SERVICE 2 Nachgefragt Germain Weber, Präsident der Lebenshilfe Österreich, über das Modell Inklusion. INKLUSION BEILAGE IM KURIE R SERVICE 6 Willensstark Lisa sitzt im Rollstuhl. Aber sie lebt ihre Träume – zum Beispiel Turnierreiten. EXTRA EINE PRODUKTION DER MEDIAPRINT 11. DEZEMBER 2015 Starke Zeichen FOTOS: FOTO WILKE, PRIVAT (2), ISTOCKPHOTO.COM/PAMELA A. MOORE, ECKHARTER RAINER, GERHARD DEUTSCH, FRANZ GRUBER, MASKOT/PLAINPICTURE Zukunftsvision. Das Wort ist in aller Munde. Doch was genau bedeutet Inklusion?ZielistdasgemeinsameLebenundLernenvonMenschenmit und ohne Behinderungen. Wo Österreich steht, zeigen Betroffene auf. SERVICE INKLUSION Freitag 11. Dezember 2015 EINE PRODUKTION DER MEDIAPRINT I Inklusion. Ein faires Miteinander aller Menschen sichert der Gesellschaft den sozialen Zusammenhalt BarrierenabbauenundVielfaltleben 2 nklusion ist ein Begriff, der den meisten Menschen noch nicht so geläufig ist wie etwa Integration. Und doch taucht er immer öfter und vehementer in politischen Debatten und Diskussionenauf,vorallemauchim Zusammenhang mit Bildung. Wir haben den Präsidenten der Lebenshilfe Österreich, GermainWeber,gefragt,washinterdiesem Modell Inklusion steckt – und was seine Umsetzung bewirken kann. Was ist Inklusion? Germain Weber: Damit ist ein gesamtgesellschaftlicher Leitgedanke angesprochen, der beschreibt, wie alle Mitglieder der Gesellschaft leben möchten: nämlich in einem Miteinander, in dem keine Person ausgeschlossen wird, unabhängig von ihrer Behinderung, der Herkunft, der sexuellen Orientierung oder dem Lebensalter. Inklusion bedeutet ein Miteinander und ist eine Win-WinSituation für alle – denn jeder braucht einmal Hilfe und jeder hat etwas zu geben Ist das nicht auch das, was Integration möchte? Der Unterschied besteht darin, dass Integration die Betroffenen zurück in die Gesellschaft holt, während Inklusion zum Ausdruck bringt, dass sie von Anfang an ein Teil der Gesellschaft sind. Auf die Schule bezogen bedeutet das, dass Kinder mit intellektueller oder körperlicher Beeinträchtigung nie von den Gleichaltrigen getrennt werden und am normalen Regelleben teilnehmen können. Siemüssennichtmehrintegriert werden, weil sie von Beginn an dazugehören. Wird Integration damit überflüssig? Inklusion geht einen großen Schritt weiter, indem Betroffene von vornherein als ein wertgeschätzter Teil der Gesellschaft akzeptiert werden und die Unterschiedlichkeit von Menschen nichtnurbejaht,sonderndieVielfalt der Gesellschaft als Ressource gesehen wird. Zentral ist der Gedanke, dass Barrieren abgebaut werden und Menschen mit Behinderung nicht mehr in Sondereinrichtungen leben müssen. Wie schlägt sich Österreich bei dieser Debatte? Estutsichwas.Inderderlaufenden Bildungsreform wurde von der Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek gesagt, dass sie Modellschulen- und -regionen einführen wird. Vorarlberg möchte sogar als ganzes Land so eine Modellregion werden. Und auch die Steiermark hat eine Vorreiterrolle eingenommen.Sowurdealserstesein neues Rahmengesetz für die Lehrerausbildung beschlossen, und in dem entsprechenden neuen Lehrplan an der UniversitätWienwurdedasFachInklusivePädagogikverpflichtendfür alle auszubildende Lehrerinnen und Lehrer aufgenommen. Und in der UN-Behindertenrechtskonvention wird eine Inklusive Schule, durchaus im Sinne der