Planung HR/M 1 Grundlagen 11 Warum HR/M-Planung? 12 Aspekte der HR/M-Planung a) HRM zur Strategieimplementierung b) HR als Strategiegrundlage c) Weiterführende Fragen 2 3 Beobachtung: Planungsfehler Planungsfehler: Erklärungen 31 Anekdotische Erklärungen 32 Systematische Erklärungen a) Zeit b) Komplexität c) Wahrnehmungsverzerrungen 4 Ausgewählte Konsequenzen 41 Prophylaxe Wahrnehmungsverzerrungen 42 Checkliste Daniel Kahneman © Lehrstuhl Human Resource Management 1 Ziele • Bedeutung und ausgewählte Aspekte der Planung zu HR/M kennen • Alternative Verbindungen zwischen der Unternehmens- und HRMPlanung unterscheiden • Mögliche Gründe für Planungsfehler kennen und erklären, und auf dieser Basis • (ausgewählte) Handlungsempfehlungen für die Organisation der Planung ableiten © Lehrstuhl Human Resource Management 2 Planung – Begriff & Verständnis Planung als Programmierung Umsetzung einer Absicht Beispiel Unternehmen: Unternehmensplan Budgetierung Beispiel Politik: Kommunistische Partei 5-Jahresplan „Ja, mach nur einen Plan, sei nur ein grosses Licht. Und mach dann noch ‚nen Plan. Geh‘n tun sie beide nicht.“ (Bertold Brecht) Planung als Entscheidungsvorbereitung Probleme erkennen und analysieren Findung und Setzung von Zielen Entwicklung von Lösungsalternativen „Wer das Ziel kennt, kann entscheiden. Wer entscheidet, findet Ruhe. Wer Ruhe findet, ist sicher. Wer sicher ist, kann überlegen. Wer überlegt, kann verbessern.“ (Konfuzius) © Lehrstuhl Human Resource Management 3 11 HR/M-Planung in der Praxis (Quelle: Lichtsteiner, R. (2014). Prozessmodell HRM. Executive MBA UZH) Kompetenzrahmen bewirtschaften HRM Dienstleistungen erbringen Leistungsfähiges Unternehmen Richtige Person, zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Platz Organisation / Kultur entwickeln MA freisetzen MA erhalten MA entwickeln MA honorieren MA beurteilen MA einsetzen MA einführen MA auswählen Leute anziehen Anforderungen an das HRM Geschäftsstrategie Werte, Personalpolitik, Vorgaben HR Prozess steuern Zur Kommunikation beitragen © Lehrstuhl Human Resource Management 4 11 Warum HR/M-Planung und nicht Markt? Theoretische Antworten • Spezifisches HK > Allgemeines HK • Langfristige Arbeitsbeziehungen sparen Kosten und ermöglichen Investitionen Planung Beschäftigung, Perspektiven, Laufbahnen • ILM > ELM Selektions-, Qualifizierungs- und Motivierungsvorteile • HK = gebundene Mittel Erhöhung Nutzungsgrad durch Planung Empirische Antworten • Likert 1969: Wiederbeschaffungskosten (Quelle: Likert, R. (1969). Introduction, In L. Brummer, E. Flamholtz & W. Pyle (Hrsg.) Human Resource Accounting Development and Implementation Industrie (S.7), Ann Arbor.) • - von einzelnen Beschäftigten: 3-12 Monatssaläre - von Organisationen: 2-5 Jahressaläre Pfeffer 1994: Praktiken des HRM bestimmen strategischen Erfolg (Quelle: Pfeffer, J. (1994). Competitive Advantage Through People. Boston: Harvard Business School Press.) • Wissensökonomie: Marktwert > Substanzwert (Grund: Intellektuelles Kapital) © Lehrstuhl Human Resource Management 5 11 Möglicher Nutzen der HR/M-Planung • • • • Organisation: Anpassungskosten Unabhängigkeit von Arbeitsmarkt Nutzungsgrad HR Motivation: Transparenz Persönliche Risiken Zusammenarbeit mit Personalvertretungen Konfliktkosten Personalrisiken - Motivationsrisiken - Qualifikationsrisiken - Fluktuationsrisiken - Kapazitätsrisiken (Quelle: Kobi, J.M. (2012). Personalrisikomanagement. Wiesbaden: Gabler. S.8) © Lehrstuhl Human Resource Management 6 12 Aspekte der HR/M-Planung Fokus Frage Varianten Inhalt Was ist Planungsgegenstand? HR (workforce) oder HRM? Strategische Bedeutung Wie ist Verbindung zur Unternehmensplanung? Strategie HR/M HR/M Strategie Organisation Wer plant? zentral - dezentral Instrumente Wie planen, budgetieren? Exakte Budgets / präzise Pläne oder gar keine? Situation Wie wird die Planung durch die Lage beeinflusst? Zeitverhältnisse Risiko, Belastung, Stress Komplexität Person Warum planen intelligente Menschen dumme Entscheide? Individuelle Urteilsfehler Groupthink Opportunismus Prozess Aus welchen Teilaktivitäten besteht der