Schwarzarbeitsbekämpfung

BL 2
HAUS DER WIRTSCHAFT
5. Februar 2016 – Schweizerische Gewerbezeitung
BAUSTELLENKONTROLLEN – Seit
Haus der Wirtschaft – Dienstleistungs- und Kompetenz-Zentrum für KMU aus Gewerbe, Handel, Dienstleistung und Industrie
Monaten steht die ZAK in den Schlagzeilen. «Zu Unrecht», sagt Wirtschaftskammerdirektor Christoph Buser.
«KIGA-Schnittstelle muss besser werden»
«Im Bereich der Schwarzarbeitsbekämpfung im Baselbieter Baugewerbe ziehen nicht mehr alle Beteiligten am gleichen Strick», sagt
der Wirtschaftskammerdirektor
Christoph Buser.
Standpunkt: Herr Buser, die Baselbieter Schwarzarbeitskontrolle war
in letzter Zeit nicht gerade positiv
in den Schlagzeilen. Was läuft
falsch?
„ Christoph Buser: Es ist selbstredend, dass ich in den vergangenen
Monaten lieber bessere Schlagzeilen
gelesen hätte. Man muss die Berichte
aber auch objektiv einordnen. Fakt
ist: Die Kontrollstellen arbeiten gut
und erfüllen ihre Ziele. Im Jahr 2015
wurde diese Ziele teils klar übertroffen. Das vor allem vom Kantonalen
Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit, KIGA, kritisierte 2014 war ein
Übergangsjahr. Da kam einiges zusammen: Die neue Schwarzarbeitsgesetzgebung musste umgesetzt werden, es gab einen Geschäftsführerwechsel, und unübersehbar waren
auch die Angriffe, die aus politischen
Gründen erfolgten. Mir scheint, das
kam einigen Involvierten durchaus
gelegen.
«ES KANN DER EINDRUCK ENTSTEHEN, DAS
KIGA VERSUCHE VON
SEINEM EIGENEN FEHLER
ABZULENKEN.»
Wie ist das zu verstehen?
„ Sie konnten so elegant von eigenen
Unzulänglichkeiten ablenken. Ich
kann beispielsweise nicht nachvollziehen, warum das KIGA nicht die
vom Bund gestellten Kriterien für das
Abrechnungsverfahren eins zu eins
in die Leistungsvereinbarung mit der
ZAK aufgenommen hat. Das hätte
ganz viele Missverständnisse verhindert. Diese Fehlleistung resultierte in
SOZIALPARTNERSCHAFT –
Wirtschaftskammerdirektor Christoph Buser bekennt sich zur sozialpartnerschaftlichen Aufgabe der Baustellenkontrolleure.
Falschmeldungen des KIGA an den
Bund und führten zu einem Schwarzpeterspiel. In der Folge kamen – gefördert durch tendenziöse MedienBerichte – plötzlich Verdächtigungen
zustande, dass die ZAK irgendwelche
Subventionen beim Bund erschlichen
haben soll. Das ist natürlich unsinnig, weil die ZAK nur mit dem Kanton eine definierte Leistungs- und
Entschädigungsvereinbarung hat,
nicht mit dem Bund. Anders als das
KIGA hat die ZAK also nichts davon,
wenn der Bund zu viel bezahlt.
Was hätten Sie vom Kanton
erwartet?
„ Ich hätte vom KIGA eine deutliche
Stellungnahme erwartet. Ich will niemandem etwas unterstellen, aber
von aussen kann der Eindruck entstehen, das Kantonale Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit versuche von seinem eigenen Fehler abzulenken. Dieser Eindruck verstärkte sich, als das KIGA ohne Mitteilung
und kommentarlos Zahlungen an die
ZAK zurückhielt – und dies noch tut.
Das ist ein Skandal.
Welches sind die Folgen dieser
Zahlungseinstellung?
