Grundlagen der Physik – Lerneinheit 4 Einführung in die

Grundlagen der Physik – Lerneinheit 4
Grundlagen der Physik – Lerneinheit 4
Einführung in die Fluidmechanik
Rheinfall bei Schaffhausen
Dieter Bangert
September 2015
3
Inhaltsverzeichnis Lerneinheit 4 – Grundlagen der Physik -
Inhaltsverzeichnis Lerneinheit 4 – Grundlagen der Physik Vorwort
6
1
Fluidmechanik – Einführung in die Fluidstatik und -dynamik ............................... 7
1.1
1.1.1
1.1.2
1.1.3
1.1.4
1.1.5
Fluidstatik – Druck in Flüssigkeiten und Gasen ............................................................... 8
Druckeinheiten .................................................................................................................. 8
Schweredruck einer Flüssigkeit........................................................................................ 8
Druck durch äußere Belastung (Pressdruck oder Stempeldruck) ................................ 10
Statischer Druck ............................................................................................................. 16
Auftrieb ........................................................................................................................... 16
1.2
Oberflächenspannung und Oberflächenenergie ............................................................ 23
1.3
Grenzflächenspannung .................................................................................................. 29
1.4
Kapillarität ....................................................................................................................... 31
2
Strömungen in Flüssigkeiten und Gasen .............................................................. 35
2.1
Volumen- und Massenstromstärke................................................................................. 36
2.2
Kontinuitätsgleichung ..................................................................................................... 37
2.3
Innere Reibung in Flüssigkeiten und Gasen .................................................................. 38
2.4
Stokessches Gesetz ....................................................................................................... 43
2.5
Strömungswiderstand ..................................................................................................... 45
2.6
Kirchhoffsche Strömungsgesetze................................................................................... 47
2.7
Hagen-Poiseuillesches Gesetz ...................................................................................... 50
2.8
Reale Strömungen und Turbulenz ................................................................................ 56
3
Ideale und reale Strömungen.................................................................................. 65
3.1
Bernoullische Gleichung ................................................................................................. 65
3.2
Anwendungen der Bernoulli-Gleichung.......................................................................... 68
3.3
Bernoulli-Gleichung bei reibungsbehafteter Strömung .................................................. 71
3.4
Druckverlust bei turbulenter Strömung........................................................................... 72
3.5
Pumpleistung bei reibungsbehafteter Strömung ................................... .......................76
3.6
Auftrieb an umströmten Körpern .................................................................................... 77
3.7
Energieeinsatz bei Antriebssytemen im Verkehrssektor...............................................84
3.8
Ausströmen von Fluiden aus Behältern....................................................................... 83
4
Inhaltsverzeichnis Lerneinheit 4 – Grundlagen der Physik -
4
Wiederholungstest .................................................................................................. 88
4.1
Testfragen ...................................................................................................................... 88
4.2
Lösungen der Testfragen................................................................................................91
5
Zusammenfassung .................................................................................................. 92
6
Übungen ................................................................................................................... 96
6.1
Übungsaufgaben............................................................................................................ 96
6.2
Lösungen der Übungsaufgaben .................................................................................... 98
Anhang
A1 Griechisches Alphabet 104
A2 Formelzeichen 105
A3 Literaturauswahl 107
5
Vorwort
Vorwort
Die Fluidmechanik ist eine physikalische Basiswissenschaft mit großer Bedeutung für die Ingenieurpraxis. So spielen beispielsweise
Benetzungsvorgänge bei der Schmierung der Kolben und Lager
durch Motorenöl eine wichtige Rolle. Dies gilt auch für die Herstellung von faserverstärkten Verbundwerkstoffen, bei der flüssige
Kunststoff-Matrixwerkstoffe Kohlenstoff-Fasern benetzen und
dadurch zu einem Faserverbund verkleben. Weitere Anwendungsbeispiele der Fluidmechanik sind Rohrströmungen und die Berechnung
von Rohrnetzen. Von großer praktischer Bedeutung ist auch der Widerstand umströmter Körpern, der den Pkw-Fahrern in Form des
Luftwiderstandbeiwertes vertraut ist.
Die vorliegende Lerneinheit soll eine orientierende Einführung in die
Physik der ruhenden und strömenden Flüssigkeiten und Gase liefern.
Für Maschinenbauer, Verfahrenstechniker und Energietechniker
gehören wegen der Kompliziertheit der Strömungsphänomene eigenständige Lehrveranstaltungen über Technische Strömungslehre und
Strömungsmaschinen zum Studienangebot.
Verbesserungsvorschläge, Fehlermeldungen und sonstige Kommentare oder Hinweise sind erwünscht. Bitte richten Sie diese an folgende E-Mail-Adresse:
[email protected]
Marburg, September 2015
6
Dieter Bangert
1.1 Fluidstatik – Druck in Flüssigkeiten und Gasen
1
Fluidmechanik – Einführung in die Fluidstatik
und -dynamik
Die makroskopische Materie in Form der Flüssigkeiten und Gase
stellt ein fluides Medium dar. Die Fluidmechanik beschäftigt sich
mit den mechanischen Eigenschaften der Flüssigkeiten und Gase und
leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Lösung technischer Probleme in den Hauptanwendungsgebieten Maschinen- und Anlagenbau,
Energietechnik, Lüftungs- und Klimatechnik sowie Verfahrenstechnik. Flüssigkeiten und Gase werden dabei als Kontinua betrachtet.
Sie sind nicht formstabil, sie besitzen keine Gestaltselastizität und
haben im Unterschied zu Festkörpern kein Gestaltgedächtnis. Sie
weisen keine statischen Schubspannungen auf. Ihre Moleküle können
daher leicht gegeneinander verschoben werden und besitzen deswegen Fließ- oder Strömungseigenschaften. Sie werden deshalb Fluide
genannt. Im idealisierten Fall der reibungslosen Fluide ist diese Verschiebung sogar ohne Kraftaufwand möglich. Fluide besitzen jedoch
eine Volumenelastizität, deren Größe durch die Kompressibilität κ
gegeben ist. κ wird folgendermaßen definiert:
κ=
1
1 ∆V
.
=−
K
V ∆p
(1.1)
Während die Gase eine hohe Kompressibilität aufweisen, ist die
Komprimierbarkeit der Flüssigkeiten gering. So besitzt beispielsweise Wasser bei einer Temperatur von 20 °C eine Kompressibilität von
κ = 4,6 ⋅10 −10 Pa −1 . Flüssigkeiten sind daher praktisch inkompressibel. Ihre Dichte ist dann unabhängig vom Druck. Nur der absolut
starre Körper besitzt keine Kompressibilität ( κ = 0 ). Da Flüssigkeiten größenordnungsmäßig die gleiche Dichte wie Festkörper besitzen, wirken zwischen benachbarten Flüssigkeitsmolekülen wie in
festen Körpern kurzreichweitige Kräfte, die so genannten Kohäsionskräfte, die die Moleküle in makroskopischen Verbänden zusammenhalten. Wegen der Kurzreichweitigkeit der Kohäsionskräfte treten diese in Gasen nur bei Molekülzusammenstößen auf. Gase besitzen nämlich eine im Vergleich zu den Flüssigkeiten etwa 1000fach
kleinere Dichte, so dass ihre Moleküle im Mittel einen zehnfach
größeren Abstand voneinander aufweisen. Im Gegensatz zu Gasen
weisen Flüssigkeiten infolge der Kohäsionskräfte freie Oberflächen
auf, wodurch das Phänomen der Oberflächenspannung auftritt.
Die Lehre von den Eigenschaften der Flüssigkeiten und Gase im
ruhenden Zustand wird als Hydrostatik bezeichnet (gr. hydor, hydatos: Wasser). Sie soll im ersten Teil dieses Kapitels behandelt werden. Die Eigenschaften der strömenden Flüssigkeiten und Gase werden im zweiten Teil dieses Kapitels im Rahmen einer Einführung in
die Hydrodynamik beschrieben. Während die Hydrodynamik ursprünglich die Bewegungslehre des Wassers, als der wichtigsten
Flüssigkeit bezeichnete, stellt die Aerodynamik die Lehre der Bewe-
7
1 Fluidmechanik – Einführung in die Fluidstatik und -dynamik
gung von Luft und anderen Gasen dar. Beide Teilgebiete werden
unter dem Oberbegriff Fluiddynamik zusammengefasst. Hier sollen
im Rahmen einer physikalischen Einführung einige Grundprinzipien
der Fluidmechanik vorgestellt und diskutiert werden. Für praktische
Fragestellungen wesentliche Details müssen daher der einschlägigen
Literatur zur technischen Strömungslehre vorbehalten bleiben.
1.1
Fluidstatik – Druck in Flüssigkeiten und Gasen
1.1.1
Druckeinheiten
Als Druck p wird der Quotient aus dem Betrag einer senkrecht auf
eine Fläche wirkenden Kraft F und der Größe A der Fläche bezeichnet.
p=
F
A
(1.2)
Der Druck ist eine skalare Größe. Er stellt den Betrag der Normalkraft pro Flächeneinheit dar. Die Einheit des Druckes ergibt sich zu:
[p] =
N
m2
= Pa (Pascal)
(1.3)
Die Druckeinheit 1 Pa (Blaise Pascal 1623 - 1662) stellt somit den
Druck dar, den eine Kraft mit dem Betrag von 1 N senkrecht auf eine
Fläche von 1 m 2 ausübt. Da der Druck von p = 1 Pa relativ klein ist,
wird in der Praxis häufig eine größere SI-fremde Druckeinheit benutzt:
1 bar = 10 5 Pa .
(1.4)
Die SI-fremde Druckeinheit Bar mit dem Einheitenzeichen bar stellt
gemäß dem Gesetz über die Einheiten im Messwesen und die Zeitbestimmung (EinhZeitG) sowie der Einheitenverordnung (EinhV) eine
allgemein anwendbare gesetzliche Druckeinheit dar.
1.1.2
Schweredruck einer Flüssigkeit
Der Schweredruck stellt einen Druck dar, den eine Flüssigkeit aufgrund ihrer eigenen Gewichtskraft ausübt. Er wird daher auch als
Eigengewichtsdruck bezeichnet. Ruht oberhalb einer Fläche A eine
Flüssigkeitssäule mit einer Höhe h und der Masse m, so gilt für den
Schweredruck p s der Flüssigkeit:
8
1.1 Fluidstatik – Druck in Flüssigkeiten und Gasen
ps =
F mg
=
.
A A
(1.5)
Besitzt die Flüssigkeit die Dichte ρ , so gilt:
m = ρV = ρAh .
(1.6)
Damit folgt für den Schweredruck:
ps =
ρAhg
= ρgh .
A
(1.7)
Der Schweredruck einer Flüssigkeit ist somit nur abhängig von der
Tiefe (Höhe der Flüssigkeitssäule h) unterhalb der Flüssigkeitsoberfläche, in der er gemessen wird (Abb. 1).
p
0
ρ
p=ρgh
h1 p
1
h2
h3
h
p
2
p
3
Abb. 1: Schweredruck einer Flüssigkeit
Flüssigkeiten und Gase üben somit einen Druck p S auf den Gefäßboden aus. Dieser Druck wirkt jedoch nicht nur auf die Gefäßwände,
sondern überall im Innern einer Flüssigkeit tritt in einer Tiefe h unterhalb des Flüssigkeitsspiegels ein allseitiger Druck der Größe
p s = ρgh auf.
Auf eine in die Tiefe h gebrachte horizontale Platte der Fläche A
wirkt daher eine nach unten gerichtete Kraft vom Betrag F = p s A .
Infolge dieser Kraft müsste sich die Platte nach unten bewegen. Die
Flüssigkeit befindet sich jedoch in Ruhe, da von unten eine entsprechend der Elastizität der zusammengedrückten Flüssigkeit gleich
große nach oben gerichtete Gegenkraft wirkt. Dieser Tatbestand
führt zu dem Pascalschen Gesetz:
Der Druck an einem beliebigen Punkt einer ruhenden
Flüssigkeit ist in alle Richtung gleich.
Der in allen Richtungen gleichermaßen (isotrop) wirkende Druck
stellt daher eine skalare physikalische Größe dar.
9
1 Fluidmechanik – Einführung in die Fluidstatik und -dynamik
Gemäß der Beziehung p s = ρgh hängt der Schweredruck, der auch
als geodätischer Druck bezeichnet wird, nur von der Tiefe h ab und
bleibt auch für eine beliebige Gestalt des Gefäßes erhalten (Abb. 2).
h
Abb.2: Hydrostatisches Paradoxon
Die experimentelle Erfahrung zeigt, dass der Schweredruck p s in
der Tiefe h unabhängig von der Flüssigkeitsmenge ist, die sich oberhalb der Bodenfläche A befindet. Diese scheinbar merkwürdige Tatsache wird als hydrostatisches Paradoxon bezeichnet. Der Bodendruck p s ist in den drei in Abb. 2 dargestellten Gefäßen identisch,
obwohl die Flüssigkeitsmengen oberhalb der Grundfläche in den
verschiedenen Gefäßen von links nach rechts zunehmen.
Hinweis:
Die Dichte ρ kann allerdings von der Höhe h der Flüssigkeitssäule
abhängig sein, wenn die Flüssigkeit kompressibel ist. Bei der Ableitung der obigen Beziehung für den Schweredruck p s wurde unaus-
gesprochen angenommen, dass die über der Fläche A lastende Flüssigkeitsmasse nur einen Druck ausübt, dabei aber nicht das darunter
befindliche Flüssigkeitsvolumen komprimiert.
1.1.3
Druck durch äußere Belastung (Pressdruck
oder Stempeldruck)
Durch äußere Krafteinwirkung auf die Begrenzungen eines Flüssigkeitsvolumens kann beispielsweise über einen beweglichen Kolben
oder Stempel in einer Flüssigkeit ein Druck erzeugt werden. Entsprechend seiner Verursachung wird er Kolben- oder Stempeldruck genannt. Aufgrund der elastischen Kräfte zwischen den Flüssigkeitsmolekülen ist der Kolbendruck im gesamten Flüssigkeitsvolumen
vorhanden und besitzt im Innern des Fluids überall die gleiche Größe. Wird in einem Fluid z. B. bei konstanter Temperatur durch Verdichtung das Volumen V verkleinert, so erhöht sich der Druck im
Innern des Fluids (Abb. 3).
10
1.1 Fluidstatik – Druck in Flüssigkeiten und Gasen
Kolben
F2
F3
F1
P
Gas
Pamb
Abb. 3: Press-, Kolben- oder Stempeldruck
Auf den Kolben in Abb. 3 wirken in skalarer Schreibweise folgende
Kräfte:
F1 an der Kolbenstange,
F2 an der Rückseite des Kolbens,
F3 an der Kolbeninnenseite.
In Abb. 3 stellt p amb den Atmosphärendruck der umgebenden Luft
dar. Er stellt einen Umgebungsdruck dar und wird gemäß DIN 1314
mit p amb (lat. ambiens: umgebend) bezeichnet. Dann ist:
F2 = Ap amb
F3 = Ap .
Dabei ist A die Kolbenfläche und p ist der Druck im Innern des Fluids. Für das Kräftegleichgewicht gilt:
r r
r
F1 + F2 = F3 .
r
r
Die Kräfte F1 und F2 wirken von außen auf den beweglichen Kolben ein und rufen dadurch einen Kolbendruck hervor. Da die drei
Kräfte entlang einer Achse wirken folgt für deren Beträge:
F3 = F1 + F2
Ap = F1 + Ap amb .
Für den Druck p im Innern des gasförmigen Fluids erhält man
p=
F1
A
+ p amb .
(1.8)
Hinweise:
Wenn mehrere Druckkomponenten zu unterscheiden sind, dann soll
zur Vermeidung von Verwechselungen der durch die Einwirkung
von äußeren Kräften auf einen Kolben hervor gerufene Kolbendruck
11
1 Fluidmechanik – Einführung in die Fluidstatik und -dynamik
mit dem Symbol p K bezeichnet werden. Im Rahmen der Hydrostatik/Aerostatik werden ruhende Flüssigkeiten/Gase unter der Einwirkung von äußeren Kräften untersucht. Der Gesamtdruck aus Kolbendruck und Schweredruck wird dann als hydrostatischer Druck bezeichnet.
Bei Gasen kann wegen ihrer geringen Dichte ρ der Schweredruck
p s im Allgemeinen vernachlässigt werden. Es spielt dann nur noch
der Kolbendruck eine Rolle. Bei vernachlässigbarem Schweredruck
herrscht an jedem Ort innerhalb des fluiden Mediums der gleiche
Druck p = p K .
Es sind der "gesamte" Druck eines Fluids, der auch als Absolutdruck
p abs bezeichnet wird, und der relative Druck eines Fluids zu unterscheiden. Wenn keine Verwechselungsgefahr vorhanden ist, wird der
Absolutdruck ohne Index einfach mit p bezeichnet. Im materiefreien
Raum (Vakuum) ist der Druck null. Gemäß DIN 1314 ist der absolute Druck p abs der Druck gegenüber dem Druck null im leeren Raum.
Der relative Druck wird immer auf einen anderen Druck bezogen.
Viele Druckmessgeräte verwenden den Umgebungsdruck (Atmosphärendruck) p amb als Bezugsdruck. Da der Druck der Atmosphäre
mit dem Barometer gemessen wird, wird dieser Druck auch als Barometerdruck p b bezeichnet ( p b = p amb ). Druckmessgeräte werden
sonst Manometer genannt.
Die auf den Atmosphärendruck p amb bezogenen Drücke von Systemen heißen Überdrücke p e (lat. exedens: überschreitend).
Für den Überdruck p e gilt:
p e = p abs − p amb
(1.9)
Überdrücke können sowohl positiv ( p abs > p amb ) als auch negativ
( p abs < p amb ) sein. In der Technik ist folgende Bezeichnungsweise
geläufig:
p abs > p amb , p e ist positiv und wird als Überdruck p ü bezeichnet.
p abs < p amb , p e ist negativ und wird als Unterdruck p u bezeichnet.
Der jeweilige Atmosphärendruck (Luftdruck) p amb ist je nach Wetterlage und Temperatur verschieden und muss daher für jeden Anwendungsfall neu gemessen werden. Dies geschieht mit Hilfe von
Druckmessgeräten, die Barometer genannt werde. In Abb. 4 ist ein
Quecksilber-Barometer dargestellt. Ein evakuiertes und oben geschlossenes Steigrohr taucht in ein Quecksilber-Vorratsgefäß. Auf
der Hg-Oberfläche lastet der äußere Luftdruck. Nach dem Pascal-
12
1.1 Fluidstatik – Druck in Flüssigkeiten und Gasen
schen Gesetz wirkt dieser Druck allseitig. Der Hg-Spiegel steigt im
Steigrohr bis zu einer Höhe h an, bei welcher der Hg-Schweredruck
dem äußeren Luftdruck die Waage hält. Es gilt dann:
p amb = ρ Hg gh
(1.10)
Vakuum
Pamb
h
h=0
Abb. 4: Quecksilber-Barometer
Der Atmosphärendruck weist Schwankungen von etwa 10 % auf. Die
Normatmosphäre ist nach DIN 5450 festgelegt. Diese Festlegung
entspricht im Wesentlichen auch der Internationalen Standardatmosphäre, wie sie von der ICAO definiert wurde. Demnach beträgt
der Normdruck der Luft in Meereshöhe im Jahresdurchschnitt p n =
1013,25 hPa . Bei einer Bezugstemperatur von ϑ = 15 °C entspricht
dies einer Normdichte von ρ n = 1,2930 kg/m3. Dieser Wert entspricht gemäß DIN 1306 der Dichte der trockenen Luft im Normzustand (Normdichte).
Hinweis: Atmosphärische Luft ist stets feucht, da sie immer Wasserdampf enthält. Geräte zur Messung der Luftfeuchtigkeit heißen Hygrometer. Die Befeuchtung oder Trocknung von Raumluft ist ein
wichtiges Gebiet der Klimatechnik.
Auch der Luftdruck ist ein Schweredruck, nämlich der Eigengewichtsdruck der Erdatmosphäre. Wegen der Kompressibilität der
Luft ist die Luftdichte im Gegensatz zu Flüssigkeiten keine Konstante, sondern höhenabhängig. Die Abnahme des Luftdrucks p mit
wachsender Höhe h über dem Erdboden wird durch die Barometrische Höhenformel beschrieben.
−
p(h ) = p 0 e
ρ0g
p0
h
(1.11)
p 0 stellt den Luftdruck in Bodenhöhe (h = 0) dar; ρ 0 ist die zugehörige Luftdichte. Misst ein Druckmessgerät den jeweiligen Überdruck,
so ergibt sich der Absolutdruck als Summe von Atmosphärendruck
und Überdruck. Der thermodynamische Zustand eines Systems, wie
beispielsweise eines Gases, wird immer durch den Absolutdruck
p abs = p beschrieben.
13
1 Fluidmechanik – Einführung in die Fluidstatik und -dynamik
Eine wichtige technische Anwendung des Pascalschen Gesetzes der
allseitig gleichmäßigen Druckausbreitung in Flüssigkeiten stellt die
Hydraulik dar. Komprimierte Gase werden in der Pneumatik zur
Energieübertragung und zur Steuerung von Maschinen eingesetzt.
Die Hydraulik nutzt die Isotropie des Druckes zur Kraftübertragung
und -verstärkung beispielsweise in hydraulischen Bremsen, hydraulischen Pressen und Hebebühnen aus. Dies soll am Beispiel der hydraulischen Presse näher erläutert werden (Abb. 5), bei der durch einen beweglichen Kolben ein konstanter Druck im gesamten mit einer
Flüssigkeit gefüllten Innenraum der Presse erzeugt wird.
F2
F1
A2
A1
Abb. 5: Hydraulische Presse
Aufgrund des Prinzips der allseitigen Gleichheit des Druckes (hier
werde ausschließlich der Kolbendruck betrachtet), verursacht eine
r
kleine äußere Kraft F1 , die auf den kleinen Kolben K1 mit der Flär
che A1 einwirkt eine große Kraft F2 , die am großen Kolben K 2
angreift, der eine Fläche A 2 besitzt. Die hydraulische Presse stellt
somit einen Transformator zur Kraftverstärkung dar. Für den Druck
p im Innern der Flüssigkeit gilt:
p=
F1
A1
=
F2
A2
.
(1.12)
Daraus folgt:
F2 =
A2
A1
F1
(1.13)
Wegen der Energieerhaltung muss allerdings der Kolben K1 über
einen größeren Weg s1 heruntergedrückt werden, als der Weg s 2 ,
14
1.1 Fluidstatik – Druck in Flüssigkeiten und Gasen
um den der Kolben K 2 gleichzeitig nach oben angehoben wird.
Dann ist die am Kolben K1 verrichtete Arbeit W1 gleich der Arbeit W2 , die der Kolben K 2 an der Last verrichtet.
W1 = F1s1 = W2 = F2 s 2 oder pA 1s1 = pA 2 s 2 .
Damit folgt für den Kolbenhub s 2 :
s2 =
A1
A2
s1
(1.14)
Der Kolbenhub s 2 am großen Kolben K 2 ist um den Faktor
A 1 / A 2 geringer als der Kolbenhub s1 am kleinen Kolben K1 .
In kleinen Flüssigkeitsvolumina kann der Schweredruck der Flüssigkeit vernachlässigt werden und es herrscht dann an jeder Stelle im
Innern der Flüssigkeit der gleiche Kolben- oder Stempeldruck.
