AKTUELLES ZUR MWST Rudolf Schumacher MWST-Gesetz erfasst das Abstellen von Fahrzeugen neu – Sensibilisierung nötig! Praxisnahe Auslegung durch ESTV unerlässlich für korrekte Umsetzung durch die Steuerpflichtigen Mit der Einführung des MWSTG werden die Vermietungen von nicht im Gemeingebrauch stehenden Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen steuerbar, ausser es handle sich um eine unselbständige Nebenleistung zu einer von der Steuer ausgenommenen Immobilienvermietung. Bei dieser Regelung handelt es sich um eine Neukonzeption. Die genaue Prüfung des Gesetzeswortlautes legt die sich abzeichnenden Schwierigkeiten in der Umsetzung dieser Vorschrift offen. Rascher Handlungsbedarf bei der Praxisfestlegung durch die Eidg. Steuerverwaltung (ESTV) ist angezeigt. Die Steuerpflichtigen werden die Umsetzung dieser Neuerung nach Publikation der Dienstanweisungen der ESTV unmittelbar einleiten müssen. Informatikanpassungen sind absehbar. Mietrechtliche Fragen stehen an. Je nach Auslegung der Gesetzesbestimmungen werden viele Immobilieneigentümer neu subjektiv steuerpflichtig. Die heiklen Fragen der Stellvertretung bei Drittverwaltungen sind zu regeln. Die nachstehenden Ausführungen sollen den Problembereich offen legen. aMWSTV nicht neu, aber infolge des veränderten Wortlautes von grosser Tragweite. Bei den Plätzen kann es sich um Aussen- und Innenflächen, z.B. Plätze im Freien, Unterstände, Garagen und Einstellhallenplätze, handeln [3]. 1.2 Fahrzeuge Bei den Fahrzeugen handelt es sich um Motorfahrzeuge (Z 362ff. WL), welche über eine eigene Antriebsquelle verfügen und sich frei auf dem Boden bewegen können. Ein Fahrzeug kann auch vorliegen, wenn die Antriebsquelle fehlt, jedoch der Fortbewegung des Benutzers mittels Fahren (Rollen am Boden) dient (Wohnanhänger, Anhänger für die Beförderung von Gütern, Fahrräder). Trifft diese oder eine extensivere Auslegung [4] zu, stellen sich bereits hier vielschichtige Fragen: Wie ist das Abstellen von Gebraucht- – Art. 18 Ziff. 21 Bst. c MWSTG – Art. 14 Ziff. 17 aMWSTV [1] – Z 33, 660 WL [2] – Rudolf Schumacher, Vermietung von Parkplätzen, ST 8/99, S. 772 ff. 1. Definitionen Der Wortlaut von Art. 18 Ziff. 21 Bst. c MWSTG bezieht sich nicht nur auf Parkplätze. Dies ist im Vergleich zur 252 1.3 Gemeingebrauch Die neue Regelung gilt nur für Plätze, die nicht im Gemeingebrauch stehen. Bei der Frage nach dem Gemeingebrauch geht es um die Benutzung sogenannt öffentlicher Sachen. Als Gemeingebrauch wird dabei die bestimmungs- oder widmungsgemässe Benutzung öffentlicher Sachen verstanden, die jedermann ohne Einholung einer Bewilligung zusteht und die gleichzeitige Benützung durch andere nicht erheblich erschwert. Somit gelten als nicht im Gemeingebrauch stehende Plätze primär private Parkplätze, Einstellhallen, im Gegensatz zu öffentlichen Parkplätzen am Strassenrand. 2.Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen als Hauptleistung Fundstellen 1.1 Plätze für das Abstellen von Fahrzeugen fahrzeugen ohne amtliche Zulassung, Flugzeugen am Boden, trockengelegten Schiffen auf Anhängern zu beurteilen? Rudolf Schumacher, dipl. Wirtschaftsprüfer, Betriebsökonom HWV, Mitglied des Kompetenzzentrums MWST der Treuhand-Kammer, Partner, Leiter MWSTBeratung und Leiter Fachbereich direkte und indirekte Steuern Schweiz, ATAG Ernst & Young AG, Bern Die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen wird steuerbar (vgl. Art. 18 Ziff. 21 Bst. c