Üb` doch mal Distanz!!!

Üb‘ doch mal Distanz!!!
Theorie Nach James Gross ist Reappraisal eine kognitive Strategie zur Emotionsregulation (ER) und beruht auf der automatischen Regulation einer emotionalen Situation. Es besteht ein grundlegender Unterschied, ob die emotionale Reaktion (Empfindung, Verhalten, Physiologie) bereits ausgelöst ist (reaktionsbezoge ER) oder nicht (antezedenzbezoge ER).
In der vorliegenden Arbeit wird Distanzierung als eine Form des Reappraisals zur Untersuchung der Prozesse in der Auslösung von Emotionen genutzt. Ziel ist die zeitliche Dynamik von Distanzierunsprozessen besser zu verstehen, da diese nicht der direkten Selbstbeobachtung unterliegen. James Gross zufolge handelt es sich bei Distanzierung um eine frühe Emotionsregulation.
Durchführung
Wir wollen nun mit einer Primingtechnik (Neumann & Lozo, 2001) untersuchen, ob Distanzierung schon innerhalb von 200ms wirksam wird. Zu diesem Zweck sollen Ekel‐ und Angstprimes für 200ms dargeboten werden, auf die dann wiederum ein Angst‐ oder Ekeltarget folgt. Die Versuchspersonen sollten angeben, welche Emotion durch das Target ausgelöst wird. Erfasst wurden die Reaktionszeiten und richtige Antworten. Die Versuchspersonen bekamen die Instruktion sich von einer der beiden Emotionen zu distanzieren. Um den Erfolg dieser Manipulation zu überprüfen, wurde zusätzlich die Intensität der Emotionen in Bezug auf die Bilder gemessen.
Fragestellung
Wenn es sich bei Distanzierung um eine frühe Emotionsregulationsstrategie handelt, reduziert sich der Primingeffekt schon bei einer SOA von 200ms? Hypothese
Primingeffekt wird nur erzielt, wenn die Emotion nicht reguliert wird.
Aufbau
Prime/Target
Angst
DA
Ekel
DE
DA
DE
Angst
Ekel
DA= Distanzierung von Angst
DE= Distanzierung von Ekel
Methode
2 x 2 x 2 Design mit Primeemotion(Angst/Ekel), Targetemotion (Angst/Ekel) und Emotionsregulation (Ekelreguliert/Angstreguliert).
AV: Reaktionszeit und Genauigkeit
Erhoben wurden 40 Vpn, die jeweils 648 Durchgänge durchliefen.
Ergebnisse
Die Items wurden zu 96% richtig beantwortet. Falsche Antworten wurden von der Analyse ausgeschlossen, so wie auffallend lange oder kurze Reaktionszeiten (Cut‐off bei <250ms und >1800ms).
Der Kolmogorov‐Smirnov Test wurde signifikant. Demnach ist die Normalverteilungsannahme unserer Daten verletzt. Eine Analyse der Daten mit einem nonparametrischen Verfahren (Friedman‐Test) führte zu den gleichen Ergebnissen wie die parametrische Analyse.
Durch das Intensitätsratings als Manipulation Check konnte gezeigt werden, dass sowohl Ekel als auch Angst entsprechend der jeweiligen Bedingung signifikant reguliert wurden. Dabei wurde die Interaktion zwischen Emotion und Regulation signifikant [F(38)= 39,11, p< .001, η2= .51]. Das bedeutet, dass die Manipulation erfolgreich war. Als nächstes wurden die Reaktionszeiten analysiert. Die Interaktion von Prime und Target wurde signifikant [F(38)= 29,34, p < .001, η2= .45]. Die Probanden reagierten wesentlich schneller in den kongruenten Durchgängen (M=?), als in den inkongruenten (M=?). Ein Kongruenzeffekt konnte somit repliziert werden.
Es konnte keine signifikante Dreifach‐Interaktion (RegulationxPrimexTarget) gefunden werden [F(38)= 0,59, p= .446, η2= .02]. Dementsprechend hatte Regulation keine bedeutsame Auswirkung auf die Beziehung zwischen Prime und Target. Der Kongruenzeffekt, der hier hätte verschwinden sollen, blieb trotz Regulation weiterhin bestehen.
Diskussion
Die laut unserer Hypothese zu erwartende Dreifach‐Interaktion zwischen Prime, Target und Regulation, trat bei unserem Experiment nicht auf. Die Regulation hatte somit keine Auswirkung auf die Prime‐Target‐Interaktion. Andernfalls hätten sich die Reaktionszeiten in den Durchgängen, in denen z.B. Ekel das Target war und auch Ekel reguliert wurde, nicht unterscheiden dürfen. Dennoch zeigte sich weiterhin ein starker Primingeffekt, sodass in dem kongruenten Durchgang, eine schnellere Reaktionszeit vorlag. Daraus kann man schließen, dass Distanzierung in den ersten 200ms nicht wirksam wird.
Diese Annahme wird gestützt durch eine EEG‐Untersuchung von Thiruchselvam et al. (2011), laut der Distanzierung erst nach 800ms Wirkung zeigt.
Literaturverzeichnis
Neumann, R., Lozo, L., (2012). Priming the Activation of Fear and Disgust: Evidence for Semantic Processing
Thiruchselvam, R. et al. (2011). The temporal dynamics of emotion regulation: An EEG study of distraction and reappraisal