Eine weitere wichtige Anwendung des Prinzips der allseitigen
Gleichheit des Stempeldrucks stellen Kolbenpumpen dar, die zur
Förderung von Fluiden eingesetzt werden. Sie bestehen im Wesentlichen aus einem Kolbenraum mit einem sich periodisch auf und ab
bewegenden Kolben sowie zwei Ventilklappen, nämlich einem Einlassventil und einem Auslassventil. Der Pumpvorgang besteht aus
zwei sich periodisch wiederholenden Pumptakten, dem Ansaugtakt
und dem Ausstoßtakt (Abb. 6). Während des Ansaugtaktes bewegt
sich der Kolben nach oben. Dabei fällt der Druck p im Kolbenraum
unterhalb den sich aus Schweredruck und Atmosphärendruck zusammensetzenden Druck p V im Vorratsgefäß. Die dabei entstehende Druckdifferenz ∆p = p V − p bewirkt eine Öffnung des Einlassventils wodurch das zu transportierende Fluid in den Kolbenraum
strömen kann.
V
V
K
P
v
Pv
P
E
K
A
Ansaugtakt
P
E
A
Ausstoßtakt
Abb. 6: Prinzip der Kolbenpumpe
Dieser Vorgang endet am oberen Umkehrpunkt des Kolbens. Bei der
dann einsetzenden Abwärtsbewegung des Kolbens erhöht sich der
15
1 Fluidmechanik – Einführung in die Fluidstatik und -dynamik
Druck p im Kolbenraum. Dadurch schließt sich das Einlassventil
während sich gleichzeitig das bislang geschlossene Auslassventil
öffnet und das Fluid aus dem Kolbenraum in die Rohrleitung gedrückt wird.
1.1.4
Statischer Druck
Der Druck p in einer ruhenden Flüssigkeit ist stets gleich der Summe
aus Kolbendruck oder äußeren Druck p K und Schweredruck p s :
p = p K + p s = p K + ρgh
(1.15)
Dieser Gesamtdruck p wird statischer Druck oder auch hydrostatischer Druck genannt.
Beispiel:
Es soll der auf einen sich in 10 m Tiefe befindlichen Taucher
einwirkende hydrostatische Druck p berechnet werden. Der äußere Druck p K ist durch den Umgebungsdruck (Atmosphärendruck) p amb über den Wasserspiegel gegeben. Es seien:
p K = p amb = 10 5 Pa , g ≈ 10
m
s
2
und ρ = 1000
kg
m3
p = p K + p s = p amb + ρ g h = 2 ⋅ 10 5 Pa
Der Druck auf den sich in 10 m Tiefe befindlichen Taucher hat
sich im Vergleich zu dem Druck an der Wasseroberfläche verdoppelt.
1.1.5
Auftrieb
Auf jeden festen Körper, der in ein fluides Medium eingetaucht wird,
r
wirkt eine nach oben gerichtete Auftriebskraft FA , die auch kurz als
Auftrieb bezeichnet wird. Als Beispiel sei ein zylindrischer Körper
vom Radius R und der Höhe H sowie der Dichte ρK betrachtet, der
in eine Flüssigkeit der Dichte ρ vollständig eintaucht (Abb. 7). Entsprechend des am jeweiligen Ort herrschenden Schweredruckes wirken auf den eingetauchten Körper Druckkräfte, die überall senkrecht
auf der Körperoberfläche stehen. Auf den Zylindermantel des eingetauchten Körpers wirkt in jeder Eintauchtiefe x i allseitig der gleiche
Druck p i = ρgx i . Wird der Zylinder in dünne Kreisscheiben zerlegt,
so gilt beispielsweise für die in der Tiefe x i befindliche Kreisschei-
16
1.1 Fluidstatik – Druck in Flüssigkeiten und Gasen
r
be: Die Kraft ∆Fi auf ein seitliches Flächenelement ∆A ist betragsmäßig gegeben durch ∆Fi = p i ∆A . Sie wirkt in Richtung des Mitr
telpunktes der Kreisscheibe. Jede Kraft ∆Fi wird genau durch eine
r
gegenüberliegende Kraft − ∆Fi kompensiert. Die Kräfte, die auf die
ringförmige Seitenfläche der Kreisscheibe wirken heben sich gegenr
seitig auf. Damit verschwindet die Gesamtkraft Fi auf die zylindrische Mantelfläche der sich in der Tiefe x i befindlichen Kreisscheibe:
r
r r
Fi = ∑ ∆Fi = 0 .
i
0
ho
xi
Pi
Pi
Pi
Pi
Pi
H=hu -ho
Pi
hu
ρ
x
0
ho
A
xi
H
hu
ρ
x
Abb. 7: Berechnung des Auftriebes
Dies gilt für alle Kreisscheiben des eingetauchten Körpers. Auf den
Zylindermantel wirkt somit keine resultierende Kraft. Auf den oberen Zylinderdeckel (Index o für oben) in der Tiefe x = h o wirkt der
Druck p o = ρgh o und damit die nach unten gerichtete Kraft mit dem
Betrag Fo = p o A . In vektorieller Schreibweise gilt:
17
1 Fluidmechanik – Einführung in die Fluidstatik und -dynamik
r
r
Fo = ρh o Ag
Auf den unteren Zylinderdeckel (Index u für unten) in der Tiefe
x = h u wirkt der Druck p u = ρgh u und damit die nach oben gerichtete Kraft
r
r
Fu = −ρh u Ag .
r
g ist dabei der zum Erdmittelpunkt gerichtete Vektor der Erdbeschleunigung. Zur mathematischen Beschreibung der Vektoren wurde ein Koordinatensystem eingeführt, dessen positive x-Achse gemäß Abb. 7 nach unten weist. Die resultierende Kraft stellt die Auftriebskraft dar.
r
r
r
r
FA = Fo + Fu = ρA (h o − h u )g
Wegen h o − h u = −(h u − h o ) = −H und AH = VK folgt:
r
r
FA = −ρVK g .
VK ist das Volumen des eingetauchten Körpers. Es ist gleichzeitig
das Volumen der durch den eingetauchten Körper verdrängten Flüssigkeitsmenge mit der Masse m. Die Masse der verdrängten Flüssigkeitsmenge ergibt sich mit Hilfe der Flüssigkeitsdichte ρ zu:
m = ρVK .
Damit folgt für die Auftriebskraft:
r
r
r
FA = −ρVK g = −mg .
(1.16)
Die Auftriebskraft ist eine entgegen der Schwerkraft gerichtete Kraft,
die auf alle Körper wirkt, die von einem fluiden Medium umgeben
sind. Das Minuszeichen bringt zum Ausdruck, dass die Auftriebsr
kraft entgegen der zur Erdbeschleunigung g parallelen Schwerkraft
nach oben gerichtet ist.
Die Auftriebskraft, die ein Körper in einer Flüssigkeit
oder in einem Gas erfährt, ist betragsmäßig gleich der
Gewichts- oder Schwerkraft der von dem Körper verdrängten Flüssigkeitsmasse bzw. Gasmasse.
Diese Aussage wird als Archimedisches Prinzip bezeichnet. Die
Auftriebskraft ist nur von der Dichte des fluiden Mediums und dem
Volumen des eingetauchten Körpers abhängig. Sie ist jedoch von der
Eintauchtiefe h unabhängig. Auf den gesamten eingetauchten Körper
18
1.1 Fluidstatik – Druck in Flüssigkeiten und Gasen
r r
r
r
wirkt dann die resultierende Gesamtkraft F = F0 + Fu + FS . Dabei
gilt für die auf den festen Körper mit der Masse m K wirkenden
Schwerkraft:
r
r
r
FS = m K g = ρ K VK g .
(1.17)
Damit erhält man für die resultierende Gesamtkraft:
r r
r
r
F = FS + FA = (ρ K − ρ) VK g .
(1.18)
Für den in das fluide Medium mit der Dichte ρ eingetauchten Körper mit der Masse m K und dem Volumen VK ergeben sich somit
drei Möglichkeiten:
ρK > ρ :Der Körper sinkt nach unten ( FS > FA ).
ρK = ρ : Der Körper schwebt vollständig eingetaucht in der Flüssigkeit ( FS = FA ).
ρ K < ρ : Der Körper schwimmt ( FS < FA ).
Beim Schwimmen taucht der feste Körper nur teilweise in das fluide
Medium ein, und zwar so weit, dass sich Auftriebskraft und Schwerkraft gerade die Waage halten. Auch in Gasen wie der Luft erfahren
ausgedehnte Körper eine Auftriebskraft, die betragsmäßig der
Schwerkraft der verdrängten Luftmasse entspricht. Dies wird von
Luftschiffen (Zeppeline) und Luftfahrzeugen (Ballons) ausgenutzt,
die durch die Auftriebskraft in der Luft gehalten werden. Ihre Flugfähigkeit basiert auf der Verwendung von leichten Füllgasen wie
Helium oder erhitzte Luft, die eine geringere Dichte aufweisen als
die der Umgebungsluft.
Beispiel: Aräometer (Senkwaage)
Eine technische Anwendung des Archimedischen Prinzips stellt
das Aräometer dar. Es handelt sich dabei um eine Senkspindel
(Senkwaage), die zur Bestimmung der Dichte von Flüssigkeiten
dient. Ein an seinem unteren Ende durch ein Gewicht beschwerter Tauchkörper aus Glas taucht dabei so weit in eine Flüssigkeit
unbekannter Dichte ein, bis die Spindel schwimmt. Dann wird
die Gewichtskraft FS der Spindel gerade durch die Auftriebskraft FA der verdrängten Flüssigkeitsmenge kompensiert und es
gilt:
FS = FA = ρgVE
19
1 Fluidmechanik – Einführung in die Fluidstatik und -dynamik
VE =
FS
ρ g
.
VE ist das Eintauchvolumen der Spindel und entspricht der verdrängten Flüssigkeitsmenge. Da die Gewichtskraft FS der Senkspindel gegeben ist, ist die Eintauchtiefe umso größer, je kleiner
die Dichte ρ der Flüssigkeit ist. Aus der Höhe des Flüssigkeitsspiegels kann dann mit Hilfe einer kalibrierten Skala die Dichte
abgelesen werden. Die Flüssigkeit muss dabei allerdings die Bezugstemperatur aufweisen, auf die das Aräometer kalibriert ist.
In Abb. 8 ist das Messprinzip für die Bestimmung des AlkoholVolumenanteils einer Alkohol-Wasser-Mischung gezeigt.
100 %
90 %
80 %
70 %
60 %
50 %
40 %
20 %
0%
Abb.8: Aräometer (Senkspindel)
In ähnlicher Weise funktioniert die von Ferdinand Öchsle (1774 1852) konstruierte Mostwaage zur Bestimmung des Zuckergehaltes
(Mostgewichtes) von Traubenmost. Mit zunehmendem Zuckergehalt
nimmt nämlich die Dichte ρ M von Traubenmost zu. Die Öchslegra-
de geben dabei an, um wie viel 1 l Most bei 20° C schwerer ist als 1 l
Wasser mit der Dichte ρ W = 1,00 g/cm3. Es gilt die Definition:
Öchslegrade = (ρ M − ρ W ) ⋅ 1000 .
(1.19)
So muss beispielsweise eine Beerenauslese mindestens 125° Öchsle
aufweisen. Dies entspricht einer Mostdichte von
ρ M = 1,125 g / cm 3 . Der exakte Wert der Dichte luftfreien Wassers
bei 4 °C und p n = 1013,25 hPa beträgt ρ = 999,972 kg / m 3 .
20
1.1 Fluidstatik – Druck in Flüssigkeiten und Gasen
In Tab. 1 ist die Temperaturabhängigkeit der Dichte von reinem
Wasser aufgeführt.
Temperatur ϑ / °C
Dichte ρ W /(kg/m 3 )
0
999,840
4
999,972
10
999,699
15
999,098
20
998,202
25
997,043
30
995,645
40
992,22
50
988,04
60
983,20
70
977,76
80
971,79
90
965,30
100
958,35
Tab. 1: Dichte von luftfreiem reinen Wasser
Aräometer werden beispielsweise zur Bestimmung der Dichte von
Meerwasser eingesetzt. Salzwasser stellt einen elektrischen Leiter
dar, dessen elektrische Leitfähigkeit bei gegebener Referenztemperatur mit steigendem Salzgehalt zunimmt. Es ist daher möglich die
Salinität s von Meerwasser auch durch die Messung des elektrischen
Leitwertes G zu bestimmen.
Die Dichte von Salzwasser unterschiedlicher Salinität s bei einer
Temperatur von ϑ = 4°C ist in Tab. 2 aufgelistet. Unter der Salinität
s versteht man die Masse des gelösten Salzes in einer Standardmasse
Seewasser von 1 kg. Damit stellt s ein Konzentrationsmaß für die im
Wasser gelösten Salze dar. Bei festgehaltener Temperatur folgt für
die Dichteabhängigkeit ρ SW (s) des Salzwassers von der Salinität s:
ρ SW = ρ W (1 + βs) .
(1.20)
β wird als Koeffizient der halinen Kontraktion bezeichnet und es
gilt:
β=
1 dρ
ρ ds
= 0,76
(1.21)
p,T
21
1 Fluidmechanik – Einführung in die Fluidstatik und -dynamik
Meerwasser hat eine mittlere Salinität von s = 0,035.
Salinität s in 0 / 00
Dichte ρ in kg / m 3
0 (Süßwasser)
999,9
9,4 (Ostsee)
1007
35 (Nordsee)
1026
300 (Totes Meer)
1227
Tab. 2: Dichte von Salzwasser bei ϑ = 4°C
Der Salzgehalt der Meere ist Schwankungen unterworfen und nimmt
grundsätzlich mit wachsender Tiefe zu. Während für Sylt beispielsweise ein Wert von s = 31 0 / 00 gilt, weist die Ostsee in der Kieler
Bucht einen Wert von s = 15 0 / 00 auf. Durch den Salzgehalt wird
ein haliner Dichtegewinn hervorgerufen. Das im Wasser gelöste Salz
führt zudem zu einer Volumenzunahme und es gilt:
VSW =
VW
(1 + β s)(1 − s)
(1.22)
Ohne diese Volumenzunahme, d.h. bei Volumenkonstanz
VSW = VW würde bei einer Salinität von z. B. s = 0,035 die errechnete Dichte, im Gegensatz zum tatsächlichen Messwert von
ρ SW = 1026 kg / m 3 , den wesentlich höheren Rechenwert von
ρ SW = 1036 kg / m 3 ergeben.
22
1.2 Oberflächenspannung und Oberflächenenergie
1.2
Oberflächenspannung und Oberflächenenergie
Eine Flüssigkeit stellt eine Ansammlung einer sehr großen Zahl von
gleichartigen Molekülen dar, die durch molekulare Anziehungskräfte, die sog. Kohäsion zusammengehalten werden. Kohäsionskräfte
bestimmen die Viskosität und die Oberflächenspannung eines Stoffes. Je nach Lage der Moleküle innerhalb des Flüssigkeitsvolumens
lassen sich zwei verschiedene Fälle unterscheiden. Dazu sind in Abb.
9 symbolisch zwei Moleküle gezeigt.
FRes > 0
FRes = 0
Abb. 9: Kohäsionskräfte in Flüssigkeiten
Ein im Innern einer Flüssigkeit befindliches Molekül ist symmetrisch
in allen Richtungen von Nachbarmolekülen umgeben. Die molekularen Wechselwirkungskräfte heben sich gegenseitig auf, so dass auf
dieses Molekül keine resultierende Kraft wirkt. Für ein in der Nähe
der Oberfläche der Flüssigkeit befindliches Molekül fehlen jedoch
Wechselwirkungspartner im oberen Halbraum. Das Molekül erfährt
daher eine resultierende Kraft, die senkrecht zur Oberfläche steht und
die in das Innere der Flüssigkeit weist. Um ein Flüssigkeitsmolekül
aus dem Inneren an die Oberfläche zu bringen, muss gegen diese
Kraft Arbeit verrichtet werden. Wird ein Molekül unter reversiblen
Arbeitsaufwand zusätzlich an die Oberfläche gebracht, so wird
dadurch gleichzeitig die Oberfläche vergrößert. Diese Arbeit wird
von den Molekülen an der Flüssigkeitsoberfläche in Form von potentieller Energie gespeichert.
Soll die Oberfläche einer Flüssigkeit um den Betrag ∆A vergrößert
werden, so muss gegen die anziehenden Kohäsionskräfte eine stoffspezifische Arbeit ∆WA verrichtet werden. Der Quotient
σA =
∆WA
∆A
(1.23)
heißt spezifische Oberflächenenergie. Für die Einheit
von σ A ergibt sich:
23
1 Fluidmechanik – Einführung in die Fluidstatik und -dynamik
[σ A ] =
[∆WA ]
[ ∆A ]
=
J
m
2
=
Nm
m
2
=
N
.
m
(1.24)
Die Oberfläche einer Flüssigkeit versucht in analoger Weise zu einer
Gummihaut sich so weit wie möglich zusammenzuziehen, d. h. die
Kohäsionskräfte in einer Flüssigkeit versuchen die Größe der Flüssigkeitsoberfläche zu minimieren. Da die Moleküle im Flüssigkeitsinneren eine geringere potentielle Energie besitzen, weist die bei
gegebenen Volumen kleinste Oberfläche ein Minimum der potentiellen Energie auf. Eine sich selbst überlassene Flüssigkeitsmenge versucht daher die Oberfläche so klein wie möglich zu machen, um
dadurch den stabilen Zustand des Minimums der potentiellen Energie
zu erreichen. Die geometrische Form mit der kleinsten Oberfläche
bei vorgegebenem Volumen ist die Kugel. Aufgrund dieses Effektes
wachsen beispielsweise die in einer Wolke schwebenden kleinen
Wassertropfen durch Vereinigung zu großen kugelförmigen Tropfen,
da deren Oberflächen und potentielle Energien kleiner sind als die
Summe der Oberflächen bzw. potentiellen Energien der einzelnen
kleineren Tropfen. Mit wachsender Größe nimmt die Masse der
Tropfen zu, so dass die Schwerkraft allmählich über die Auftriebskraft überwiegt und die Wassertropfen in Form von Regen zu Boden
fallen. Diese Arbeit muss auch beim Zerstäuben oder Dispergieren
einer Flüssigkeit in feinste Tröpfchen aufgewendet werden.
Die spezifische Oberflächenenergie σ A kann auch als eine flächenbezogene Oberflächenenergiedichte aufgefasst werden. Sie ist die
Energie, die notwendig ist, um eine Flüssigkeitsoberfläche um 1 m2
zu vergrößern. Gebräuchlich ist für sie auch der Name Oberflächenspannung. Sie wirkt an der Grenzfläche der Flüssigkeit zum Gasoder Dampfraum. Die gasförmige Phase ist meistens die Luft oberhalb des Flüssigkeitsspiegels. Die spezifische Oberflächenenergie
oder Oberflächenspannung von Flüssigkeiten wird mit Hilfe der Abreißmethode (z. B. Ring-Methode oder Bügel-Methode) experimentell bestimmt. Dazu wird ein Messkörper mit der Form eines Drahtrings (Ring-Methode) oder eines Bügels unter die Flüssigkeitsoberfläche getaucht. Beim Herausziehen des Messkörpers aus der Flüssigkeit wird dann die Maximalkraft gemessen, die vor dem Abriss
des Flüssigkeitsfilms auftritt. Das Messverfahren ist gemäß DIN
53914 genormt und ist in Abb. 10 am Beispiel der Bügel-Methode
skizziert.
24
1.2 Oberflächenspannung und Oberflächenenergie
l
F
F
D
A
C∆ s
B
Abb. 10: Messung der Oberflächenspannung
Wird ein über Ösen befestigter beweglicher Steg (CD) eines zuvor
vollständig eingetauchten Drahtbügels senkrecht aus einer Flüssigkeit gezogen, so bildet sich eine rechteckförmige Flüssigkeitslamelle
(ABCD). A und B stellen die beiden Eintauchstellen des Drahtbügels
in die Flüssigkeit dar. Wird der verschiebbare Steg mit der Steglänge
l durch eine Kraft F um die Wegstrecke ∆s angehoben, so verrichtet
die dabei aufzuwendende Kraft F die Arbeit ∆WA = F∆s und vergrößert die Oberfläche der Flüssigkeitslamelle um ∆A = 2l∆s . Die
Oberfläche der Flüssigkeitslamelle besteht aus zwei Teilflächen,
nämlich der Vorder- und Hinterfläche. Es tritt daher ein Faktor 2 auf.
∆WA = F∆s = σ A ∆A = σ A 2 l∆s
Durch Kürzen mit ∆s folgt für die zur Vergrößerung der Oberfläche
erforderliche Kraft
F = 2σ A l .
(1.25)
Die Kraft vom Betrag F, mit der sich die Flüssigkeitsoberfläche zu
verkleinern sucht ist zu ihrer Randlänge (Steglänge) l proportional
und unabhängig vom Stegmaterial. Der Proportionalitätsfaktor σ A
ist der Koeffizient der Oberflächenspannung.
σA =
F
2l
(1.26)
Die Einheit der Oberflächenspannung ergibt sich zu
[σA ] =
[F] N
= .
[ 2l ] m
(1.27)
Für die Messung der Oberflächenspannung von hochviskosen Flüssigkeiten, wie z. B. von Polymerschmelzen, Kunstharzen und Lacken
sind besondere Messverfahren erforderlich.
25
1 Fluidmechanik – Einführung in die Fluidstatik und -dynamik
In Tabelle 3 sind einige Zahlenwerte der Oberflächenspannung aufgeführt. Sie wurden an der Grenzfläche Flüssigkeit/Gas (Luft) bei
einer Temperatur von ϑ = 20°C gemessen.
Flüssigkeit
σ A / 10 − 3
Quecksilber
465
Wasser
73
Glyzerin
64
Benzol
29
Terpentinöl
27
Seifenwasser
25
Äthylalkohol
22
N
m
Tab. 3: Oberflächenspannung von Flüssigkeiten gegen Luft
Verunreinigungen in der Flüssigkeitsoberfläche setzen die Oberflächenspannung herab. Hierauf beruht unter anderem die Wirkung von
oberflächenaktiven Substanzen wie Waschmitteln (sog. Tenside), die
sich bevorzugt in der Wasseroberfläche anreichern und die durch
Herabsetzung der Wasserstoffbrücken-Bindungsstärke die Oberflächenspannung des Wassers reduzieren. Dadurch wird ihr Benetzungsverhalten, d. h. die Fähigkeit einer Flüssigkeit sich auf einer
Oberfläche auszudehnen, erhöht. Ein mit Seifenlösung entspannter
Wassertropfen dringt leichter in kapillare Hohlräume wie das Textilgewebe ein. Aufgrund der im Vergleich zu Wasser niedrigeren Oberflächenspannung werden zu Reinigungszwecken auch organische
Lösungsmittel eingesetzt.
Die Oberflächenspannung ist nicht konstant, sondern temperaturabhängig. Am Gefrierpunkt der Flüssigkeit ist sie am größten, nimmt
dann mit wachsender Temperatur ab und verschwindet bei der kritischen Temperatur TK , bei der σ A = 0 ist. Diese Abhängigkeit ist in
Tabelle 4 am Beispiel von Wasser dargestellt.
In wässrigen Lösungen von Salzen, wie z. B. NaCl, wird eine Erhöhung der Oberflächenspannung gegenüber reinem Wasser beobachtet.
Die Oberflächenspannung σ A von Flüssigkeiten ist von der mechanischen Spannung σ der Elastomechanik zu unterscheiden. Beide
Größen besitzen beispielsweise verschiedene Einheiten. Die mechaN
nische Spannung besitzt die Einheit [σ] = 2 im Gegensatz zur
m
N
der Oberflächenspannung.
Einheit [σ A ] =
m
26
1.2 Oberflächenspannung und Oberflächenenergie
Temperatur
ϑ / °C
Oberflächenspannung
σ A / 10 −3 N / m
0
75,6
5
74,9
10
74,2
20
72,8
30
71,2
50
67,9
90
62,9
100
58,9
Tab. 4: Temperaturabhängigkeit der Oberflächenspannung von
Wasser
Soll beispielsweise der Durchmesser eines Gummiballons vergrößert
werden, so muss der Druck erhöht werden, wobei die elastische
Spannung der Gummimembran nach Maßgabe des Hookeschen Gesetzes anwächst. Werden zwei verschieden stark aufgeblasene aber
ansonsten identische Gummiballons durch ein Röhrchen miteinander
verbunden, so findet ein Druckausgleich statt bis die elastischen
Spannungen beider Ballons und damit ihre Durchmesser gleich groß
sind.
