Wie sicher ist Ihr Geld?

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Recht/Betriebswirtschaft
Wie sicher ist Ihr Geld?
Zahlungsrisiken durch Insolvenzanfechtung
Hat der Kunde gezahlt, ist alles gut. Wirklich? Wie sicher können Sie sein, dass Sie die Zahlun‐
gen tatsächlich behalten können? Und wie können Sie sich vor dem Risiko schützen, Ihr redlich
verdientes Geld an einen Insolvenzverwalter abgeben zu müssen? Brennstoffspiegel fragte
nach bei Rechtsanwalt Tilman Rückert, Anwalt für Wirtschaftsrecht aus Hamburg.
D
er Handel mit Mineralölprodukten
ist ein Geschäft mit zahlreichen Ri‐
siken. Dies betrifft nicht nur die
Tatsache, dass es sich um ein brennbares
Produkt handelt, das zudem seit einigen
Jahren kaum vorherzusagenden Preis‐
sprüngen unterworfen ist. Gefahr droht
vielmehr noch von einer ganz anderen, für
viele Händler überraschenden Seite:
Durch den Insolvenzverwalter eines Kun‐
den, der lange zurückliegende Zahlungen
dieses Kunden plötzlich zurückfordert.
Worum geht es?
Wie in vielen Handelsbereichen beruhen
der Verkauf und die Auslieferung von
Heizöl/Diesel oder anderen Mineralölpro‐
dukten auf gewachsenen Kundenbezie‐
hungen. Da kommt es nicht selten vor,
dass großzügige Zahlungsziele gewährt
werden. Auch akzeptiert man, wenn auch
zähneknirschend, dass Rechnungen zu
spät gezahlt werden, selbst wenn dies
häufiger vorkommt. Ist der Kunde für das
eigene Geschäft wichtig, ist der Händler
oft geneigt, ihn selbst in schwierigen Pha‐
sen zu beliefern, zumal diese Belieferung
für den Kunden die Voraussetzung dafür
sein kann, das eigene Geschäft überhaupt
weiter führen zu können. Der Händler be‐
obachtet dann mit Sorge stockende oder
verspätete Zahlungen und ist froh, wenn
er schließlich sein Geld doch noch be‐
kommt.
Die Freude kann verfrüht sein, wenn er
das Geld in bestimmten Fällen nicht behal‐
ten darf. Steckte nämlich hinter den Zah‐
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lungsproblemen des Kunden eine echte
Unternehmenskrise, so besteht das große
Risiko, dass dieser Kunde – freiwillig, oder
weil er gesetzlich verpflichtet ist – für sein
Unternehmen Insolvenz anmeldet. Es
wird dann vom Gericht in der Regel ein In‐
solvenzverwalter bestellt, der für die Gläu‐
biger alles sichern muss, was zum Unter‐
nehmen gehört. Dazu zählen auch Zahlun‐
gen, die der Unternehmer in der Vergan‐
genheit geleistet hat, aber angesichts
seiner Krise nicht hätte leisten dürfen. Sol‐
che Zahlungen kann der Insolvenz‐ ver‐
walter anfechten und damit ins Unterneh‐
men – zur sogenannten Insolvenzmasse –
zurückholen.
InsO). Und § 133 InsO schließlich gibt dem
Insolvenzverwalter sogar die Möglichkeit,
bis zu 10 Jahre alte Zahlungen zurückzu‐
fordern, wenn der Unternehmer zum Zeit‐
punkt der Zahlung schon zahlungsunfähig
war, ihm bewusst war, dass er mit der Zah‐
lung einen seiner Gläubiger gegenüber
den anderen bevorteilt und das dem Emp‐
fänger der Zahlung – in unserem Fall dem
Händler – klar war. Diese Vorschrift wird
von der Rechtsprechung sehr weit ausge‐
legt. Letztlich muss jeder Händler, der
einen Kunden mit in der Vergangenheit
liegenden Zahlungsschwierigkeiten belie‐
fert bzw. beliefert hat, mit der Rückforde‐
rung von Zahlungen rechnen.
Die gesetzliche Grundlage hierfür findet
sich in §§ 129 ff. der Insolvenzordnung
(die frühere Konkursordnung).
