Schützenswerte Bauten im Kanton Glarus

Regierungsrat
Rathaus
8750 Glarus
An den Landrat
Glarus, 11. August 2015
Interpellation SVP-Fraktion „Schützenswerte Bauten im Kanton Glarus“
Herr Präsident
Sehr geehrte Damen und Herren
1.
Ausgangslage
Mit Schreiben vom 21. Mai 2015 reichte die Landratsfraktion der SVP die Interpellation
„Schützenswerte Bauten im Kanton Glarus“ ein. Der Vorstoss nimmt Bezug auf den für
den Herbst 2015 vorgesehenen Erlass eines neuen kantonalen Inventars der besonders
erhaltenswerten Kultur- und Baudenkmäler gemäss Artikel 9 des Natur- und Heimatschutzgesetzes (NHG). Die Fachstelle Denkmalpflege und Ortsbildschutz hat im Hinblick auf den
Erlass zwischen April und Juni 2015 eine Anhörung bei den Eigentümern der für die Aufnahme ins Inventar vorgesehenen Bauten durchgeführt. Die Interpellanten stellen nun
Fragen zur Erstellung und Wirkung des Inventars.
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass der Beschluss von Inventaren eine Staatsaufgabe
gemäss Artikel 9 NHG ist. Im vorliegenden Fall werden die im Interesse der Allgemeinheit
besonders erhaltenswerten Kultur- und Baudenkmäler inventarisiert. Dies bedeutet jedoch
keine Unterschutzstellung der Objekte (umgangssprachlich oft als „unter Denkmalschutz“
bezeichnet), sondern eine behördenverbindliche Klassifizierung als „besonders erhaltenswert“ aufgrund des historischen, baukünstlerischen, typologischen, handwerklichen,
industriegeschichtlichen oder sozialen Werts, oder wegen der Stellung im Ortsbild. Das
neue Inventar stellt ein wichtiges Instrument dar für die Beurteilung von Bauvorhaben, für die
Anordnung von Schutzmassnahmen und für die Bemessung von Beiträgen an die Erhaltung
und Pflege von schützenswerten Bauten (die Begriffe „besonders erhaltenswert“ im NHG
und „schützenswert“ in der Natur- und Heimatschutzverordnung sind bedeutungsgleich).
Zudem liefert es eine Grundlage für die Nutzungsplanungen der Gemeinden.
Da dem Kanton Glarus bis heute ein gesetzeskonformes Inventar der besonders erhaltenswerten Kultur- und Baudenkmäler fehlt, hat der Landrat 2011 einen Rahmenkredit von
430‘000 Franken für dessen Erstellung gewährt.
2.
Zu den einzelnen Fragen
Zu Frage 1. – Gemäss Artikel 13 NHG leisten der Kanton und die Standortgemeinde finanzielle Beiträge an die Kosten der Erhaltung und Pflege von schützenswerten Ortsbildern,
Kultur- und Baudenkmälern. Damit werden pro Jahr etwa zehn Bauvorhaben unterstützt.
Ins neue Inventar werden rund 200 besonders erhaltenswerte Objekte aufgenommen – der
Baubestand des Kantons umfasst indes rund 23‘000 Gebäude. Auswirkungen auf die Kosten
dürfte dies weder für den Kanton noch für die Gemeinden haben. Einerseits ist allein durch
den Erlass eines Inventars nicht von einem sprunghaften Anstieg der Bautätigkeit und damit
der Kosten auszugehen – der Regierungsrat rechnet bei den Beitragsgeschäften mit einer
etwa gleichbleibenden Häufigkeit und Beitragshöhe wie in den letzten Jahren. Andererseits
können Auszahlungen nur im Umfang der bewilligten Budgetkredite geleistet werden. Es gilt
festzuhalten, dass zum baulichen Zustand und damit zum Zeitpunkt einer allfälligen Sanierung dieser 200 Bauten keine Erhebung gemacht wird. Zudem beträgt der Anteil der Beiträge
an denkmalpflegerisch relevante Arbeiten (nicht an die Gesamtkosten) ohne Bundesbeiträge
lediglich 20 Prozent, mit Bundesbeiträgen maximal 34 Prozent. Die Hauptkosten sind von
den Eigentümern nach wie vor selbst zu tragen.
