Foto: Sergii Gnatiuk/123rf.com Recht/Betriebswirtschaft Wie sicher ist Ihr Geld? Zahlungsrisiken durch Insolvenzanfechtung Hat der Kunde gezahlt, ist alles gut. Wirklich? Wie sicher können Sie sein, dass Sie die Zahlun‐ gen tatsächlich behalten können? Und wie können Sie sich vor dem Risiko schützen, Ihr redlich verdientes Geld an einen Insolvenzverwalter abgeben zu müssen? Brennstoffspiegel fragte nach bei Rechtsanwalt Tilman Rückert, Anwalt für Wirtschaftsrecht aus Hamburg. D er Handel mit Mineralölprodukten ist ein Geschäft mit zahlreichen Ri‐ siken. Dies betrifft nicht nur die Tatsache, dass es sich um ein brennbares Produkt handelt, das zudem seit einigen Jahren kaum vorherzusagenden Preis‐ sprüngen unterworfen ist. Gefahr droht vielmehr noch von einer ganz anderen, für viele Händler überraschenden Seite: Durch den Insolvenzverwalter eines Kun‐ den, der lange zurückliegende Zahlungen dieses Kunden plötzlich zurückfordert. Worum geht es? Wie in vielen Handelsbereichen beruhen der Verkauf und die Auslieferung von Heizöl/Diesel oder anderen Mineralölpro‐ dukten auf gewachsenen Kundenbezie‐ hungen. Da kommt es nicht selten vor, dass großzügige Zahlungsziele gewährt werden. Auch akzeptiert man, wenn auch zähneknirschend, dass Rechnungen zu spät gezahlt werden, selbst wenn dies häufiger vorkommt. Ist der Kunde für das eigene Geschäft wichtig, ist der Händler oft geneigt, ihn selbst in schwierigen Pha‐ sen zu beliefern, zumal diese Belieferung für den Kunden die Voraussetzung dafür sein kann, das eigene Geschäft überhaupt weiter führen zu können. Der Händler be‐ obachtet dann mit Sorge stockende oder verspätete Zahlungen und ist froh, wenn er schließlich sein Geld doch noch be‐ kommt. Die Freude kann verfrüht sein, wenn er das Geld in bestimmten Fällen nicht behal‐ ten darf. Steckte nämlich hinter den Zah‐ 40 Brennstoffspiegel 04/2015 lungsproblemen des Kunden eine echte Unternehmenskrise, so besteht das große Risiko, dass dieser Kunde – freiwillig, oder weil er gesetzlich verpflichtet ist – für sein Unternehmen Insolvenz anmeldet. Es wird dann vom Gericht in der Regel ein In‐ solvenzverwalter bestellt, der für die Gläu‐ biger alles sichern muss, was zum Unter‐ nehmen gehört. Dazu zählen auch Zahlun‐ gen, die der Unternehmer in der Vergan‐ genheit geleistet hat, aber angesichts seiner Krise nicht hätte leisten dürfen. Sol‐ che Zahlungen kann der Insolvenz‐ ver‐ walter anfechten und damit ins Unterneh‐ men – zur sogenannten Insolvenzmasse – zurückholen. InsO). Und § 133 InsO schließlich gibt dem Insolvenzverwalter sogar die Möglichkeit, bis zu 10 Jahre alte Zahlungen zurückzu‐ fordern, wenn der Unternehmer zum Zeit‐ punkt der Zahlung schon zahlungsunfähig war, ihm bewusst war, dass er mit der Zah‐ lung einen seiner Gläubiger gegenüber den anderen bevorteilt und das dem Emp‐ fänger der Zahlung – in unserem Fall dem Händler – klar war. Diese Vorschrift wird von der Rechtsprechung sehr weit ausge‐ legt. Letztlich muss jeder Händler, der einen Kunden mit in der Vergangenheit liegenden Zahlungsschwierigkeiten belie‐ fert bzw. beliefert hat, mit der Rückforde‐ rung von Zahlungen rechnen. Die gesetzliche Grundlage hierfür findet sich in §§ 129 ff. der Insolvenzordnung (die frühere Konkursordnung). Angefochten werden können beispiels‐ weise Zahlungen des insolventen Unter‐ nehmers, die dieser bis drei Monate vor Insolvenzantrag geleistet (und für die die‐ ser sogar eine gleichwertige Gegenleis‐ tung bekommen hat!), wenn der Em‐ pfänger der Leistung (hier der Heizöl‐ händler) nur wusste, dass der Unterneh‐ mer (also sein Kunde) damals schon zahlungsunfähig war (§ 130 InsO). Ist keine gleichwertige Gegenleistung geflos‐ sen, kommt es teilweise noch nicht einmal auf die Kenntnis des Empfängers von der Zahlungsunfähigkeit an. Die Zahlung kann, wenn sie erst bis zu drei Monate vor Insol‐ venzantrag erfolgte, unter Umständen dennoch angefochten werden (§ 131 Die Insolvenzanfechtung stellt die Ge‐ schäftspraxis im Mineralölbereich damit vor erhebliche praktische Schwierigkei‐ ten. Diese Schwierigkeiten werden noch dadurch verstärkt, dass der Händler, ab‐ hängig vom jeweiligen Produkt, einen er‐ heblichen Teil der Kundenzahlungen gleich als Energiesteuer an das Finanzamt weiterleiten muss. Der Händler verliert also im Falle einer Insolvenzanfechtung nicht nur den Gegenwert für sein Produkt, sondern trägt unter Umständen auch noch den Steueranteil. Dies kann er nur vermei‐ den, wenn er den strengen Regeln des § 60 Energiesteuergesetz folgt. Was ist zu tun? Der Gesetzgeber ist zwar in der Dis‐ kussion, jedenfalls die Vorschrift des § 133 InsO zu entschärfen und insbeson‐ Recht/Betriebswirtschaft 1. Unverzügliche Zahlung, Vorkasse Zahlt ein Kunde bar oder jedenfalls inner‐ halb von ca. 14 Tagen oder liefert der Händler sogar gegen Vorkasse, so sind fast alle Anfechtungsmöglichkeiten gesetzlich ausgeschlossen. Ausnahme hiervon ist le‐ diglich der schon genannte § 133 Abs. 1 InsO, der nach wie vor gilt. Betrifft die Lie‐ ferung also einen Kunden, der bereits in der Vergangenheit durch finanzielle Unre‐ gelmäßigkeiten aufgefallen ist, so bleibt das Anfechtungsrisiko beim Händler. 2. Strenges Debitorenmanagement Der Händler muss genau beobachten, wie sich die Zahlungsmoral seiner Kunden entwickelt. Überdies muss er öffentlich zugängliche Informationen in seine Risi‐ kobetrachtung einbeziehen. Kunden mit nachgewiesen schlechter Zahlungsmoral sollten nur gegen Vorkasse oder Stellung von Sicherheiten beliefert werden. Wenn ein Kunde nicht kurzfristig zahlt, muss ge‐ mahnt, Frist gesetzt und Klage erhoben werden. Schließlich: Jede Belieferung sollte nur unter Eigentumsvorbehalt erfol‐ gen. Werden diese Regeln berücksichtigt, sinkt das Anfechtungsrisiko, vor allem aber besteht die Chance, dass der Händler gemäß § 60 Energiesteuergesetz den Steu‐ eranteil der ausgefallenen Zahlung erstat‐ tet bekommt. Foto: Autor dere den Zeitraum von 10 Jahren zu ver‐ kürzen. Was aus diesem gesetzgeberi‐ schen Prozess tatsächlich wird, ist jedoch noch unklar. Es ist vielmehr notwendig, dass der Händler einige Regeln befolgt, um das Risiko einer nachträglichen An‐ fechtung so gering wie möglich zu halten: 3. Risikoanalyse Für jeden Kunden sollte eine Risikoein‐ schätzung und Abwägung unternommen und beurteilt werden, ob sich die Fortfüh‐ rung der Kundenbeziehung angesichts von Risiken, die sich über die Jahre zu erhebli‐ chen Beträgen aufsummieren können lohnt. Wenn es um die Zahlungsmoral eines Kun‐ den schlecht bestellt ist, lässt sich das Ri‐ siko späterer Zahlungsanfechtung ggf. nicht ausschließen. Dann muss der Händ‐ ler entscheiden, wie hoch er dieses Risiko einschätzt und ob er es auf die Dauer ein‐ gehen möchte. Bei dieser Risikoeinschät‐ zung sollte sich der Händler der fachlichen Beratung eines auf Insolvenzrecht spezia‐ lisierten Rechtsanwalts bedienen. 