Seifenblasen verhalten sich dagegen völlig anders. Reißt in einem
Seifenschaum beispielsweise bei Berührung zweier verschieden großer Seifenblasen die Berührfläche auf, so verschwindet die kleinere
vollständig, während die größere anwächst. Die kleinere Seifenblase
besitzt offensichtlich einen durch ihre Oberflächenspannung hervorgerufenen größeren Innendruck. Bei kugelförmigen Flüssigkeitstropfen oder Blasen zeigt die resultierende Kraft der zwischenmolekularen Kohäsionskräfte an jedem Oberflächenelement radial in Richtung
des Mittelpunktes. Die auf die Flächeneinheit bezogene Kraft ergibt
einen Binnendruck, den sog. Kohäsionsdruck, der das Bestreben der
Flüssigkeitsoberfläche sich zu verkleinern, kompensiert. Zur Erläuterung der Berechnung der Radiusabhängigkeit des Innendruckes von
Flüssigkeitsblasen dient Abbildung 11.
Soll die Oberfläche A einer Hohlkugel (Blase) vom Radius r um dA
vergrößert werden, so ist dazu eine Radiusänderung ∆r notwendig.
Die dabei zu verrichtende Arbeit ∆W berechnet sich wie folgt:
∆W = F∆r = pA∆r = p 4πr 2 ∆r
27
1 Fluidmechanik – Einführung in die Fluidstatik und -dynamik
P
r
∆r
Abb. 11: Berechnung des Innendruckes
Diese Arbeit dient der Vergrößerung der Oberflächenenergie um
∆W = σ A ∆A .
Dabei ändert sich die innere und äußere Blasenoberfläche um
∆A = 2[A (r + ∆r ) − A (r )] .
Ausgehend von
p 4πr 2 ∆r = σ A ∆A
folgt
p 4πr 2 ∆r = σ A 2[ 4π(r + ∆r ) 2 − 4πr 2 )
oder nach Umformung
p 4πr 2 ∆r = σ A 8π(2r∆r + ∆r 2 ) .
Wegen ∆r 2 << 2r∆r , gilt 2r∆r + ∆r 2 ≈ 2r∆r . Damit erhält man
pr 2 ∆r = σ A 4r∆r . Für den Überdruck p in einer Blase mit innerer
und äußerer Oberfläche folgt dann
p=
4 σA
.
r
(1.28)
Da ein Flüssigkeitstropfen bzw. eine Gasblase in einer Flüssigkeit
im Gegensatz zu einer gleich großen Blase in Luft (Seifenblase) nur
eine Oberfläche besitzt, ist der auf den Außendruck p a bezogene
Überdruck (Kohäsionsdruck) nur halb so groß und es gilt
p=
28
2σ A
r
.
(1.29)
1.3 Grenzflächenspannung
Bei einem Aussendruck p a wirkt dann im Innern des Tropfens oder
der Blase in einer Flüssigkeit der Gesamtdruck oder Absolutdruck
pi = pa + p .
1.3
Grenzflächenspannung
Die Grenzflächenspannung tritt im engeren Sinne in der Grenzfläche
zwischen kondensierten Phasen auf. Als Grenzfläche soll hier die
Kontaktfläche von zwei Medien mit unterschiedlichen Aggregatzuständen (z. B. fest/flüssig) oder von zwei nicht mischbaren unterschiedlichen Flüssigkeiten (z. B. Wasser und Öl) verstanden werden.
Im Gegensatz zur Kohäsion beschreibt die Adhäsion die anziehenden
Kräfte zwischen den Molekülen zweier verschiedener Stoffe. Sie
kann zwischen festen, flüssigen und gasförmigen Stoffen auftreten.
Adhäsionskräfte bewirken die Haftreibung und die Benetzung, auf
der das Aneinanderhaften von verschiedenen Stoffen beim Kleben
und beim Lackieren von Materialien basiert. Bei der Berührung einer
Flüssigkeit mit einem festen Stoff, wie beispielsweise einer Behälterwand, besitzt ein Flüssigkeitsmolekül zwei Arten von Nachbarmolekülen; gleichartige Flüssigkeitsmoleküle und andersartige Festkörpermoleküle der begrenzenden Behälterwand. Je nachdem, in welchem Verhältnis die Kohäsions- zu den Adhäsionskräften stehen sind
zwei Fälle zu unterscheiden:
Überwiegt die Adhäsion, so breitet sich die Flüssigkeit über die
ganze Festkörperoberfläche der Behälterwand aus. Es findet Benetzung statt. Unter Benetzung versteht man die Ersetzung der Grenzfläche fest-gasförmig durch die Grenzfläche fest-flüssig. Dabei
schiebt sich die benetzende Flüssigkeitsschicht zwischen die feste
und gasförmige Phase. Die Benetzung wird dabei durch die Adhäsionskräfte zwischen Flüssigkeit und Festkörper begünstigt. Eine große Oberflächenspannung der Flüssigkeit reduziert dagegen die Benetzung. Die Glas-Wasser-Grenzfläche stellt ein Beispiel für Benetzung dar. Dabei gilt: Je kleiner der bei der Benetzung auftretende
Randwinkel ϕ , desto besser die Benetzung.
Abb. 12: Randwinkel eines benetzenden Flüssigkeitstropfens
29
1 Fluidmechanik – Einführung in die Fluidstatik und -dynamik
Tropfen benetzender Flüssigkeiten bilden spitze Randwinkel
( ϕ < 90° ) aus. Bei vollständiger Benetzung ist ϕ = 0° . Von großer
praktischer Bedeutung ist die Benetzung bei der Schmierung von
Kolben in Verbrennungsmotoren durch Motoröle bzw. von Lagern
drehender Maschinenteile durch Fette.
Überwiegt dagegen die Kohäsion, so zieht sich die Flüssigkeit tropfenförmig zusammen. Sie ist nicht-benetzend, wie das Beispiel einer Quecksilber-Glas-Grenzfläche zeigt. Tropfen nicht-benetzender
Flüssigkeiten bilden stumpfe Randwinkel ϕ ≥ 90°) aus. Je größer
der Randwinkel, umso schlechter ist die Benetzung. Vollständige
Nichtbenetzung liegt bei ϕ = 180° vor.
Abb. 13: Randwinkel eines nicht-benetzenden Flüssigkeitstropfens
Wird die Größe einer Grenzfläche z. B. zwischen Flüssigkeit und
berührenden Festkörper um ∆A geändert, so ist dazu eine reversible
Arbeit ∆W gegen die Adhäsionskräfte aufzuwenden und es gilt
∆W = σG ∆A .
(1.30)
Der Proportionalitätsfaktor σ G stellt eine spezifische Grenzflä-
chenenergie dar und wird auch als Koeffizient der Grenzflächenspannung bezeichnet. Sie entspricht der Arbeit, die zur Vergrößerung der Grenzfläche zwischen den beiden Phasen pro Flächeneinheit verrichtet werden muss. σ G hat die Einheit
[σ G ] =
[∆W ] Nm N
=
= .
[∆A] m 2 m
(1.31)
Damit stellt sich die für die Grenzfläche flüssig/gasförmig definierte
Oberflächenspannung als ein Spezialfall der Grenzflächenspannung
dar. Die Oberflächenspannung ist die Grenzflächenspannung zwischen Flüssigkeit und nicht-kondensierter Umgebung. Diese Umgebung kann aus Dampf oder Luft bestehen oder im Extremfall auch
das Vakuum sein. Die Grenzflächenspannung an der Phasengrenze
fest/gasförmig liegt bei Metallen im Bereich von 500 ⋅ 10 −3 N / m bis
5000 ⋅ 10 −3 N / m . Bei weichen Festkörpern wie z. B. bei polymeren
Werkstoffen ist σ G ≈ 50 ⋅ 10 −3 N / m . σ G hängt von dem Stoffpaar
ab und ist zwischen den Phasen fest/gasförmig und flüssig/gasförmig
30
1.4 Kapillarität
immer positiv. Die Grenzflächenspannung zwischen zwei flüssigen,
nicht mischbaren Flüssigkeiten wird gemäß DIN 53993 ebenfalls mit
der Ring- bzw. Bügel-Methode bestimmt. Für σ G < 0 (Adhäsion
überwiegt Kohäsion) wird bei Vergrößerung der Grenzfläche Flüssigkeit/Festkörper Energie frei. Die Flüssigkeit benetzt den Festkörper, wobei dieser Vorgang unter Energieabgabe von selbst erfolgt.
Für σ G > 0 (Kohäsion überwiegt Adhäsion) muss dagegen bei Vergrößerung der Grenzfläche Arbeit verrichtet werden. Die Flüssigkeit
ist in diesem Fall nicht benetzend und zieht sich zu kugelförmigen
Tropfen zusammen. Für Details der insbesondere für die Verfahrenstechnik wichtigen Grenzflächenchemie muss auf die einschlägige
Fachliteratur der Physikalischen Chemie verwiesen werden.
1.4
Kapillarität
Die Erscheinung, dass eine Flüssigkeit in einem dünnen Rohr (Kapillare), dessen Innenfläche vorher mit der Flüssigkeit benetzt wurde
bis auf eine Höhe h aufsteigt, wird Kapillarität genannt. Aufgrund
der vorherigen Benetzung handelt es sich hierbei um eine Folgewirkung der auf den Kohäsionskräften beruhenden Oberflächenspannung σ A . Die Steighöhe h erweist sich dabei umso größer, je geringer der Kapillarenradius r ist (Abb. 14). Dieser an benetzenden
Flüssigkeiten beobachtbare Vorgang wird auch als Kapillaraszension (lat. ascendere: hinaufsteigen) bezeichnet. Die Steighöhe h stellt
sich so ein, dass die aus der Oberflächenspannung resultierende und
am inneren Rand der Kapillare angreifende Zugkraft
F = σ A l = σA 2πr gerade durch die Schwerkraft der Flüssigkeitssäule FS = mg = πr 2 hρg ausgeglichen wird. Aus der Gleichgewichtsbedingung F = Fs folgt
σ A 2πr = πr 2 hρg .
Daraus folgt schließlich für die Steighöhe
h=
2σ A
rρg
.
(1.32)
Hierbei ist ρ die Dichte der Flüssigkeit, g die Erdbeschleunigung
und r der Kapillarenradius. Die Kapillaraszension erlaubt damit über
die Messung der Steighöhe die Bestimmung der Oberflächenspannung σ A .
31
1 Fluidmechanik – Einführung in die Fluidstatik und -dynamik
Abb. 14: Kapillaraszension
Die freie Oberfläche der Flüssigkeit in der Kapillare weist eine
Krümmung auf, die als Meniskus bezeichnet wird. Bei der Kapillaraszension liegt ein nach oben konkaver Meniskus vor. Der Zusammenhang zwischen Steighöhe und Kapillarenradius lässt sich auch
aus einer Energiebetrachtung ableiten. Beim Eintauchen einer Glaskapillare in Wasser findet eine vollständige Benetzung vor der Aszension statt und die Kapillare überzieht sich dabei mit einer dünnen
Wasserhaut, die in Abbildung 14 durch eine gestrichelte Linie dargestellt ist. Durch das Ansteigen des Flüssigkeitsspiegels (Aszension)
auf die Höhe h in der Kapillare wird die freie Wasseroberfläche verkleinert. Beim weiteren Ansteigen der Wassersäule um die Höhe ∆h
wird die Oberflächenenergie verringert, und zwar um
∆W = σ A ∆A = σ A 2πr∆h
Die dabei freiwerdende Energie ∆W wird als Hubarbeit verwendet
um die Masse m = ρπr 2 h der Flüssigkeitssäule um ∆h anzuheben
und um dabei ihre potentielle Energie um ∆W = mg∆h zu vergrößern. Infolge der Energieerhaltung gilt
σ A 2πr∆h = ρπr 2 hg∆h .
Daraus ergibt sich wieder für die Steighöhe h
h=
2σ A
rρg
.
Die Steighöhe in Kapillaren liefert somit eine weitere Methode zur
Messung der Oberflächenspannung. Sie setzt allerdings eine vollständige Benetzung der inneren Kapillarenoberfläche voraus. Auch
die Saugwirkung von Schwämmen, Dochten und Löschpapieren
beruht auf der Kapillarität.
32
1.4 Kapillarität
Beispiel:
In einem Glasrohr mit r = 5 mm beträgt die Steighöhe etwa 3
mm, während in einer Kapillare mit r = 0,05 mm ohne äußeren
Druck eine Steighöhe von ca. 30 cm erzielt wird.
Bei nicht-benetzenden Flüssigkeiten überwiegt die Kohäsion die
Adhäsion. Dies führt zu einer Absenkung des Flüssigkeitsspiegels
einer eingetauchten Kapillare. Dieser Effekt wird als Kapillardepression bezeichnet und beispielsweise beim Eintauchen einer Glaskapillare in Quecksilber (Hg) beobachtet (Abb. 15). Die freie Oberfläche der nicht-benetzenden Flüssigkeit in der Kapillare weist einen
nach oben konvexen Meniskus auf.
Abb. 15: Kapillardepression
Die Oberflächenspannung einer Flüssigkeit kann auch unter Ausnutzung einer Kapillare mit Hilfe der so genannten Tropfengewichtsmethode bestimmt werden. Dazu lässt man aus einem Vorratsgefäß
die zu untersuchende Flüssigkeit durch eine Kapillare mit bekanntem
Radius r heraustropfen (Abb. 16).
2r
m
16: Tropfengewichtsmethode (Stalagmometer)
Ein Tropfen mit dem Volumen VT reißt in dem Moment vom Kapillarrand ab, indem seine Gewichtskraft FS = mg = ρVT g die am Um-
33
1 Fluidmechanik – Einführung in die Fluidstatik und -dynamik
fang des Tropfens 2πr angreifende Oberflächenspannungskraft
F = 2πrσ A überwiegt. Für das Kräftegleichgewicht im Moment des
Abreißens gilt betragsmäßig
ρVT g = 2πrσ A .
Misst man das Volumen V = NVT von N Tropfen, so folgt daraus
die Oberflächenspannung σ A zu
σA =
ρgV
.
N 2πr
(1.33)
Bei einer Flüssigkeit mit bekannter Dichte ρ und Oberflächenspannung σ A kann durch Wahl des Kapillarenradius r das Tropfenvolumen VT und damit auch die Tropfenmasse m T = ρVT eingestellt
werden. Die Tropfenmethode wird daher in der chemischen Messtechnik und Analytik als quantitatives Mengenmaß eingesetzt. Für
die Masse m von insgesamt N Tropfen erhält man die Beziehung
m = Nm T =
Nσ A 2πr
g
.
(1.34)
Die Dosierung vieler Medikamente erfolgt durch die Einnahme von
Tropfen, deren Größe durch die Oberflächenspannung bestimmt
wird.
34
1.4 Kapillarität
2
Strömungen in Flüssigkeiten und Gasen
Flüssigkeiten und Gase besitzen die auf der freien Verschiebbarkeit
ihrer Moleküle beruhende Fließeigenschaft. Geordnete Bewegungen
von Flüssigkeiten oder Gasen stellen fluide Strömungen dar, die
beispielsweise in Flüssigkeiten durch die Bewegung aufgeschwemmter Schwebeteilchen sichtbar gemacht werden können. In diesem
Abschnitt sollen einfache Gesetzmäßigkeiten von Strömungen unter
Verzicht auf eine Beschreibung unter Zuhilfenahme der Vektoranalysis vorgestellt werden.
Verfolgt man die verschiedenen Positionen P1 , P2 , P3 , ... die zu
unterschiedlichen Zeiten t 1 , t 2 , t 3 ,... ein bestimmtes Teilchen in
einer Strömung durchläuft, so erhält man die Bahnkurve oder Bahnlinie dieses Teilchens. Im oberen Teil der Abbildung 17 sind mehrere
Bahnlinien einer Strömung dargestellt. Werden dagegen zu einem
festen Zeitpunkt t i , beispielsweise durch eine Momentaufnahme die
Geschwindigkeitsvektoren eines Ensembles von Teilchen an ihrem
jeweiligen Ort innerhalb der Strömung dargestellt, so erhält man eine
Stromliniendarstellung der Strömung. Dies ist im unteren Teil der
Abbildung 17 skizziert. Alle sich zu einer geschlossenen Linie zusammenfügenden Geschwindigkeitsvektoren bilden eine Stromlinie.
Bei einer stationären Strömung ist das Stromlinienbild nicht zeitabhängig, sondern konstant, d. h. an einem festen Ort bleibt die Geschwindigkeit betrags- und richtungsmäßig zeitlich konstant. Diese
Aussage gilt für alle Orte innerhalb der Strömung. In einer solchen
stationären Strömung sind Bahnlinien und Stromlinien identisch. In
zeitlich veränderlichen Strömungen sind dagegen Bahn- und Stromlinien verschieden.
17: Bahnlinien und Stromlinien einer Strömung
Jede stationäre Strömung kann somit durch ein Stromlinienbild darr
gestellt werden. Die durch die Geschwindigkeitsvektoren v bestimmte Richtung der Strömung ergibt sich jeweils als Tangente an
eine Stromlinie. Die Dichte der Stromlinien stellt ein Maß für die
35
2 Strömungen in Flüssigkeiten und Gasen
Größe der Geschwindigkeit dar und es gilt: Je dichter die Stromlinien, umso größer ist die Strömungsgeschwindigkeit.
2.1
Volumen- und Massenstromstärke
Zur mathematischen Beschreibung von Strömungen geht man von
der Modellvorstellung des inkompressiblen Fluids aus. Man nimmt
dabei an, dass die Dichte ρ des strömenden Mediums überall konstant ist. Diese Annahme ist in Flüssigkeiten aufgrund ihrer geringen
Kompressibilität sehr gut erfüllt. Obwohl Gase im Gegensatz zu
Flüssigkeiten kompressibel sind, können Gasströmungen, deren Geschwindigkeiten v wesentlich unterhalb der Schallgeschwindigkeit
c s bleiben ebenfalls als inkompressibel angesehen werden.
Wird ein die Fläche A umspannender dünner Ring senkrecht zur
Strömungsrichtung in eine mit konstanter Geschwindigkeit v strömende Flüssigkeit gebracht, so kann das in der Zeit dt durch die Fläche A fließende Flüssigkeitsvolumen dV ermittelt werden.
dV = Ads = Avdt
Als Volumenstromstärke I V wird das in der Zeiteinheit dt durch die
Fläche A fließende Flüssigkeitsvolumen dV definiert:
IV =
dV &
= V = Av .
dt
(2.1)
Die SI-Einheit lautet:
[I V ] =
[dV] m 3
=
.
[dt ]
s
(2.2)
Das Flüssigkeitsvolumen dV, das im Zeitintervall dt durch die Fläche A tritt besitzt die Masse dm:
dm = ρdV .
Diese Masse tritt in der Zeiteinheit dt durch die Querschnittsfläche
A. Die Strömung kann somit auch durch eine Massenstromstärke
I M charakterisiert werden:
IM =
dm
.
dt
(2.3)
Die Massenstromstärke besitzt die Einheit:
[I M ] =
36
[dm] kg
=
[dt ]
s
(2.4)
2.2 Kontinuitätsgleichung
Für den Zusammenhang zwischen Volumen- und Massenstromstärke
gilt:
IM =
dm ρdV
=
= ρI V .
dt
dt
(2.5)
Massenstromstärke I M und Volumenstromstärke I V sind einander
proportional. Die Verwendung der Massenstromstärke I M weist den
Vorteil der genaueren Messbarkeit auf. Die Messung der Flüssigkeitsmasse ∆m ist durch Wägung exakter durchführbar als die experimentelle Volumenbestimmung ∆V .
2.2
Kontinuitätsgleichung
Eine stationär strömende inkompressibele Flüssigkeit fließe mit konstanter Stromstärke durch ein Rohr. Verändert sich der Rohrquerschnitt A, so verändert sich die Strömungsgeschwindigkeit v in der
Weise, dass die Stromstärke IV erhalten bleibt. Wenn in einem Rohr
keine Flüssigkeit verloren geht und auch keine Flüssigkeit neu dazukommt, bleibt die Stromstärke konstant. Diese Tatsache ist eine Folge der Inkompressibilität und drückt die Massenerhaltung aus. In
Abbildung 18 ist dazu eine Flüssigkeitsströmung mit veränderlichem
Querschnitt dargestellt.
A1
v1
A2
v2
Abb. 18: Rohrströmung mit veränderlichem Querschnitt
Das im Zeitintervall dt durch die Querschnittsfläche A 1 mit der Geschwindigkeit v1 hindurchtretende Flüssigkeitsvolumen dV ist identisch mit dem durch die Querschnittsfläche A 2 mit der Geschwindigkeit v 2 fließenden Flüssigkeitsvolumen.
dV = s1 A 1 = v1dtA 1
sowie
dV = s 2 A 2 = v 2 dtA 2 .
37
2 Strömungen in Flüssigkeiten und Gasen
Daraus folgt:
A 1 v1 = A 2 v 2 .
(2.6)
Diese Beziehung wird Kontinuitätsgleichung genannt. Einfache
Umformung liefert:
v1
v2
=
A2
A1
.
(2.7)
Die Strömungsgeschwindigkeiten verhalten sich umgekehrt wie die Rohrquerschnitte.
Eine Verringerung der Querschnittsfläche des Rohres ist stets mit
einer Vergrößerung der Strömungsgeschwindigkeit verbunden und
umgekehrt.
2.3
Innere Reibung in Flüssigkeiten und Gasen
Die zwischenmolekularen Kohäsionskräfte sind Ursache des viskosen Verhaltens von Flüssigkeiten. Zur Aufrechterhaltung einer Relativgeschwindigkeit eines Körpers in einem fluiden Medium ist eine
äußere Gegenkraft zu der bewegungshemmenden inneren Reibung
notwendig. Bei der Bewegung eines festen Körpers durch eine Flüssigkeit handelt es sich um innere Reibung der Flüssigkeit, wenn diese den Körper benetzt. Dann ist die Oberfläche des Körpers nämlich
mit einer adsorbierten Schicht von Flüssigkeitsmolekülen bedeckt, so
dass bei der Bewegung des Körpers eine Relativbewegung dieser
Schicht mit der umgebenden Flüssigkeit stattfindet.
Von Newton stammt der folgende phänomenologische Ansatz zur
Beschreibung der Reibungskraft in fluiden Medien. Gemäß Abbildung 19 befinde sich im Zwischenraum einer ruhenden Platte und
einer bewegten Platte eine dünne Flüssigkeitsschicht der Dicke d.
Die obere Platte mit der Fläche A soll mit konstanter Geschwindigkeit v parallel zur unteren Platte bewegt werden. Die untere Platte
wird dabei als ortsfest betrachtet. Sie bleibt daher in Ruhe. Da an den
Oberflächen beider Platten aufgrund von Adhäsionskräften Flüssigkeitsschichten fest haften, handelt es sich bei diesem Vorgang nicht
um eine Reibung zwischen Festkörper und Flüssigkeit, sondern um
die Reibung zwischen einzelnen Flüssigkeitsschichten, die auch als
innere Reibung bezeichnet wird. Zwischen den beiden Platten bildet
sich ein lineares Geschwindigkeitsprofil aus. Die an der oberen Platte
haftende Flüssigkeitsschicht bewegt sich mit der Plattengeschwindigkeit v, während die an der unteren Platte haftende Flüssigkeitsschicht in Ruhe bleibt.