„ Vor allem die Lohnzahlungen an
die Mitarbeitenden der Kontrollstelle
waren gefährdet. Das bedeutete: Die
Arbeitsmarkt-Services AG als Auftragnehmerin musste Geld vorstrecken.
finiert, dass die Menge der jährlich
durchgeführten Kontrollen gemessen wird. Das KIGA bringt nun aber
ein zusätzliches Kriterium ins Spiel:
Es behauptet, entscheidend seien
lediglich abgeschlossene Kontrollen.
Aber das widerspricht nicht nur der
Leistungsvereinbarung, sondern
In den Medien hiess es, die Kontrollorgane hätten zu wenige Fälle
bearbeitet. Was steckt dahinter?
„ Auch hier: Eine unbrauchbare
Leistungsvereinbarung. Darin ist de-
«DER KANTON KOMMUNIZIERT GEGENÜBER
DEM BUND ANDERS ALS
GEGENÜBER DER ZAK.»
Laut Christoph Buser bewähren sich die paritätischen Kontrollorgane.
«Die Sozialpartner verfügen über mehr Know-how»
«Die Sozialpartner arbeitgeber- und
arbeitnehmerseits verfügen über
besseres Know-how in der Baustellenkontrolle als die Behörden. Darum ist das paritätische Baselbieter
Modell in der Praxis so erfolgreich»,
sagt Landrat Christoph Buser, der
Direktor der Wirtschaftskammer
Baselland. Die Wirtschaftskammer
Baselland stehe auch künftig zur
sozialpartnerschaftlichen Aufgabe.
Standpunkt: Herr Buser, die ZAK
kontrolliert im Bereich Schwarzarbeit, die ZPK wacht über die
Einhaltung der GAV. Sind solche
Kontrollen nicht eine eigentliche
Staatsaufgabe?
„ Christoph Buser: Doch, das sind sie
eigentlich. Aber wie die Geschichte
nach der Einführung der Personenfreizügigkeit und damit verbunden
der flankierenden Massnahmen zeigt,
funktioniert es nur, wenn sich die
direkt Betroffenen aktiv einbringen.
Der Vollzug von allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträgen gehört zu den Kernaufgaben der
Sozialpartner. Es liegt auf der Hand,
dass der Kanton das Know-how auf
Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite
mittels einer «Private-Public-Partnerschaft» einbindet. Und der Erfolg des
Baselbieter Modells zeigt, dass es der
richtige Schritt war, die Verwaltung
in dieser Sache zu entlasten.
Inwiefern hat sich die Kontrolltätigkeit dadurch geändert?
„ Die Kontrolltätigkeit wurde einerseits intensiviert, andererseits auch
gezielter. Wir alle haben noch die
Bilder vor Augen von rumänischen
oder polnischen Arbeitern, die für
weniger als 5 Euro pro Stunde arbeiteten und auch noch auf den Baustellen übernachteten. Und wir erinnern
uns an die Nachrichten, in denen von
nicht gemeldeten Arbeitnehmenden
die Rede war. Seit die paritätischen
Kontrollstellen den Lead erhalten haben, gehören solche Geschichten
weitgehend der Vergangenheit an.
Und so wurden das Arbeitsmarktaufsichtsgesetz AMAG und das
Gesetz über die Bekämpfung der
Schwarzarbeit GSA geschaffen?
„ Genau. Der Gewerkschafter und
ehemalige Landrat Daniel Münger
und ich als Vertreter der Arbeitgeberseite haben diese beiden Gesetze im
Rahmen einer parlamentarischen Initiative in Rekordzeit durch den Landrat gebracht. Die Unterstützung war
extrem breit. Am 14. Februar 2014
sagte das Baselbieter Parlament zu
beiden Vorlagen einstimmig Ja.
Seither werden die Kontrollen so
durchgeführt, wie sie nach Auffas-
«EINZELNE GEWERKSCHAFTEN LASSEN
TATENLOS EINE BEHINDERUNG DER GEMEINSAMEN ARBEIT ZU.»
sung der Sozialpartner zielführend
sind. Und seither haben wir weniger
Missstände auf den Baselbieter Baustellen. Das ist das grosse Verdienst
der sozialpartnerschaftlichen Aufgabe, zu der sich die betroffenen Berufsverbände und die Wirtschaftskammer als kantonaler Dachverband
FOTO LÄSSER:
seit jeher bekennen – und zu der sie
weiterhin stehen.