MWSTG), wenn es sich um eine Hauptleistung oder um eine selbständige Nebenleistung handelt (Abgrenzungsschwierigkeiten vgl. nachstehend). Vermietet der Immobilieneigentümer die Plätze ohne die gleichzeitige, von der Steuer ausgenommene Immobilienvermietung als Hauptleistung, sind diese steuerbar, soweit der Eigentümer die Voraussetzungen der subjektiven Steuerpflicht bereits erfüllt oder mit diesen Vermietungen erfüllen wird. Die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen an das PerDer Schweizer Treuhänder 3/00 AKTUELLES ZUR MWST Rudolf Schumacher, MWST-Gesetz erfasst das Abstellen von Fahrzeugen neu – Sensibilisierung nötig! sonal wird steuerbar, da es sich in der Regel um eine Hauptleistung handelt. 3. Unselbständige Nebenleistung Der Begriff der unselbständigen Nebenleistung erlangt eine übergeordnete Bedeutung. Die Kernfrage ist: Nebenleistung liege nur vor, wenn die Wohnung und der Platz in einem einzigen Mietvertrag geregelt sind, wird der korrekte Vollzug durch die Steuerpflichtigen kaum möglich sein. Diese Vertragsverhältnisse sind in der Praxis selten; separate Mietverträge für die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen sind die Regel. Infolge der unterschiedlichen Mietvertragsbedingungen (Nebenkostenrege- «Wann liegt eine unselbständige Nebenleistung vor, wann allenfalls eine selbständige?» Wann liegt eine unselbständige Nebenleistung vor, wann allenfalls eine selbständige? In diesem Zusammenhang sind die Begriffe neu und nicht definiert. Liegt bei der Vermietung eines Platzes für das Abstellen eines Fahrzeugs (Parkplatz) zu einer Wohnung eine selbständige oder eine unselbständige Nebenleistung vor? Wie ist die Frage zu beantworten, wenn aus Gründen der Branchenüblichkeit oder aus Gründen der unterschiedlichen vertraglichen Regelung zwei separate Mietverträge abgeschlossen wurden? Macht es einen Unterschied, wenn der Platz in der Nachbarliegenschaft von einem anderen Immobilieneigentümer gemietet wird? Diese und weitere Fragen sind auszulegen und durch die ESTV rasch zu regeln. Je nach den Dienstanweisungen der ESTV kann sich diese Gesetzesbestimmung zu einer «unendlichen Geschichte» entwickeln, die auch beim besten Willen der Steuerpflichtigen nicht in den Griff zu bekommen ist. Die nachstehenden Ausführungen sollen auf diese Problematik sensibilisieren. 4. Vermietungen im Wohnungsbereich Sollte ohne vertiefte Begründung und ohne Berücksichtigung der praktischen Durchführbarkeit die ESTV zur Auffassung gelangen, eine unselbständige 254 lung, Kündigungsfrist) und unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Familienrechts (Wohnung gilt als Familienwohnung; nicht so die Plätze), ist eine vertragliche Verknüpfung nicht sinnvoll. Die Steuerbarkeit der Mietentgelte für Plätze für das Abstellen von Fahrzeugen könnte dazu führen, dass Immobilieneigentümer durch die Vermietung der Plätze MWST-pflichtig werden (im Register der MWSTPflichtigen bei der ESTV zu registrieren), sofern pro Jahr ein steuerbarer Mietertrag aus der Vermietung der Plätze von mindestens CHF 75 000 erzielt wird. Daraus folgt, dass auch institutionelle Immobilieneigentümer allein durch die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen Steuersubjekt werden können. Auch wenn die ESTV eine liberale Lösung zur Anwendung bringen wird, ist die Problematik noch nicht behoben. Es liegt auf der Hand, dass praktisch in jeder Einstellhalle oder auf jedem Parkplatz Platzvermietungen