4. Abschluss einer Versicherung Schließlich kann man sich gegen den Aus‐ fall einer Forderung bzw. deren spätere Anfechtung auch versichern. Hierfür gilt es genau abzuwägen, wie hoch das eigene Risiko tatsächlich ist, ob sich die Prämie also angesichts möglicher Ausfälle tatsäch‐ lich lohnt. Genau geguckt werden muss ebenfalls, welche Bedingungen der Händ‐ ler erfüllen muss, um den Versicherungs‐ schutz dann tatsächlich zu genießen. Stellt eine Versicherung etwa im Einzelfall Sorg‐ faltsanforderungen, deren Befolgung das Risiko einer Insolvenzanfechtung ohnehin gering erscheinen lassen, bringt die Versi‐ cherung nicht mehr viel.3 Dr. Tilman Rückert, Lawentus Rechtsanwälte, Hamburg, ist Experte im Bereich Mineralölhandel. Er berät nationale und internationale Unternehmen sowie Unternehmer bei Restrukturierungen, Zusammenschlüssen (joint ventures) und beim Kauf und Verkauf von Unternehmen – einschließlich der Verträge zur Finanzierung bzw. Umfinanzierung. Der besondere Fokus liegt dabei auf der insolvenznahen Beratung und Lösungskonzepten bei Gesellschafterstreitigkeiten. Weitere Beratungsschwerpunkte sind u. a. die Unternehmensnachfolge oder die Gestaltung und Verhandlung von komplexen Liefer- und Leistungsbeziehungen. Verkauf eines betriebsfähigen 12 cbm Heizöl-Tankwagens und eines 50 cbm Heizöltanks, oberirdisch mit loading-rack Kontakt: ESSO-Station END OHG, Römerstrasse 2, 77694 Kehl-Goldscheuer Telefon 0175-20 12 493, [email protected] Brennstoffspiegel 04/2015 41 Recht/Betriebswirtschaft Der Kölner Versicherer Atradius bietet eine neue Police zum Schutz vor Insolvenzanfechtung Informationen aus der Produktbeschreibung: bzw. Leistung an den Kunden des Versi‐ cherungsnehmers. ‐ kein separater Vertrag – nur ergän‐ zende Module, Der Deckungsschutz umfasst die Zah‐ lungen, die der Versicherte von seinem Kunden erhalten hat. Ficht der Insol‐ venzverwalter im Rahmen einer In‐ solvenz diese Zahlungen an und fordert sie zurück, um die Insolvenzmasse zu vergrößern (sog. Insolvenzanfechtung), leben die Forderungen wieder auf und können schlimmstenfalls das Kreditlimit des Versicherten überschreiten. Dies kann teuer werden. Der passende Deckungsschutz kann aus fünf Zusatzdeckungen ausgewählt wer‐ den. Dabei steht für die rückwirkende Deckung jeweils 30 Prozent der gewähl‐ ten Zusatzdeckung zur Verfügung. ‐ günstige Festprämie abhängig vom gewählten zusätzlichen Deckungs‐ schutz, ‐ versicherbare Abnehmerländer im Rahmen der Zusatzdeckung: EU, USA, Kanada. Deshalb schützt die von Atradius ange‐ botene Versicherung die Forderungen des Versicherungsnehmers auch rück‐ wirkend für mindestens drei und bis zu maximal zehn Jahren, je nachdem wel‐ che Laufzeit der Versicherungsvertrag hat. Maßgeblich dabei ist auch der Zeit‐ punkt der zugrunde liegenden Lieferung Außerdem beteiligt sich Atradius er‐ folgsabhängig an den Anwaltskosten zur Schadenabwehr. Nach Angaben von Atradius bietet die Versicherung folgende Vorteile: ‐ einfache Ergänzung zum Kreditver‐ sicherungsvertrag, ‐ eingeschlossen sind Zahlungen auf Forderungen, die vor Vertragsbe‐ ginn entstanden sind, rückwirkend bis zu 10 Jahren, ‐ finanzielle Beteiligung an anwaltli‐ cher Forderungsabwehr, Bei der Absicherung von Forderungs‐ ausfällen durch Atradius ist das Zu‐ sammenspiel von Versicherungsnehmer und Versicherer sehr wichtig, da das Ab‐ sicherungskonzept auf die Anforderun‐ gen der Kunden und ihrer jeweiligen Branche zugeschnitten wird. Für die Mineralölbranche bedeutet das, dass beispielsweise die Übernahme der entlastungsfähigen und nicht entlas‐ tungsfähigen Energiesteuer auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten im Strecken‐ und Tankkartengeschäft in den Versicherungsschutz einfließen können. Ihren Versicherungsnehmern empfiehlt Atradius, grundsätzlich das Zahlungs‐ verhalten ihrer Kunden immer gut im Auge zu behalten. Sollten Auffälligkeiten auftreten, dann steht der Versicherer be‐ ratend zu Seite und stimmt gemeinsam mit seinen Kunden das weitere Vorge‐ hen ab.3 Deutsches Energie-Magazin Redaktionsbeirat Bezugspreis Bernhard Austermann, Gütersloh; RA Jörg‐Uwe Brandis, Berlin; Alexander Fack, Hamburg; RA Elmar Kühn, Berlin; Edwin Leber, Berlin; Axel Münch, Buchholz i.d.N.; Stefan Rödl, Neumarkt; Caroloine Schäfer, Frechen; Martin Schäfer, Linden; Ulrich Schönbucher, Saarbrücken. Einzelpreis: 6,95 EUR. Der Inlandsbezugspreis für 12 Aus‐ gaben beträgt 78,50 EUR. In diesem Bezugspreis sind 7 Pro‐ zent MwSt. und die Versandspesen enthalten. Der Auslands‐ bezug kostet 83,00 EUR. Mehrfachbezug auf Anfrage. Anzeigen Verlag Es gilt die Anzeigen‐Preisliste Nr. 01/2013 UNITI‐Mediengruppe GmbH Jägerstraße 6, 10117 Berlin Telefon: 030‐755414500, Telefax: 030‐755414550 eMail: info@uniti‐mediengruppe.de www.brennstoffspiegel.de Anzeigenverkauf Geschäftsführung David Weigelt, Telefon: 030‐755414540 eMail: weigelt@uniti‐mediengruppe.de Enrico Milkereit, Telefon: 030‐755414530 eMail: milkereit@uniti‐mediengruppe.de PrePress-Produktion Walter D. Mangold, Telefon: 030‐755414500 eMail: info@uniti‐mediengruppe.de Siebeck.com, Rundweg 7, 34587 Felsberg, Telefon: 05662‐40870, [email protected], www.siebeck.com Herausgeber + Chefredakteur Druck Hans‐Henning Manz (v.i.S.d.P.) Telefon: 0341‐60050489, Telefax: 0341‐60038905 eMail: [email protected] Bezugsbedingungen Redaktion Jana Krüger, Telefon: 030‐755414520 eMail: [email protected] 42 Brennstoffspiegel 04/2015 Strube Druck & Medien OHG, 34587 Felsberg Abonnements werden mit Beginn des Bezugszeitraums be‐ rechnet. Kündigungen müssen 3 Monate vor Ablauf eines Kalenderjahres schriftlich vorliegen, andernfalls verlängert sich das Abonnement um ein weiteres Jahr. Erfüllungsort und Gerichtsstand ist Berlin. Bankverbindung Volksbank Leipzig eG., Konto 307 686 031, BLZ 860 956 04 Hinweise Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte und Fotos übernehmen Verlag und Redaktion keine Verantwortung. Die vom Verfasser gezeichneten Berichte geben nicht un‐ bedingt die Meinung der Redaktion wieder. Die inhaltliche Verantwortung für die Seiten der Mineralölrundschau trägt UNITI Bundesverband mittelständischer Mineralölunterneh‐ men e.V. Für UNITI‐Mitglieder ist der Bezug mit dem Mit‐ gliedsbeitrag abgegolten. Copyright ausschließlich bei UNITI‐ Mediengruppe GmbH. Vervielfältigung und Verbreitung von Statistiken und Kostenvergleichen ist nur nach schriftlicher Genehmigung des Verlages gestattet. 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