Welche Rolle spielen
die Gewerkschaften?
„ Grundsätzlich eine gute Rolle. Die
sozialpartnerschaftlichen Trägerschaften haben sich überaus gut bewährt.
Die paritätischen Kontrollorgane sind
eine Kooperation der Arbeitnehmerund der Arbeitgeberseite. Auf gewerkschaftlicher Seite hat insbesondere e.
Landrat Daniel Münger grosse Verdienste. Leider bekommt auch er den
politischen Druck gegen die paritätischen Kontrollorgane zu spüren, denn
einzelne Gewerkschaften sind nicht
nur auf Distanz gegangen, sondern
lassen tatenlos eine Behinderung der
gemeinsamen Arbeit zu. Insbesondere Unia-Funktionär Hansueli Scheidegger agiert sehr unglücklich. Er ist
ein eigentlich bereits pensionierter
und rasch verglühender Gewerkschaftsstern, der offenbar nicht begreifen will, dass seine Zeit abgelaufen ist. Mit seinen persönlichen Aktivitäten macht er viel kaputt und merkt
nicht, dass er einer Kampagne aufgesessen ist.Interview: Daniel Schindler
auch jeglichem gesunden Menschenverstand. Das wäre wie wenn die
Polizei plötzlich nur noch nach
effektiv eingesperrten Einbrechern
entschädigt würde, wohingegen
Patrouillenfahrten und Personenkontrollen nicht gezählt würden.
Das wäre grotesk.
Will sich das KIGA schadlos
halten?
„ So weit würde ich nicht gehen.
Aber ich stelle fest: Der Kanton kommuniziert gegenüber dem Bund anders als gegenüber der ZAK. Ob das
daran liegt, dass die Schwarzarbeitskontrolle im Baselbieter Baugewerbe
erst besser funktioniert, seit die
Sozialpartner sie gemeinsam durchführen, vermag ich nicht zu sagen.
Klar ist aber: Wenn heute ein Qualitätsproblem vorliegt, dann nicht
beim paritätisch getragenen Kontrollorgan und auch nicht bei der Kontrollstelle. Die Schnittstelle zum
KIGA muss endlich besser werden.
Wie würden Sie «Stand heute» die
Zusammenarbeit mit dem Kanton
beschreiben?
„ Die Kooperation mit dem KIGA hat
stark gelitten. Viel Vertrauen ist verloren gegangen. Und nicht nur zum
KIGA, auch zum Kanton. Ich bin mir
nicht sicher, welche Position die
HAUS DER WIRTSCHAFT
Haus der Wirtschaft – Dienstleistungs- und Kompetenz-Zentrum für KMU aus Gewerbe, Handel, Dienstleistung und Industrie
ZPK – ZENTRALE PARITÄTISCHE KONTROLLESTELLLE
Einhaltung von Gesamtarbeitsverträgen
Regierung noch einnimmt. Ein Beispiel: In ihrer Antwort vom 12. Januar 2016 auf einen parlamentarischen Vorstoss nimmt sie ohne erfolgte Anhörung eine Vorverurteilung hinsichtlich der Strukturen der
Kontrollstellen vor. So schreibt sie,
beim Verhältnis zwischen der AMS
und ZAK sei von einem Personalverleih auszugehen. Das ist eine Fehlbeurteilung.
Ein entsprechendes juristisches Gut-
«ICH BIN MIR NICHT
SICHER, WELCHE POSITION DIE REGIERUNG
NOCH EINNIMMT.»
achten zeigt das unzweideutig. Beim
Kanton hätte man das wissen müssen. Das Gutachten lag ihm vor,
wurde aber offenbar nicht gelesen.
