LESER FRAGEN Frage und Antwort Frage und Antwort In dieser Rubrik hat die Redaktion einige der wichtigsten und interessantesten Fragen aus 30 Jahren, die auch heute noch aktuell sind, zusammengestellt. In der heutigen Zeit ist lebenslanges Lernen und Lesen gefragt. Ohne Information und Eigenverantwortung ist keine Selbstbestimmung möglich. FRAGE: Ich muss demnächst ins Krankenhaus. Soll ich meinen Patientenschutzbrief dort zu meinen Krankenakten geben? ANTWORT: Bei einem geplanten Krankenhausaufenthalt bzw. vor Operationen ist es sehr wichtig, eine Patientenverfügung bzw. den Patientenschutzbrief im Krankenhaus abzugeben und dort zu den Akten nehmen zu lassen. Insbesondere bei der Einwilligung zu einer Operation sollte auf dem Einwilligungsformular vor der Unterschrift vermerkt werden: „Gilt nur im Zusammenhang mit meiner Patientenverfügung/meinem Patientenschutzbrief vom …“. Auch beim Hausarzt sollte ein Formular hinterlegt werden; wichtig ist es jedoch, ergänzend mit dem Arzt über Ihre Vorstellungen und Wünsche hinsichtlich einer Behandlung am Lebensende zu sprechen. Aus HLS 2010-3, S. 34 FRAGE: FRAGE: Ich habe in einer durchaus seriösen Zeitung gelesen, dass in den Niederlanden für Bürger über 70 Jahre der Erhalt einer so genannten „Sterbepille“ möglich sein soll. Was ist von dieser Meldung zu halten? ANTWORT: Die NVVE (Niederländische Vereinigung für ein freiwilliges Lebensende; d. Red.) hat zu diesem Thema eine gesamtgesellschaftliche Diskussion angestoßen. Eine Umfrage vom Februar zufolge sollen fast 70 % der Niederländer eine „Letzte-Wille-Pille“ für Menschen über 70 Jahre befürworten. Der NVVE ist es gelungen, die dreifache Menge an Unterschriften zu sammeln, die dort notwendig sind, damit das niederländische Parlament das Thema behandelt. Nachdem in den Niederlanden in diesem Jahr gewählt wird, hängt es vom Wahlausgang ab, wie die NVVE die Angelegenheit weiterverfolgen kann. Die Idee einer „Letzte-Wille-Pille“ ist im Übrigen nicht neu: Bereits vor beinahe 20 Jahren, 1991, gab es in den Niederlanden eine ähnlich geartete Diskussion über die so genannte „Drion-Pille“. Hiub Drion, ein ehemaliger Jurist an einem hohen niederländischen Gericht, plädierte seinerzeit für eine solche Pille, mit der ältere Menschen über den Zeitpunkt ihres Todes selbst bestimmen können sollten. Etwa zehn Jahre später griff die ehemalige niederländische Gesundheitsministerin Els Borst das Thema wieder auf und machte den Vorschlag, dass ältere Menschen, die ihr Leben beenden wollten, nach sorgfältiger Prüfung eine Tötungspille verschrieben bekommen. Eine solche Pille wurde weder damals entwickelt noch ist sie heute erhältlich: Auch in den verhältnismäßig liberalen Niederlanden wird sicher noch einige Jahre über dieses Thema diskutiert werden, zumal derzeit viele Fragen offen sind, wie beispielsweise Missbrauch verhindert werden kann, wenn andere Gründe als der Wunsch nach einem würdigen Sterben ins Spiel kommen. Es ist derzeit auch nicht geklärt, ob z. B. chronisch psychisch kranke Menschen eine solche Pille bekommen sollten. Aus HLS 2010-2, S. 26 Soll ich mit meiner Frau über ihre tödliche Krankheit sprechen? – Ärzte informierten mich, dass meine Frau an letztlich inoperablem Krebs mit einer Vielzahl an Metastasen im Hals-Brust-Bereich, im Darm (Primärtumor) und in der Leber leidet. Ich bin unsicher, ob ich nicht meiner Frau den Rest an Hoffnung nehme, wenn ich mit ihr darüber spreche. Aus anderen Gesprächen weiß ich, dass sie ein qualvolles Ende auf jeden Fall vermeiden möchte und einem Freitod sehr aufgeschlossen ist. Mitglied in der DGHS wie ich ist sie allerdings noch nicht. ANTWORT: Patienten spüren z. B. anhand nachlassender Kräfte oder aufgrund langwieriger, nicht zum gewünschten Erfolg führender Therapien, wenn die Lebenskräfte nachlassen und der Tod in nicht mehr allzu langer Ferne ist. Ein Verheimlichen dieser Umstände hat in aller Regel nur in