Gesamtschule, festgehalten. Prof. Dr. Germain Weber, Präsident der Lebenshilfe Österreich Was alles bedarf es, damit das Inklusionsmodell funktioniert? Esbrauchtgut ausgebildete Pädagogen, die auf die Besonderheiten ihrer Schüler vorbereitet sind, und individualisierte Lehrpläne, damit jedes Kind nach seinem Bedarf und seinen Talenten gefördert werden kann. Je früher man Inklusion lebt, desto besser. Wer schon im Kindergarten und der Volksschule mit Gleichaltrigen aufwächst, die mehr Unterstützung brauchen als man selbst, für den wird es selbstverständlich, zu helfen und den Kollegen als vollwertiges Mitglied der Gemeinschaft zu erleben. Und es ist wissenschaftlich gut belegt,dasseinegutaufgesetzteInklusive Schule zum Vorteil von allen Kindern dieser Schule ist. rationen den sozialen Zusammenhalt. Denn jeder von uns braucht irgendwann einmal Hilfe, nicht nur Menschen mit Handicap. Ohne dass wir als Gesellschaft Verantwortung übernehmen, etwa indem wir Freiwilligenarbeit und soziale Dienste leisten, wird es nicht gehen. Dieser gesellschaftliche Wandel hat bereits begonnen und wird noch verstärkt weiterzuentwickeln sein. Und wenn wir in 20 Jahren über Inklusion sprechen, wird sich das Gesamtbild stark verändert haben – im positiven Sinne. Was bringt das der Gesellschaft? EssichertzukünftigenGene- – DOROTHE RAINER Für weitere Informationen zu Lebenshilfe Österreich diese Seite mit der Shortcut-App scannen Silvia Hochmüller (2. v. li.) wurde für ihren Kurztext „Die Seele“ prämiert Gelungene Inklusion. „Meine Seele läuft mir immer davon. Das merke ich, das krieg ich mit. Die Seele hat keine Füße, die Seele hat Flügel. Die Seele muss mit mir reden. Ich war nicht einverstanden, als meine Seele gegangen ist. Ich hole sie mir zurück. Nächste Woche“, schreibt Silvia Hochmüller in ihrem Kurztext „Die Seele“ aus der Werkgruppe „Freude, Die Seele, Ich bin nicht glücklich, Geheimnis, Glaube“, für die sie am 1. Dezember mit einem der drei Hauptpreise des Literaturpreises Ohrenschmaus 2015 ausgezeichnet wurde. Hochmüller arbeitet im Bereich Handwerk und Montage der Werkstätten St. Pius der Caritas für Menschen mit Behinderungen in Linz, gestaltet Skulpturen und erfindet dazu Geschichten. „Dieser Text klingt wie ein Selbstgespräch, wie ein Aufschrei. Man spürt ein tiefes Erschrecken darüber, dass immer wieder etwas verloren geht in einem selbst. Es ist ein Appell an das eigene Ich, die Seele nicht aus dem Blick zu verlieren“, so der Laudator und Schriftsteller Heinz Janisch in der Begründung der Jury. Der “Ohrenschmaus“ versteht sich als Förderpreis, der Texte von Menschen mit Lernbehinderungen prämiert und ihnen den Zugang zur Literatur ermöglicht. „Kein Mitleidsbonus, keine Peinlichkeit – einfach Literatur“, so beschreibt Schirmherr Felix Mitterer die Intention, die hinter dem Preis steckt. Die hochkarätige Jury sucht herausragende Texte von intellektuell behinderten Menschen, die Leserinnen und Lesern neue Einblicke in das Leben und Denken behinderter Menschen ermöglichen und zur Vielfalt der Literaturlandschaft beitragen. Heuer wurde der Ohrenschmaus bereits zum 9. Mal verliehen. www.ohrenschmaus.net Impressum: Medieninhaber und Verleger: Mediaprint Zeitungs- und Zeitschriftenverlag GesmbH & Co. KG, Muthgasse 2, 1190 Wien Redaktion: Anja Gerevini (Ltg.), Mag. Belinda Fiebiger (stv. Leitung), Gabriella