Ogilvy, David: Geständnisse eines Werbemannes, München 2002, S. 145-149 Schlagzeilen 1/3 Die Überschrift ist der wichtigste Teil einer Anzeige. Sie ist das Telegramm, das den Leser dazu bringt, den Text überhaupt zu lesen. Von fünf Personen lesen durchschnittlich vier nur die Überschrift, während nur einer den gesamten Text liest. Wenn Sie Ihre Schlagzeile geschrieben haben, so sind 80 Cents von Ihrem Dollar bereits ausgegeben. Wenn Sie mit Ihrer Schlagzeile nicht bereits etwas verkauft haben, so haben Sie 80 Prozent des Geldes, das Ihrem Kunden gehört, verschwendet. Die schändlichste aller Sünden ist eine Anzeige ohne Überschrift. Solche kopflosen Ungetüme gibt es noch immer. Der Texter allerdings, der es wagen würde, mir so etwas vorzulegen, wäre nicht zu beneiden. Ein Austauschen der Schlagzeile kann eine Veränderung der Verkäufe im Verhältnis 10:1 zur Folge haben. Ich schreibe nie weniger als 16 verschiedene Schlagzeilen für eine Anzeige und halte mich dabei an bestimmte Richtlinien: 1. Die Überschrift ist das Wichtigste Wecken Sie mit der Schlagzeile die Aufmerksamkeit und das Interesse der Leser, die für ihr Produkt in Frage kommen. Wenn Sie ein Mittel gegen Blasenschwäche verkaufen, so schreiben Sie das Wort »Blasenschwäche« in Ihre Überschrift, und jeder, der darunter leidet, wird durch die Überschrift angesprochen werden. Wenn Sie wollen, dass Mütter Ihre Anzeigen lesen, so setzen Sie das Wort »Mütter« in die Schlagzeile, usw. Andererseits soll nichts in Ihrer Schlagzeile vorkommen, was Leser, die für das Produkt in Frage kommen könnten, ausschließt. Wenn Sie zum Beispiel für etwas werben, was von Frauen und Männern verwendet werden kann, so richten Sie Ihre Überschrift nicht nur an Frauen. Das würde die Männer sofort abschrecken. Ogilvy, David: Geständnisse eines Werbemannes, München 2002, S. 145-149 Schlagzeilen 2/3 2. Jede Überschrift sollte sich an das persönliche Interesse des Lesers wenden. Sie sollten einen persönlichen Vorteil versprechen, wie ich es zum Beispiel in meiner Schlagzeile für Helena Rubinsteins Hormoncreme tat: »Wie können Frauen über 35 jünger ausschauen?« [ ... ] 6. Ihr Versprechen muss in der Schlagzeile enthalten sein. Das bedingt lange Überschriften. Das Institut für Einzelhandel der New Yorker Universität testete zusammen mit einem Warenhaus Anzeigenüberschriften und fand dabei heraus, dass Schlagzeilen von zehn und mehr Wörtern, wenn diese eine Neuigkeit, eine Information boten, wesentlich mehr verkauften als kurze Schlagzeilen. Überschriften von sechs bis zwölf Wörtern brachten mehr Kuponeinsendungen als kurze Schlagzeilen, und es ist eigentlich kein Unterschied zwischen den Lesern von Überschriften von zwölf Wörtern und solchen von nur drei Wörtern. Die beste Überschrift, die ich je geschrieben habe, bestand aus 18 Wörtern: »Bei 60 Meilen in der Stunde ist das lauteste Geräusch im neuen Rolls-Royce die elektrische Uhr.« (At Sixty Miles an Hour the Loudest Noise in the New Rolls-Royce comes from the electric clock.1) 7. Die Konsumenten werden den Text der Anzeige eher lesen, wenn ihre Neugierde durch die Schlagzeile geweckt wird. Sie sollten deshalb Ihre Überschrift so aufbauen, dass der Leser verführt wird weiterzulesen. 1 Der Chefingenieur von Rolls-Royce las diese Anzeige, schüttelte den Kopf und sagte: »Es wäre wirklich Zeit, dass wir etwas gegen diese verdammte Uhr unter nähmen.« Ogilvy, David: Geständnisse eines Werbemannes, München 2002, S. 145-149 Schlagzeilen 3/3 8. Manche Texter schreiben komplizierte Schlagzeilen, mit Wortspielen, literarischen Mätzchen und anderen undurchsichtigen Dingen. Das ist eine Sünde. In einer Tageszeitung steht Ihre Schlagzeile durchschnittlich mit 350 anderen im Konkurrenzkampf. Die Forschung beweist, dass die Leser diesen Dschungel von Schlagzeilen nur schnell überfliegen und nicht einhalten, um sich die Mühe zu machen, die Bedeutung einer unklaren Überschrift zu entziffern. Ihre Schlagzeile muss das, was Sie zu sagen haben, in klarer und einfacher Sprache telegrafieren. Versuchen Sie keine Gesellschaftsspiele mit Ihren Lesern. 1960 griff die literarische Beilage der Times die schrullige Tradition in der britischen Werbung an und nannte sie »selbstgefällig«, eine Art von privatem Scherz der Mittelklasse, offensichtlich dazu angetan, die Werbeleute und ihre Kunden zu unterhalten. Amen. 9. Die Forschung zeigt, dass es gefährlich ist, Verneinungen in den Überschriften zu verwenden. Wenn Sie zum Beispiel schreiben, »unser Salz enthält kein Arsenik«, so kann es geschehen, dass ein Leser die Verneinung übersieht und den Eindruck bekommt, Sie hätten geschrieben, »unser Salz enthält Arsenik«. 10. Vermeiden Sie blinde Überschriften. Das sind Überschriften, die nur dann eine Bedeutung haben, wenn auch der übrige Text gelesen wird. Die meisten Leute tun das dann nämlich nicht mehr.
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