Zu Frage 2. – Tatsächlich haben viele der vorgeschlagenen Inventarobjekte eine wichtige
wirtschaftliche, touristische oder gesellschaftliche Bedeutung. Gerade deswegen ist es wichtig, dass diese Objekte erhalten bleiben, aber auch weiterentwickelt werden können, ohne
dass deren geschichtliche und kulturelle Bedeutung für den Kanton wesentlich beeinträchtigt
oder gar zerstört wird.
Das Inventar der besonders erhaltenswerten Kultur- und Baudenkmäler wird als Planungsgrundlage dienen. Weil die Inventare gemäss Artikel 10 NHG für die Behörden von Kanton
und Gemeinden verbindlich sind, machen sie den Gebrauch dieser Planungsgrundlage bei
ihren Erwägungen bzw. bei der Beurteilung von Baugesuchen obligatorisch. Die im Inventar
für jedes einzelne Objekt definierten Schutzziele dienen dabei als Leitlinien. Bei jedem konkreten Bauvorhaben müssen die Bewilligungsbehörden auf dieser Basis eine Abwägung
zwischen den Interessen der Denkmalpflege und jenen der Eigentümer vornehmen. Sie
stützen sich dabei auf die Begutachtung durch die kantonale Fachstelle, wie sie in Artikel 4
Buchstabe f der Natur- und Heimatschutzverordnung (NHV) beschrieben ist. Das Ziel muss
sein, für alle Seiten vertretbare Lösungen zu finden, welche die positive Entwicklung des
Kantons unterstützen. Dabei gilt es die bestehenden Rechtserlasse zu beachten. Ein vereinfachtes Verfahren existiert in der aktuellen Gesetzgebung nicht.
Zu Frage 3. – Es sind keine Kostenüberschreitungen entstanden. Die Differenz zwischen
Budget und Rechnungsabschluss entspricht einer Nicht-Entnahme aus dem Fonds Ortsbildschutz und Denkmalpflege von 100‘000 Franken zulasten der Rechnung 2014 aufgrund des
positiven Rechnungsabschlusses.
Zu Frage 4. – Derzeit gilt für den Kanton Glarus einzig das vom Bund erlassene Inventar
der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS). In diesem sind zehn schützenswerte
Glarner Ortsbilder von nationaler Bedeutung samt ihren darin bezeichneten Einzelbauten
aufgeführt, insgesamt rund 120 Objekte. Einem Teil – nämlich rund der Hälfte – dieser ISOSObjekte wurden im Verlauf der Jahre Denkmalpflegebeiträge für Bauprojekte zugesprochen,
was jeweils eine Unterschutzstellung nach Artikel 15 NHV nach sich zieht (ugs. „denkmalgeschützt“). Eine Aufnahme jener rund 60 Objekte ins neue kantonale Inventar der besonders
erhaltenswerten Kultur- und Baudenkmäler wird dadurch überflüssig. Hingegen ist der verbleibende Anteil bzw. die andere Hälfte der ISOS-Objekte gemäss Artikel 9 Absatz 2 NHG
automatisch Bestandteil des neuen kantonalen Inventars. Zusammen mit weiteren rund
140 Objekten, für die nach kantonalen Kriterien eine Schutzvermutung gilt, wird das neue
kantonale Inventar der besonders erhaltenswerten Kultur- und Baudenkmäler wie bereits
erwähnt rund 200 Objekte umfassen.
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Anzahl der Glarner Objekte (Zahlen gerundet):
Im Baubestand des ganzen Kantons
23‘000
Im Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS)
- davon unter Schutz gestellt gemäss Art. 15 NHV (ugs. „denkmalgeschützt“)
120
60
Unter Schutz gestellt gemäss Art. 15 NHV (ugs. „denkmalgeschützt“),
inkl. ISOS-Einzelobjekte
190
Im neuen kt. Inventar der besonders erhaltenswerten Kultur- und Baudenkmäler
– davon nicht unter Schutz gestellte ISOS-Einzelobjekte (automatisch Bestandteil)
– davon neu aufzunehmende Objekte nach kantonalen Kriterien
200
60
140
Genehmigen Sie, Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, den Ausdruck unserer
vorzüglichen Hochachtung.
Im Namen des Regierungsrates
Röbi Marti, Landammann
Hansjörg Dürst, Ratsschreiber
Beilage:
– Interpellation
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