Haller-Gallée (CvD), Bakk. phil. Cordula Puchwein, Mag. Dorothe Rainer, Barbara Stieger Fotoredaktion: Susanne Schoberberger Layout: Beilagen-Grafik Hersteller: Mediaprint Zeitungsdruckerei GesmbH & Co. KG, 1230 Wien; Richard-Strauß-Straße23 Produktverantwortlicher: Gunther Geweßler ([email protected]) FOTOS: PLAINPICTURE/MASKOT, FOTO WILKE, INGRID FANKHAUSER Zum 9. Mal wurden literarische Texte von Menschen mit Lernbehinderungen ausgezeichnet SERVICE INKLUSION Freitag 11. Dezember 2015 EINE PRODUKTION DER MEDIAPRINT 3 FOTOS: TRAUDE PILLAI-VETSCHERA, PRIVAT Abenteuer auf Rädern Mutig. Indien lag quasi aus der Welt, dennoch reiste Traude Pillai-Vetschera hin E in kleiner Puch 500 war ihr ganzer Stolz. Und er gab ihrem Leben eine Wendung um 360 Grad. Traude Pillai-Vetscheras Leben verlief damals in geordneten Bahnen. IhrFreundhatteihrgeradeeinen Heiratsantrag gemacht, sie hatteeinensicherenJobinderBank undeinennettenFreundeskreis. Und eben den Puch 500 – mit dem sie zum ersten Mal von BadennachWienfuhr,alsespassierte.DerWagenkambeieinem Überholmanöver ins Schleu- Traude Pillai-Vetschera: „Ausgerechnet Indien!“, ca. 30 € dern und prallte in einen Lkw. Traude Pillai-Vetschera war querschnittgelähmt. „Ich hatte ein ruhiges Leben, aber ich war nicht glücklich“, sagt sie rückblickend. „Ob ich ohne den Unfall die Kraft gehabt hätte, es soradikal zu ändern, weiß ich nicht.“ Kehrtwendung NatürlichhadertediejungeFrau mit ihrem Schicksal. Der monatelange Aufenthalt in der Rehabilitationsklinik half ihr jedoch dabei, wieder Perspektiven zu entwickeln. Traude Pillai-Vetschera trennte sich von ihrem Verlobten – was in ihrer Umgebung Kopfschütteln auslöste. UnddanninskribiertesieEthnologieaufderUniversitätinWien. „In den 60er-Jahren gehörten Rollstühle nicht zum Straßenbild, jeder drehte sich nach mir um“, erzählt sie. „Am Institut aber wurde ich immer nur in meinen Träumen bestärkt.“ Und das führte schließlich dazu, dass die Studentin 1970 mit ihren Kommilitonen nach Indien aufbrach, um in entlegenen Dörfern Feldforschungen zu machen. „Ich habe mir das nur ANZEIGE 1970 brach Traude Pillai-Vetschera erstmals nach Indien auf – damals waren Reisen im Rollstuhl nicht selbstverständlich zugetraut,weilichmichindieser Gruppe sicher gefühlt habe“, sagt Traude Pillai-Vetschera. „Aber natürlich war die Reise nicht leicht – auf Rollstuhlfahrer war ja niemand eingestellt.“ In ihrem Buch „Ausgerechnet Indien!“ erzählt die Ethnologin von ihrem Abenteuer – und von den Problemen und schönen Erlebnissen, die sie hatte. Zukunftsvision HindernissegibtesfürRollstuhlfahrer immer noch. „Man wird heute nicht mehr angestarrt, aber eine echte Inklusion hat noch nicht stattgefunden“, hält Traude Pillai-Vetschera fest. Schuld daran sind in ihren Augen in den meisten Fällen die Erwachsenen. „Kinder sind einfach spontan – die kommen und fragen mich, warum ich nicht gehen kann“, sagt Traude Pillai-Vetschera. „Es passiert aber häufig, dass sie von den Eltern gebremst werden – á la ,Das fragt man nicht!‘ Aber Kinder müssen neugierig bleiben, dann besteht die Chance, dass die nächste Generation Inklusion tatsächlich lebt.“ Dennoch ist Traude Pillai-Vetschera glücklichdarüber,wiedasLeben fürRollstuhlfahrerseitden60erJahren verbessert hat. Was ihr hingegen sauer aufstößt, ist die Begriffsdiskussion: „Was da für sperrige und komische Formulierungen erfunden werden, ist sagenhaft. Dass umgangssprachlich ,behindert‘ mit ,deppert‘ gleichgesetzt wird, kümmert niemanden.