Ausnahmefällen einen Sinn, dann z. B., wenn ein Patient ausdrücklich nicht wünscht, über seinen Zustand informiert zu werden. Das Vertrauensverhältnis zwischen Ehe- und Lebenspartnern, nahen Verwandten und guten Freunden gebietet es üblicherweise, in diesen existenziellen Fragen kein Theater zu spielen. Humanes Leben · Humanes Sterben 2010/11 Sonderausgabe 43 LESER FRAGEN Frage und Antwort Frage und Antwort Weder dem Patienten noch denjenigen, die mit der zum Tode führenden Krankheit umgehen müssen, ist damit letztlich gedient. Darüber hinaus verlangt es die Aufklärungs- und Informationspflicht des Arztes, zuallererst den betroffenen Patienten zu informieren. Dieser hat dann im Rahmen seines Persönlichkeitsrechts und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung darüber zu entscheiden, wer diese delikate Information erhält und wer nicht. Der immer noch im Klinikbetrieb und bei manchen Ärzten übliche Weg, die Verwandten oder Ehepartner vor dem Patienten über Diagnosen und Prognosen zu informieren, entspricht nicht den gesetzlichen Normen, sondern eher der Tendenz, sich eines notwendigen Arzt-PatientenGespräches über Dritte zu entledigen. Nach aller Erfahrung sind mit den betroffenen Patienten sogar mehrere Gespräche notwendig, da aus empirischen Untersuchungen bekannt ist, dass Informationen über todbringende Krankheiten und Sterbeprozesse im ersten Nicht-WahrhabenWollen oft verdrängt werden, so dass informierte Patienten bisweilen behaupten, sie seien über ihren Zustand nicht informiert worden. Das einfühlsame Gespräch ist vor allem auch deshalb notwendig, damit der Patient sich auf ein konkreteres Ende seiner Lebenszeit einstellen kann und Entscheidungsraum gewinnt, manche Dinge noch zu regeln, für die er sich vielleicht nicht die Zeit nähme, hätte er den Eindruck von Heilungschancen. Zum Rahmen einfühlsamer Gespräche gehört es auch, den Patienten nicht abrupt vor den Kopf zu stoßen. Ein Rest von Hoffnung sollte jedem Kranken belassen bleiben, da sich kein Mensch und damit kein Patient wie der andere verhält, kein Krankheitsverlauf identisch mit anderen Krankheitsverläufen ist und sich unter tausenden und abertausenden Fällen doch gelegentlich so genannte Wunderheilungen ereignen oder sogar die Prognose schlichtweg falsch war. Aus HLS 1995-3, S. 8 FRAGE: Ich habe bereits einen Patientenschutzbrief unterzeichnet, möchte nun aber zur Regelung meiner anderen Angele- 44 genheiten (finanziell, postalisch, Aufenthaltsbestimmung etc.) meiner Tochter eine Vollmacht erteilen. Es scheint mir allerdings sehr kompliziert, die Dinge, die sie dann im entsprechenden Fall regeln soll, alle einzeln aufzuführen, wobei ich als Laie möglicherweise wichtige Punkte vergesse. Kann ich nicht einfach eine so genannte „Generalvollmacht“ erteilen, die dann alles umfasst? len. Wenn sich eine Vollmacht auf bestimmte Handlungen (z. B. Erwerb oder Veräußerung von Grundstücken, Darlehensaufnahme etc.) erstrecken soll, ist eine notarielle Beurkundung erforderlich. Banken verwenden häufig eigene Formulare, so dass sich hier Rücksprache mit der Bank empfiehlt. Aus HLS 2005-1, S. 24 ANTWORT: Eine „Generalvollmacht“ zu erteilen erscheint manchen Bürgern als sehr bequem, weil sie „zur Vertretung in allen Angelegenheiten“ ermächtigen kann. Sie deckt dann allerdings einige wichtige Bereiche nicht ab: Die bevollmächtigte Person kann keiner ärztlichen Untersuchung, Heilbehandlung oder einem medizinischen Eingriff zustimmen, wenn hierbei Lebensgefahr besteht (z. B. bei einer schweren Operation) oder ein schwerer, länger andauernder Gesundheitsschaden zu erwarten ist (z. B. bei einer Amputation). Die bevollmächtigte Person kann nicht in eine zu Ihrem Schutz notwendig werdende geschlossene Unterbringung oder in eine andere freiheitsbeschränkende Maßnahme einwilligen. Die bevollmächtigte Person kann nicht für Sie in eine Organspende einwilligen. Für solche Fälle verlangt das