Projekttitel: Bedeutung des Hirntumormetabolismus für die Interaktion zwischen Tumorzellen und Hirngewebe Projektleiterin: Prof. Dr. med. Katrin Lamszus, Labor für Hirntumorbiologie, Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Martinistraße 52, 20246 Hamburg Tumorspezifische metabolische Prozesse spielen bei der Interaktion mit dem Wirtsgewebe, bzw. bei dessen invasiver Zerstörung durch die Tumorzellen, eine wichtige Rolle. Eine spezifische Eigenschaft von Tumorzellen ist, dass diese - selbst bei ausreichender Sauerstoffkonzentration (Normoxie) Energie überwiegend durch Glykolyse gewinnen und Glukose zu Laktat verstoffwechseln. Dieses ursprünglich von Otto Warburg beschriebene Phänomen ist aufgrund seiner potenziellen therapeutischen Blockierbarkeit aktuell von hohem wissenschaftlich-klinischem Interesse. In Arbeiten an Glioblastomzellen (bösartigen Hirntumorzellen) entdeckten wir einen sauerstoffkonzentrationsabhängigen metabolischen Switch zwischen dem Pentosephosphatweg (PPP) und der Glykolyse (Kathagen et al., Acta Neuropathologica 2013). Der PPP stellt eine Alternative zu der ersten Phase der Glykolyse dar. Er ist ein anaboler Stoffwechselweg, dessen Funktion die Produktion von Ribose-5-Phosphat und NADPH für die DNA/RNA bzw. Fettsäuresynthese sowie zur Reduktion von Glutathion ist. Unsere Arbeiten zeigten, dass Enzyme des PPP unter Normoxie stark exprimiert sind, wohingegen Hypoxie zu einer Herunterregulation des PPP mit verstärkter Expression von Glykolyseenzymen und verstärktem Glukoseflux durch die Glykolyse führt. Dieser Switch ist assoziiert mit gesteigerter Zellmigration unter Hypoxie bzw. gesteigerter Zellproliferation unter Normoxie. Auch im Tumorgewebe von Glioblastomen fanden wir eine besonders hohe Expression von Glykolyseenzymen in hypoxischen Regionen sowie in hochmigratorischen Zellen, wohingegen sich in hochproliferativen Arealen eine Herunterregulation dieser Enzyme zeigte, bei gleichzeitig starker Heraufregulation von PPP Enzymen. Glucose NADP+ HK2 G6PD NADPH + H+ Glucose 6-phosphate 6-Phospho- PGL 6-Phosphogluconogluconate lactone GPI RibuloseRPE 5-phosphate TAL PFKP ALDOC TKT TKT Xylulose5-phosphate RPI Ribose5-phosphate Xylulose5-phosphate Dihydroxyacetone TPI1 phosphate NADPH + H+ PGD Fructose 6-phosphate Fructose 1,6-bisphosphate NADP+ RPE Glyceraldehyde 3-phosphate GAPDH 1,3-Bisphosphoglycerate PGK1 3-Phosphoglycerate PGAM1 O2↑ Normoxie PPP Proliferation O2↓ Hypoxie Glykolyse Migration 2-Phosphoglycerate ENO1 Phosphoenolpyruvate PKM2 Pyruvate LDHA Lactate PDHA Acetyl Co-A Vermutlich stellt die gesteigert Migration einen Mechanismus dar, um fokaler hochgradiger Hypoxie im Tumor zu entkommen, wohingegen die Proliferation eine verstärkte Bereitstellung von neuen Zellbausteinen durch den PPP erfordert. Im ersten Teil unseres Forschungsprojekts untersuchen wir die Frage, ob die Zellmigration bzw. die Proliferation auch unabhängig von Hypoxie bzw. Oxygenierung mit einer Prädominanz der Glykolyse bzw. des PPP in Glioblastomzellen assoziiert sind. Im zweiten Arbeitsteil des Projekts wird untersucht, ob eine kausale Assoziation zwischen gesteigerter Glykolyse bzw. gesteigertem PPP mit gesteigerter Migration bzw. Proliferation bei Glioblastomzellen besteht. Im dritten Teil des Projekts wird untersucht, inwieweit der Switch zwischen PPP und Glykolyse auch für andere Zelltypen, wie z.B. normale Zellen des Hirngewebes, sowie auch für andere Arten von Tumorzellen generalisierbar ist. Zusammenfassend werden unsere Untersuchungen zeigen, welche funktionelle Rolle der metabolische Switch zwischen PPP und Glykolyse für Glioblastomzellen und anderen Zellen hat und inwiefern bei einer metabolischen Tumortherapie berücksichtigt werden muss, dass synchron unterschiedliche metabolische "Kompartimente" - bzw. Regionen mit unterschiedlicher Prädominanz verschiedener präferenziell aktivierter metabolischer Stoffwechselwege - im Tumor existieren.
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