“ – A. GEREVINI WWW.WIEN.AT FOTOS: ISTOCKPHOTO.COM/MARILYN NIEVES, ANDREW HOWE Damit Information allen zugänglich ist Ohne Hürden. Barrierefrei bedeutet auch, dass Wissen allen offen steht. Die Stadt Wien nimmt diesen Auftrag sehr ernst. D er erste große Schritt wurde 1825 gesetzt. Damals entwickelte der Franzose Louis Braille eine Punktschrift, die Blinden und stark Sehbehinderten ermöglichte, Bücher und andere Texte lesen zu können. Für sie war das ein ungemeiner Fortschritt, da sie erstmals nicht von schriftlichen Dokumenten ausgeschlossen waren. Auch heute gilt dieser Grundsatz: Jeder Mensch hat ein Recht auf Informationen, die für ihn wichtig sind. Das gilt in besonde- rem Maße für öffentliche Inhalte. Daher bemüht sich wien.at um eine möglichst barrierefreie Zugänglichkeit seines Internet-Angebots – immer mit dem Ziel, keine benachteiligte Person vom digitalen Zeitalter auszuschließen. Die WCAG Richtlinien Der Erfinder des Internets, Tim Burners Lee, strebte stets an, dass Information allen zugänglich sein muss. Daher lag es für ihn nahe, Richtlinien zu entwickeln, die einen barrierefreien Zu- Wichtiges Service: OnlineContent in Gebärdensprache Teil der Barrierefreiheit. Gehörlose werden oft von modernen Medien ausgeschlossen. Das gilt in besonderem Maße für Filmbeiträge. Um auf wien.at auch diese Inhalte Menschen mit Behinderungen zugänglich zu machen, gibt es auf wien.atTV ausgewählte Videos in Österreichischer Gebär- densprache, Transkriptionen und Beiträge mit Untertiteln. Damit ist gewährleistet, dass möglichst viele Userinnen und User die Filmbeiträge abrufen können. Damit diese Beiträge auf einen Blick erkannt werden, sind sie mit einem Symbolbild mit sprechenden Händen markiert. gang zum Internet ermöglichen. Er gründete das World Wide Web Consortium (W3C), das allgemein gültige Maßnahmen festlegte. Die Guidelines zeigen die größten Schwellen beim Gebrauch vom Internet klar auf: – Informationen können nicht gelesen oder verstanden werden – die Tastatur oder die Maus können nicht verwendet werden – die Sinnesorgane sind eingeschränkt oder nicht funktionstüchtig. Zugleich lieferte W3C einen Maßnahmenkatalog, der den barrierefreien Internetauftritt ermöglicht. Die WCAG Richtlinien sind heute in vielen Ländern für Behördenwebseiten rechtlich verpflichtend. Umsetzung in Wien Die Stadt Wien folgt den WCAG Richtlinien ebenfalls. Die Seiten auf wien.at folgen alle einer einheitlichen Struktur. So werden die Inhalte möglichst zugänglich gehalten. Die Lesefolge ist dabei für TextBrowser optimiert; die Navigation kann mit dem Tabulator statt Tastatur oder Maus erfolgen. Die Reihenfolge der so abrufbaren Informationen folgt dabei immer demselben Schema. Weitere Services Blinde und sehbehinderte WienerInnen stehen bei Verfahrensbeteiligungen Die Brailleschrift erschloss Blinden erstmals Texte. Heute übernehmen diese Aufgabe barrierefrei gestaltete Internetseiten oft vor dem Problem, dass die Inhalte von Akten oder Aktenteilen nur in gedruckter Form vorliegen. Sie haben aber das Recht, relevante Schriftstücke per EMail vom Magistrat kostenlos anzufordern. Ein weiterer Punkt für einen barrierefreien Internetzugang ist Verständlichkeit. Daher kennzeichnet