Gesetz, dass eine schriftliche Vollmacht diese Punkte ausdrücklich bezeichnet. Außerdem benötigt der Bevollmächtigte in den ersten beiden Fällen in der Regel die Zustimmung des Vormundschaftsgerichts. Es empfiehlt sich daher, in der Vollmacht genau zu bezeichnen, wozu sie im Einzelnen ermächtigen soll und sie mit einem z. B. bereits vorliegenden Patientenschutzbrief zu verschränken, d. h. in der Vollmacht darauf hinzuweisen, dass eine solche Willenserklärung existiert, in der weitere Hinweise für die Behandlung des Patienten bei Äußerungsunfähigkeit enthalten sind. Vollmachten können grundsätzlich selbst verfasst bzw. an Hand von Mustervordrucken (z. B. beim Bundesjustizministerium erhältlich bzw. aus dem Internet herunterzuladen) erstellt werden, es empfiehlt sich jedoch, bei größeren Vermögen bzw. komplizierten Vorgängen anwaltlichen bzw. notariellen Rat einzuho- FRAGE: Ich möchte mich anonym bestatten lassen. Können Sie mir ein Bestattungsinstitut nennen, das derartige Bestattungen durchführt? Humanes Leben · Humanes Sterben 2010/11 Sonderausgabe ANTWORT: Eine derartige Bestattung können Sie über jedes Bestattungsinstitut an Ihrem Ort regeln. Wenn das von Ihnen aufgesuchte Bestattungsinstitut selbst keine anonymen Bestattungen durchführt, dann wird es mit einem solchen Institut innerhalb des Berufsverbandes der Bestattungsunternehmen kooperieren. Aus HLS 1984-1, S. 10 FRAGE: Ich wohne meist in Spanien, halte mich aber auch gelegentlich noch in Deutschland auf. Kann ich trotzdem Mitglied der DGHS werden? ANTWORT: Selbstverständlich. Die DGHS nimmt gemäß Satzung Einzelpersonen unabhängig von ihrem weltanschaulichen Bekenntnis oder rassischer Herkunft und Nationalität als Mitglieder auf. Ausschlaggebend für die Aufnahme ist die Bejahung der Zielsetzung der DGHS. Sie könnten also selbst dann Mitglied werden, wenn Sie einen spanischen Pass besäßen. Allerdings können von im Ausland lebenden Mitgliedern in der Regel nicht alle Hilfsangebote der DGHS genutzt werden, da z. B. der Patientenschutzbrief auf das deutsche Recht zugeschnitten ist. Für vorübergehende Aufenthalte im Ausland eignet er sich gleichwohl, um den Willen des Patienten hinsichtlich ärztlicher Behandlung zu dokumentieren. Der Patientenschutzbrief der DGHS und der Mitgliedsausweis sind übrigens in verschiedenen Übersetzungen erhältlich: englisch, französisch, italienisch und spanisch Nicht den Tod sollte man fürchten, sondern dass man nie beginnen wird zu leben. Marc Aurel (121 - 180) und können bei der Geschäftsstelle in Augsburg angefordert werden. Aus HLS 2003-2, S. 24 FRAGE: Bei einem der Gesprächskreise, die ich regelmäßig besuche, fiel mir besonders auf, dass seitens der Anwesenden immer wieder die gleichen Fragen gestellt werden, die z. B. auch in der HLS auf der „Leser fragen“-Seite schon längst beantwortet wurden bzw. die zum Grundwissen jedes Mitglieds gehören müssten, weil Informationen hierzu in den Mitgliedsunterlagen, die nach dem Eintritt zugesandt werden, enthalten sind. Woran kann diese mangelnde Informationsbereitschaft liegen? ANTWORT: Darüber lässt sich natürlich nur spekulieren: Zum einen könnten beim einzelnen Mitglied (möglicherweise unbewusste) Motive eine Rolle spielen, z. B. dass man glaubt, mit der Mitgliedschaft bereits einen entscheidenden Schritt der rechtzeitigen Vorsorge getan zu haben und dann nicht mehr bereit ist, sich weiter mit dem Thema zu beschäftigen und die Unterlagen oder die HLS ungelesen beiseite legt. Oft werden Fragen des Lebensendes erst dann wieder drängend, wenn in der eigenen Umgebung tragische Sterbefälle aufgetreten sind. Aus HLS 2002-3, S. 23 FRAGE: Ich bin Delegierter der DGHS und halte regelmäßig Gesprächskreise für Mitglieder ab. Kann ich zur Vorbereitung auf diese Termine eine Mitgliederliste mit Namen und Adressen der meinem Bezirk zugehörigen DGHS-Mitglieder bekommen? ANTWORT: Nein, leider nicht. Die DGHS nimmt die Belange