JURISTISCHE FAKULTÄT PROBEKLAUSUR SCHWERPUNKTBEREICHE MÜNCHNER EXAMENSTRAINING Klausur aus dem Schwerpunktbereich 7 am 23.1.2016 Djamal (D) ist am 23.2.1995 in Algier, Algerien, geboren, lebt dort seit seiner Geburt und besitzt die algerische Staatsangehörigkeit. Außer einer kleinen Eigentumswohnung in München-Schwabing, die er geerbt hat, besitzt er kein nennenswertes Vermögen. Schon lange träumt er von einer Rundreise durch Europa und benötigt hierfür € 10.000,--. Die Eltern des Djamal sind strikt gegen eine solche „Geldverschwendung“. D´s Freundin Klementine, die in München wohnt, deutsche Staatsangehörige und am 11.4.1977 geboren ist, möchte ihm eine Freude machen. Als D sie in München besucht, erklärt sie sich entgegen dem Willen von D´s Eltern am 1.7.2013 bereit, dem D den benötigten Betrag zu überlassen. Sie vereinbaren, dass D die € 10.000,-- nebst 4% Zinsen am 1.7.2015 zurückzahlen soll. Noch am selben Tag überlässt die K dem D den vereinbarten Betrag, was die Eltern des D so erbost, dass sie jeglichen Kontakt mit K abbrechen. D genießt wie geplant seine Rundreise durch Europa und gibt die gesamten € 10.000,-- aus. Als K am 1.7.2015 von D die Rückzahlung des Darlehens verlangt, meint dieser, nach seinem Heimatrecht sei er bei Vertragsschluss nicht volljährig gewesen und schulde der K daher nichts. K besteht hingegen auf der Rückzahlung, da der Vertrag in München geschlossen worden und nach dem allein maßgeblichen deutschen Recht D sehr wohl volljährig gewesen sei; sie habe zwar gewusst, dass D Algerier sei, was in Algerien gelte, habe sie aber nicht gewusst und das interessiere sie auch nicht. Jedenfalls sei der D – hilfsweise – gesetzlich zur Rückzahlung der € 10.000,-- verpflichtet. Sie verklagt den D vor dem Landgericht München I auf Darlehensrückzahlung, hilfsweise Bereicherungsausgleich. D bestreitet die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte und – unter Berufung auf seine Minderjährigkeit nach algerischem Recht – den Abschluss eines wirksamen Darlehensvertrages. Bearbeitervermerke: I. Zu den Erfolgsaussichten der Klage ist in einem umfassenden Rechtsgutachten zu allen aufgeworfenen Rechtsfragen – zur Not auch hilfsgutachtlich – Stellung zu nehmen. Bitte beachten Sie bei Ihrer Lösung die abgedruckten Materialien. bitte wenden UNI-KLAUSURENKURS SEITE 2 VON 3 II. Zusatzfrage: Nennen Sie vier für die Entwicklung des IPR in der Zeit zwischen 1200 und 1950 bedeutsame Juristen! Ordnen Sie sie zeitlich ein! Hinweise zu ausländischen Regelungen: I. Auszug aus dem algerischen Zivilgesetzbuch (Code Civil) (ZGB Alg.) Art. 10. – Die Gesetze über das Alter und die Geschäftsfähigkeit der Personen gelten für algerische Staatsangehörige, auch wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben. Art. 40. – (1) Jeder Volljährige im Besitz seiner geistigen Kräfte, der nicht entmündigt wurde, ist uneingeschränkt fähig, seine bürgerlichen Rechte auszuüben. (2) Die Volljährigkeit wird auf den Ablauf des neunzehnten Lebensjahres festgelegt. Art. 42. – (1) Wem aufgrund seines jugendlichen Alters oder seiner Geistesschwäche oder seiner Demenz die Einsichtsfähigkeit fehlt, ist unfähig, seine bürgerlichen Rechte auszuüben. (2) Die Einsichtsfähigkeit fehlt dem Kind, welches noch nicht das Alter von sechzehn Jahren erreicht hat. Art. 43. – Minderjährige, die das Alter der Einsichtsfähigkeit erreicht haben, sowie verschwendungssüchtige oder geistesschwache Volljährige besitzen eine beschränkte Geschäftsfähigkeit gemäß den gesetzlichen Bestimmungen. Art. 79. – Bezüglich der Geschäftsfähigkeit der Minderjährigen, der gerichtlich oder gesetzlich Entmündigten und der sonstigen Geschäftsunfähigen sind die einschlägigen Vorschriften des Familiengesetzbuches anzuwenden. Auszug aus dem algerischen Familiengesetzbuch (Code de la Famille) (FGB Alg.) Art.81. – Wer aufgrund seines jugendlichen Alters, seiner Demenz, seiner Geistesschwäche oder seiner Verschwendungssucht ganz oder teilweise geschäftsunfähig ist, wird nach Maßgabe der Vorschriften dieses Gesetzes durch einen gesetzlichen, testamentarischen oder bestellten Vormund vertreten. UNI-KLAUSURENKURS SEITE 3 VON 3 Art.82. – Rechtshandlungen von Personen, die aufgrund ihres jugendlichen Alters noch nicht nach Art. 42 Zivilgesetzbuch das Einsichtsfähigkeitsalter erreicht haben, sind nichtig. Art.83. – (1) Rechtshandlungen von Personen, die nach Art. 43 Zivilgesetzbuch das Einsichtsfähigkeitsalter erreicht haben, ohne volljährig zu sein, sind gültig, wenn sie vorteilhaft sind. Sie sind nichtig, wenn sie nachteilhaft sind. (2) Diese Rechtshandlungen bedürfen der Genehmigung des gesetzlichen oder testamentarischen Vormunds, wenn ungewiss ist, ob sie vorteilhaft oder nachteilhaft sind. (3) Im Streitfall entscheidet das Gericht. Art.87. – Der Vater ist der Vormund seiner minderjährigen Kinder. Nach seinem Tod steht die Ausübung der Vormundschaft vollständig der Mutter zu. Hinweise zu weiteren ausländischen Regelungen: Soweit bei der Bearbeitung weitere Informationen zum ausländischen Recht benötigt werden, ist davon auszugehen, dass die relevante ausländische mit der entsprechenden deutschen Regelung identisch ist. Abgabe ausschließlich im Klausurtermin am 23.01.2016 Besprechung am 15.02.2016, 9.00 bis 10.30 Uhr s.t., Karl-Neumeyer-Saal (Raum 107) des Instituts für Internationales Recht - Rechtsvergleichung -, Veterinärstraße 5. Abholung voraussichtlich ab 15.02.2015 in der Besprechung. Korrektorensprechstunde: am Montag, 15.02.2016, von 11:00 – 12:30, Veterinärstr. 5/IV, Zimmer 403
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