die Stadt Wien spezielle Artikel mit „LL“. Die Buchstaben stehen für „leicht lesen“ und signalisieren, dass diese Texte verständlich, klar und ohne Fremdwörter formuliert wurden. Sie ermöglichen Personen mit Lern- oder Leseschwächen den barrierefreien Zugang zu Informationen. Die Stadt Wien bittet auch darum, Barrieren jederzeit zu melden. . ·· · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · ·· INTERNET www.wien.gv.at/ menschen/barrierefreiestadt/ internet.html SERVICE INKLUSION Freitag 11. Dezember 2015 EINE PRODUKTION DER MEDIAPRINT 4 „Mir ist wichtig, den Blick weg von der Schublade ,Mensch mit Behinderung‘ hin auf die individuelle Persönlichkeit zu lenken, die halt zufällig einen Rollstuhl benötigt.“ Win-Win-Situation In der Praxis sieht das so aus: Führungskräfte unterstützen qualifizierte Menschen im Rollstuhl bei Berufseinstieg und Weiterentwicklung, indem sie Netzwerke zur Verfügung stellen, zu firmeninternen Veranstaltungen einladen und Einblick in den Berufsalltag geben. Im Gegenzug geben Menschen im Rollstuhl FührungskräftenEinblickinihretäglichen Herausforderungen und zeigen, was sie können. Beide Seiten stehen einander also als Mentoren zur Verfügung. Das ist gelebte Inklusion. „Der Schlüssel dabei ist: mehr Kommunikation. Wir müssen einander näher kennenlernen, müssen mehr voneinander erfahren“, lautet das CredovonMichaelSicher.Mitseinen Workshops und dem Mentoringprogramm „CEOs on Wheels“ zeigt er, wie das funktioniert. Zu tun gibt es noch viel. „Die Zugangsbarrieren zu qualifizierten Jobs und Führungspositionen sind für Menschen mit Behinderung nach wie vor hoch.“ Auch was die Barrierefreiheit allgemein angeht, „ist vieles nochnichtzuEndegedacht.WesentlichistdasehrlicheInteresse aneinander.Erst,wennwirnicht mehr über Inklusion sprechen, haben wir es geschafft.“ – CORDULA PUCHWEIN Für weitere Informationen zu den Workshops diese Seite mit der Shortcut-App scannen „Ich stelle gerne etwas Neues auf die Beine“ Der Herausgeber Florian Dungl gibt mit seinem Magazin „Valid“ eine erfrischend trendiges Lifestyle-Magazin zum Thema Inklusion heraus – mit spannenden und verblüffenden Geschichten von Menschen, die trotz Einschränkungen extrem viel Spaß am Leben haben Florian Dungl in der Redaktion Eigeninitiative. Pure Energie! Trifft man Florian Dungl, ist das der erste Eindruck. Der junge Mann, soeben 30 geworden, ist ein echter Macher, ein Veränderer, ein Powerpaket – obwohl er seit acht Jahren im Rollstuhl sitzt. Badeunfall in Italien, Bruch des fünften und sechsten Halswirbels, Folge: inkomplette Querschnittlähmung. „Ich bin ganz unglücklich mit dem Kopf voran im gerade einmal 20 Zentimeter seichten Wasser gestürzt. Noch in der Sekunde habe ich gewusst, dass da etwas Schlimmes mit mir passiert ist“, sagt Florian Dungl. Klar, dass der Unfall sein Leben verändert hat. Nach einem Jahr intensiver Rehabilitation und regelmäßigen, sehr disziplinierten Trainingsstunden bis heute gibt Florian Dungl nun als Herausgeber des Inklusionsmagazins „Valid“ Gas. Der Titel ist Programm. „Mit Valid als Gegenentwurf zum Negativwort Invalid wollen wir mit diesem Lifestylemagazin einen positiven Change in die gesamte Thematik Behinderung bringen“, sagt Florian Dungl und hält mit dem Stolz eines Vaters, der soeben sein Neugeborenes präsentiert, die jüngste Ausgabe, die Nummer zehn, hoch. Diesmal mit Sandro Kalegaris am Cover. Der wiederum ist die Nummer eins im Sledgehockey – ein Mannschaftssport, der an Action und Brutalität Eishockey um nichts nachsteht. Einziger Unterschied: Menschen mit körperlicher Behinderung üben ihn im Schlitten sitzend aus. Ein geiler Sport, den Florian Dungl mit Begeisterung unterstützt – die „Vienna Warriors“ sind seine Favoriten. „Da spielen tolle Burschen, die am Eis alles geben.