38
2.3 Innere Reibung in Flüssigkeiten und Gasen
Abb. 19: Zum Newtonschen Reibungsgesetz
Um die Geschwindigkeit v aufrecht zu erhalten, ist eine Gegenkraft
F zur Reibungskraft FR erforderlich, die der Fläche A und der Geschwindigkeit v der bewegten Platte direkt und zum Plattenabstand d
umgekehrt proportional ist. Die Proportionalitätskonstante η ist die
dynamische Viskosität oder Scherviskosität, die die Zähigkeit des
fluiden Mediums zwischen den parallelen Platten beschreibt.
r
r
v
FR = −ηA
d
(2.8)
Die umgekehrte Proportionalität zur Schichtdicke d hat ihre Ursache
darin, das bei gegebener Geschwindigkeit v mit abnehmenden Abstand d die einzelnen Flüssigkeitsschichten um so schneller übereinander gleiten müssen. Das Minuszeichen berücksichtigt die Tatsache, dass die Reibungskraft als bremsende Kraft der jeweiligen Geschwindigkeitsrichtung entgegengesetzt ist. Die betragsmäßige Beziehung
v
FR = ηA liefert eine Messvorschrift für die experimentelle Bed
stimmung von η . Für die Einheit der dynamischen Viskosität erhält
man:
[η] = Nsm −2 = Pa ⋅ s
Die Größe φ =
[φ] =
(2.9)
1
wird als Fluidität bezeichnet. Für ihre Einheit gilt:
η
m2
.
Ns
(2.10)
Das Verhältnis von dynamischer Viskosität η zur Dichte ρ des fluiden Mediums wird als kinematische Viskosität υ bezeichnet.
υ=
η
ρ
(2.11)
Die kinematische Viskosität υ besitzt die Einheit
39
2 Strömungen in Flüssigkeiten und Gasen
[υ] =
m2
.
s
(2.12)
Die Geschwindigkeit v in Abb. 19 ändert sich zwischen den parallelen Platten linear mit der Abstandskoordinate x. Dies ist jedoch nur
für dünne Schichten dx gültig. Im Allgemeinen ist die Reibungskraft
FR proportional zum Geschwindigkeitsgradienten dv/dx. Er gibt an,
wie schnell sich die Geschwindigkeit beim Übergang zwischen benachbarten Schichten in x-Richtung, d. h. senkrecht zur Bewegungsrichtung, ändert. Das Newtonsche Reibungsgesetz erhält dann die
Form
FR = ηA
dv
.
dx
(2.13)
Wird die Platte um die Strecke s verschoben, so muss dazu die Verschiebungsarbeit W = FR s gegen die Reibungskraft verrichtet werden, die in der Flüssigkeit in Wärmeenergie umgewandelt wird. Nur
r
bei Bewegungen mit Festkörperreibung ist die Reibungskraft FR
konstant. Solche Bewegungen verlaufen dann gleichförmig beschleunigt, und zwar verzögert. Die Beschleunigung ist dabei negativ.
In fluiden Medien ist somit bei Formänderungen durch Verschieben
von Fluidelementen ein Widerstand zu überwinden. Die dabei auftretende Reibungskraft und damit die Schubspannung τ =
FR
ist gemäß
A
(2.13) proportional zum Geschwindigkeitsgradienten dv/dx, der in
der Literatur auch als Schwergeschwindigkeit D bezeichnet wird. Der
Proportionalitätsfaktor η stellt die dynamische Viskosität dar. Bei
newtonschen Medien ist die Viskosität η konstant, d. h. unabhängig
von der Schwergeschwindigkeit D.
Abb. 20: Newtonsche Fluide mit η 2 > η1
Bei nicht-newtonschen Medien besteht dagegen ein nichtlinearer
Zusammenhang zwischen Schubspannung τ und Schwergeschwin-
40
2.3 Innere Reibung in Flüssigkeiten und Gasen
digkeit D. η ist dann abhängig von D. Der Zusammenhang η (D)
wird als Fließkurve bezeichnet. Steigt die Viskosität mit D an, so
wird das Verhalten als dilatant bezeichnet. Während ein Abfall der
Viskosität als Funktion von D als pseudoplastisches Verhalten bezeichnet wird.
Abb. 21: Nicht-newtonsche Fluide
Im Gegensatz zur Coulombschen Reibung zwischen Festkörpern ist
die Newtonsche Reibung in Flüssigkeiten und Gasen unabhängig
von der Normalkraft. In der Praxis nützt man dies aus, indem man
zwischen zwei aufeinander gleitenden Festkörpern eine Flüssigkeitsschicht in Form eines Schmiermittels bringt, wodurch die bremsende
Reibungskraft stark reduziert wird. Die Schmiermittelreibung stellt
daher ein wichtiges Anwendungsbeispiel für die technische Bedeutung der Viskosität von Fluiden dar.
R
d
Gleitlager
Welle
L
Abb. 22: Schmierung in einem Gleitlager
Nachteilig macht sich die Verminderung der Reibungskraft durch
Übergang zur Newtonschen Reibung beim Aquaplaning bemerkbar.
Durch einen Wasserfilm zwischen Reifen und Fahrbahn wird die
Haftreibungskraft stark herabgesetzt oder sogar vollständig aufgehoben. Es können keine Coulombschen Reibungskräfte mehr zwischen
Reifen und Fahrbahn übertragen werden, was häufig zu Verkehrsunfällen infolge von Wasserglätte führt. Das Auto fährt dann „Wasserski“ und lässt sich weder lenken noch bremsen. Da die Reifen bei
hoher Geschwindigkeit weniger Wasser verdrängen können, steigt
41
2 Strömungen in Flüssigkeiten und Gasen
das Risiko des Aufschwimmens auf einem Wasserfilm mit wachsender Geschwindigkeit stark an.
In Tabelle 5 ist bei Zimmertemperatur von ϑ = 20°C die dynamische Viskosität sowie die kinematische Viskosität υ einiger Stoffe
aufgelistet.
η / 10 −3 Pa ⋅ s
υ / 10 −6 m 2 / s
Äthylalkohol
1,2
1,5
Benzol
0,65
0,7
Glyzerin
1400
900
Quecksilber
1,6
0,12
Wasser
1,0
1,0
0,018
0,014
Stoff
Luft
Tab. 5: Viskosität einiger Stoffe
Luft besitzt größenordnungsmäßig eine um zwei Zehnerpotenzen
kleinere Viskosität als Wasser. Diese Aussage gilt für alle gasförmigen Stoffe. In Tabelle 6 ist die dynamische Viskosität für einige Gase
unter Normaldruck bei einer Temperatur von ϑ = 0°C dargestellt.
Gas
η / 10 −6 Pa ⋅ s
H2
8,4
N2
16,7
O2
19,1
He
18,6
Ne
29,8
Ar
20,9
Kr
23,3
Tab. 6: Dynamische Viskosität einiger Gase
Die dynamische Viskosität selbst ist temperaturabhängig.
Die Viskosität von Flüssigkeiten nimmt mit steigender
Temperatur stark ab.
Diese Temperaturabhängigkeit kann für viele Flüssigkeiten in guter
Näherung durch die Beziehung
B
η = η∞e T
42
(2.14)
2.4 Stokessches Gesetz
beschrieben werden. Die materialspezifische Konstante B ist dabei
temperaturunabhängig. Tabelle 7 zeigt diese Temperaturabhängigkeit am Beispiel von Wasser.
Temperatur
Viskosität
ϑ / °C
η / 10 −3 Pa ⋅ s
0
1,78
10
1,31
20
1,0
30
0,80
40
0,66
50
0,55
60
0,47
100
0,28
Tab. 7: Temperaturabhängigkeit der Viskosität von Wasser
Im Gegensatz zu den Flüssigkeiten nimmt die dynamische Viskosität
der Gase mit wachsender Temperatur zu. Für die Temperaturabhängigkeit gilt
η=
A T
.
1+ B / T
(2.15)
A und B stellen dabei gasspezifische Konstanten dar. Die unterschiedliche Temperaturabhängigkeit der dynamischen Viskosität für
Flüssigkeiten und Gase beruht auf verschiedenen Wechselwirkungsprozessen, die für die innere Reibung verantwortlich sind. Während
die innere Reibung in Flüssigkeiten durch die zwischenmolekularen
Kohäsionskräfte verursacht wird, ist die innere Reibung in Gasen
eine direkte Folge der ungeordneten Wärmebewegung der Gasmoleküle.
1938 entdeckte der sowjetische Physiker Pjotr Kapitza (1894 –
1984) an flüssigem Helium das Phänomen der Suprafluidität. Unterhalb einer Temperatur Tλ = 2,18 K geht das flüssige He-4-Isotop
in den suprafluiden Zustand über, in dem die Viskosität sprunghaft
gegen Null geht.
2.4
Stokessches Gesetz
Reale Flüssigkeiten sind stets reibungsbehaftet, sie sind viskos.
Dadurch treten zwischen benachbarten Flüssigkeitsschichten mit
verschiedenen Strömungsgeschwindigkeiten immer Reibungskräfte
auf. Bei allen Strömungsvorgängen realer Flüssigkeiten wird mecha-
43
2 Strömungen in Flüssigkeiten und Gasen
nische Bewegungsenergie in Wärme umgewandelt. Bei der Bewegung von Körpern in fluiden Medien hängt die Reibungskraft von
der Viskosität (Zähigkeit) der Medien, der Geometrie der Körper
(Stromlinienform, Spoiler, ...), dem Strömungstyp (laminar oder
turbulent) und der Relativgeschwindigkeit v des Körpers gegen das
Medium ab. Eine Strömung heißt laminar oder geschichtet, wenn die
einzelnen, infolge der inneren Reibung verschieden schnell strömenden Flüssigkeits- oder Luftschichten ohne Verwirbelung aneinander
gleiten. In laminaren Strömungen ist die Reibungskraft proportional
zur Geschwindigkeit v.
Bewegt sich eine Kugel vom Radius r mit der Geschwindigkeit v
durch ein fluides Medium mit der dynamischen Viskosität η , so
wirkt auf die Kugel eine Reibungskraft FR . Eine einfache Abschätzung der Größe dieser Reibungskraft liefert das Newtonsche Reibungsgesetz. Die an der Oberfläche der sich bewegenden Kugel haftenden Flüssigkeitsschichten haben die Geschwindigkeit v. In einer
Entfernung der Größenordnung r von der Kugeloberfläche A bleibt
die Flüssigkeit in Ruhe. Es gilt daher betragsmäßig
A = 4πr 2
(2.16)
dv v
≈
dx r
FR = ηA
dv
v
≈ η4πr 2 = 4πηrv .
dx
r
In einer exakten Berechnung erhielt Sir George Gabriel Stokes (1819
- 1903) für die an der Kugel angreifende Reibungskraft die Beziehung
r
r
FR = −6πηrv .
(2.17)
Diese Beziehung wird deshalb als Stokessches Reibungsgesetz bezeichnet (Abbildung 23).
Abb. 23: Stokessches Reibungsgesetz
Die Stokessche Reibungskraft auf eine laminar umströmte Kugel ist
der Strömungsgeschwindigkeit proportional. Physikalisch äquivalente Strömungsverhältnisse liegen bei der Bewegung einer Kugel mit
r
der Geschwindigkeit v durch ein ruhendes Fluid vor.
44
2.5 Strömungswiderstand
r
r
FR = − k R v
(2.18)
k R = 6πηr
(2.19)
r
Als bremsende Kraft ist FR jedoch entgegengesetzt zur Bewegungs-
richtung gerichtet. Dieser Tatsache wird durch das Minuszeichen in
der vektoriellen Schreibweise der Reibungskraft Rechnung getragen.
Die gleiche Kraft erfährt auch eine ruhende Kugel, die von einer
r
Flüssigkeit mit der Strömungsgeschwindigkeit v umströmt wird.
Die in Abbildung 23 gezeigte laminare Strömung um eine Kugel
stellt eine reale Strömung dar, bei der Grenzschichteffekte vernachlässigt wurden. Das Stokessche Gesetz erlaubt mit Hilfe der Kugelfallmethode die experimentelle Bestimmung der dynamischen Viskosität.
2.5
Strömungswiderstand
Der Transport von Flüssigkeiten durch Rohrleitungen ist von großer
technischer Bedeutung. Eine Rohrleitung setzt der durch sie strömenden Flüssigkeit einen Strömungswiderstand entgegen, der von
der Geometrie der Leitung und von der dynamischen Viskosität der
Flüssigkeit abhängig ist. Zur Aufrechterhaltung einer konstanten
Stromstärke ist eine von außen einwirkende Druckkraft erforderlich.
die der Reibungskraft entgegenwirkt.
Die experimentelle Erfahrung zeigt: Liegt zwischen Anfang und
Ende einer Rohrleitung eine Druckdifferenz ∆p , so sagt man auch,
dass längs des Rohres der Druck um ∆p abfällt. Die Stromstärke
einer Flüssigkeit im Rohr ist von dieser Druckdifferenz abhängig. Je
größer die Druckdifferenz, umso größer ist auch die Volumen- bzw.
Massenstromstärke.
Die Abhängigkeit der Volumenstromstärke I V von der Druckdifferenz ∆p kann in einem Diagramm dargestellt werden. Die Kurve
I V = f (∆p) in diesem Diagramm wird als Kennlinie der Rohrlei-
tung bezüglich der sie durchströmenden Flüssigkeit bezeichnet. Sie
ist in Abb. 24 dargestellt. Der Strömungswiderstand R einer Rohrleitung wird definiert als Quotient aus Druckdifferenz ∆p und Volumenstromstärke I V :
R=
∆p
.
IV
(2.20)
Die mechanische Leistung P, die benötigt wird, um eine Volumenstromstärke I V in einer Rohrleitung aufrechtzuerhalten, ist
45
2 Strömungen in Flüssigkeiten und Gasen
P = I V ∆p = RI 2V .
(2.21)
∆p ist die Druckdifferenz zwischen Anfang und Ende des Rohres.
Iv
0
∆p
Abb. 24: Kennlinie einer Strömung mit innerer Reibung
Der Strömungswiderstand R besitzt die Einheit
[R ] =
[∆p] N / m 2 Pa ⋅ s
=
= 3 .
[I V ] m 3 / s
m
(2.22)
Die reziproke Größe
G=
1 IV
=
R ∆p
(2.23)
wird Strömungsleitwert G genannt. Ist die Kennlinie eine Gerade,
so ist der Strömungswiderstand R konstant, d. h. unabhängig von der
Druckdifferenz ∆p bzw. von der Volumenstromstärke I V . Flüssigkeiten mit konstantem Strömungswiderstand R werden newtonsch
genannt. Flüssigkeiten, bei denen die dynamische Viskosität von der
Volumenstromstärke I V abhängt besitzen eine gekrümmte Kennlinie. Sie werden nicht-newtonsch genannt.
Zu den nichtnewtonschen Flüssigkeiten gehören Dispersionen mit
flüssiger Hauptphase. Allgemein versteht man unter einer Dispersion
ein heterogenes Gemenge aus mindestens zwei Stoffen, die sich nicht
oder kaum ineinander lösen oder chemisch miteinander verbinden, d.
h. jede Form einer feinsten Verteilung eines Stoffes in einem anderen. Dabei wird ein Stoff, die so genannte dispergierte Phase (Nebenphase) fein in einem anderen Stoff, Dispersionsmittel oder
Hauptphase genannt, verteilt. Die Haupt- und Nebenphase kann im
Allgemeinen durch physikalische Methoden (z. B. mithilfe von Filtern oder Zentrifugen) wieder voneinander getrennt werden.
46
2.6 Kirchhoffsche Strömungsgesetze
Je nach Aggregatzustand der beteiligten Stoffe unterscheidet man
folgende Dispersionsarten:
Name
Feststoffgemisch
Suspension
Emulsion
Aerosol
Aerosol
Hauptphase
Feststoff
Flüssigkeit
Flüssigkeit
Gas
Gas
Nebenphase
Feststoff
Feststoff
Flüssigkeit
Feststoff
Flüssigkeit
Beispiel
Al-Si-Legierung
Kalkmilch
Milch
Rauch
Nebel
Tab. 8: Dispersionsarten
Dispersionen werden gelegentlich auch als kolloidale Lösungen
bezeichnet. Die Kolloide genannten Teilchen haben eine Größe zwischen 1 nm und 1 µm und sind in einem Lösungsmittel (Hauptphase) verteilt (dispergiert). Ein Beispiel einer kolloidalen Flüssigkeit
mit nichtnewtonschen Verhalten stellt Blut dar. In einer Suspension
(lat.: suspensus = in der Schwebe) sind unlösliche Feststoffteilchen
in einer Flüssigkeit aufgeschwemmt. Die kolloidale Verteilung feinster Flüssigkeitstropfen in einer anderen mit dieser nicht mischbaren
Flüssigkeit wird als Emulsion bezeichnet. Da ein Gemisch von Gasen stets homogen ist, gehören Gasgemische nicht zu den Dispersionen.
2.6
Kirchhoffsche Strömungsgesetze
Jedem beliebig verzweigten Rohrsystem kann ein Strömungswiderstand R zugewiesen werden. Das Rohrsystem wird dabei als eine
Kombination von verschiedenen Rohren mit jeweils bekanntem
Strömungswiderstand R i aufgefasst.
Treten in einem Knotenpunkt mehrere Rohre zusammen, so ist die
Summe der zufließenden Stromstärken gleich der Summe der abfließenden Stromstärken. Werden die zufließenden Stromstärken im
Rahmen einer Konvention mit einem positiven Vorzeichen, die abfließenden Stromstärken dagegen mit einem negativen Vorzeichen
versehen, so ist die Summe aller Stromstärken in einem Knotenpunkt
gleich Null (Abb. 25). Dies ist die Aussage des 1. Kirchhoffschen
Gesetzes:
n
∑ I V ,i = 0
(2.24)
i =1
47
2 Strömungen in Flüssigkeiten und Gasen
Abb. 25: Zum 1. Kirchhoffschen Gesetz
Werden mehrere verschiedene Rohrleitungen zu einem geschlossenen Kreis verbunden, so ist die durch eine Pumpe erzeugte und aufrechterhaltene Gesamtdruckdifferenz ∆p gleich der Summe der
Druckdifferenzen der einzelnen Rohrleitungen. Dies ist die Aussage
des 2. Kirchhoffschen Gesetzes:
n
∆p = ∑ ∆p i
(2.25)
i =1
Für eine Hintereinanderschaltung von Rohrleitungen (Abb. 26) gilt:
∆p = ∆p1 + ∆p 2 + ∆p 3
Abb. 26: Hintereinander geschaltete Rohrleitungen
Wird diese Gleichung durch die durch alle Rohre konstante Volumenstromstärke I V dividiert, so ergibt sich
∆p ∆p1 ∆p 2 ∆p 3
=
+
+
IV
IV
IV
IV
oder
R = R1 + R2 + R3.
48
(2.26)
2.6 Kirchhoffsche Strömungsgesetze
Der Gesamtströmungswiderstand R hintereinander geschalteter Rohrleitungen ist gleich der Summe der Einzelwiderstände Ri.
Für eine Parallelschaltung gilt: Parallel geschaltete Rohrleitungen
(Abb. 27) weisen die gleiche Gesamtdruckdifferenz ∆p auf.
Abb. 27: Parallelgeschaltete Rohrleitungen
An den Verzweigungspunkten (Knotenpunkten) ist gemäß dem 1.
Kirchhoffschen Gesetz die Summe der zufließenden Stromstärken
gleich der Summe der abfließenden Stromstärken:
I V = I V ,1 + I V ,2 + IV ,3 .
(2.27)
Des Weiteren gilt für die Einzelstromstärken I V ,i :
I V ,1 =
∆p
∆p
, I V,2 =
und
R1
R2
I V ,3 =
∆p
.
R3
Damit folgt für die Gesamtstromstärke I V :
IV =
∆p ∆p ∆p
+
+
R1 R 2 R 3
oder
IV
∆p
=
1
1
1
+
+
.
R1 R 2 R 3
Wegen R =
I
∆p
1
ist V =
und damit folgt:
IV
∆p R
1
1
1
1
=
+
+
.
R R1 R 2 R 3
(2.28)
49
2 Strömungen in Flüssigkeiten und Gasen
Bei parallel geschalteten Rohrleitungen addieren sich
die Reziprokwerte der Einzelströmungswiderstände
zum reziproken Gesamtströmungswiderstand.
Oder mit anderen Worten: Der Gesamtleitwert G einer Parallelschaltung von Rohrleitungen ist gleich der Summe der Einzelleitwerte:
G = G1 + G2 + G3.
2.7
Hagen-Poiseuillesches Gesetz
Eine Strömung durch ein zylindrisches Rohr stellt einen weiteren
technisch bedeutsamen Fall einer laminaren Strömung dar. Gemäß
Abb. 28 soll durch ein Rohr (Kapillare) mit kreisförmigen Querschnitt (Innenradius r) und der Länge l eine Flüssigkeit mit der dynamischen Viskosität η ohne Verwirbelung von links nach rechts
strömen. Die für die Aufrechterhaltung der Strömung notwendige
Druckkraft F rührt von der Druckdifferenz ∆p = p1 − p 2 her, wobei
p1 > p 2 sein soll. Über dem Strömungsrohr sind zur Messung des
statischen Drucks an verschiedenen Stellen vertikale Steigrohre aufgesetzt. Der statische Druck der strömenden Flüssigkeit ist der jeweiligen Höhe h im Steigrohr proportional. Er entspricht dem Schweredruck p s = ρgh der Flüssigkeitssäule. In den Steigrohren steigt die
Flüssigkeit so lange an, bis sich der Schweredruck der Flüssigkeitssäule im Steigrohr und der statische Druck der Strömung die
Waage halten.
P1
P2
IV
Abb. 28: Lineares Druckgefälle einer laminaren Strömung
Im stationären Zustand strömt die Flüssigkeit mit konstanter Strömungsgeschwindigkeit v(x) und für jeden koaxialen Zylinder ist die
Summe von äußerer Druckkraft F und innerer Reibungskraft FR
gleich Null.
F + FR = 0
50
2.7 Hagen-Poiseuillesches Gesetz
Die auf eine zylindrische Flüssigkeitssäule (Abb. 29) vom Radius x
in Strömungsrichtung wirkende Druckkraft F ist gegeben durch
F = ∆pA = ∆pπx 2 .
Abb. 29: Kraft auf eine zylindrische Flüssigkeitssäule vom Radius x
A ist dabei die Querschnittsfläche des Kreises mit dem Radius x. Die
in der Mantelfläche A M der zylindrischen Flüssigkeitssäule auftretende Reibungskraft FR ist nach dem Newtonschen Reibungsgesetz
gegeben durch
FR = ηA M
dv( x )
dv( x )
= η2πxl
dx
dx
Die Größe dv(x)/dx stellt den Geschwindigkeitsgradienten dar. Da
die Gesamtkraft im stationären Gleichgewicht verschwindet, folgt
∆pπx 2 + η2πxl
dv( x )
=0
dx
oder
dv( x ) = −
∆p
xdx .
2ηl
Ausgehend von dieser Gleichung erhält man durch Integration die
Radiusabhängigkeit der Strömungsgeschwindigkeit v(x):
v( x )
x
∫ dv(x ) = − ∫
v =0
x=r
∆p
xdx .
2ηl
Hierbei wurde die Randbedingung berücksichtigt, dass die Flüssigkeit an der Rohrwand haftet, d. h. für x = r ist v(r) = 0. Nach Aus-
51
2 Strömungen in Flüssigkeiten und Gasen
führung der Integration erhält man ein parabolisches Geschwindigkeitsprofil (Abb. 30 unten):
v( x ) =
∆p 2
(r − x 2 ) .
4ηl
(2.29)
Die Geschwindigkeit nimmt quadratisch mit der Entfernung von der
Rohrmitte ab. In der Rohrmitte (x = 0) liegt die maximale Geschwindigkeit
v max =
∆p 2
r
4η l
(2.30)
vor. An der Rohrwand (x = r ) ist die Geschwindigkeit Null. Durch
die Stirnfläche eines Hohlzylinders (Abb. 30 oben) vom Radius x,
der Schichtdicke dx und der Kreisringfläche dA fließt aufgrund der
Kontinuitätsgleichung die Volumenstromstärke dIV :
dI V = dAv( x ) = dAv(x)
dI V = 2πxdx
∆p 2
(r − x 2 ) .