Auch dass die Regierung die paritätischen Kontrollorgane plötzlich als
«funktionelle Verwaltung» einstufen
will, ist bestritten. Auch hier liegt
ein Gutachten vor. All die geschilderten Vorgänge lassen die ZAK als
völlig disfunktionale Organisation
erscheinen. Das KIGA richtet seit
Wochen happige Vorwürfe an die
Kontrollorgane, die unzutreffend
sind. Zudem wird fast schon systematisch kein Recht auf Anhörung
gewährt. Das können wir nicht so
stehen lassen. Die Fragestellungen
sind von unabhängigen Gerichten
zu klären.
Die Aufgabenbereiche der Zentralen
Paritätischen Kontrollstelle (ZPK) umfassen unter anderem die Kontrollen von in
den Kantonen Basel-Landschaft, BaselStadt und Solothurn tätigen Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden in verschiedenen Branchen des Ausbaugewerbes.
Für die beiden letztgenannten Kantone
kann die ZPK ihre Kontrolltätigkeit auch
ganz oder teilweise der Baustellenkontrolle Basel, BASKO, beziehungsweise der Arbeitskontrollstelle Kanton Solothurn, AKS,
übertragen. Die ZPK setzt – unter anderem
im Rahmen eines speziell dafür geschaffenen «Vollzugs-Gesamtarbeitsvertrages»
– die massgeblichen Arbeits-Mindestbestimmungen von Branchen-GAV durch in
verschiedenen Bereichen des Baugewerbes. Dazu gehören auch die Beurteilung
und Ahndung von Verstössen gegen diese Bestimmungen sowie Kontrolltätigkeiten
im Bereich der Arbeitssicherheit und des
Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz.
Weiter kann die ZPK auch die Einhaltung
der GAV bei Submissionen durch die öffentliche Hand (Kanton und Gemeinden) überprüfen. Ausserdem hat die Tripartite Kommission des Kantons Basel-Landschaft die
ZPK beauftragt, den Arbeitsmarkt in den
weiteren Branchen des Ausbaugewerbes
zu überwachen, welche über keinen oder
keinen allgemeinverbindlich erklärten GAV
verfügen. Die Baustellenkontrollen basieren auf den weitergeleiteten Entsendemeldungen durch das Kantonale Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit, KIGA Baselland,
sowie durch die kantonalen Ämter für Wirtschaft und Arbeit (AWA) der Kantone Basel-Stadt und Solothurn, auf konkreten Meldungen von Dritten jeglicher Art und auf
Stichprobenkontrollen im Rahmen von regelmässigen Patrouillenfahrten.
Die ZPK ist ein staatlich anerkanntes und
gesetzlich legitimiertes Kontrollorgan im Sinne des Schweizerischen Entsendegesetzes.
Sie ist ein mit Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern paritätisch zusammengesetzter Verein nach Schweizer Recht, dessen
Aufsicht vom Vorstand, von Mitgliederversammlungen und von der Generalversammlung vereinsdemokratisch geführt wird. Die
Vereinsrechnung wird im Rahmen einer ordentlichen Revision von einer anerkannten
Revisionsstelle geprüft. Gegründet wurde sie
durch die Sozialpartner des Ausbaugewerbes am 8. April 2004. Wie auch die Zentrale Arbeitsmarktkontrolle, ZAK, (siehe unten),
wurde die ZPK auf den 1. September 2012
vollständig aus der Wirtschaftskammer ausgelagert.
dan
Schweizerische Gewerbezeitung – 5. Februar 2016
Dank
Einbindung der Sozialpartner wegweisend.
GESCHICHTE DER KONTROLLORGANE –
Kanton attackiert
bewährtes Modell
Die schrittweise Einführung der Personenfreizügigkeit in der Schweiz ab
Juni 2004 markierte einen Wendepunkt vor allem auch für das Baugewerbe. Schlagzeilen über Unregelmässigkeiten auf den Baustellen
häuften sich. Gerade in den grenznahen Regionen kam es zu gravierenden Verstössen.
