat zahlreiche Wertgegenstände
bei Durchsuchungen sichergestellt. Fotos finden Sie im Artikel auf unserer Startseite.
l Die Fotostrecke »Die Effenbergs begeistern SCP-Fans« ist
ein Dauerbrenner. Die 30 Fotos
unseres Paderborner Fotografen Jörn Hannemann werden
immer wieder aufgerufen.
P a d e r b o r n (WB). Lehrer
jenseits der 40 hatten in NRW
bisher keine Chance mehr auf
eine Verbeamtung. Jetzt hat
das Bundesverfassungsgericht
entschieden: Diese Altersgrenze ist mit dem Grundgesetz
nicht vereinbar.
Den Erfolg vor Gericht hat ein
Lehrer aus Paderborn erstritten.
Das Urteil geht aber weit über seinen individuellen Fall hinaus.
Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes ist jetzt
das Land NRW am Zug. Ein neues
Gesetz muss her – und ist in Arbeit.
Ob es für mehr Gerechtigkeit sorgen wird, ist aber fraglich.
Rainer Lummer unterrichtet an
der Gesamtschule Paderborn-Elsen Gesellschaftslehre, Politik und
Sport. Seit 1996 ist der 57-Jährige
dort angestellt – und wird wesentlich schlechter entlohnt als seine
verbeamteten Kollegen. Netto sind
das etwa 500 Euro weniger im Monat. Zu der »Lohndiskriminierung«, wie er sagt, komme auf lan-
ge Sicht noch die »RentendiskrimiZiel endlich ein Stück näher rünierung«. Denn im Vergleich zu
cken. Bereits im Frühjahr hatten
den Pensionen der Beamten hätten
zwei Lehrer aus NRW mit ihrer
angestellte Lehrer im Ruhestand
Klage in Karlsruhe Erfolg. Mit dem
monatlich bis zu 1000 Euro weniUrteil in Lummers Fall bekräftigte
ger zur Verfügung. Das empfinden
das Gericht die vorangegangenen
nicht nur die Betroffenen als ungeEntscheidungen: Die Höchstaltersrecht: »Auch die Beamten im Kolgrenze für die Einstellung in das
legium schütteln mit dem Kopf«,
Beamtenverhältnis auf Probe sei
erzählt der Paderborner, »die se»mit dem Grundgesetz nicht verhen ja, dass wir jeden Tag dieselbe
einbar«, heißt es in dem Urteil.
Arbeit machen wie sie.«
Die Regelungen, die diese EinZwei Versuche, sich verbeamten
stellung verweigern, verstießen
zu lassen (2001 und 2009), scheigegen Artikel 33, Absatz 2 des
terten. Gegen den Bescheid der BeGrundgesetzes. Darin heißt es:
zirksregierung Det»Jeder Deutsche hat
mold zog der Lehrer
nach seiner Eignung,
vor das VerwalBefähigung und fachtungsgericht Minden
lichen Leistung glei– erfolglos. Er habe
chen Zugang zu jedie
Höchstaltersdem
öffentlichen
grenze überschritAmte.«
ten, hieß es. Die war
»Für mich persön2009 nach einem
lich heißt das, dass
Gerichtsurteil
von
das Verwaltungsge35 auf 40 Jahre anricht Minden noch
gehoben
worden.
mal neu verhandeln
Lummer war damals
muss«,
berichtet
schon 51 Jahre alt.
Lummer, der von
»Aber es ging mir
einer Kanzlei aus
darum, ein Stück
Münster und von der
Gerechtigkeit herzu- Rainer Lummer ist Lehrer Schutzgemeinschaft
stellen«, erklärt er.
und Sprecher der Schutz- angestellter LehreJetzt könnte sein gemeinschaft SchaLL.
rinnen und Lehrer
(SchaLL), deren Sprecher er ist,
unterstützt wurde. Um weitere
langwierige Gerichtsverfahren zu
vermeiden, schlägt die SchaLL vor,
die Höchstaltersgrenze komplett
abzuschaffen. So könnten später
verbeamtete Lehrer nach Dienstende zumindest anteilig eine Pension bekommen. Die zusätzliche
Belastung des Landeshaushaltes
wäre aus Sicht der SchaLL gerechtfertigt – und zwar durch die
»jahrzehntelange Nettolohndiskriminierung« angestellter Lehrer.
Die Landesregierung hat eine
andere Idee: Sie will die Altersgrenze von 40 auf 42 Jahre anheben. Der Innenausschuss hat einen
entsprechenden
Gesetzentwurf
Ende Oktober an den Landtag gegeben. Damit wären die Chancen
für angestellte Lehrer in NRW allerdings immer noch schlechter als
in vielen anderen Bundesländern,
wo die Altersgrenze für die Verbeamtung bei 45 Jahren liegt.
Der
nordrhein-westfälische
Städtetag und der Beamtenbund
begrüßen diesen Vorschlag als
Schritt in die richtige Richtung.
Der Schutzgemeinschaft angestellter Lehrer ist das aber deutlich zu
wenig. Lummer kündigt an: »Jede
Grenze wird beklagt.«
Klagen wegen schlechter Luft
»Designzirkus« am Wochenende
Köln (epd). Die Deutsche Umwelthilfe will in elf Städten per Gerichtsbeschluss strenge Maßnahmen zur Verbesserung der Luft durchsetzen.
Hintergrund ist eine massive Überschreitung von Grenzwerten für Schadstoffe. Der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Jürgen
Resch, reichte gestern Klagen gegen mehrere Bundesländer ein, die für
Luftreinhaltung zuständig sind. Es geht unter anderem um die Städte
Köln, Bonn, Aachen, Düsseldorf, Essen und Gelsenkirchen.