4η l
Integration über alle konzentrischen Hohlzylinder liefert das Gesetz
von Hagen-Poiseuille (Gotthilf Heinrich Hagen (1797 - 1884) und
Jean Louis Marie Poiseuille (1799 - 1869):
Abb. 30: Hagen-Poiseuillesches Gesetz
IV
∫ dI V
0
52
x =r
π∆p
=
(r 2 − x 2 ) xdx
∫
2η l x = 0
2.7 Hagen-Poiseuillesches Gesetz
oder
IV =
πr 4 ∆p
.
8η l
(2.31)
Das Hagen-Poiseuillesche Gesetz beschreibt die Abhängigkeit der
Volumenstromstärke von den Abmessungen der Rohrleitung und der
dynamischen Viskosität η einer laminar strömenden, realen Flüssigkeit. Die Volumenstromstärke ist
-
proportional zur 4. Potenz des Rohrradius,
proportional zum Druckgefälle ∆p / l und
umgekehrt proportional zur dynamischen Viskosität.
Die Volumenstromstärke ist durch Vergrößerung der Querschnittsfläche A = πr 2 wesentlich leichter zu erhöhen als durch Vergrößerung des Druckes. Ausgehend von
IV =
∆p
R
(2.32)
erhält man für den Strömungswiderstand
R=
8ηl
πr 4
.
(2.33)
Bei laminarer Strömung ist der Strömungswiderstand R konstant und
damit unabhängig von der Strömungsgeschwindigkeit. In den Strömungswiderstand gehen nur die geometrischen Rohrdaten und die
Viskosität des strömenden Fluids ein:
r: Radius der Rohrleitung
l: Länge der Rohrleitung
η : dynamische Viskosität
Bei gleicher Größe der Querschnittsfläche A haben Leitungen mit
kreisförmigen Querschnittsprofil den kleinsten Strömungswiderstand. Auch das Hagen-Poiseuillesche Gesetz erlaubt mit Hilfe so
genannter Kapillarviskosimeter (auch Durchfluss - Viskosimeter
oder Ostwaldsches Viskosimeter genannt) die experimentelle Bestimmung der dynamischen Viskosität. Dabei wird bei einer Kapillaren mit gegebenen Abmessungen (Radius r und Länge l) und bekannter Druckdifferenz ∆p das durch die Kapillare im Zeitintervall ∆t
hindurchfließende Flüssigkeitsvolumen ∆V gemessen.
Ausgehend von der Abhängigkeit v(x) der Geschwindigkeit vom
Abstand x von der Rohrachse kann mit Hilfe der Kontinuitätsgleichung die über die Querschnittsfläche A gemittelte Strömungsgeschwindigkeit v berechnet werden:
53
2 Strömungen in Flüssigkeiten und Gasen
I V = Av = πr 2 v
v=
∆p 2 1
r = v max .
8ηl
2
(2.34)
Die mittlere Strömungsgeschwindigkeit v folgt rechnerisch auch aus
dem parabolischen Geschwindigkeitsprofil v(x):
x =r
v=
1
1
v( x )dA = 2
∫
A x =0
πr
r
∆p
∫ v( x )2πxdx = 8ηl r
0
2
=
1
v
.
2 max
Das Gesetz von Hagen-Poiseuille gilt nur für laminare Strömungen.
Unter welchen Bedingungen eine Strömung laminar erfolgt, kann
nicht analytisch exakt angegeben werden. Experimentell zeigt sich,
dass bei kleinen Strömungsgeschwindigkeiten glatte Strömungsformen vorliegen. Eine grobe Abschätzung liefert für die laminare
Strömungsform die Bedingung:
l>
ρvd d
d
l
= Re
oder Re < 48 .
η 48
48
d
ρvd
ist dabei die so genannte Reyη
noldszahl. Sie ist eine von mehreren Strömungskennzahlen. Die o. g.
Ungleichung ergibt sich direkt aus dem Energieerhaltungssatz. Die
gesamte kinetische Energie E kin der strömenden Flüssigkeit muss
Die dimensionslose Größe Re =
wegen der Reibungsverluste kleiner sein als die am strömenden Medium durch die Druckkraft FD über die Rohrlänge l verrichtete Verschiebungsarbeit W:
E kin < W oder W > E kin
Für die mechanische Arbeit W erhält man:
W = FD l = A∆pl = πr 2 ∆pl .
Die kinetische Energie dE kin , der in einem Hohlzylinder (Abb. 30)
vom Radius x und der Schichtdicke dx enthaltenen Flüssigkeitsmasse dm, die sich mit der Geschwindigkeit v(x) bewegt, ergibt sich zu
dE kin =
1
dmv( x ) 2 .
2
Mit
dm = ρdV = ρ 2π x dx l
54
2.7 Hagen-Poiseuillesches Gesetz
folgt
dE kin =
∆p 2 2
1
ρ2πxdxl(
) (r − x 2 ) 2 .
2
4η l
Durch Integration über alle Hohlzylinder erhält man die gesamte
kinetische Energie der durch das Rohr strömenden Flüssigkeit:
x =r
E kin =
∫ dE kin =
πρ(∆p) 2 r 6
x =0
96η 2 l
.
Mit Hilfe der mittleren Geschwindigkeit v und mit d = 2r lässt sich
die letzte Gleichung umformen und man erhält
E kin = πr 2 ∆p
ρvd d
.
η 48
Durch Einführung der Reynoldszahl Re folgt schließlich
E kin = πr 2 ∆p Re
d
.
48
(2.35)
Aus der Bedingung W > E kin erhält man die Ungleichung
πr 2 ∆pl > πr 2 ∆p Re
d
.
48
Daraus folgt schließlich die Beziehung l > Re
d
.
48
Die Interpretation dieser Ungleichung ergibt: Das HagenPoiseuillesche Gesetz ist nur für laminare Strömungen in engen
Rohrleitungen, den so genannten Kapillaren (lat. capillus: Haupthaar,
hier im Sinne von “haarfein“) gültig. Es gilt nicht in Rohrleitungen
mit großer lichter Weite, deren von einer parabolischen Geschwindigkeitsverteilung abweichendes Geschwindigkeitsprofil in Abbildung 31 skizziert ist.
55
2 Strömungen in Flüssigkeiten und Gasen
Abb. 31: Geschwindigkeitsprofil einer weiten Rohrströmung
Die effektive Reibungskraft FR , welche die laminar strömende Flüssigkeit auf die Rohrwand oder umgekehrt das Rohr auf die sich bewegende Flüssigkeit ausübt, folgt im Falle der stationären Strömung
aus dem betragsmäßigen Gleichgewicht von Druckkraft FD und
Reibungskraft FR .
FD = A∆p = πr 2 ∆p = FR
Mit Hilfe der mittleren Geschwindigkeit
v=
∆p 2
r
8ηl
kann für eine laminare Rohrströmung die Druckdifferenz durch die
mittlere Strömungsgeschwindigkeit ausgedrückt werden.
∆p =
8ηl
r2
v
Damit erhält man für die Reibungskraft betragsmäßig
FR = 8πηlv .
(2.36)
Das Gesetz von Hagen-Poiseuille für eine laminar durch ein zylindrisches Rohr strömende viskose Flüssigkeit beruht auf einer Reibungskraft, die analog zum Stokesschen Gesetz proportional zur
mittleren Strömungsgeschwindigkeit ist.
Reibungskraft
Stokes
Hagen-Poiseuille
FR = k R v
k R = 6πηr
k R = 8πηl
2.8
Reale Strömungen und Turbulenz
Aufgrund des Stromlinienbildes werden zwei Strömungsarten unterschieden: Laminare Strömung und turbulente Strömung. Bei einer
laminaren Strömung verlaufen die Stromlinien parallel, so dass sich
Flüssigkeitsschichten nicht miteinander vermischen. Diese Strömungsform liegt bei kleinen Strömungsgeschwindigkeiten vor. Bei
großen Strömungsgeschwindigkeiten findet eine Verwirbelung statt,
d. h. die Stromlinien verwirbeln und durchmischen sich. Wirbel stellen in sich geschlossene Stromlinien dar. Die Strömung wird dann
turbulent genannt. Die Gesetze der laminaren Strömung gelten dann
nicht mehr. Bei turbulenten Strömungen wächst bei gegebener Rohrgeometrie der Strömungswiderstand gegenüber der laminaren Strömung an. Neben der Translationsbewegung treten bei Turbulenz
56
2.8 Reale Strömungen und Turbulenz
noch Rotationsbewegungen des fluiden Mediums auf, wodurch mehr
mechanische Bewegungsenergie in Wärme und Schall (Strömungsgeräusche) umgewandelt wird.
1883 fand der britische Physiker Osborne Reynolds (1842 - 1912) in
Strömungsversuchen das hydrodynamische Ähnlichkeitsgesetz, das
von großer praktischer Bedeutung ist.
Zwei Strömungen sind hydrodynamisch ähnlich oder
äquivalent, wenn ihre Reynoldszahlen übereinstimmen.
Demnach kann z. B. in einem Windkanal ein verkleinertes oder vergrößertes Modell eines realen Strömungsvorganges getestet werden
ohne den Gesamtströmungszustand zu verändern. Reales Objekt und
Modellobjekt zeigen vollkommen gleiches Strömungsverhalten,
wenn beim Übergang vom realen Objekt zum Modellobjekt eine
proportionale Veränderung aller Längen des Strömungssystems, eine
Änderung von Dichte und dynamischer Viskosität des strömenden
Mediums und eine entsprechende Veränderung der Strömungsgeschwindigkeit in der Weise erfolgt, dass die Strömungskennzahl Re
insgesamt unverändert bleibt. Diese Strömungskennzahl Re wird
folgendermaßen definiert:
Re =
ρ vd
η
(2.37)
Re wird Reynoldszahl genannt. [ Re ] = 1. Die Reynoldssche Zahl
ist eine dimensionslose Zahl.
v ist dabei die mittlere Strömungsgeschwindigkeit der strömenden
Flüssigkeit mit der Dichte ρ und der dynamischen Viskosität η . Die
Größe d ist dabei eine Länge, welche die geometrische Ausdehnung
des umströmten Körpers kennzeichnet. Für eine Rohrströmung ist
d = 2r der Rohrdurchmesser. Die Art der Strömung hängt bei vorgegebener Geometrie nur von dieser Zahl Re ab und es zeigt sich experimentell: Für kleine Werte von Re wird die Strömung von der dynamischen Viskosität determiniert. Sie bestimmt die Größe der Reibungskraft. Re ist klein, wenn η groß und gleichzeitig v klein ist.
Die zugehörige Strömung erfolgt dann laminar. Eine Strömung mit
Re << 1 wird als Schleichströmung bezeichnet. Die Reynoldszahl
nimmt mit wachsender Strömungsgeschwindigkeit zu. Bei einer kritischen Reynoldszahl Re krit setzt Wirbelbildung ein. Für große
Werte von Re ist die Strömung unregelmäßig, chaotisch, kurz: turbulent. Die Entstehung von Turbulenz ist theoretisch mit Fragen der
Stabilität oder Instabilität der mathematischen Lösungen der NavierStokes-schen Gleichungen verknüpft. Mit wachsender Strömungsgeschwindigkeit wird die laminare Strömungsform instabil gegenüber
kleinen Störungen, die zeitlich unregelmäßig wachsen und sich verstärken bevor sie durch viskose Dämpfung infolge der inneren Reibung wieder verschwinden um in nichtperiodischer Weise immer
wieder erneut aufzutauchen, zu wachsen und zu verschwinden. Die
57
2 Strömungen in Flüssigkeiten und Gasen
wahre Natur des Mechanismus der Turbulenzentstehung konnte bis
heute nicht vollständig entschlüsselt werden.
In Abb. 32 sind die Strömungsverhältnisse um eine Kugel mit wachsender Strömungsgeschwindigkeit v und damit zunehmender Reynoldszahl Re dargestellt. Die Abbildung zeigt die Entwicklung von
der laminaren Strömung zur Turbulenz.
Der Umschlag in die turbulente Strömungsform wird phänomenologisch durch die kritische Reynoldszahl Re krit bestimmt. Für jedes
Strömungssystem existiert eine kritische Reynoldszahl, bei der die
laminare Strömung in die turbulente Strömung umschlägt.
Es gilt:
Re < Re krit : Die Strömung ist laminar.
Re > Re krit : Die Strömung ist turbulent.
Die kritische Reynoldszahl muss im Einzelfall experimentell ermittelt werden. Für eine Strömung durch ein glattes und gerades zylindrisches Rohr erhält man Re krit = 2320. Dieser Zahlenwert ist
jedoch je nach Strömungsproblem unterschiedlich und hängt von den
Einlaufbedingungen in das Rohr ab. Zufällige Störungen der Strömung beim Einlaufen in das Rohr führen zu einem instabilen Strömungsbereich (laminar ↔ turbulent). Je nach Größe und Form dieser Störungen findet dann der Übergang zur Turbulenz bei Reynoldszahlen zwischen 1000 und 2320 statt. Das Reynolds-Kriterium
stellt somit ein Stabilitätskriterium dar, wobei der Umschlag des
Strömungstyps sehr empfindlich auf kleine Störungen reagiert. Immer dann, wenn es durch Adhäsionskräfte an der Grenzfläche von
umströmten Körpern infolge der inneren Reibung zu Rotationsbewegungen der Strömung und damit zur Wirbelbildung kommt, liegt
eine turbulente Strömung vor und der Strömungswiderstand nimmt
erheblich zu.
58
2.8 Reale Strömungen und Turbulenz
Abb. 32: Übergang einer laminaren in eine turbulente Strömung
Im Grenzfall sehr großer Reynoldszahlen (Re → ∞) verschwindet
ρvd
wegen Re =
die dynamische Viskosität (η → 0) . Man erhält
η
dann den Idealfall einer reibungsfreien Strömung, die in Kapitel 3
näher behandelt wird. In einer solchen idealen Strömung können
wegen fehlender Reibungskräfte keine Wirbel erzeugt werden. Al-
59
2 Strömungen in Flüssigkeiten und Gasen
lerdings können bereits vorhandene Wirbel beim Übergang η → 0
auch nicht durch Reibungsdämpfung verschwinden.
Beim Strömungswiderstand FW eines Körpers unterscheidet man
zwischen dem Druckwiderstand FD und dem Reibungswiderstand
FR . Beide Widerstände werden mit Hilfe von Widerstandsbeiwerten
angegeben. Das Verhalten der turbulenten Strömung (Re >> 1) wird
hauptsächlich durch die Dichte ρ des Mediums bestimmt, aber kaum
durch dessen Viskosität η . Bei turbulenter Strömung wirken auf
einen Körper zwei Kräfte, die Reibungskraft FR zwischen dem
strömenden Medium und der Körperoberfläche im Bereich der laminaren Strömung und die Druckwiderstandskraft FD .
FW = FR + FD
(2.38)
Aufgrund der Wirbelbildung auf der Rückseite des umströmten Körpers entsteht ein Druckunterschied zwischen Vorder - und Rückseite
des Körpers, der die Druckwiderstandskraft verursacht (Abb. 33).
Die Wirbel treten dabei gemäß dem Drehimpulserhaltungssatz
immer paarweise auf.
Abb. 33: Turbulente Umströmung einer Kugel
Die experimentelle Erfahrung legt folgenden Ansatz nahe:
FD = c D
ρ
Av 2
2
[c D ] = 1
(2.39)
(2.40)
Der Proportionalitätsfaktor c D wird Druckwiderstandsbeiwert
genannt. Er ist eine dimensionslose Größe. Die Druckwiderstands1
kraft ist dem so genannten Staudruck ρv 2 proportional. A ist die
2
Projektionsfläche (Querschnittsfläche) des umströmten Körpers und
hat für eine Kugel den Wert A = πr 2 . Auch die Stokessche Reibungskraft auf eine umströmte Kugel weist formal die gleiche mathematische Struktur auf wie die Druckwiderstandskraft, wie die
folgende Umformung zeigt:
FR = 6πηrv
60
2.8 Reale Strömungen und Turbulenz
2v2ρ A
24
1
=
A ρv 2
2
ρ
v
2
r
2 v 2 ρ πr
2
η
24 1 2
FR =
A ρv
Re 2
FR = 6πηrv
1
FR = c R A ρv 2
2
24
.
Re
cR =
c R ist ein dimensionsloser Widerstandsbeiwert. Für die insgesamt
wirksame Strömungswiderstandskraft FW erhält man
1
FW = FR + FD = c W A ρv 2 .
2
(2.41)
Der hierbei auftretende dimensionslose Widerstandsbeiwert ist der
c W -Wert, der bei gegebener Reynoldszahl nur von der geometrischen Form des Körpers abhängt.
cW = cR + cD
(2.42)
Bei gegebener geometrischer Form des Körpers variiert der c W Wert mit der Reynoldszahl Re, und zwar beobachtet man im Allgemeinen eine Abnahme von c W mit wachsender Reynoldszahl. Diese
Aussage gilt jedoch nur für Strömungsgeschwindigkeiten, die klein
im Vergleich zur Schallgeschwindigkeit sind. Der Widerstandsbeiwert wird durch direkte Messung der Widerstandskraft FW in einem
Windkanal bestimmt. In Abbildung 34 ist der Widerstandsbeiwert
c W für eine Kugel in einer Luftströmung als Funktion der Reynoldszahl Re dargestellt.
cW
10
24
c W = Re
4
10 2
cW =cD~ 0,4
1
cW~
~0,2
-2
10
-2
10
1
2
10
4
10
6
10
8
10
Re
Abb.34: c W -Wert für eine Kugelumströmung
61
2 Strömungen in Flüssigkeiten und Gasen
Bei kleinen Strömungsgeschwindigkeiten (kleinen Re-Werten) wird
der Strömungswiderstand ausschließlich durch das Stokessche Gesetz beschrieben und es ist
cW = cR =
24
.
Re
Die sich bei Luftströmungen hauptsächlich als Druckkraft auswirkende Widerstandskraft FW wird bei Bauwerken auch als Windlast
bezeichnet. Sie ist der Projektionsfläche (Stirnfläche oder Schattenfläche) A proportional und spielt bei hohen Türmen und Schornsteinen insbesondere bei großen Windstärken eine wesentliche Rolle.
Für die Konstruktion energiesparender Fahrzeuge ist eine Optimierung des c W -Wertes von großer Bedeutung. Ist v die Anströmgeschwindigkeit und ρ die Dichte des strömenden Mediums und A die
Stirnfläche des Fahrzeugs senkrecht zur Anströmrichtung, so liefert
die Messung der Widerstandskraft FW den Widerstandsbeiwert:
cW =
2FW
ρv 2 A
.
(2.43)
Der c W -Wert hängt jedoch außer von der geometrischen Form und
der Reynoldszahl Re auch noch von der Oberflächenrauigkeit des
Körpers ab. Einige Widerstandsbeiwerte von Körpern gleicher Projektionsfläche A sind in der folgenden Abbildung 35 dargestellt. Die
Strömungsgeschwindigkeit v besitzt dabei für alle Körper denselben
Wert.
Die in Abb. 35 bei turbulenter Umströmung aufgeführten c W -Werte
gelten streng genommen nur bei konstanter Reynoldszahl. Im Allgemeinen ist jedoch der c W -Wert nicht konstant sondern geschwindigkeitsabhängig. Dies führt zu einer c W -Abhängigkeit von
Re, die in Abb. 36 zum Ausdruck kommt. Dort sind für drei axial
angeströmte Körper mit identischer Projektionsfläche A die Widerstandsbeiwerte in Abhängigkeit von der Reynoldszahl dargestellt.
Dabei zeigt sich, dass für Reynoldszahlen im Bereich von 10 3 − 10 5
in guter Näherung mit konstanten c W -Werten gerechnet werden
kann. Die in Abb. 35 genannten c W -Werte sind nur für diese Reynoldszahlen gültig.
62
2.8 Reale Strömungen und Turbulenz
Abb. 35: c W -Werte einiger Körper in Luft mit gleicher Stirnfläche
und konstanter (geringer) Strömungsgeschwindigkeit
Der c W -Wert hängt von der Relativgeschwindigkeit zwischen dem
Körper und dem Fluid ab. Insbesondere bei hohen Relativgeschwindigkeiten beobachtet man im Bereich der Schallgeschwindigkeit des
fluiden Mediums eine erhebliche Zunahme des c W -Wertes. Überschallgeschwindigkeiten sind beispielsweise bei der Bewegung von
Geschossen in Luft von Bedeutung. Die Schallgeschwindigkeit c L in
Luft beträgt bei einer Lufttemperatur von 0°C etwa c L = 331 m/s
und steigt bei 20°C auf c L = 343 m/s an. Das Verhältnis von Körpergeschwindigkeit v zur Schallgeschwindigkeit c L wird Mach-Zahl
M genannt.
M=
v
cL
(2.44)
63
2 Strömungen in Flüssigkeiten und Gasen
Die Abhängigkeit c W (M) wird im Rahmen der Ballistik untersucht
und spielt bei der Konstruktion von Langgeschossen eine wichtige
Rolle.
Sind alle auf ein Volumenelement eines viskosen Fluids einwirkenden Kräfte bekannt, so kann mit Hilfe des 2. Newtonschen Axioms
eine Bewegungsgleichung, die sog. Navier-Stokes-Gleichung, formuliert werden. Sie stellt eine nichtlineare partielle Differentialgleichung zur Beschreibung der Strömungsverhältnisse dar, die nur numerisch gelöst werden kann.
cw
10
Z SK
3
1
S
Z
0,3
K
0,1
0,03
0,1 1
4
5
2
3
6
7
10 10 10 10 10 10 10 Re
Abb.36: c W -Werte von Zylinder (Z), Kreisscheibe (S) und Kugel (K)
bei gleichem Radius als Funktion von Re
64
3.1 Bernoullische Gleichung
3
Ideale und reale Strömungen
Ideale Strömungen sind Strömungsvorgänge inkompressibeler Fluide
mit verschwindender dynamischer Viskosität, bei denen infolgedessen keine inneren Reibungskräfte auftreten. Ein ideales Fluid stellt
eine physikalische Abstraktion in Form eines theoretischen Modellstoffs dar, in dem zur Aufrechterhaltung der Strömung keine Energie
erforderlich ist. Die Strömung erfolgt reibungsfrei und ohne Energieverlust. Bei konstantem Rohrquerschnitt (Abb. 37) tritt kein
Druckabfall auf. Der Druck bleibt unverändert. Ebenso erfährt ein
von einer idealen Strömung umströmter Körper keine Kraftwirkung,
d. h. er setzt der Umströmung keinen Widerstand entgegen. Die
reibungsfreie Strömung stellt somit eine Idealisierung dar. Sie kann
als Grenzfall einer realen Strömung mit η → 0 aufgefasst werden.
P1
=
P2
=
P3
IV
Abb. 37: Ideale Rohrströmung ohne Druckabfall
3.1
Bernoullische Gleichung
Eine Verengung des Strömungsquerschnittes führt gemäß der Kontinuitätsgleichung zu einer Erhöhung der Strömungsgeschwindigkeit.
Vergrößert sich danach wieder der Rohrquerschnitt auf das Ausgangsmaß, so stellt sich auch wieder die ursprüngliche Strömungsgeschwindigkeit ein (Abb. 38 oben). Das fluide Medium wird daher
beim Durchfluss zunächst beschleunigt und dann wieder verzögert.
Aufgrund der Newtonschen Axiome sind dazu Kräfte erforderlich,
die nur aus dem Druck des strömenden Mediums resultieren können.
Eine Querschnittsverengung führt somit zu einer Erhöhung der
Strömungsgeschwindigkeit. Die dazu notwendige Energie muss von
dem strömenden Medium aufgebracht werden, wodurch sich der
statische Druck verringert.