Polnische Arbeiter, die bei Sub-SubUnternehmern als Scheinselbständige für kaum fünf Euro pro Stunde
während 16 Stunden auf der Baustelle arbeiteten – und dort auch noch
übernachteten – waren keine Seltenheit. Verstösse gegen die in Gesamtarbeitsverträgen (GAV) festgelegten
und damit zwingend einzuhaltenden
Arbeitsbestimmungen
sowie
Schwarzarbeit begannen sich zu
häufen.
«VIEL VERTRAUEN
IST VERLOREN
GEGANGEN.»
Sozialpartner stehen zusammen
Mit der Anfang 2004 gemeinsam auf
die Beine gestellten Zentralen Paritätischen Kontrollstelle, ZPK, waren die
Sozialpartner im Baselbiet für die
Entwicklungen im Bereich ihrer
Gesamtarbeitsverträge gut gerüstet.
Den gesetzlichen Bestimmungen
wurde vom ersten Tag an wirkungsvoll und erfolgreich Nachachtung
verschafft.
Als der Bund auf den 1. Januar 2008
ein neues Gesetz zur Bekämpfung
der Schwarzarbeit in Kraft setzte und
darin vorsah, dass die Kantone entsprechend strukturierte und befähigte Kontrollorgane der Sozialpartner
mit den notwendigen Kontrollen beauftragen können, zögerten die
Sozialpartner im Baselbieter Baugewerbe nicht.
Nach dem Modell der bewährten ZPK
wurde ein Konzept erarbeitet, welches einen sozialpartnerschaftlichen
Verein vorsah. Zur Bekämpfung der
Schwarzarbeit im gesamten Baselbieter Baugewerbe wurde die Zentrale
Arbeitsmarkt-Kontrolle, ZAK, aus der
Taufe gehoben. Diese erhielt 2010 einen ersten Leistungsauftrag des Kantons. Dieser übernahm mit 380 000
Franken rund zwei Drittel der jährlich anfallenden Kosten. Für das andere Drittel kamen die Sozialpartner
auf. Der Leistungsauftrag legte im
Wesentlichen fest, dass für die
Schwarzarbeitskontrollen insgesamt
300 Stellenprozente aufzuwenden
seien. Dieses Modell wurde mit einem nächsten Leistungsauftrag in
den Jahren 2011, 2012 und 2013 unverändert fortgesetzt.
Personalie stelle ich aber fest: Die
Situation ist «verkachelt». Es braucht
neue Köpfe für eine neue Zusammenarbeits-Basis. Das gilt auch auf
Gewerkschaftsseite. Und auch der
Vorsteher des KIGA muss dringend
über die Bücher. Es besteht auf Arbeitgeberseite der Wille, die Vorwürfe hinsichtlich Transparenz aus der
Welt zu schaffen. Das liegt auch im
ureigenen Interesse der Kontrollstellen. Darum prüfen wir zusammen
mit den betroffenen Berufsverbänden, für die paritätischen Kontrollorgane und auch die Kontrollstellen
die Strukturen anzupassen. Ich lade
die Gewerkschaften ein, in dieser
Frage mit den Arbeitgeberverbänden
an einem Strick zu ziehen – und
auch Verwaltung und Regierung.
Interview: Daniel Schindler
Neue Aufgaben und Kompetenzen
Weil bei den Sozialpartnern der Eindruck entstand, die von den Kontrolleuren ans Kantonale Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (KIGA)
weitergeleiteten Fälle würden wenig
speditiv abgewickelt, verlangten sie
Verbesserungen und eine neue Aufgabenverteilung. Der Gewerkschafter
und damalige Landrat Daniel Münger
auf Arbeitnehmerseite und Landrat
und Wirtschaftskammerdirektor
Christoph Buser auf Arbeitgeberseite
reichten eine entsprechende parlamentarische Initiative ein. Dies mit
dem Ziel, die Schwarzarbeitsbekämpfung im Baugewerbe und die damit
verbundenen Baustellenkontrollen
auf eine neue gesetzliche Basis zu
stellen. Aufgabenkatalog und Kompetenzen für die Kontrolleure sollten
erweitert werden. So sollte ihnen unter anderem ermöglicht werden, im
Verdachtsfall Abklärungen mit Spezialbehörden, Sozialversicherungen
Wie gehen Sie nun weiter vor?