des Datenschutzes sehr ernst und gibt grundsätzlich keine mitgliederbezogenen Daten ohne Einwilligung der betroffenen Persönlichkeiten heraus. Wir möchten Ihnen jedoch einen leicht zu praktizierenden Vorschlag machen, mit dem Sie einen Überblick über die Anwesenden bei den von Ihnen durchgeführten Veranstaltungen bekommen und dann auf Wunsch auch in Kon- takt treten können. Legen Sie bei jeder Veranstaltung eine Liste aus und bitten Sie die Anwesenden, sich dort (selbstverständlich auf freiwilliger Basis) mit Namen, Adresse etc. einzutragen. Aus HLS 2002-2, S. 23 FRAGE: Ich bin 32 Jahre alt und finde die Zielsetzung der DGHS hervorragend. Ich kann nur hoffen, dass es Sie noch gibt, wenn ich kurz vor der Rente stehe, weil ich dann als Mitglied eintreten möchte. Mit erst 32, denke ich, habe ich doch noch einige Jahre Zeit und brauche mich noch nicht mit dem Thema Sterben zu befassen. Was meinen Sie dazu? ANTWORT: Da haben Sie leider nicht Recht, wie immer wieder erschütternde Schicksale noch junger Bürger zeigen, die auch geglaubt hatten, noch viel Zeit vor sich zu haben. Auch Sie können völlig unverhofft von einem Verkehrsoder Sportunfall betroffen sein. Lassen sie mich in diesem Zusammenhang ein Beispiel anführen, das belegt, wie tragisch und plötzlich das Schicksal zuschlagen kann: Es handelte sich dabei um einen knapp über 30-jährigen Mann, der nach einem Hinterwandinfarkt, den er beim Skifahren erlitten hatte, im Koma lag. Die weitere Entwicklung seiner Krankheit ergab, dass dieses Koma nach menschlichem Ermessen irreversibel bleiben würde. Seine Eltern waren beide Mitglied der DGHS und hatten eine entsprechende Patientenverfügung unterzeichnet. Von ihm selbst waren nicht einmal mündliche Äußerungen bekannt, wie er im Falle der Äußerungsunfähigkeit (die nun gegeben war) behandelt hätte werden wollen. Auch die Eltern wussten also nicht, was sein Patientenwille war. So lag er insgesamt etwa zwei Jahre im Koma, bis er an den Folgen einer Infektion verstarb. Wer also glaubt, er habe noch viel Zeit, um persönliche Angelegenheiten zu regeln, der bzw. dessen Angehörige müssen nicht selten leidvoll erkennen, dass die Zeit dafür vertan wurde und nichts mehr geregelt werden kann. Aus HLS 2005-3, S. 24 FRAGE: Ich habe meinen Patientenschutzbrief bei der DGHS-Zentrale für Patientenschutz in der Geschäftsstelle in Augsburg hinterlegt. Nun habe ich von einem zentralen Vorsorgeregister gehört, das von der Bundesnotarkammer gegründet wurde und bei dem Willensverfügungen zentral archiviert werden können. Ist es ratsam, dort zusätzlich meinen Patientenschutzbrief zu hinterlegen? ANTWORT: Nein, das brauchen Sie nicht zu tun, denn Sie sind mit der Hinterlegung bei der DGHS-Zentrale für Patientenschutz gut abgesichert. Wenn Sie zusätzlich auf dem Mitgliedsausweis die Hinterlegungen vermerken, die Notfallaufkleber nutzen oder zusätzlich den neuen Notfallausweis verwenden, haben Sie ausreichend dafür Sorge getragen, dass Ihre Verfügungen auch im Notfall aufge- Autoaufkleber für DGHS-Mitglieder. funden werden können. Bis auf den Notfall-Ausweis, bei dem die Verwaltungskosten mit € 5,00 im Jahr angesetzt sind, sind die oben genannten Angebote der DGHS kostenlos – im Gegensatz zu den Hinterlegungen im zentralen Register der Bundesnotarkammer, die mit einem eigenen Gebührenverzeichnis die Hinterlegung von Vorsorgevollmachten geregelt hat. Dort kostet z. B. die Eintragung bzw. Änderung, Ergänzung oder Löschung einer Vorsorgevollmacht € 18,50, bei elektronischer Übermittlung € 15,50. Für das Auto bietet die DGHS spezielle Autoaufkleber an (vgl. Bild oben), die gegen einen Selbstkostenpreis von € 6,00 pro Bogen (incl. Versand; 3 Aufkleber) bestellt werden können. Auf diese Möglichkeit wurde bereits wiederholt in der HLS hingewiesen. Aus HLS 2007-3, S. 24 Humanes Leben · Humanes Sterben 2010/11 Sonderausgabe 45
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