65
3 Ideale und reale Strömungen
Abb. 38: Ideale Strömung bei veränderlichem Rohrquerschnitt
Zur Berechnung des Zusammenhangs zwischen Strömungsgeschwindigkeit v und Druck p werde das im unteren Teil von Abb. 38
dargestellte Volumenelement ∆V eines in horizontaler x-Richtung
strömenden Mediums betrachtet. Aufgrund der horizontalen Lage ist
die Höhe überall konstant und der Schweredruck p S = ρgh liefert
einen überall gleichen Beitrag zum Gesamtdruck. Da sowohl die
Geschwindigkeit v als auch der Druck p vom Ort x abhängen gilt:
v = v(x) und p = p(x).
Auf das Volumenelement ∆V = A∆x wird eine Kraft F ausgeübt,
die sich aus der links- und rechtsseitigen Druckdifferenz ergibt:
F = p( x )A − p( x + ∆x )A = −
F≈−
p( x + ∆x ) − p( x )
A∆x
∆x
dp( x )
∆V .
dx
Die sich im Volumenelement ∆V befindende Masse ∆m = ρ∆V
wird infolge der Druckkraft F beschleunigt. Für die Beschleunigung
a gilt:
a=
dv dv dx dv
1 d 2
=
=
v=
v
dt dx dt dx
2 dx
Mit Hilfe des 2. Newtonschen Axioms erhält man:
66
3.1 Bernoullische Gleichung
F = ∆ma = ∆m
−
dv
dt
dp
1 d 2
∆V = ρ∆V
v
dx
2 dx
dp
1 d 2
∆V + ρ∆V
v =0
dx
2 dx
d
1
( p + ρv 2 ) = 0 .
dx
2
Der Ausdruck in runden Klammern muss daher konstant sein.
p+
1 2
ρv = p ges = konst.
2
(3.1)
Dies ist die Bernoullische Gleichung für ideale Strömungen (Abb.:
39). Die Bernoulli-Gleichung stellt den Zusammenhang zwischen
Strömungsgeschwindigkeit v und Druck p her und wurde von den
eidgenössischen Mathematikern und Physikern Johann Bernoulli
(1667 – 1748) und seinen Sohn Daniel Bernoulli (1700 - 1782) formuliert. Sie gilt für eine laminare, reibungsfreie Strömung eines fluiden Mediums mit konstanter Dichte ρ im stationären Zustand.
Abb.: 39: Bernoullische Gleichung
Die Größe p wird als statischer Druck bezeichnet. Der statische
Druck ist ein Stempel- oder Kolbendruck, der in allen Richtungen
gleichermaßen wirkt; er ist isotrop. Befindet sich das fluide Medium
in Ruhe (v = 0), so ist der statische Druck gleich dem Gesamtdruck
p ges .
67
3 Ideale und reale Strömungen
1 2
ρv besitzt ebenfalls die Dimension eines Drucks und
2
wird Staudruck genannt. Wegen der Geschwindigkeitsabhängigkeit wird der Staudruck auch als dynamischer Druck
Die Größe
p dyn =
1 2
ρv
2
(3.2)
bezeichnet.
Der Staudruck ist richtungsabhängig oder anisotrop.
Senkrecht zur Strömungsrichtung nimmt er seinen maximalen Wert
an, tangential zur Strömungsrichtung ist dagegen sein Wert Null. Die
Bernoullische Gleichung stellt die Anwendung des Energieerhaltungssatzes auf die stationäre Strömung einer idealen Flüssigkeit dar.
Sie gilt in guter Näherung auch für reale Flüssigkeiten mit geringer
Viskosität η . Der Staudruck korrespondiert mit der kinetischen
Energie des strömenden Mediums. Er tritt nur in bewegten Fluiden
auf. Der statische Druck wird von außen beispielsweise durch den
Kolben einer Pumpe aufrechterhalten. Er stellt den Betriebsdruck
dar. Ändert sich über die Länge der Rohrleitung auch die Höhe h
bezogen auf ein horizontales Bezugsniveau, so muss der Schweredruck p s = ρgh als statischer Druckanteil mitberücksichtigt werden.
Man erhält dann eine verallgemeinerte Bernoulli-Gleichung:
p + ρgh +
1 2
ρv = p ges = konst.
2
(3.3)
Durch den Schweredruck wird in der verallgemeinerten BernoulliGleichung die potentielle Energie des strömenden Mediums im
Schwerefeld der Erde berücksichtigt.
3.2
Anwendungen der Bernoulli-Gleichung
Von der Vielzahl der technischen Anwendungen der Bernoullischen
Gleichung sollen hier nur einige Beispiele wie die Druckmessung in
Strömungen aufgeführt werden. Die Druckmessvorrichtungen beruhen alle auf modifizierten U-Rohr-Manometern, die mit einer Flüssigkeit der Dichte ρ 0 gefüllt sind. Der Gesamtdruck p ges kann mit
einem Pitot-Rohr (Abb. 40 a) gemessen werden, dessen offene
Mündung gegen die Strömungsrichtung weist. Der französische
Wasserbauingenieur Henri Pitot (1695 – 1771) hatte 1728 die nach
ihm benannte Messsonde erfunden. Am Rohreingang, der Messöffnung des Pitot-Rohres, wird das strömende Medium abgebremst und
kommt zur Ruhe. Der Staudruck verschwindet und gemäß der
Bernoulli-Gleichung kann dann direkt der Gesamtdruck p = p ges gemessen werden. Dieser Gesamtdruck kann als Höhenunterschied der
Flüssigkeitsstände in den U-Rohr-Schenkeln des Pitot-Rohres abge-
68
3.2 Anwendungen der Bernoulli-Gleichung
lesen werden. p amb ist der auf den offenen Manometerschenkel wirkende Umgebungsdruckdruck (z. B. der Atmosphärendruck).
Der statische Druck p = p stat wird mit Hilfe einer Drucksonde
(Abb. 40 b) gemessen. Die Drucksonde enthält in ihrer Mantelfläche
seitlich angebrachte Messöffnungen, an denen das Gas oder die Flüssigkeit tangential vorbeiströmt.
a)
b)
pamb
c)
p
stat
∆p
pges
p
stat
pges
∆p = ρ0 gh
∆p
∆p=p
∆p=pges- p
-p
amb
amb
∆p=pdyn
Abb. 40: Messsonden zur Druckbestimmung
Der Staudruck p dyn , der den dynamischen Druckanteil repräsentiert,
wird mit dem Prandtlschen Staurohr gemessen (Abb. 40 c). Das
von Ludwig Prandtl (1875 - 1953) entwickelte Staurohr stellt eine
Kombination aus Pitot-Rohr und Drucksonde dar und bestimmt direkt die Druckdifferenz zwischen Gesamtdruck und statischen
Druck:
p dyn = p ges − p = p ges − p stat =
1 2
ρv .
2
(3.4)
Im Innenrohr des Prandtlschen Staurohres fängt sich das strömende
Medium und kommt zur Ruhe. Wegen v = 0 ist der Innendruck
gleich dem Gesamtdruck der Strömung, der hier nur als statischer
Druck in Erscheinung tritt.
p innen = p ges
Am perforierten Außenrohr besitzt die Strömung die ungestörte Geschwindigkeit v und der Druck im Außenrohr entspricht dem statischen Druck der Strömung.
p außen = p = p ges −
1 2
ρv
2
Die Druckdifferenz zwischen Innen- und Außenrohr ergibt den Staudruck
p dyn = Pinnen − p außen =
1 2
ρv .
2
(3.5)
Das Prandtlsche Staurohr wird auch als Prandtlsonde bezeichnet.
Sie besteht aus dem eigentlichen Prandtlrohr und einem Differenz-
69
3 Ideale und reale Strömungen
druckmanometer, welches über die Differenz aus dem Gesamtdruck
und dem statischen Druck den dynamischen Druck ermittelt. Sie
liefert ein direktes Maß für die Strömungsgeschwindigkeit
v = 2p dyn / ρ und wird beispielsweise auch zur Messung von
Windgeschwindigkeiten verwendet.
Um in Rohrleitungen ohne das Einbringen einer Messsonde die
Strömungsgeschwindigkeit zu ermitteln, wird eine Venturi-Düse
eingesetzt (Giovanni Venturi, 1746 – 1822). Das Messprinzip beruht
auf der Bestimmung der statischen Druckerniedrigung infolge einer
Rohrverengung (Abb. 41).
Abb. 41: Venturi-Düse
Der untere sich konisch erweiternde Teil der Venturi-Düse wird Diffusor genannt. Er soll die Bildung von turbulenten Wirbeln verhindern. Wird zwischen den beiden Messstellen die statische Druckdifferenz ∆p = p1 − p 2 gemessen, so folgt aus der Bernoulli-Gleichung
p ges = p1 +
1 2
1
ρv1 = p 2 + ρv 22 .
2
2
Mit Hilfe der Kontinuitätsgleichung
A1 v1 = A 2 v 2
erhält man schließlich für die zu bestimmende Geschwindigkeit v1
der ungestörten Rohrströmung:
v1 =
2∆p
ρ[(A 1 / A 2 ) 2 − 1]
.
(3.6)
Weitere Beispiele für technische Anwendungen der BernoulliGleichung sind der Bunsenbrenner, der Pumpzerstäuber und Wasserstrahl- sowie Dampfstrahlpumpen.
70
3.3 Bernoulli-Gleichung bei reibungsbehafteter Strömung
Abschließend sollen für ideale Strömungen die Förderleistungen von
Pumpen und Ventilatoren berechnet werden. Wenn eine Pumpe in
einer stationären Strömung die Flüssigkeitsmasse ∆m innerhalb
eines Zeitintervalls ∆t auf die Förderhöhe H hebt, dann folgt für die
hydraulische Leistung P der Pumpe
P=
∆W ∆mgH
=
= I M gH = I V ρgH
∆t
∆t
(3.7)
Wird der Pumpe dabei die elektrische Leistung Pel zugeführt, so
folgt für den Gesamtwirkungsgrad der Pumpe
η=
P
.
Pel
Bei Ventilatoren, die ein inkompressibles Gas fördern, ist es üblich,
die übertragene Arbeit im Druckmaß anzugeben. Erzeugt der Ventilator eine Gesamtdruckerhöhung ∆p und ruft dadurch einen stationären Volumenstrom I V hervor, so folgt für die Ventilatorleistung
P = I V ∆p.
(3.8)
Das Volumenelement ∆V des zu transportierenden Gases wird durch
die Druckkraft FD = ∆pA im Zeitintervall ∆t um die Strecke ∆s
verschoben. Dazu muss die Arbeit ∆W = FD ∆s = A∆p∆s verrichtet
werden. Die Ventilatorleistung ergibt sich dann gemäß
P=
∆W A∆s∆p ∆V
=
=
∆p = I V ∆p .
∆t
∆t
∆t
3.3
Bernoulli-Gleichung bei reibungsbehafteter
Strömung
Auch in reibungsbehafteten Strömungen kann eine modifizierte
Form der Bernoulli-Gleichung verwendet werden. Um die Energiebilanz konstant zu halten, muss zur Kompensation von Energieverlusten durch Reibungswärme auf der rechten Seite der BernoulliGleichung ein Druckverlustglied ∆p V hinzugefügt werden. Die so
erweiterte Gleichung lautet dann für zwei verschiedene Stellen der
Rohrleitung, die durch die Indizes 1 und 2 gekennzeichnet sind:
p1 + ρgh 1 +
1 2
1
ρv = p 2 + ρgh 2 + ρv 22 + ∆p v
2 1
2
(3.9)
oder
(p1 + ρgh 1 +
1 2
1
ρv1 ) − (p 2 + ρgh 2 + ρv 22 ) = ∆p v .
2
2
(3.10)
71
3 Ideale und reale Strömungen
In der Praxis wird der reibungsbedingte Druckverlust ∆p V häufig
als Verlusthöhe h V angegeben. Eine reale Strömung durch eine
Rohrleitung ist mit einem Druckverlust verbunden, der durch eine
Abnahme der vertikalen Steighöhe in den zur statischen Druckmessung eingesetzten Steigrohren angezeigt wird (Abb. 28). Diese Abnahme der vertikalen Steighöhe wird Verlusthöhe h V genannt und
stellt diejenige Höhe dar, um die der Zufluss gegenüber dem Ausfluss zusätzlich angehoben werden muss, damit am Ausfluss derselben Druck wie im reibungsfreien Fall der idealen Strömung herrscht.
Der Zusammenhang zwischen Druckverlust und Verlusthöhe ist
gegeben durch
∆p V = ρgh V .
(3.11)
Der Begriff Verlusthöhe wurde von Julius Weisbach (1806 – 1871)
in die Hydromechanik eingeführt.
3.4
Druckverlust bei turbulenter Strömung
Die Berechnung des Druckverlustes (Druckabfalls) bei turbulenter
Strömung ist von großer technischer Bedeutung. Dieser Druckverlust
wird von den Größen ρ,η, d, l und v abhängig sein. Dabei charakterisieren ρ und η die Materialeigenschaften des fluiden Mediums,
d und l die geometrischen Abmessungen des Strömungssystems und
v die Strömung. Zweckmäßigerweise wird für die praktische Berechnung des Druckabfalls in Rohrleitungen eine Widerstandszahl
λ eingeführt, die auch als Darcy-Koeffizient bezeichnet wird. Henry
Darcy (1803 – 1858) erkannte, dass λ sowohl von der Rohrrauigkeit
als auch vom Rohrdurchmesser abhängig ist. Für die Verlusthöhe
schlug Weisbach 1845 folgende Gleichung vor:
hV = λ
l v2
d 2g
Für den Druckverlust oder Druckabfall ∆p V zwischen den beiden
im Abstand l befindlichen Enden der geraden Rohrstrecke folgt
dann die als Rohrwiderstandsgesetz oder als Darcy-Weisbach Gleichung bezeichnete Beziehung:
∆p V = λ
l v2
.
ρ
d 2
(3.12)
Der dimensionslose Proportionalitätsfaktor λ ist eine Rohrreibungszahl, die auch Rohrwiderstandsbeiwert genannt wird. Die Strömungsverhältnisse in einem runden Rohr werden durch die Rohrreibungszahl λ als Funktion von der Reynoldszahl Re beschrieben.
Gekrümmte Rohre werden hier nicht betrachtet. Bei nicht glatten
72
3.4 Druckverlust bei turbulenter Strömung
Rohren hängt λ bei turbulenter Strömung noch von der Oberflächenrauigkeit k des Rohres ab.
k
Abb. 42: Wandrauigkeit
Die Größe k wird als Wanderhebung bezeichnet und charakterisiert
die Wandrauigkeit, d. h. die mittlere Rauigkeitserhebung über dem
mittleren Wandniveau des Rohres. λ nimmt mit wachsendem k zu.
Rohr
Glas
Kupfer
Stahl (neu)
Stahl (rostig)
Beton
k/mm
0,001 – 0,005
0,001 – 0,005
0,02 – 0,1
0,15 – 1,5
0,3 – 0,8
Tab. 9: Wandrauigkeit k von Rohren
Bei laminarer Strömung ist dagegen der Druckverlust unabhängig
von der Wandrauigkeit, da durch Wanderhebungen verursachte Störungen durch den dominierenden Einfluss der Viskosität geglättet
werden.
Bei der Durchströmung einer geraden Rohrleitung mit konstantem
kreisförmigen Querschnitt tritt keine Druckwiderstandskraft auf,
sondern nur eine innere Reibungskraft FR , so dass sich bei laminarer
Strömung der Druckabfall ∆p V über der Rohrlänge l nach dem
Hagen-Poiseuilleschen Gesetz berechnet.
IV =
πr 4
∆p V = Av
8ηl
∆p V =
8η
r
2
vl =
32η
d2
vl .
(3.13)
Der Druckverlust ist bei laminarer Strömung und gegebener Rohrgeometrie proportional zur mittleren Strömungsgeschwindigkeit v und
73
3 Ideale und reale Strömungen
zur Rohrlänge l. Wegen I V = Av = π
d2
v folgt bei konstanter Vo4
lumenstromstärke aus (3.11):
∆p V =
128ηlI V
πd 4
(3.14)
Bei laminarer Rohrströmung ist der Druckverlust umgekehrt proportional zur 4. Potenz des Rohrdurchmessers d. Durch Umformung von
(3.11) erhält man
64 1 1 2 64 1 1 2
ρv l =
ρv l .
ρvd / η d 2
Re d 2
∆p V =
Üblicherweise wird der Druckverlust auf den Staudruck der mittleren
Strömungsgeschwindigkeit bezogen. Man erhält dann das dimensionslose Druckverhältnis
∆p V
1 2
ρv
2
=
∆p V
1 2
ρv
2
64 l
Re d
=λ
l
.
d
Durch Koeffizientenvergleich erhält man bei laminarer Strömung
für den Rohrwiderstandsbeiwert
λ = λ lam =
64
.
Re
(3.15)
Aus diesem Ergebnis folgt: Dass für reale Strömungen gültige
Rohrwiderstandsgesetz beschreibt als Sonderfall auch die laminare
Strömung des Hagen-Poiseuilleschen Gesetzes. Für die Verlusthöhe
∆p V = ρgh V ergibt sich für alle Strömungstypen
hV = λ
l v2
.
d 2g
(3.16)
Bei turbulenter Rohrströmung ( Re > Re krit ) nimmt der Rohrwiderstandsbeiwert λ = λ tur im Vergleich zur laminaren Strömung
64
. Der RohrwiderstandsRe
beiwert besitzt für die Reynoldszahl Re = Re krit , bei der der Strömungstyp von laminar nach turbulent umschlägt, eine Unstetigkeitsstelle. Bei turbulenter Strömung in glatten Rohren (k = 0) kann λ
durch verschiedene empirische Formeln angegeben werden. Für
sprunghaft zu und es ist λ tur > λ lam =
74
3.4 Druckverlust bei turbulenter Strömung
Re krit ≤ Re ≤ 10 5 fand Paul Heinrich Blasius (1873 – 1970) die
Näherungsformel:
λ = 0,316 ⋅ Re
−1
4
.
(3.17)
Für Reynoldszahlen im Bereich 10 5 ≤ Re ≤ 10 8 gilt für die Berechnung des Rohrwiderstandsbeiwertes λ die 1926 von dem russischen
Ingenieur Johann Nikuradse (1894 – 1979) durch Anpassung an
experimentelle Messwerte aufgestellte Formel
λ = 0,0032 +
0,221
Re 0, 237
.
(3.18)
Nikuradse hatte dazu am KWI für Strömungsforschung in Göttingen
umfangreiche experimentelle Untersuchungen durchgeführt.
In Rohrleitungen liegen laminare Strömungsformen bei Reynoldszahlen mit Re < 2000 vor. Die kritische Reynoldszahl liegt im so
genannten Übergangsbereich mit 2000 < Re krit < 4000 und Turbulenz tritt für Re > 4000 auf. Wird für die kritische Reynoldszahl ein
diskreter Wert von Re krit = 2320 angenommen, so entsteht im λ Re-Diagramm eine Unstetigkeit an der Stelle Re = Re krit , an der die
laminare Strömung in Turbulenz umschlägt. Gemäß den Gleichungen (3.15) bzw. (3.17) gilt:
λ lam (Re krit ) =
64
= 0,0276
Re krit
und
λ tur (Re krit )
1
4
= 0,316 ⋅ Re krit
−
= 0,0455
Der Rohrwiderstandsbeiwert λ und damit auch der Rohrwiderstand R
nehmen sprunghaft zu beim Übergang aus der laminaren in die turbulente Strömungsform.
Abb. 43: Rohrwiderstandszahl λ für ein glattes Rohr
75
3 Ideale und reale Strömungen
Obwohl der Rohrwiderstandsbeiwert mit wachsender Reynoldszahl
abnimmt (Abb. 43), nimmt bei turbulenter Strömung der Widerstand
R einer Rohrleitung mit zunehmender Strömungsgeschwindigkeit zu.
Unter Verwendung der experimentellen Daten von Nikuradse konnte
Theodor von Kármán (1881 – 1963) eine empirische Formel angeben, die für glatte Rohre im turbulenten Strömungsbereich bis
Re ≈ 3 ⋅ 10 6 Gültigkeit besitzt:
1
λ
(3.19)
= 2,03 log 10 (Re λ ) − 0,8
Es handelt sich dabei um eine implizite Gleichung, die nur iterativ
lösbar ist und die in der Literatur auch als Formel von Prandtl zitiert
wird. Für raue Rohre werden größere Widerstandszahlen gemessen,
die für höhere Reynolds-Zahlen unabhängig von Re werden. Die
Rohrreibungszahl λ hängt dann nur vom Rohrdurchmesser d und
der Rohrrauigkeit k ab. λ wird dann durch die folgende Formel von
Nikuradse beschrieben:
1
λ
= 2 log 10
d
+ 1,14 oder λ =
k
1
d
(2 log10 ( ) + 1,14) 2
k
(3.20)
Der Geltungsbereich dieser Formel liegt bei Reynoldszahlen
200 d
Re >
. Für kleinere Reynoldszahlen wird der Übergangsbeλk
reich zwischen hydraulisch glatt und rau durch eine iterative Formel
von Colebrook beschrieben. λ hängt dann von d, k und Re ab. Diese
implizite Widerstandsformel von C. F. Colebrook lautet:
1
k
18,7
= 1,74 − 2 log 10 ( +
)
d
λ
λ Re
(3.21)
Abb. 44 zeigt das Colebrook-Diagramm des Rohrwiderstandsbeiwertes λ als Funktion der Reynolds-Zahl Re für Kreisrohre mit dem
Durchmesser d und der Wandrauigkeit k. Diese Darstellung wird in
der Literatur auch als Moody-Diagramm bezeichnet. Der amerikanische Ingenieur Lewis Ferry Moody (1880 – 1953) lehrte an der
Princeton University Hydraulik. Rechts von der gestrichelten
Grenzkurve, die durch Formel (3.20) beschrieben wird, ist λ konstant, d. h. unabhängig von Re.
76
3.5 Pumpleistung bei reibungsbehafteter Strömung
Abb. 44: Colebrook / Moody – Diagramm
3.5
Pumpleistung bei reibungsbehafteter Strömung
Um eine konstante Volumenstromstärke I V in einer geraden, horizontalen Rohrleitung aufrechtzuerhalten, muss von außen ständig
eine Pumpleistung P aufgebracht werden, durch die die Reibungsverluste kompensiert werden. Das Volumenelement ∆V der zu transportierenden Flüssigkeit wird durch die Druckkraft FD = ∆pA im
Zeitintervall ∆t um die Strecke ∆s verschoben. Dazu muss die Arbeit ∆W = FD ∆s = A∆p∆s verrichtet werden. Die mechanische
Pumpleistung P ergibt sich dann gemäß
P=
∆W A∆s∆p V ∆V
=
=
∆p V
∆t
∆t
∆t
zu
P = I V ∆p V .
Mit R =
(3.22)
∆p V
folgt für die Pumpleistung P:
IV
P = RI 2V
(3.23)
Mithilfe des Rohrwiderstandsgesetzes kann in Gl. (3.22) der Druckverlust ∆p V substituiert werden:
l v2 π
P = I V ∆p V = Av∆p V = πr 2 vλ ρ
= λlρdv 3
d 2 8
(3.24)
77
3 Ideale und reale Strömungen
Bei konstantem Rohrwiderstandsbeiwert ist die Pumpleistung P proportional zur Länge l der Rohrleitung und zur dritten Potenz der mittleren Strömungsgeschwindigkeit. Unter Verwendung der Reynoldszahl erhält man
P=
3.6
π
λlη Re v 2 .