Als ich im Herbst 2012 die Führung
der Wirtschaftskammer übernahm,
habe ich den abtretenden Direktor
Hans Rudolf Gysin gebeten, er möge
seine Tätigkeit im Rahmen der
Schwarzarbeitsbekämpfung bis Ende 2015 weiterführen. Dass er aufgrund der jüngsten Ereignisse noch
bleiben wollte, bis die Vorwürfe aus
der Welt geschafft sind, ist nachvollziehbar. Nun erwägen wir, ob es
nicht besser ist, am ursprünglichen
Plan festzuhalten, so dass er seine
Funktionen demnächst abgeben
könnte. Ich habe Herrn Gysin bisher
immer als jemanden erlebt, der an
Bord bleibt, wenn ein Schiff in einen
Sturm gerät. Unabhängig von dieser
ZAK – ZENTRALE ARBEITSMARKT-KONTROLLE
Kampf gegen die Schwarzarbeit
Die Zentrale Arbeitsmarkt-Kontrolle, ZAK, ist
vom Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft beauftragt und ermächtigt, Schwarzarbeitskontrollen im gesamten Baugewerbe
(Bauhaupt- und Baunebengewerbe) des Kantons Basel-Landschaft durchzuführen. Sie
überprüft im Rahmen dieser Kontrolltätigkeit gezielt die Einhaltung der gesetzlichen
Bestimmungen und kontrolliert insbesondere auch, ob Arbeitgeber und Arbeitnehmer
die massgebenden Melde-, Bewilligungsund Abgabeplichten in den Bereichen des
Sozialversicherungs-, Ausländer- und Steuerrechts einhalten.
Die ZAK führt ihre Kontrollen durch aufgrund von Mitteilungen durch Behörden,
von Mitteilungen durch andere Kontrollorgane, von regelmässigen Stichproben und von
Meldungen Dritter jeglicher Art.
Die ZAK ist wie die Zentrale Paritätische
Kontrollstelle, ZPK, (siehe oben), ein mit
Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern
paritätisch zusammengesetzter Verein nach
Schweizer Recht, wird ebenso vereinsdemokratisch geführt und verfügt über Vorstand,
Mitgliederversammlungen und Generalversammlung sowie ebenfalls über eine ordentliche Revision. Zielsetzung bzw. Zielvorgabe
der ZAK ist die konsequente und wirkungsvolle Bekämpfung der Schwarzarbeit im
gesamten Baugewerbe des Kantons BaselLandschaft. Die Kontrolltätigkeiten der ZAK
sind darauf ausgerichtet, dass:
die Kontrollen laufend, lächendeckend
und zielgerichtet stattinden,
im Rahmen von wechselnden Schwerpunktprüfungen wirkungsvolle präventive
Akzente gesetzt werden,
Einnahmenausfälle bei den Sozialversicherungen verhindert bzw. minimiert werden
können,
keine Beeinträchtigungen der Leistungsansprüche von Versicherten stattinden,
sich jegliche Art von Schwarzarbeit im
Kanton Basel-Landschaft nicht lohnt. dan
AMS – ARBEITSMARKT-SERVICES AG
Kontrollen aus einer Hand
Die AMS – seit 1. September 2012 AMS Arbeitsmarkt-Services AG (AMS AG) – ist als
spezialisierte Dienstleistungserbringerin ein
eigentliches Kompetenzzentrum für die Umsetzung von Leistungsaufträgen der Sozialpartner.
(einerseites für die Entsendekontrollen der
ZPK, andererseits für die Schwarzarbeitskontrollen der ZAK) «ausrücken» und sich möglicherweise gar noch in die Quere kommen.