ohne gleichzeitige Wohnungsvermietung an denselben Mieter erfolgen und somit grundsätzlich steuerbare Umsätze erzielt werden. Ist der Immobilieneigentümer infolge von weiteren steuerbaren Umsätzen bereits Steuersubjekt oder wird er neu steuerpflichtig, ist festzustellen, dass mit der Steuerbarkeit der Parkplatzmietentgelte die entsprechenden Immobilien im Sinne der MWST als «gemischt verwendet» gel- ten (Art. 41 MWSTG). Die entsprechenden Auswirkungen sind hinreichend bekannt: Die Vorsteuerabzüge stehen nur entsprechend der steuerbaren Nutzung zu. Veränderungen in der Nutzung führen zu Tatbeständen, welche zu Eigenverbrauchsteuern infolge Nutzungsänderungen (Art. 9 MWSTG) [5] oder zu einer späteren Entstehung des Vorsteueranspruchs (Einlageentsteuerung) nach Art. 42 MWSTG [6] führen. In vielen Wohnquartieren liegen in der Rechtsausgestaltung in Bezug auf die MWST noch komplexere Verhältnisse vor: Verschiedene Eigentümer (von Wohnblocks) halten zusammen eine zentrale grosse Einstellhalle im Miteigentum. Die Immobilieneigentümer begründen für die MWST eine einfache Gesellschaft, welche bei Erfüllung der Voraussetzungen für die subjektive Steuerpflicht bei der ESTV zu registrieren ist. In all diesen Fällen wird der Nachweis einer unselbständigen Nebenleistung zu einer von der Steuer ausgenommenen Immobilienvermietung nicht erbracht werden können; die Eigentümer sind nicht identisch. Die MWST-Problematik infolge der Vermietung von Plätzen ist durch die einfache Gesellschaft zu bewältigen. 5. Option ist kein Ausweg Nach Art. 26 Abs. 1 Bst. b MWSTG besteht ein Optionsrecht für ausgenommene Immobilienumsätze, sofern der Umsatz nachweislich gegenüber inländischen steuerpflichtigen Personen erbracht wird. Vorliegend wird der Mietumsatz bei Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen mehrheitlich gegenüber nicht steuerpflichtigen Personen erbracht; eine Option ist in diesen Fällen somit mehrheitlich nicht möglich; die Verhältnisse können auch mit der Option nicht vereinfacht werden. 6. Nachweis mit Hilfe der Informatik Die Liegenschaftsbuchhaltungen werden üblicherweise objektbezogen geführt. Eine direkte Verknüpfung zwiDer Schweizer Treuhänder 3/00 AKTUELLES ZUR MWST Rudolf Schumacher, MWST-Gesetz erfasst das Abstellen von Fahrzeugen neu – Sensibilisierung nötig! schen der Wohnung und dem Platz oder den Plätzen für das Abstellen der Fahrzeuge der Wohnungsmieter ist mit der Informatik nicht automatisch sichergestellt. Meines Erachtens muss, unabhängig von der mietvertraglichen Ausgestaltung, die nachweisliche Verknüpfung von Wohnung und Plätzen (Prüfspur) durch Setzen von Codes oder die Zuhilfenahme von anderen (auch manuellen) Hilfsmitteln genügen, um den Nachweis der unselbständigen Nebenleistung zu erbringen. Wie dargelegt, ist jedoch die administrative leistungserbringer im Bereich der Immobilien vor kaum lösbare auftragsrechtliche, administrative und Informatik-Probleme. Es ist nicht üblich, dass der Eigentümer mit seinem Namen in den Mietverträgen auftritt, sofern ein Dritter mit der Verwaltung der Immobilie beauftragt ist. Der Erlass von neuen von der bisherigen Praxis abweichenden, geeigneten Dienstanweisungen der ESTV im Bereich der Vermietung von Plätzen ist unerlässlich. Die Qualifikation des Umsatzes aus der Vermietung von Plätzen als eige- zuleiten sind, damit eine Überwälzung der MWST ab dem Zeitpunkt der Steuerbarkeit dieses Umsatzes möglich ist. «Die Qualifikation