8
(3.25)
Auftrieb an umströmten Körpern
Die Bernoulli-Gleichung gilt streng nur für ideale Fluide. Sie beschreibt jedoch in guter Näherung auch reale Fluide mit geringer
dynamischer Viskosität. Für konstanten Gesamtdruck p ges folgt aus
1
der Bernoulli-Gleichung p + ρv 2 = p ges :
2
Wenn die Strömungsgeschwindigkeit v eines Fluids zunimmt, fällt
der statische Druck p. Dieses Ergebnis wird auch als Venturi-Effekt
bezeichnet. Mit dem Venturi-Effekt lässt sich die für das Abheben
eines Flugzeugs notwendige Auftriebskraft auf die Flugzeugtragflächen verstehen. Eine Flugzeugtragfläche ist so gebaut, dass die Umströmungsgeschwindigkeit der Luft, die über die Tragfläche hinwegströmt, größer ist als die der Luft, welche die Unterseite der Tragfläche umströmt. Dadurch ist der statische Luftdruck an der Oberseite
der Tragfläche kleiner als an der Unterseite. Dieser Druckunterschied
erzeugt eine resultierende dynamische Auftriebskraft nach oben.
Auf den sich in Luft bewegenden Tragflügel wirken zwei Kräfte,
nämlich die um die Schwerkraft verminderte Auftriebskraft und die
r
Luftwiderstandskraft, deren Resultierende mit F bezeichnet ist. Die
r
Luftwiderstandskraft FW ist dabei entgegen der Bewegungsrichtung
des Flugzeugs gerichtet.
FA
FA -FS
FS
F
Unterdruck
FW
Überdruck
Abb.45: Kräfte am Tragflügel
78
3.7 Energieeinsatz bei Antriebssystemen im Verkehrssektor
r
Die dynamische Auftriebskraft FA wirkt senkrecht zu dieser Rich-
tung. Auf einen symmetrischen Körper, dessen Symmetrieachse mit
der Strömungsrichtung, d. h. mit der Richtung der Geschwindigkeit
übereinstimmt, wirkt nur die Luftwiderstandskraft, die im Falle einer
gleichförmigen Bewegung in einem idealen Fluid sogar vollständig
r
verschwindet. Die Luftwiderstandskraft FW ist von der Form des
Tragflügels und seiner Lage bezüglich der Strömung abhängig. Diese
Abhängigkeit wird durch den experimentell bestimmten Luftwiderstandsbeiwert c W quantitativ erfasst. Es gilt:
FW = cW
ρv 2
2
Ap
A p : Projektionsfläche
Die Auftriebskraft kann mit einer analogen Gleichung bestimmt
werden:
FA = c A
ρv 2
2
AT
(3.26)
( AT :Tragfläche = Spannweite ∗ Spanntiefe)
Hierbei kennzeichnet c A den dimensionslosen Auftriebsbeiwert.
Eine gute Flugzeugtragfläche soll bei kleiner Luftwiderstandskraft
r
r
FW eine große Auftriebskraft FA aufweisen. Diese Forderung soll
bei kleinen Anstellwinkeln α gegen die Strömung erfüllt werden.
Eine Tragfläche erfüllt diese Forderung umso besser, je größer die
als Qualität der Tragfläche bezeichnete Größe K = c A / c W ist.
r
Die resultierende Kraft F zeigt nach oben. Sie ist dabei gleichzeitig
nach hinten gerichtet. Ihr Angriffspunkt wird Druckpunkt genannt.
Der Druckpunkt hängt vom Anstellwinkel α der Tragfläche ab,
durch den das Drehmoment auf die Tragfläche bestimmt wird. Der
Druckpunkt lässt sich experimentell im Windkanal ermitteln. Eine
exakte Behandlung des dynamischen Auftriebs ist mathematisch
kompliziert, da bei realen Strömungen turbulente Phänomene mit
Wirbelbildung berücksichtigt werden müssen.
3.7
Energieeinsatz bei Antriebssystemen im
Verkehrssektor
Als Anwendungsbeispiel von Kräften in fluiden Medien soll im Folgenden die zur Aufrechterhaltung einer konstanten Geschwindigkeit
notwendige Antriebsleistung an den Rädern eines Fahrzeugs berechnet werden. Die beim Antrieb geleistete Arbeit setzt sich aus einem
Anteil zur Überwindung der Rollreibung und einem Anteil zur
Überwindung des Luftwiderstandes zusammen. Der Luftwiderstand
eines bewegten Fahrzeugs kann mit Hilfe des Energiesatzes berech-
79
3 Ideale und reale Strömungen
net werden. Mit seiner Stirnfläche A schiebt das sich mit der Geschwindigkeit v bewegende Fahrzeug die Luft beiseite und beschleunigt sie dabei ebenfalls auf die Fahrzeuggeschwindigkeit v. Wenn
sich das Fahrzeug um die Fahrstrecke x bewegt, so entsteht dabei ein
Luftkanal mit dem Volumen V = Ax. In diesem Volumen befindet
sich die Luftmasse m = ρV = ρAx , die auf die Geschwindigkeit v
beschleunigt wird. Die dabei verrichtete Beschleunigungsarbeit wird
als kinetische Energie von der bewegten Luftmasse gespeichert:
E kin =
1
1
mv 2 = ρAxv 2
2
2
In der folgenden Abbildung 46 ist dieser Sachverhalt skizziert.
Abb. 46: Kräfte auf ein bewegtes Fahrzeug
Diese Energie, die auf die bewegte Luftmasse übertragen wurde,
muss dem Fahrzeug entzogen worden sein, indem eine Kraft, nämlich die Druckwiderstandskraft FD auf dieses eingewirkt hat. Die
gegen FD auf der Fahrstrecke x geleistete Verschiebungsarbeit WD
ist:
WD = FD x =
1
ρAxv 2 .
2
Für die Druckwiderstandskraft FD , den sog. Luftwiderstand, folgt
dann:
FD =
1
ρAv 2 .
2
Aufgrund der durch die Fahrzeuggeometrie gegebenen Form braucht
die gesamte Luftmasse im Mittel nur auf einen Bruchteil der Geschwindigkeit v beschleunigt zu werden. Diese Tatsache wird durch
den geometrieabhängigen Druckwiderstandsbeiwert c D < 1 berücksichtigt. Für die Druckwiderstandskraft FD erhält man damit in
Übereinstimmung mit Abschnitt 2.8:
FD = c D
80
ρ
Av 2 .
2
3.7 Energieeinsatz bei Antriebssystemen im Verkehrssektor
Durch Überlagerung mit der Stokesschen Reibungskraft FR erhält
man die Strömungswiderstandskraft
1
Fw = FR + FD = c W A ρv 2 .
2
Die zur Überwindung des Luftwiderstandes erforderliche Leistung P
ergibt sich zu:
P=
∆W FW ∆x
ρ
=
= FW v = c W A v 3 .
∆t
∆t
2
Die zum Zurücklegen einer horizontalen Strecke s mit konstanter
Geschwindigkeit v zu verrichtende Arbeit W ist dann:
W = WRR + WW = FRR s + FW s = (µ R mg + c W
ρ
Av 2 )s .
2
Anstelle der Rollreibungskraft FRR kann auch die Fahrwiderstandskraft FFR eingesetzt werden, die alle Coulombschen Reibungsphänomene summarisch berücksichtigt. WRR beschreibt die Arbeit, die
gegen die Festkörperreibungskräfte (hier: Rollreibung) verrichtet
werden muss.
Der streckenbezogene Brennstoffbedarf e B ist gegeben durch:
eB =
W
.
H u ηG s
e B besitzt die Einheit [ e B ] = kg/100 km und gibt die verbrauchte
Kraftstoffmasse bezogen auf eine zurückgelegte Strecke von
s = 100 km an. Dabei ist H u der spezifische Heizwert des Brennstoffs und ηG ist der Gesamtwirkungsgrad der Energieumwandlungskette von der Brennstoffenergie in Antriebsenergie, die zur
Überwindung der Rollreibung und des Luftwiderstands dient.
Für eine konkrete Beispielsrechnung seien folgende Daten zugrunde
gelegt:
m = 1200 kg, µ R = 0,02 , g = 9,81 m/s2, c W = 0,3 ,
ρ = 1,29 kg / m 3 , A = 2 m2, s = 100 km, v = 100 km/h, η G = 0,25 ,
H u = 42 MJ/kg.
Mit diesen Daten erhält man:
81
3 Ideale und reale Strömungen
WRR = 23,5 MJ, WW = 29,9 MJ, W = 53,4 MJ
Damit ergibt sich ein spezifischer Brennstoffbedarf von
e B = 5,08 kg / 100km . Bei einer Dichte von Benzin
ρ B = 725kg / m 3 erhält man einen spezifischen Benzinverbrauch von
7,0 l /100 km. Für die notwendige Antriebsleistung P ergibt sich:
P=
∆W
= F v = (FRoll + FW ) v = 14,8 kW .
∆t
Beträgt die Fahrgeschwindigkeit v = 150 km/h, so ergeben sich folgende Werte:
WRoll = 23,5 MJ, WW = 67,2 MJ, W = 90,7 MJ,
e B = 8,64 kg/100 km oder 11,9 l /100 km, P = 25,2 kW.
Ergänzende Hinweise:
Die Verbrennung stellt eine Umwandlung von chemischer Energie in
Wärme dar. Dabei werden im Wesentlichen die kohlenstoff- und
wasserstoffhaltigen Substanzen des Brennstoffs oxidiert.
Unter dem spezifischen Heizwert H u , früher auch unterer Heizwert
genannt, versteht man die pro Masseneinheit bei Verbrennung eines
flüssigen oder festen Brennstoffs freiwerdende Wärmeenergie Q,
wenn der bei der Reaktion erzeugte Wasserdampf nicht kondensiert
wird.
Hu =
Q
m
(3.27)
m ist die Brennstoffmasse. Der spezifische Heizwert stellt somit eine
massenbezogene Größe dar, und entspricht gemäß DIN 5499 dem
spezifischen Brennwert H o , früher auch oberer Heizwert genannt,
vermindert um die Summe der Verdampfungswärmen der beim Oxidationsprozess entstehenden Verbrennungsgase. Mit Ausnahme des
Brennwertkessels, der die Kondensationswärme des bei der Verbrennung entstandenen Wasserdampfs ausnutzt, sind die Verdampfungswärmen der Verbrennungsgase bei der Energieumwandlung energetisch nicht nutzbar. Für die Einheit des spezifischen Heizwertes H u
erhält man:
[H u ] =
[ Q]
J
.
=
[m] kg
(3.28)
Der spezifische Brennstoffbedarf e B gibt die Masse m des benötigten
Brennstoffs bezogen auf eine zurückgelegte Fahrstrecke von
82
3.7 Energieeinsatz bei Antriebssystemen im Verkehrssektor
s = 100 km an.
Den spezifischen Brennstoffverbrauch v B in l/100 km erhält man
aus dem spezifischen Brennstoffbedarf e B durch Division mit der
Dichte ρB des flüssigen Brennstoffs:
vB =
eB
ρB
.
Die Mittelwerte einiger Kennwerte von Mineralölprodukten sind in
Tabelle 10 dargestellt.
Brennstoff
Heizwert
Hu/[MJ/kg]
Dichte
ρ B /[kg/m³]
Benzin
43,9
725
Diesel
42,8
835
Heizöl (L)
42,0
880
Kerosin
40,8
810
Tab. 10: Kennwerte einiger Mineralölprodukte
Alle Energieumwandlungen sind mit Verlusten verbunden. Der
energetische Wirkungsgrad η wird dabei wie folgt definiert:
η=
energetischer Nutzen
energetischer Aufwand
.
(3.29)
Der energetische Wirkungsgrad besitzt das gleiche griechische Symbol η wie die dynamische Viskosität. Er wird auch als energetischer
Gütegrad der Energieumwandlung bezeichnet. Für die Umwandlung
von Wärme in Arbeit gilt:
η=
geleistete Arbeit
aufgenommene Wärme
.
(3.30)
Bei mechanischen Energieumwandlungen wird durch den Wirkungsgrad η das Verhältnis der geleisteten Arbeit zur aufgenommenen
Arbeit bezeichnet und es gilt:
η=
Ausgangsleistung
Nutzarbeit
Nutzarbeit / Zeit
. (3.31)
=
=
Gesamtarbeit Gesamtarbeit / Zeit Eingangsleistung
Bei kontinuierlich Arbeit leistenden Maschinen wird der Wirkungsgrad durch das entsprechende Leistungsverhältnis definiert.
83
3 Ideale und reale Strömungen
Beispiel:
Damit die Antriebswelle eines Getriebes 45 kW leistet muss die
Welle mit einer Leistung von 50 kW angetrieben werden.
η=
45kW
= 0,9 = 90 %
50kW
10% der eingesetzten Energie bzw. Leistung gehen in Form von
Reibungswärme bzw. Verlustleistung verloren.
Ein Wirkungsgrad von η = 100 % würde einer idealen Maschine
entsprechen, die verlustfrei arbeitet. Bei realen Maschinen sind Verluste nicht zu vermeiden, so dass deren Wirkungsgrad η < 100 %
stets kleiner als 1 ist. Der Gesamtwirkungsgrad η G eines Systems
von insgesamt k hintereinander geschalteten Energiewandlern ergibt
sich durch Multiplikation der Einzelwirkungsgrade ηi zu:
k
ηG = ∏ ηi = η1 ⋅ η2 ⋅ ... ⋅ ηk .
(3.32)
i =1
Da alle Einzelwirkungsgrade ηi < 1 sind, gilt:
Der Gesamtwirkungsgrad η G einer energetischen Umwandlungskette ist stets kleiner als der kleinste Einzelwirkungsgrad
η min = min( η i ).
3.8
Ausströmen von Fluiden aus Behältern
Eine Flüssigkeit oder ein Gas kann durch eine kleine Öffnung im
Mantel eines Behälters oder Gefäßes nur dann ausströmen, wenn der
statische Gesamtdruck p ges = p stat + p amb im Innenraum des Behälters größer ist als der statische Umgebungsdruck p amb an der Gefäßöffnung, der im Normalfall dem atmosphärischen Luftdruck entspricht. Die Ausströmgeschwindigkeit v ist dann der Differenz ∆p
dieser beiden Drücke direkt proportional. Die Ausflussgeschwindigkeit ergibt sich aus der Bernoulli-Gleichung:
In einem stationär strömenden fluiden Medium ist die Summe aus
dem statischen Druck p stat und dem dynamischen Druck p dyn konstant; sie entspricht dem Gesamtdruck p ges .
p stat + p dyn = p ges
84
(3.33)
3.8 Ausströmen von Fluiden aus Behältern
p ges − p stat = ∆p = p dyn =
v=
1 2
ρv
2
2∆p
ρ
(3.34)
Die Ausflussgeschwindigkeit wird im Falle eines Behälters oder
Rohres, in dem der Überdruck ∆p gegenüber dem Außenraum
herrscht, als Ausströmgeschwindigkeit bezeichnet.
Im Folgenden soll als Beispiel der Ausfluss einer Flüssigkeit aus
einer kleinen Öffnung im Mantel eines oben offenen Behälters unter
dem Einfluss des Schweredruckes betrachtet werden (Abb. 47).
Pamb
Pamb
v
h
h1
h2
Abb. 47: Ausflussgesetz nach Torricelli
Wird die Bernoulli-Gleichung auf eine sich in Ruhe ( v1 = 0) befindliche Flüssigkeitsschicht an der Oberfläche des Behälters (Höhe h 1 )
und auf eine mit der Geschwindigkeit v 2 = v fließende Flüssigkeitsschicht in der Auslauföffnung (Höhe h 2 ) angewendet, so folgt:
ρgh 1 + p amb +
1 2
1
ρv 1 = ρgh 2 + p amb + ρv 22
2
2
ρgh 1 + p amb = ρgh 2 + p amb +
1 2
ρv
2
1 2
ρv = ρg (h1 − h 2 ) .
2
Mit h = h 1 − h 2 folgt das Ausflussgesetz von Torricelli:
v = 2gh
(3.35)
Die Ausströmgeschwindigkeit und damit die kinetische Energie eines Flüssigkeitselementes sind genau so groß, als wäre es von der
Oberfläche des Behälters um die Höhe h frei heruntergefallen. h ist
dabei die Höhe des Flüssigkeitsspiegels über der Ausflussöffnung.
85
3 Ideale und reale Strömungen
Die Ausströmgeschwindigkeit kann experimentell durch Messung
∆V
= A 0 v bestimmt werden, wobei
der Volumenstromstärke I V =
∆t
A 0 die Querschnittsfläche der Öffnung ist.
In der Praxis ergeben sich dabei für die tatsächliche Ausströmgeschwindigkeit im Vergleich zum Ausflussgesetz von Evangelista
Torricelli (1608 – 1647) deutlich kleinere Werte. Dies ist zu einem
Teil durch die Vernachlässigung der Viskosität des strömenden Mediums bedingt. Sie kann durch Multiplikation der berechneten Ausströmgeschwindigkeit mit Hilfe einer Geschwindigkeitsziffer Φ
berücksichtigt werden. Zum größeren Teil tritt jedoch durch die
Form und Lage der Ausflussöffnung eine Einschnürung des Strahls
beim Austreten auf (Abb. 48). Sie wird als Strahlkontraktion bezeichnet und lässt sich durch eine Kontraktionszahl
α=
A
A0
(3.36)
berücksichtigen. Da die Flüssigkeit im Allgemeinen nicht genau
horizontal in die Ausflussöffnung strömt wird eine Verkleinerung
des anfänglichen Strahlquerschnittes A 0 auf A beobachtet. Strömungsversuche liefern für eine scharfkantige Ausflussöffnung:
α ≈ 0,61 . Zusammen wird das Produkt dieser beiden Größen als
Ausflusszahl µ bezeichnet. Es ist:
µ = Φα
(3.37)
Für Wasser ist Φ ≈ 0,97 und µ ≈ 0,6 . Damit erhält man eine modifizierte Ausströmgeschwindigkeit
v=µ
86
2∆p
.
ρ
(3.38)
3.8 Ausströmen von Fluiden aus Behältern
v
= A = 1,0
A0
A0
A
v
= A = 0,61
A0
Abb. 48: Strahlkontraktion bei verschiedenen Öffnungsprofilen
Beim Ausfließen einer Flüssigkeit aus einem offenen Behälter ist das
Ausflussgesetz von Torricelli ebenfalls mit der Ausflusszahl µ zu
modifizieren.
v = µ 2gh
(3.39)
Strömt ein Gas aus einem Behälter mit dem konstanten Innendruck
p G aus, so liefert die Bernoulli-Gleichung die Ausströmungsgeschwindigkeit v a :
pG = p0 +
va =
ρ 2
v
2 a
2( p G − p 0 )
ρ
.
(3.40)
p 0 ist dabei der Außendruck und es wird p G > p 0 vorausgesetzt. Es
wird dabei angenommen, dass die Geschwindigkeiten der Gasmoler
küle im Innern des Behälters isotrop verteilt sind ( < v i > = 0 ).
87
4 Wiederholungstest
4
Wiederholungstest
4.1
Testfragen
Aufgabe 1
Welche Kurve stellt den Zusammenhang zwischen der vom Boden
aus gerechneten Messhöhe h und dem Schweredruck p s der inkompressiblen Flüssigkeit in der jeweiligen Höhe h qualitativ richtig dar?
p B ist der Schweredruck am Boden des Gefäßes.
Pamb= 0
h
C
B
A
E
D
0
PB Ps
Aufgabe 2
Eine zähe Flüssigkeit fließt in laminarer Strömung von links nach
rechts mit konstanter Volumenstromstärke I V durch das skizzierte
Rohr. Die eingezeichneten Rohrabschnitte besitzen gleiche Längen:
l12 = l 34
∆P
34
∆P12
l
1 12 2
3
l 34
4
Dann ist der Druckabfall ∆p12 zwischen den Punkten 1 und 2
(A) kleiner als der Druckabfall ∆p 34 zwischen den Punkten 3 und 4
(B) größer als der Druckabfall ∆p 34 zwischen den Punkten 3 und 4
(C) gleich dem Druckabfall ∆p 34 zwischen den Punkten 3 und 4
(D) ohne Angabe der Stromstärke nicht vergleichbar
(E) keine der obigen Aussagen trifft zu
88
4.1 Testfragen
Aufgabe 3
Eine Holzkugel und eine gleich große Eisenkugel werden beide vollständig in Wasser eingetaucht.
Für die Auftriebskräfte FA ,Holz und FA ,Eisen gilt dann:
(A) FA ,Holz < FA ,Eisen
(B) FA ,Eisen < FA , Holz
(C) FA ,Holz = FA ,Eisen
(D) FA ,Eisen > FA ,Holz
Aufgabe 4
Auf einer Waage befindet sich ein vollständig mit Wasser gefülltes
Überlaufgefäß (siehe Skizze). Die Waage zeigt eine Gesamtmasse
m = 8 kg an. Legt man vorsichtig ein Metallstück (Masse: 1 kg,
Dichte: 10 g/cm3) in das Wasser, so wird dabei ein Teil des Wassers
auslaufen.
Waage
Welche Masse zeigt die Waage anschließend an?
(A)
(B)
(C)
(D)
(E)
7,9 kg
8,0 kg
8,1 kg
8,9 kg
9,0 kg
Aufgabe 5
Der hydrostatische Bodendruck ist
im Gefäß I kleiner als im Gefäß II
im Gefäß II kleiner als im Gefäß I
im Gefäß III am kleinsten
in allen drei Gefäßen gleich groß
89
4 Wiederholungstest
I
II
III
(A) nur 1 ist richtig
(B) nur 2 ist richtig
(C ) nur 3 ist richtig
(D) nur 1 und 3 sind richtig
(E) nur 4 ist richtig
Aufgabe 6
Das Hagen-Poiseuille-Gesetz der Strömung durch enge Rohre gilt
(A)
(B)
(C)
(D)
(E)
nur für turbulente Strömungen von viskosen Flüssigkeiten
nur für laminare Strömungen von viskosen Flüssigkeiten
nur für ideale Flüssigkeitsströmungen
für viskose Flüssigkeiten unabhängig von der Art der Strömung
für beliebige Flüssigkeiten bei beliebigen Strömungen.
Aufgabe 7
Durch ein horizontales Rohr ströme reibungsfrei und stationär eine
ideale Flüssigkeit. Der statische Druck in der Flüssigkeit wird durch
die dargestellten Druckmesser angezeigt. Druckunterschiede infolge
des Schweredrucks sollen vernachlässigt werden.
pstat,1
pstat,2
IV
IV
A1
A2
(A) Druckmesser 1 zeigt den größeren statischen Druck an.
(B) Druckmesser 2 zeigt den größeren statischen Druck an.
(C) Beide Druckmesser zeigen den gleichen statischen Druck an.
90
4.1 Testfragen
Aufgabe 8
Welche der folgenden Eigenschaften trifft nicht zu?
Beim Eintauchen einer Glaskapillare in eine benetzende Flüssigkeit
beobachtet man, dass die Flüssigkeit in der Kapillare hochsteigt.
(A) Das Phänomen wird als Kapillaraszension bezeichnet.
(B) Die Adhäsion zwischen Glas und Flüssigkeit ist größer als die
Kohäsion innerhalb der Flüssigkeit.
(C) Die Steighöhe ist abhängig von der Viskosität der Flüssigkeit.
(D) Die Steighöhe ist abhängig vom Radius der Kapillare.
(E) Die Steighöhe ist proportional zur Oberflächenspannung.
Aufgabe 9
Mit welcher der folgenden Maßnahmen erreicht man die größte Zunahme der durch eine Kapillare fließenden Volumenstromstärke
einer zähen Flüssigkeit?
(A)
(B)
(C)
(D)
(E)
Vergrößerung des Kapillarenradius um 10%
Erhöhung der Druckdifferenz um 30%
Erniedrigung der Viskosität um 20% durch Temperaturerhöhung
Verkürzung der Kapillare um 20%
Verlängerung der Durchflusszeit um 30%
Aufgabe 10
Die Windlast auf einen Antennenmast unter dem Einfluss einer Luftströmung mit der Windgeschwindigkeit v und konstanter Luftdichte
ρ Luft ist direkt proportional
(1) der Lufttemperatur ϑ Luft
(2) der Windgeschwindigkeit v
(3) dem c W -Wert des Mastes
(4) der dynamischen Viskosität η Luft der Luft
(5) der Projektionsfläche A des Mastes
(A)
(C)
(E)
(G)
(1) und (4) sind richtig
(2) und (3) sind richtig
(3) und (5) sind richtig
keine Aussage ist richtig
(B) (2) und (4) sind richtig
(D) (3) und (4) sind richtig
(F) (2) und (5) sind richtig
Aufgabe 11
Welche Kräfte wirken auf eine Kugel, die in einer zähen Flüssigkeit
langsam sinkt?