Detmold (WB). Designer, Studenten und Kreative treffen sich an diesem Wochenende zum zweiten »Designzirkus« in Detmold. Etwa 40 Aussteller aus der Region präsentieren im ehemaligen Modehaus Finke
(Bruchstraße/Ecke Paulinenstraße) selbstgemachte Design- und Lifestyleartikel: Kleider aus alten Herrenklamotten, Möbel aus Zeitungen, Leuchten aus Vintage-Schubladen und mehr. Öffnungszeiten sind Samstag von
10 bis 17 Uhr und Sonntag von 11 bis 17 Uhr. Der Eintritt ist frei.
Löhne/Hamm (WB/bex). Der
Streit um einen Gebrauchtwagenverkauf muss nicht beim Gericht
am Wohn- oder Geschäftssitz des
Verkäufers geführt werden. Mit
dieser Entscheidung hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm eine
Entscheidung des Landgerichts
Bielefeld aufgehoben. Der Käufer
aus Löhne hatte 2014 in Potsdam
für 5650 Euro ein gebrauchtes
Saab 900 Cabriolet gekauft. In
Löhne kam ihm der Verdacht, dass
der angegebene Kilometerstand
(173 000 Kilometer) nicht stimmte.
Er wollte vom Vertrag zurücktreten und klagte. Das Landgericht
sah sich nicht zuständig. Nach dem
OLG-Urteil muss der Fall jetzt aber
in Bielefeld verhandelt werden.
Die Weihnachtsspendenaktion im
Der Erlös der WESTFALEN­
BLATT­Weihnachtsspendenak­
tion kommt diesmal geflohenen
syrischen Kindern, Alten und
Kranken in Jordanien, im Liba­
non und in Syrien zugute. Wenn
Sie helfen möchten, nutzen Sie
bitte das Konto:
Caritas international
Kennwort »Leserspende«
Konto 202
BLZ 660 205 00
oder
IBAN:
DE88 6602 0500 0202 0202 02, BIC: BFSWDE33KRL
Bank für Sozialwirtschaft
Karlsruhe
Für eine Spendenquittung tra­
gen Sie bitte Ihre Adresse ein.
Spendernamen veröffentlicht
Caritas International aufgrund
eigener Datenschutzrichtlinien
nicht. Bei Fragen zur Spenden­
aktion helfen wir Ihnen unter
Telefon 0521/585 254 oder
spende@westfalen­blatt.de.
Mutter angeklagt
Auweia – der Cartoon
Rumänische Arbeiterin setzt Neugeborenes in Gütersloh aus – Kind überlebt
Von Christian A l t h o f f
Gütersloh
(WB). Die
Staatsanwaltschaft Bielefeld
hat Anklage gegen die Rumänin (39) erhoben, die im Juni
ihr neugeborenes Baby in Gütersloh ausgesetzt hatte.
Der Frau, die auf ihren Prozess
wartet, werden versuchter Totschlag und Kindesaussetzung vorgeworfen. Sie soll jedoch zur Tatzeit vermindert schuldfähig gewesen sein.
Nachbarn des Gütersloher Media-Markts fanden am 14. Juni auf
dem Parkplatz in einem Gebüsch
eine rote Rewe-Tüte, in der ein wenige Stunden alter Junge wimmerte. Er überlebte.
Polizisten ermittelten Wochen
später die Mutter, die als Mitarbeiterin eines Subunternehmens in
der Tönnies-Fleischfabrik in Rheda-Wiedenbrück arbeitete. Sie gab
sofort zu, ihr Kind unmittelbar
nach der Entbindung in einer Garage in die Plastiktüte gepackt und
auf dem Parkplatz versteckt zu haben. Auch wenn die Frau die Plastiktüte nicht verschloss, nahm sie
offenbar dennoch den Tod ihres
Babys in Kauf.
Vor zwei Wochen stellte die
»Zeit« in einem mehrseitigen, kritischen Artikel über den Unternehmer Clemens Tönnies (»Der König
der Schweine«) eine Verbindung
zwischen dem Aussetzen des Kindes und dem Unternehmen her.
Die Frau habe Angst gehabt, als
Schwangere ihre Arbeit zu verlieren, schrieb die Wochenzeitung.
»Diesen Zusammenhang gab es
meiner Meinung nach nicht«, sagte
gestern Dr. Knut Recksiek, der Anwalt der rumänischen Arbeiterin.
Er sei bei den gedolmetschten
Interviews dabei gewesen, die die
»Zeit« in Bielefeld geführt habe.
Recksiek sagte, die Arbeit der Frau
bei Tönnies werde deshalb bei der
Verteidigung der Mandantin auch
keine Rolle spielen.
Polizeisprecher Karl-Heinz Stehrenberg aus Gütersloh zeigt die
Tüte, in der der Säugling steckte.
Ein von der Staatsanwaltschaft
beauftragter Gutachter geht von
verminderter Schuldfähigkeit der
Mutter aus. Sie leide unter einer
dissoziativen Störung. Dabei werden zusammengehörende Gedanken, Informationen und Wahrnehmungen nicht miteinander verknüpft. »Bei der Geburt soll außerdem ein Gefühlssturm dazugekommen und das Handeln der Frau beeinflusst haben«, sagte Dr. Recksiek. Er wies darauf hin, dass die
Arbeit der Frau bei Tönnies auch
für den Sachverständigen keine
Rolle gespielt habe.
Unklar bleibt, ob die Schwangerschaft der Arbeiterin nicht von
Vorgesetzten hätte bemerkt werden müssen, um die Frau dem
Mutterschutzgesetz zu unterstellen. Für Schwangere gelten spezielle Vorschriften zum Beispiel
hinsichtlich Arbeitszeit, Umgebungstemperatur und Sitzmöglichkeiten am Arbeitsplatz.