Angefochten werden können beispiels‐
weise Zahlungen des insolventen Unter‐
nehmers, die dieser bis drei Monate vor
Insolvenzantrag geleistet (und für die die‐
ser sogar eine gleichwertige Gegenleis‐
tung bekommen hat!), wenn der Em‐
pfänger der Leistung (hier der Heizöl‐
händler) nur wusste, dass der Unterneh‐
mer (also sein Kunde) damals schon
zahlungsunfähig war (§ 130 InsO). Ist
keine gleichwertige Gegenleistung geflos‐
sen, kommt es teilweise noch nicht einmal
auf die Kenntnis des Empfängers von der
Zahlungsunfähigkeit an. Die Zahlung kann,
wenn sie erst bis zu drei Monate vor Insol‐
venzantrag erfolgte, unter Umständen
dennoch angefochten werden (§ 131
Die Insolvenzanfechtung stellt die Ge‐
schäftspraxis im Mineralölbereich damit
vor erhebliche praktische Schwierigkei‐
ten. Diese Schwierigkeiten werden noch
dadurch verstärkt, dass der Händler, ab‐
hängig vom jeweiligen Produkt, einen er‐
heblichen Teil der Kundenzahlungen
gleich als Energiesteuer an das Finanzamt
weiterleiten muss. Der Händler verliert
also im Falle einer Insolvenzanfechtung
nicht nur den Gegenwert für sein Produkt,
sondern trägt unter Umständen auch noch
den Steueranteil. Dies kann er nur vermei‐
den, wenn er den strengen Regeln des § 60
Energiesteuergesetz folgt.
Was ist zu tun?
Der Gesetzgeber ist zwar in der Dis‐
kussion, jedenfalls die Vorschrift des
§ 133 InsO zu entschärfen und insbeson‐
Recht/Betriebswirtschaft
1. Unverzügliche Zahlung,
Vorkasse
Zahlt ein Kunde bar oder jedenfalls inner‐
halb von ca. 14 Tagen oder liefert der
Händler sogar gegen Vorkasse, so sind fast
alle Anfechtungsmöglichkeiten gesetzlich
ausgeschlossen. Ausnahme hiervon ist le‐
diglich der schon genannte § 133 Abs. 1
InsO, der nach wie vor gilt. Betrifft die Lie‐
ferung also einen Kunden, der bereits in
der Vergangenheit durch finanzielle Unre‐
gelmäßigkeiten aufgefallen ist, so bleibt
das Anfechtungsrisiko beim Händler.
2. Strenges
Debitorenmanagement
Der Händler muss genau beobachten, wie
sich die Zahlungsmoral seiner Kunden
entwickelt. Überdies muss er öffentlich
zugängliche Informationen in seine Risi‐
kobetrachtung einbeziehen. Kunden mit
nachgewiesen schlechter Zahlungsmoral
sollten nur gegen Vorkasse oder Stellung
von Sicherheiten beliefert werden. Wenn
ein Kunde nicht kurzfristig zahlt, muss ge‐
mahnt, Frist gesetzt und Klage erhoben
werden. Schließlich: Jede Belieferung
sollte nur unter Eigentumsvorbehalt erfol‐
gen. Werden diese Regeln berücksichtigt,
sinkt das Anfechtungsrisiko, vor allem
aber besteht die Chance, dass der Händler
gemäß § 60 Energiesteuergesetz den Steu‐
eranteil der ausgefallenen Zahlung erstat‐
tet bekommt.
Foto: Autor
dere den Zeitraum von 10 Jahren zu ver‐
kürzen. Was aus diesem gesetzgeberi‐
schen Prozess tatsächlich wird, ist jedoch
noch unklar. Es ist vielmehr notwendig,
dass der Händler einige Regeln befolgt,
um das Risiko einer nachträglichen An‐
fechtung so gering wie möglich zu halten:
3. Risikoanalyse
Für jeden Kunden sollte eine Risikoein‐
schätzung und Abwägung unternommen
und beurteilt werden, ob sich die Fortfüh‐
rung der Kundenbeziehung angesichts von
Risiken, die sich über die Jahre zu erhebli‐
chen Beträgen aufsummieren können
lohnt.
Wenn es um die Zahlungsmoral eines Kun‐
den schlecht bestellt ist, lässt sich das Ri‐
siko späterer Zahlungsanfechtung ggf.
nicht ausschließen. Dann muss der Händ‐
ler entscheiden, wie hoch er dieses Risiko
einschätzt und ob er es auf die Dauer ein‐
gehen möchte. Bei dieser Risikoeinschät‐
zung sollte sich der Händler der fachlichen
Beratung eines auf Insolvenzrecht spezia‐
lisierten Rechtsanwalts bedienen.