des Umsatzes aus der Vermietung von Plätzen als eigener Umsatz der Immobilienverwaltung ist unangemessen, vom Gesetzgeber kaum gewollt und demzufolge zu vermeiden.» Die Steuerpflichtigen sind gehalten, die anstehenden Fragen anzugehen und die erforderlichen Anpassungen – gestützt auf die Weisungen der ESTV – zu planen. Die mietvertraglichen Aspekte und die Fragen der Stellvertretung sind zu prüfen. Handhabung keinesfalls erleichtert. Es steht fest, dass in einer Vielzahl von Objekten Vermietungen von Plätzen ohne die gleichzeitige Vermietung von Wohnungen an die gleichen Mieter erfolgen. Wird mit diesem steuerbaren Umsatz die subjektive Steuerpflicht begründet, ist das administrative Chaos bei der Mehrheit der Immobilieneigentümer perfekt. Diese gemischte Verwendung, verbunden mit der Eigenverbrauchsteuer bei Nutzungsänderung und dem Institut der Einlageentsteuerung, wird administrativ nicht mehr zu bewältigen sein. Eine praktikable Regelung durch die ESTV ist unerlässlich. 7. Stellvertretung bei der Vermietung Die Dienstanweisungen der ESTV zur Stellvertretung sind in der Z 284 bis Z 294 WL enthalten. Diese allgemeinen Dienstanweisungen stellen die Dienst- Der Schweizer Treuhänder 3/00 ner Umsatz der Immobilienverwaltung ist unangemessen, vom Gesetzgeber kaum gewollt und demzufolge zu vermeiden. 8. Mietrechtliche Aspekte Soweit die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen mit der Einführung des MWSTG neu steuerbar wird, stellt sich die Frage der Überwälzung der MWST auf die Mieter. Dem MWSTG kann keine Übergangsbestimmung entnommen werden, die dem Eigentümer das Recht erteilt, auf Entgelte, die nach dem bisherigen Recht (aMWSTV) vereinbart wurden, aber nach dem MWSTG neu der objektiven Steuerpflicht unterliegen, eine Anpassung zu verlangen [7]. Dem anwendbaren Mietrecht ist zu entnehmen, welche Bedingungen zu erfüllen und welche Massnahmen ein- 9. Ergebnis Die Problematik ist vielschichtig und vom Gesetzgeber wohl kaum erkannt worden. Eine für die Immobilieneigentümer praktikable Lösung ist unerlässlich. Der rasche Erlass entsprechender detaillierter Dienstanweisungen durch die ESTV ist nötig. Anmerkungen 1 Verordnung über die Mehrwertsteuer (MWSTV) vom 22. Juni 1994. 2 Wegleitung 1997 für Mehrwertsteuerpflichtige, ESTV, Frühling 1997. 3 Rudolf Schumacher, Vermietung von Parkplätzen, ST 8/99, S. 772ff. 4 Das grosse Fischer Lexikon in Farbe, Frankfurt am Main, 1976: «Fahrzeug, jedes zur Personen- und Lastenbeförderung dienende Verkehrsmittel auf dem Land (Schlitten, Wagen, Fahrrad, Motorrad, Automobil, Eisenbahn, Strassenbahn), auf oder unter Wasser (Schiff) und in der Luft (Ballon, Luftschiff, Flugzeug)». 5 Rudolf Schumacher, Eigenverbrauchsteuer infolge Nutzungsänderung von Immobilien, ST 8/97, S. 735ff. 6 Rudolf Schumacher, Einlageentsteuerung – erste Überlegungen, ST 11/99, S. 1035ff. 7 Art. 84 Abs. 8 aMWSTV: «Ist eine Lieferung oder Dienstleistung, für die das Entgelt vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung und nach dem bisherigen Recht vereinbart wurde, nach den Bestimmungen dieser Verordnung zu versteuern, so kann jedem der Beteiligten eine Anpassung des Entgelts um den Betrag verlangt werden, um den die Steuer nach dieser Verordnung höher oder niedriger ist als nach den Bestimmungen des Bundesbeschlusses vom 29. Juli 1941 über die Warenumsatzsteuer, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart wurde». 255
© Copyright 2025 ExpyDoc