Planungsprozess? Abrufen von (welcher) Intuition oder technokratischer Entscheidungsfindungsprozess? … … … © Lehrstuhl Human Resource Management 7 12 HRM zur Strategieimplementierung Kostenführerschaft Differenzierung Beschäftigung Entwicklung Arbeitsorganisation Belohnungen Führung Huf S. (2006). Strategisches Personalmanagement. WISU 35 (7), S. 912-916. © Lehrstuhl Human Resource Management 8 12 HR als Strategiegrundlage © Lehrstuhl Human Resource Management 9 12 Weiterführende Fragen (2/2) Je präziser die HR-Planung, desto klarer die Personalbudgets und desto grösser der Unternehmenserfolg? Ausgangslage: Planung Budgetierung. Budgetierung hat eine Steuerungs-, Motivations-, Leistungsbeurteilungs-, Legitimations- und Kontrollfunktion. Aber: Zielvereinbarung (Budgetierung), -überprüfung und -belohnung hat Missbrauchspotenzial: möglichst tiefes Ziel aushandeln, das man dann mit wenig Aufwand weit übertreffen kann. Konsequenz: Beyond Budgeting / Leadership statt Budgetierung Röösli, F. & Fraser, R. (2007). Wie Spitzenunternehmen geführt werden. io new management 6, 59-63. Stadelmann, A. (2005). Leadership statt Budgetierung. Zeitschrift Führung + Organisation, 74(4), 218-221. © Lehrstuhl Human Resource Management 10 2 Beobachtungen: Planungsfehler Fallübung © Lehrstuhl Human Resource Management 11 31 Anekdotische Erklärungen Flops infolge 1. unfähiger Verantwortungsträger 2. falscher Beurteilung der Handlungssituation 3. katastrophaler Pläne 4. schwieriger Zusammenarbeit zwischen Prinzipal und Agent 5. Selbstüberschätzung 6. Mitarbeiterversagen 7. … © Lehrstuhl Human Resource Management 12 32 Systematische Erklärungen Strategie, z.B. Komplexität Zeitverhältnisse Struktur, z.B. Rhythmen Verantwortung Motivation z.B. Verzerrungen Zeitpräferenzen © Lehrstuhl Human Resource Management Kultur z.B. Konsens Konformität Qualifikation z.B. Ignoranz Spezialisierung 13 32 Zeit Objektive Zeitknappheit (zeitliche Möglichkeiten < Zeitbedarf) theoretisch: Zeitknappheit macht dumm und diktatorisch Darley, J.M. & Batson, C.D. (1973). From Jerusalem to Jericho: A Study of Situational and Dispositional Variables in Helping Behavior. Journal of Personality and Social Psychology 27(1). 29-40. Organisatorische Rhythmisierung Periodisierung: Dringliches und Befristetes dominiert das Wichtige Verkürzung Planungshorizonte: Kosten senken durch Rationalisierung, sparen durch Verzicht auf Investitionen Psychologische Restriktionen Vergesslichkeit Kurzfristorientierung Zeitpräferenzen (Zimbardo Time Perspective Inventory) © Lehrstuhl Human Resource Management 14 32 Komplexität Merkmale komplexer Systeme: • Vielzahl von Variablen • Vernetztheit • Eigendynamik • Intransparenz • Polytelie • Offenheit der Zielsituation • Neuartigkeit Dörner, D. (1989). Die Logik des Misslingens. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt. Ursachen Planungsfehler: • Kognitive Ursachen - begrenzte Verarbeitungsfähigkeit des Denkens - begrenzte Gedächtniskapazität: Vergessen • Motivationale Ursachen - Überwertigkeit des aktuellen Motivs - Schutz des eigenen Kompetenzempfindens © Lehrstuhl Human Resource Management 15 32 Wahrnehmungsverzerrungen Zum Beispiel • Framing durch Optimismus positive Szenarien werden übergewichtet Risiken werden unterschätzt, Eventualpläne vermieden • Besitztumeffekt, status quo bias (z.B. wegen Vertrautheit, Transaktionskosten, Gewöhnung) Resistance to Change • Sunk costs (z.B. wegen Selbstwert bzgl. eigener Entscheide) kein Switch zu alternativen Optionen • Anker (first impression beeinflusst Gesamtbild) • Verfügbarkeitsheuristiken, Informationen die man schon hat, übersteuern Wahrnehmung • Bestätigungsverzerrung: Tendenz, nur nach unterstützenden und bestätigenden Informationen zu suchen (richtig ist was passt, und nicht, was stimmt) • Groupthink (Konsens > Wahrheit) © Lehrstuhl Human Resource Management 16 41 Prophylaxe Wahrnehmungsverzerrungen Advocatus diaboli Institutionalisierung Gegenpositionen Aber: gruppendynamisch nachhaltig? Diversität in Planungsgremien Suche nach Vielfalt in Expertise und Einstellungen Aber: Gefahr