“ Inspirierend in der jüngsten Valid-Ausgabe auch die Geschichte über Carlos Martinez, einem der bekanntesten, gehörlosen Pantomimen der Gegenwart. Gleichermaßen ermutigend und faszinierend ist das Porträt über Pablo Pineda. „Er ist der erste Europäer mit Downsyndrom, der ein Studium abgeschlossen hat. Wir erzählen seine unglaubliche Story und demonstrieren damit einmal mehr den positiven Spirit, den wir verfolgen“, sagt Florian Dungl. Er ist halt Jungherausgeber mit Elan. Schöner Nachsatz: „Ich bin ein glücklicher und fröhlicher Mensch.“ www.validmagazin.com ···································································· Das neue „Vaild“ Das aktuelle Inklusionsmagazins in seiner zehnten Ausgabe. Titelstory: „Heiss auf Eis: Sandro Kalegaris. Die Nummer 1 im Sledgehockey“, 5,50 € FOTOS: PAMELA A. MOORE/ISTOCKPHOTO.COM, ECKHARTER RAINER, VERLAG, PRIVAT Lösungsorientiert. Mit klugen Mentoringprogrammen und Workshops überwindet der vielseitige Coach Michael Sicher Barrieren Michael Sicher eröffnet durch sein Mentoringprogramm „CEOs on Wheels“ Menschen mit Behinderung top Karrierechancen ···································································· „Wir müssen einfach mehr voneinander erfahren“ D ie Kurve wird eng. Sehr eng sogar. Der Radius ist minimal, aber mit einigem Reversieren kann man den Weg doch noch fortsetzen. Bis zur nächsten Treppe. Da ist endgültig Endstation. Kein Aufzug, keine Rampe. Das nervt. Und als ein Freund anruft, um ein TreffenineinemLokalzuvereinbaren, kommt es bereits wie aus der Pistole geschossen: „Kann man dort barrierefrei hinein?“ Die Reaktion kennt Unternehmensberater, Trainer und Coach Michael Sicher gut. Im Rahmen seines Workshops „Die andere Seite“, bei dem nichtbehinderteMenschenWegeund Aufgaben im öffentlichen Raum oder in Unternehmen im Rollstuhl oder als Blinde erledigen müssen, kommt die Frage nach der Barrierefreiheit sehr schnell.„DieselbsterlebteRealität sensibilisiert und zeigt, was Rollstuhlfahrer ständig tun: Sie denken voraus und sie denken lösungsorientiert.“ Michael Sicher weiß, wovon er spricht. Seit einer Kinderkrankheit sitzt er im Rollstuhl. Behindern ließ er sich davon nie. Selbst dann nicht,alsertrotzBestqualifikation Jobs nicht bekam. „Da habe ich mir gesagt: jetzt erst recht!“ Nach Wirtschaftsinformatikstudium, einem weiteren auf einer Fachhochschule, Jobs in Führungspositionen in der IT-Branche und Weiterbildungen in Führung, Coaching, Lebensberatung ist er nun selbst Coach. In seiner Arbeit konzentriert er sich darauf, nichtbehinderte und behinderte Menschen zusammenzubringen. Die einen, damit sie ihre Scheu vor Menschen mit Einschränkungen verlieren, deren Alltag und Fähigkeiten kennenlernen. Die anderen, damit sie Mut und Selbstbewusstsein fassen, um trotz Handicaps eine Karriere anzustreben. SERVICE INKLUSION Freitag 11. Dezember 2015 EINE PRODUKTION DER MEDIAPRINT 5 Das tägliche