4. Abschluss einer
Versicherung
Schließlich kann man sich gegen den Aus‐
fall einer Forderung bzw. deren spätere
Anfechtung auch versichern. Hierfür gilt es
genau abzuwägen, wie hoch das eigene
Risiko tatsächlich ist, ob sich die Prämie
also angesichts möglicher Ausfälle tatsäch‐
lich lohnt. Genau geguckt werden muss
ebenfalls, welche Bedingungen der Händ‐
ler erfüllen muss, um den Versicherungs‐
schutz dann tatsächlich zu genießen. Stellt
eine Versicherung etwa im Einzelfall Sorg‐
faltsanforderungen, deren Befolgung das
Risiko einer Insolvenzanfechtung ohnehin
gering erscheinen lassen, bringt die Versi‐
cherung nicht mehr viel.3
Dr. Tilman Rückert, Lawentus Rechtsanwälte, Hamburg, ist Experte im Bereich Mineralölhandel. Er berät nationale und internationale Unternehmen
sowie Unternehmer bei Restrukturierungen, Zusammenschlüssen (joint
ventures) und beim Kauf und Verkauf
von Unternehmen – einschließlich der
Verträge zur Finanzierung bzw. Umfinanzierung. Der besondere Fokus liegt
dabei auf der insolvenznahen Beratung und Lösungskonzepten bei
Gesellschafterstreitigkeiten. Weitere
Beratungsschwerpunkte sind u. a. die
Unternehmensnachfolge oder die Gestaltung und Verhandlung von komplexen Liefer- und Leistungsbeziehungen.
Verkauf eines betriebsfähigen 12 cbm Heizöl-Tankwagens
und eines 50 cbm Heizöltanks, oberirdisch mit loading-rack
Kontakt: ESSO-Station END OHG, Römerstrasse 2, 77694 Kehl-Goldscheuer
Telefon 0175-20 12 493, [email protected]
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Der Kölner Versicherer Atradius bietet eine neue Police
zum Schutz vor Insolvenzanfechtung
Informationen aus der Produktbeschreibung:
bzw. Leistung an den Kunden des Versi‐
cherungsnehmers.
‐
kein separater Vertrag – nur ergän‐
zende Module,
Der Deckungsschutz umfasst die Zah‐
lungen, die der Versicherte von seinem
Kunden erhalten hat. Ficht der Insol‐
venzverwalter im Rahmen einer In‐
solvenz diese Zahlungen an und fordert
sie zurück, um die Insolvenzmasse zu
vergrößern (sog. Insolvenzanfechtung),
leben die Forderungen wieder auf und
können schlimmstenfalls das Kreditlimit
des Versicherten überschreiten. Dies
kann teuer werden.
Der passende Deckungsschutz kann aus
fünf Zusatzdeckungen ausgewählt wer‐
den. Dabei steht für die rückwirkende
Deckung jeweils 30 Prozent der gewähl‐
ten Zusatzdeckung zur Verfügung.
‐
günstige Festprämie abhängig vom
gewählten zusätzlichen Deckungs‐
schutz,
‐
versicherbare Abnehmerländer im
Rahmen der Zusatzdeckung: EU,
USA, Kanada.
Deshalb schützt die von Atradius ange‐
botene Versicherung die Forderungen
des Versicherungsnehmers auch rück‐
wirkend für mindestens drei und bis zu
maximal zehn Jahren, je nachdem wel‐
che Laufzeit der Versicherungsvertrag
hat. Maßgeblich dabei ist auch der Zeit‐
punkt der zugrunde liegenden Lieferung
Außerdem beteiligt sich Atradius er‐
folgsabhängig an den Anwaltskosten zur
Schadenabwehr.
Nach Angaben von Atradius bietet
die Versicherung folgende Vorteile:
‐
einfache Ergänzung zum Kreditver‐
sicherungsvertrag,
‐
eingeschlossen sind Zahlungen auf
Forderungen, die vor Vertragsbe‐
ginn entstanden sind, rückwirkend
bis zu 10 Jahren,
‐
finanzielle Beteiligung an anwaltli‐
cher Forderungsabwehr,
Bei der Absicherung von Forderungs‐
ausfällen durch Atradius ist das Zu‐
sammenspiel von Versicherungsnehmer
und Versicherer sehr wichtig, da das Ab‐
sicherungskonzept auf die Anforderun‐
gen der Kunden und ihrer jeweiligen
Branche zugeschnitten wird.
Für die Mineralölbranche bedeutet das,
dass beispielsweise die Übernahme der
entlastungsfähigen und nicht entlas‐
tungsfähigen Energiesteuer auch unter
Berücksichtigung der Besonderheiten
im Strecken‐ und Tankkartengeschäft in
den Versicherungsschutz einfließen
können.
Ihren Versicherungsnehmern empfiehlt
Atradius, grundsätzlich das Zahlungs‐
verhalten ihrer Kunden immer gut im
Auge zu behalten. Sollten Auffälligkeiten
auftreten, dann steht der Versicherer be‐
ratend zu Seite und stimmt gemeinsam
mit seinen Kunden das weitere Vorge‐
hen ab.3
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