Langsamkeit, Auseinanderfallen, Kollision von Interessen, Bürokratie Unterschiedliche Regeln für Planung und Umsetzung Diskurs in der Planung, Hierarchie in der Umsetzung Aber: hohe Anforderung an Rollenwechsel Checkliste Verweis auf Red Flags Aber: Intelligenz liegt im User, nicht in der Checkliste © Lehrstuhl Human Resource Management 17 42 Checkliste Daniel Kahneman (1/3) (nach: Kahneman, D., Lovallo, D. & Sibony, O. (2011). Before You Make That Big Decision… Harvard Business Review 89(6), 50-60.) Problem Empfehlung 1 Menschen sind eigennützig. Prüfe Nutzen für Antragsteller, Vorsicht wenn nur 1 Variante vorgeschlagen wird. 2 Menschen verlieben sich: dann werden Risiken und Kosten unterund Nutzen überschätzt. Beachte Begeisterung des Antragstellers und prüfe, ob Vor- und Nachteile stimmen können. 3 Menschen tendieren zu groupthink. Finde heraus ob es in der Planungsgruppe unterschiedliche Auffassungen gab. 4 Menschen lassen sich durch Analogien, Erfolgsgeschichten und best practices beeinflussen. Analogien, Geschichten und Praktiken kapieren, nicht einfach kopieren. 5 Menschen lieben bestätigende Informationen. Richtig ist was passt, nicht was stimmt. Mehrere echte Alternativen entwickeln. 6 Informationen, die man schon hat, verdecken Blick auf das, was man nicht weiss. Nutze ex ante angefertigte Checklisten. © Lehrstuhl Human Resource Management 18 42 Checkliste Daniel Kahneman (2/3) (nach: Kahneman, D., Lovallo, D. & Sibony, O. (2011). Before You Make That Big Decision… Harvard Business Review 89(6), 50-60.) Problem Empfehlung 7 Der erste Eindruck beeinflusst das Gesamtbild. Prüfe worauf der Plan letztlich basiert: eine Annahme, ein Ziel, eine Entwicklung? 8 Halo Effekt: Reduktion der Wirklichkeit (auf ausgewählte Kausalattributionen). Prüfe alternative Erklärungen. 9 Besitztum-Effekt, sunk costs ( resistance to change). Analysiere das Problem als wärest Du völlig neu im Unternehmen. 10 Menschen überschätzen sich und sind zu optimistisch. Versetze dich in die Position eines Wettbewerbers, mach ein „Wargaming“. 11 Menschen können sich den worst case kaum vorstellen. Mach eine Zeitreise mit einer „prä-mortemAnalyse“. 12 Menschen sind verlustavers. Deshalb haben sie Angst vor Innovationen. Prüfe wer Risiken und Verluste zu tragen hat. © Lehrstuhl Human Resource Management 19 42 Checkliste Daniel Kahneman (3/3) Strategie, z.B. Komplexität Zeitverhältnisse Struktur, z.B. Rhythmen Verantwortung Motivation z.B. Verzerrungen Zeitpräferenzen © Lehrstuhl Human Resource Management Kultur z.B. Konsens Konformität Qualifikation z.B. Ignoranz Spezialisierung 20 Fazit der heutigen Vorlesung 1. Erfahrung aus dem Grand Resort Bad Ragaz mit seiner Top-Qualität: eine TopBelegschaft ist nicht alles (ca. CHF 140 Mio. Investitionsvolumen), aber ohne eine Top-Belegschaft ist alles nichts. Konsequenz: Strategieplanungen erfordern entsprechende Personal-/HR-Planungen. 2. Die strategische HR/M-Planung umfasst inhaltlich zwei verschiedene Muster: - die Planung des HRM als Mittel zur Strategieumsetzung; - die Planung der HR als Grundlage zur Strategieentwicklung. 3. Personalplanungen sind aus drei Gründen unsicher: es gibt - Prognoserisiken im Planungshorizont; - Restriktionen in der Planungssituation (z.B. Zeitdruck); - Beurteilungs- und Wahrnehmungsverzerrungen der Planungsträger (bias). 4. Zur Prävention von Wahrnehmungsverzerrungen gibt es verschiedene Massnahmen (z.B. Advocatus Diaboli, Diversität, angepasste Prozeduren, Checklisten), die alle ihre spezifischen Vor- und Nachteile haben. © Lehrstuhl Human Resource Management 21 Literatur Pflichtliteratur: • Kahneman, D., Lovallo, D. & Sibony, O. (2011). Before You Make That Big Decision… Harvard Business Review 89(6), 50-60. Weiterführende Literatur: • Dörner, D. (1989). Die Logik des Misslingens. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt. • Kahneman, D. (2011). Thinking. Fast and Slow. New York: Farrar, Straus and Giroux. • Zimbardo, P. & Boyd, J. (2009). Die neue Psychologie der Zeit. Heidelberg: Spektrum. © Lehrstuhl Human Resource Management 22
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