Von der Schulung bis zur Qualitätssicherung
erfolgt die Kontrolltätigkeit aus einer Hand.
Mit ihren auf die Aufträge ausgerichteten
Personal- und Infrastruktur-Ressourcen sowie mit ihrem speziischen Know-how ist die
AMS kompetente Leistungspartnerin für die
von Sozialpartnern der GAV getragenen oder
beauftragten Institutionen. Mit dieser Organisationsform wird unter anderem ermöglicht, dass nicht verschiedene Kontroll-Teams
Im Weiteren berät die AMS die GAV-Vertragsparteien zu sämtlichen Fragen im
GAV-Vollzug, insbesondere auch bei der
Abfassung von Gesuchen betreffend Allgemeinverbindlicherklärung. Der Verwaltungsrat arbeitet ehrenamtlich. Es werden weder
Sitzungsgelder noch Tantiemen oder Dividenden ausbezahlt.
dan
BL 3
und Steuerverwaltungen vorzunehmen, was ihnen bis anhin versagt
war.
Einstimmig durchs Parlament
Die Initiative mündete in zwei neue
Gesetze: das Arbeitsmarktaufsichtsgesetz (AMAG) und das Gesetz über
die Bekämpfung der Schwarzarbeit
(GSA). Beide wurden in Rekordzeit
vom Parlament am 14. Februar 2014
in Kraft gesetzt. Auf der neuen gesetzlichen Basis bezahlte der Kanton der
ZAK 650 000 Franken jährlich (Vollfinanzierung für Personal und gesamte
Infrastruktur und Ausrüstung), und
die neue Leistungsvereinbarung legte
fest, dass wie bisher mindestens 300
Stellenprozente einzusetzen und als
quantitative Zielsetzung pro Jahr mindestens 300 Kontrollen durchzuführen
seien. Am 2. März 2015 erhielt die
ZAK diese neue Leistungsvereinbarung, die rückwirkend (!) auf den
1. Januar 2014 in Kraft gesetzt wurde.
Kontrolleure bei der Kontrolle einer Baustelle.
FOTO ZVG
Heute stellt sich das KIGA auf den
Standpunkt, in dieser Vereinbarung
seien im Rahmen der Erfolgskontrolle
nur die innerhalb des Jahres abgeschlossenen Fälle zu zählen – die
ZAK hätte hier zu wenig geleistet.
Diese hingegen hält am Wortlaut gemäss Leistungsvereinbarung fest, in
welchem klar die Rede ist von «durchgeführten» und nicht von «abgeschlossenen» Kontrollen. «Es ist doch
nicht plausibel, dass die ZAK eine
Vereinbarung rückwirkend unterschrieben hätte, wenn sie davon hätte ausgehen müssen, die darin geforderten Bedingungen nicht erfüllt zu
haben», sagt Christoph Buser.
Kontrolltätigkeit akut gefährdet
Aufgrund der Differenzen zwischen
den Angaben des KIGA an das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) und
jenen der ZAK an das KIGA kam es
von anonymer Seite zu einer Anklage
gegen Unbekannt. Noch steht der Bericht der untersuchenden Staatsanwaltschaft aus – unter anderem weil
wichtige Unterlagen des KIGA fehlen.
Trotzdem hat die Baselbieter Regierung bereits angedroht, ihren 2014erBeitrag an die ZAK rückwirkend massiv zu kürzen und diesen für das bereits laufende Jahr 2016 von 650 000
auf 325 000 Franken zu halbieren.
Würde der Regierungsrat dabei bleiben, wäre die Kontrollarbeit als Ganzes infrage gestellt, denn: «Mit nur
noch der Hälfte der Mittel kann man
es gleich ganz sein lassen», stellt
Christoph Buser fest. Gerade in den
Grenzregionen aber sei das Thema
immer noch dringlich, wie auch die
Diskussionen in den Kantonen Tessin
und Genf zeigen würden. Dort gelte
das Baselbieter-Modell nach wie vor
als wegweisend. Daniel Schindler