91
4 Wiederholungstest
(A) Coulombsche Reibungskraft
(B) Elektromagnetische Abstoßungskraft
(C) Schwerkraft
(D) Kernkraft
(E) Stokessche Reibungskraft
(F) Reynoldssche Turbulenzkraft
(G) Auftriebskraft
Aufgabe 12
Welche der folgenden Aussagen sind richtig?
Die dynamische Viskosität ist eine stoffspezifische Größe, welche
(A) die Zähigkeit von Flüssigkeiten und Gasen quantitativ beschreibt.
(B) in Gasen mit wachsender Temperatur abnimmt.
(C) in Flüssigkeiten mit abnehmender Temperatur zunimmt.
(D) die Einheit [η] = Pa ⋅ s besitzt.
4.2
92
Lösungen der Testfragen
Aufgabe 1
B
Aufgabe 2
B
Aufgabe 3
C
Aufgabe 4
D
Aufgabe 5
E
Aufgabe 6
B
Aufgabe 7
A
Aufgabe 8
C
Aufgabe 9
A
Aufgabe 10
E
Aufgabe 11
C, E, G
Aufgabe 12
A, C, D
Hinweis: Bernoulli-Gleichung
Hinweis: Hagen-Poiseuille-Gesetz
5 Zusammenfassung
5
Zusammenfassung
Die spezifische Oberflächenenergie σ A ist der Quotient aus der
Arbeit ∆W , die zur Vergrößerung der Oberfläche um ∆A benötigt
wird und dieser Oberflächenvergrößerung ∆A .
σA =
∆W
∆A
Die spezifische Oberflächenenergie ist identisch mit der Oberflächenspannung σ A .
Ist F der Betrag einer senkrecht auf eine Oberfläche der Größe A
einwirkenden Kraft, dann folgt für den statischen Druck p, der auch
als Kolbendruck bezeichnet wird:
p=
F
A
[p] =
N
= 1 Pa
m2
1 bar = 10 5 Pa
Der Druck ist eine skalare Größe. Für den Schweredruck p s einer
inkompressiblen Flüssigkeitssäule der Dichte ρ und der Höhe h gilt:
p s = ρgh
Der Schweredruck ist ein Tiefendruck, der durch die Gewichtskraft
der über der Messstelle lastenden Flüssigkeit hervorgerufen wird. Im
Gegensatz zu Flüssigkeiten sind Gase kompressibel. In Gasatmosphären gilt daher als Funktion der Höhe h die barometrische
Höhenformel:
−
p(h ) = p 0 e
ρ0gh
p0
In fluiden Medien der Dichte ρ wirkt auf alle Körper eine ihrem
Volumen VK proportionale Auftriebskraft FA . Sie ist entgegengesetzt zur Schwerkraft gerichtet und ihr Betrag entspricht der Gewichtskraft der verdrängten Flüssigkeits- oder Gasmenge.
FA = ρVK g
Für die Volumenstromstärke I V bzw. Massenstromstärke I M strömender Fluide gilt:
93
5 Zusammenfassung
IV =
∆V
∆t
IM =
∆m
= ρI V
∆t
ρ ist die Dichte des Fluids. Für inkompressibele Strömungen gelten
die Kontinuitätsgleichung
I V ,1 = A 1 v1 = I V , 2 = A 2 v 2
und für ideale Strömungen zusätzlich die Bernoulli-Gleichung:
p + ρgh +
1 2
ρv = konst.
2
p: Kolbendruck; ρgh : Schweredruck;
1 2
ρv : dynamischer Druck
2
Für den Strömungswiderstand FW , den ein beliebig geformter Körper in einer turbulenten Strömung mit der mittleren Strömungsgeschwindigkeit v erfährt, gilt:
FW = c w
1
ρAv 2
2
A ist die Querschnittsfläche und die dimensionslose Größe c W ist
der Widerstandsbeiwert, der im Allgemeinen von der Reynoldsschen
Zahl Re abhängt.
Re =
ρdv
η
In realen Fluiden mit der dynamischen Viskosität η treten Reibungskräfte auf. Die dynamische Viskosität besitzt die SI-Einheit
[η] = Pa s . Für laminare Strömungen gelten folgende spezielle Reibungsgesetze: Das Stokessche Gesetz
FR = 6πηrv
gilt für die Bewegung einer Kugel vom Radius r und der Geschwindigkeit v. Das Hagen-Poiseuillesche Gesetz gilt für eine Reibungskraft, die von einer laminaren Rohrströmung mit parabelförmigen
Geschwindigkeitsprofil und mittlerer Geschwindigkeit v auf die
Rohrwand der Länge l übertragen wird.
FR = 8πηlv
94
5 Zusammenfassung
Oberhalb einer kritischen Reynoldszahl Re krit ist die laminare
Strömung instabil und geht in die turbulente Strömungsform über.
Für die praktische Berechnung des reibungsbedingten Druckabfalls
∆p V in Rohrleitungen mit dem Durchmesser d gilt das Rohrwiderstandsgesetz (Darcy-Weisbach Gleichung):
∆p V =
l 1 2
λ ρv
d 2
Der dimensionslose Rohrwiderstandsbeiwert λ (Re) wird experimentell bestimmt und durch empirische Näherungsformeln angegeben.
64
Bei laminarer Strömung ist λ = λ lam =
. Dabei hängt λ von der
Re
Reynoldszahl Re und bei rauen Rohren zusätzlich vom Verhältnis
k/d ab. k stellt dabei die Wanderhebung dar. Sie ist ein charakteristisches Maß für die Wandrauigkeit.
Für die mechanische Pumpleistung P, die zur Aufrechterhaltung
einer konstanten Volumenstromstärke in einer horizontalen Rohrleitung erforderlich ist, gilt:
P = I V ∆p V = RI 2V
95
6 Übungen
6
Übungen
6.1
Übungsaufgaben
Aufgabe 1 (E)
Es ist die Volumenänderung ∆V von 1 m3 Wasser unter der Wirkung des allseitigen Luftdruckes der Erdatmosphäre von
p 0 = 1013,25hPa zu berechnen. Die Kompressibilität des Wassers
beträgt etwa κ = 5 ⋅ 10 −10 Pa −1 .
Aufgabe 2 (E)
Ein Wassertropfen mit dem Radius rT = 0,1cm soll in Tröpfchen
mit Radien rt = 10 −5 cm zerstäubt werden. Auf das wie Vielfache
erhöht sich dabei die Oberflächenenergie?
Aufgabe 3 (S)
Ein kugelförmiger Wassertank mit dem Radius R = 5 m soll teilweise ausgepumpt werden. Berechnen Sie dazu die Hubarbeit, die verrichtet werden muss, um den Wasserspiegel ( ρ W = 10 3 kg / m 3 ) des
Tanks von a = 2 m auf b = 6 m unter die obere Tankoberfläche zu
senken, wenn die Pumpe direkt an der Oberkante des Wassertanks
angebracht ist.
Aufgabe 4 (E)
ρ
Av 2 .
2
Geben Sie die Einheit des Luftwiderstandsbeiwerts c W an.
Die Luftwiderstandskraft ist gegeben durch FW = c W
Aufgabe 5 (E)
Ein oben offener Abwasserkanal der lichten Weite l = 4 m und der
Tiefe b hat die Form eines gleichschenkligen Dreiecks. Er besitzt
eine Querschnittsfläche A. Er soll bei einer Strömungsgeschwindigkeit des Abwassers von v = 3,60 km/h stündlich eine maximale Abwassermenge von 28800 m³ befördern. Welches Maß muss für die
Tiefe b mindestens gewählt werden?
96
6 Übungen
Aufgabe 6 (E)
Ein Stausee diene als Speicherkraftwerk. Durch ein Fallrohr ströme
Wasser im freien Fall zu einer 100 m tiefer gelegenen Turbine hinab.
Mit welcher Endgeschwindigkeit v E verlässt das Wasser das Rohrleitungsende vor der Turbine? Das Wasser habe am Anfang des Fallrohres die Startgeschwindigkeit v 0 = 0 m / s . Die mechanische Nutzleistung der Turbine beträgt bei einem Wirkungsgrad von η = 90%
PNutz = 10 MW .
a) Welche Volumenstromstärke I V am Turbineneingang (Ende des
Fallrohres) ist dazu erforderlich?
b) Welchen Durchmesser muss das Fallrohr am Rohrleitungsende
mindestens haben?
Aufgabe 7 (M)
An ein mit Glyzerin ( ρ G = 1260 kg/m3) gefülltes Fass sei bei
h = 1,5 m unterhalb des Flüssigkeitsspiegels ein horizontal laufendes
Rohr angebracht, das die Länge l = 2 m und den Innendurchmesser
D = 10 mm besitzt. Die dynamische Viskosität η der Flüssigkeit
wird bei einer Temperatur von 18°C dadurch bestimmt, dass man
eine Stahlkugel ( ρ S = 7800 kg/m3) mit einem Durchmesser d = 6
mm im Glyzerin sinken lässt und die konstante Sinkgeschwindigkeit
v = 9 cm/s misst.
a) Wie groß ist η ?
b) Wie groß ist die Volumenstromstärke IV durch das Rohr, wenn
laminare Strömung angenommen wird und der Flüssigkeitsspiegel
im Fass durch einen entsprechenden Zufluss konstant gehalten wird?
c) Wie groß ist die mittlere Strömungsgeschwindigkeit v , mit der
das Glyzerin im Rohr fließt?
d) Wie groß ist die Reynoldszahl Re?
Aufgabe 8 (M)
Für alle realen Strömungen ist eine mechanische Leistung P erforderlich, um eine Volumenstromstärke I V in einer Rohrleitung aufrechtzuerhalten. Leiten Sie die Beziehung P = I V ∆p ab. ∆p stellt dabei
den Druckabfall über die Länge der Rohrleitung dar.
97
6 Übungen
Aufgabe 9 (E)
Durch eine gerade Leitung aus glattem PE-Rohr (DN 50) mit Innendurchmesser d = 50 mm und einer Länge von l = 100 m strömt Erdgas H ( ρ = 0,783 kg / m 3 ; η = 10,8 ⋅ 10 −6 Pa ⋅ s ). Berechnen Sie den
statischen Druckverlust ∆p V infolge Rohrreibung bei folgenden
Strömungsgeschwindigkeiten:
a) v = 0,276 m/s
b) v = 2,76 m/s
6.2
Lösungen der Übungsaufgaben
Lösung Aufgabe 1
1 ∆V 1 ∆ρ
.
=
V ∆p ρ ∆p
∆ρ
Die Kompressibilität kann auch als relative Dichteänderung
ρ
bezogen auf die dazu notwendige Druckänderung ∆p definiert werden. Die Volumenänderung des Wassers unter einem allseitigen
Druck von ∆p = 1013,25 hPa = 1,01325 ⋅10 5 N / m 2 ergibt sich zu:
Definitionsgemäß gilt für die Kompressibilität κ =
∆V = κV∆p = 0,5 ⋅10 −4 m 3 = 50 cm 3 .
Lösung Aufgabe 2
Sei n die Anzahl der bei der Zerstäubung entstehenden Tröpfchen, Vt
ihr Volumen und Ot ihre Oberfläche, dann gilt:
n=
VT
Vt
=
4π / 3 rT3
4π / 3
rt3
=
(10 −1 ) 3
(10
−5 3
)
= 1012
Da die Oberflächenenergie direkt der Größe der Oberfläche proportional ist, ergibt sich für das Verhältnis der durch Zerstäubung insgesamt neu geschaffenen Oberfläche nOt zur Oberfläche des Ausgangstropfens OT:
nO t
OT
= 1012
4π ⋅ 10 −10
4π ⋅ 10
−2
= 10 4
Die Oberflächenenergie erhöht sich um das 104-fache.
98
6 Übungen
Lösung Aufgabe 3
Wird eine Masse ∆m gegen die Schwerkraft FS um die Hubhöhe h
senkrecht angehoben, so muss Hubarbeit WH = ∆mgh verrichtet
werden. Wird ein Flüssigkeitstank von oben her entleert, ändert sich
die Wegstrecke, um die die Flüssigkeit abgehoben werden muss
laufend. Die Flüssigkeit aus dem oberen Teil des Tanks muss nicht
so hoch angehoben werden wie die aus dem unteren Teil. Gegeben
sei ein rotationssymmetrischer Lagertank, der bis zu einer Höhe
h = a unter der Oberkante mit einer homogenen Flüssigkeit konstanter Dichte ρ gefüllt ist. Dieser Lagertank soll von oben so weit ausgepumpt werden, bis der Flüssigkeitsspiegel auf eine Höhe h = b
unterhalb der Oberkante des Tanks abgesunken ist. Die dabei zu
verrichtete Hubarbeit WH soll berechnet werden.
An der Oberkante des Tanks befinde sich der Nullpunkt eines Koordinatensystems, dessen positive x-Achse nach unten verlaufe. Für
jedes x ∈ [a,b] sei A(x) die Querschnittsfläche x Meter unter der
Tankoberkante . s(x) sei der Weg, um den ein Flüssigkeitselement
∆V aus der Höhe x bis zur oberen Tankkante angehoben werden
muss. Der Flüssigkeitstanks wird mathematisch in parallele Volumenelemente zerlegt.
ξi sei ein beliebiger Punkt im i-ten Unterintervall ∆x i = [ x i −1 , x i ] .
Für das zylinderförmige Volumenelement ∆Vi der i-ten Flüssigkeitsschicht gilt näherungsweise:
∆Vi = A (ξi )∆x i
∆m i = ρ∆Vi
99
6 Übungen
Für die auf das Massenelement ∆m i wirkende Schwerkraft erhält
man:
∆Fi = ρA(ξ i ) ∆x i g .
Dieses Massenelement muss um den Weg s(ξi ) entgegen der
Schwerkraft angehoben werden. Für die Hubarbeit für die Anhebung
dieses Volumenelementes bis zur Tankoberkante erhält man:
∆Wi = ∆Fi s(ξ i )
∆Wi = ρ(ξ i ) A(ξ i )∆x i gs(ξ i )
Die insgesamt zu verrichtende Arbeit, die zum Auspumpen der Flüssigkeit erforderlich ist, kann durch Summation aller dieser Ausdrücke angenähert werden zu:
WH ≅ gρs(ξ1 )A(ξ1 )∆x 1 + gρs(ξ 2 )A (ξ 2 )∆x 2 + ... + gρs(ξ n ) A(ξ n )∆x n
n
WH ≅ ∑ gρs(ξ i )A (ξ i )∆x i
i =1
Im Grenzübergang ( n → ∞ ) ist die Summe auf der rechten Seite eine
Riemann-Summe und man schreibt:
b
b
WH = ∫ gρs( x )A( x )dx = gρ ∫ s( x )A( x )dx .
a
a
Für einen kugelförmigen Tank vom Radius R gilt: Im Abstand von x
Metern unterhalb der Tankoberkante ist die Querschnittsfläche A(x)
eine Kreisscheibe vom Radius r .
(R − x ) 2 + r 2 = R 2
r 2 = R 2 − (R − x ) 2
100
6 Übungen
A ( x ) = πr 2 = πR 2 − π(R − x ) 2
s( x ) = x
x =6
2
∫ gρx (πR
WH =
− π(R − x ) 2 )dx
x =2
x =6
6
∫
xπR 2 dx − gρ ∫ xπ( R − x ) 2 dx
x =2
2
WH = gρ
WH = gρπR 2
x =6
∫
xdx − gρπR 2
x=2
x =6
6
6
x =2
2
2
2
3
∫ xdx + gρπR ∫ 2x dx − gρπ∫ x dx
2
1
WH = gρπR[ x 3 ] 62 − gρπ[ x 4 ]62
3
4
WH = 1,15 ⋅ 10 7 J = 11,5 MJ .
Lösung Aufgabe 4
FW = c W
cW =
ρ
Av 2
2
2FD
ρAv 2
[c W ] =
N
kg / m 3 ⋅ m 2 ⋅ m 2 / s 2
=
kgm / s 2
kgm / s 2
=1
Der Luftwiderstandsbeiwert c W ist dimensionslos. Er besitzt die
Einheit Eins.
Lösung Aufgabe 5
IV = A ⋅ v
v = 3,6 km/h = 3600 m / 3600 s = 1 m/s
I V = 28800m 3 / 3600s = 8m 3 / s
A = IV / v = 8 m2
A=
1
⋅l⋅b
2
101
6 Übungen
b=
2A
= 4m
l
Lösung Aufgabe 6
a) Für den freien Fall aus der Ruhelage mit der Falldauer t F gilt:
v E = gt F
1 2
gt
2 F
sF =
2s F
tF =
g
v E = 2gs F = 44,3 m / s
b) PNutz = ηP
P=
∆W ∆mgh
=
= I M gh = ρI V gh
∆t
∆t
IV =
PNutz
ηρgh
= 11,3 m 3 / s
c) I V = Av E
A=
π 2 IV
d =
≈ 0,26 m 2
4
vE
d ≈ 0,58 m
Lösung Aufgabe 7
a) Nach dem 1. Newtonschen Axiom behält ein Körper seinen Bewegungszustand ( v = konst.) bei, wenn keine Kräfte auf ihn einwirken. Für eine eindimensionale Fallbewegung gilt:
FS − FA − FR = 0
Die an der Kugel angreifende Schwerkraft FS ist nach unten gerichtet. Auftriebskraft FA und Stokessche Reibungskraft FR weisen
nach oben.
FS = FA + FR
102
6 Übungen
m K g = m Fl g + 6πηrv
m Fl = ρG VK
η=
m K g − m Fl g
6πrv
η = 1,43
=
(ρ S − ρ G )VK g
6πrv
=
2 2 (ρ S − ρ G )
r g
9
v
kg
= 1,43 Pa ⋅ s
m⋅s
b) Das Gesetz von Hagen-Poiseuille lautet:
IV =
∆V πR 4 ∆p
=
.
∆t
8ηl
Für die wirksame Druckdifferenz ergibt sich:
∆p = ρ G gh = 1,85 ⋅10 4 N / m 2 .
Damit ergibt sich eine Volumenstromstärke von
I V = 1,6 ⋅ 10 −6 m 3 / s .
c) Die mittlere Strömungsgeschwindigkeit v ergibt sich aus der
Beziehung I V = Av . Dabei ist A die Querschnittsfläche der Rohrleitung.
v=
IV
A
d) Re =
=
IV
πR 2
= 2 cm / s.
ρvd
= 0,14 << Re krit = 2320
η
Die Strömung erfolgt laminar. Es handelt sich um eine so genannte
Schleichströmung.
Lösung Aufgabe 8
Auf das Flüssigkeitsvolumen ∆V in der Rohrleitung mit der Querschnittsfläche A wirkt eine resultierende Kraft F = A∆p . ∆p ist die
Druckdifferenz zwischen Anfang und Ende der Rohrleitung. Sie wird
durch den reibungsbedingten Strömungswiderstand hervorgerufen.
Da für die mechanische Leistung P = Fv gilt, wobei v die Strömungsgeschwindigkeit darstellt, folgt mit I V = Av :
103
6 Übungen
P = Fv = A∆pv = Av∆p = A
IV
A
∆p = I V ∆p
Mithilfe der Definition des Strömungswiderstandes R =
∆p
IV
folgt:
∆p = RI V
Mit P = I V ∆p erhält man für die mechanische Leistung P die Beziehung
P = RI 2v .
Lösung Aufgabe 9
ρvd
= 1000 < Re krit = 2320
η
a) Re =
Die Strömung erfolgt laminar und wird durch das Gesetz von HagenPoiseuille beschrieben. Damit folgt für die Rohrwiderstandszahl
λ=
64
64
=
.
Re 1000
Der Druckverlust ergibt sich aus dem Rohrwiderstandsgesetz
∆p V = λ
b) Re =
l ρ 2
64 100 m 0,783 kg / m 3
v =
0,276 m 2 / s 2 = 3,82 Pa
d2
1000 0,05 m
2
ρvd
= 10000 > Re krit
η
Die Strömung ist turbulent.
Es gilt:
2320 < Re = 10000 < 10 5
λ = 0,3164 ⋅ Re −0, 25 (Formel von Blasius)
λ = 0,03164
∆p V = λ
104
l ρ 2
v = 188,7 Pa
d2
Anhang
Anhang
A1
Griechisches Alphabet
Α
Β
Γ
∆
Ε
Ζ
Η
Θ
Ι
Κ
Λ
Μ
α
β
γ
δ
ε
ζ
η
ϑ
ι
κ
λ
µ
Alpha
Beta
Gamma
Delta
Epsilon
Zeta
Eta
Theta
Jota
Kappa
Lambda
My
Ν
Ξ
Ο
Π
Ρ
Σ
Τ
Υ
Φ
Χ
Ψ
Ω
ν
ξ
ο
π
ρ
σ
τ
υ
ϕ
χ
ψ
ω
Ny
Xi
Omikron
Pi
Rho
Sigma
Tau
Ypsilon
Phi
Chi
Psi
Omega
105
Anhang
A2
Formelzeichen
Symbol
Benennung
Einheit
α
Kontraktionszahl
1
η
dynamische Viskosität
Pa s
Gesamtwirkungsgrad
1
ϑ
Celsiustemperatur
°C
κ
Kompressibilität
m2 / N
λ
Rohrwiderstandsbeiwert
1
µ
Ausflusszahl
1
µR
Rollreibungszahl
1
ρ
Dichte
kg / m 3
σA
Oberflächenspannung
J / m 2 = N/m
σG
Grenzflächenspannung
N/m
υ
kinematische Viskosität
m2 / s
φ
Fluidität
m2 / N s
Θ
Randwinkel
° (Grad)
Φ
Geschwindigkeitsziffer
1
A
Fläche
m2
cD , cR , c W
Widerstandsbeiwert
1
d
Durchmesser, Schichtdicke
m
eB
Spez. Brennstoffbedarf
kg/m
E kin
kinetische Energie
J
F, FR
Kraft, Reibungskraft
N
g
Erdbeschleunigung
m / s2
G
Strömungsleitwert
m 3 / Pa s
H, h, h V
Höhe, Verlusthöhe
m
H = Hu
Heizwert
J/kg
IM
Massenstromstärke
kg/s
I V = V&
Volumenstromstärke
m3 / s
K
Kompressionsmodul
N / m2
k
Wanderhebung
m
m
Masse
kg
p
Druck
Pa
P
Leistung
W
r, R
Radius
m
ηG
106
Anhang
Fortsetzung Formelzeichen
R
Strömungswiderstand
Pa s / m 3
Re
Reynoldszahl
1
s
Weg
m
t
Zeit
s
T
Temperatur
K
v
Geschwindigkeit
m/s
V
Volumen
m3
W, WH , WD
Arbeit, Verschiebungsarbeit
J
WRoll
Rollarbeit
J
x
Abstand
m
107
Anhang
A3
Literaturauswahl
Hering, E. et al.:
Taschenbuch der Mathematik und Physik
Springer-Verlag, Berlin
Herr, H.:
Technische Physik, Band 2,
Mechanik der Flüssigkeiten und Gase
Europa-Lehrmittel, Haan
Kuchling, H.:
Taschenbuch der Physik,
Fachbuchverlag Leipzig
Kümmel, W.:
Technische Strömungsmechanik
Teubner, Stuttgart
Aufgrund fortlaufender Aktualisierung seitens der Verlage, wurde
auf die Nennung der jeweils gültigen Auflage sowie auf das Erscheinungsjahr verzichtet.
108