Zusammenspiel Schulalltag. In der Caritas-Inklusionsschule „Am Himmel“ lernt man von- und miteinander D GERHARD DEUTSCH (6) ie heilige Maria ist eine Indianerin mit blauem Schleier. Weil keine entsprechende Krippenfigur da war, wurde kurzerhand eine Playmobil-Squaw umdekoriert.Siepasstnunperfekt für das Stop-Motion-Filmprojekt über die Weihnachtsgeschichte, das Pädagoge Christoph Krebs mit den Kindern geplant hat. Spontan Lösungen zu finden, daran ist man in der Caritas Inklusionsschule „Am Himmel“ gewöhnt. Beim gemeinsamenSchulalltagvonKindern mit unterschiedlich stark ausgeprägten Behinderungen – mit erhöhtem Förderbedarf, wie es korrekt heißt – und Kindern ohne Behinderung kann es schon turbulent zugehen. DieSchule,dielangeJahreals Sonderschule geführt wurde, ging mit September in eine Inklusionsschule über.EinTeilder Kinder blieb, doch einige Eltern waren skeptisch, was das neue Modell betraf, und nahmen ihre Kinder aus der Schule. Neue kamen dazu. Alle, die kamen und blieben,habenesnichtbereut.Im Gegenteil.AuchwennderBetrieb erst seit drei Monaten läuft, wirkt es, als ob es nie anders gewesen wäre. Von der Decke im Gang baumeln selbst gebastelte Weihnachtssterne, vor den Klassenzimmern kleben Fotos von den Schülern und liebevoll ge- Morgenritual: Kinder, die in den Raum kommen, legen einen Stein mit ihrem Namen in eine Holzschale staltete Dekorationen an den Wänden. In der Tür zur Küche stehen spontan vier Kinder aus einer Klasse mit erhöhtem Förderbedarf und wollen Direktorin Andrea Rieger ein Nikolaus-Gedicht aufsagen. Andere Schüler kommen vorbei, spähen ins Zimmer, hören zu, finden es toll, beschließen, selbst eines zu lernen. Auch so funktioniert Inklusion. Ganz nebenbei. Wegbereiter „Was haben wir uns den Kopf zerbrochen, wie wir die Kinder zusammenführen, wie es am besten funktioniert“, so Andrea Rieger. Und dann kam alles anders. „Die Kinder haben es uns aus der Hand genommen, sofort einen Weg gefunden“, so die Direktorin. Dabei ist es ganz normal, dass auch jene mit Behinderung die Führung übernehmen. WiebeimAusflugzumSchweineteich. Da diese Kinder schon längerhiersind,kanntensiedenWeg und führten an. Oder in der „Hardcore Fußballgruppe“, die nichts für Weicheier ist, wie ex- tra betont wird, sind nicht nur Burschen, sondern auch ein Mädchen mit Behinderung regelmäßig dabei. Ziel ist es jedoch, die Kinder auch bei den Lernaktivitäten zusammenzuführen. Freiwillig, ohne Druck. Das braucht Zeit. Nicht zuletzt aufgrund schlechter Erfahrungen, die in Integrationsklassengemachtwurden.Aus solch einer kam ein Bursch mit erhöhtem Förderbedarf vor rund zweiJahrenzuFiniKirchwegerin die Nussklasse. „Ein halbes Jahr wollte er nichts von den Kulturtechniken wissen. Er hat einfach Zeit gebraucht. Inzwischen schreibt er Geschichten und geht wieder auf andere Kinder zu“, so die Pädagogin, die seit 1984 in der Schule „Am Himmel“ unterrichtet, und meint, dass die Ausgangsposition zum Lernen hier nunoptimalsei.InderKleingruppe können die Kinder an Selbstvertrauen gewinnen und, wenn sie so weit sind, sich auch in die große Gruppe, in der nur Kinder ohne Behinderung sind, einbringen. Anders als in Integrationsschulen bilden hier 24 Kinder ohne Einschränkungen die Birkengruppe, die einer MehrstufenVolksschule entspricht. Die 15 Kinder mit erhöhtem Förder- bedarf sind in drei Kleinklassen unterteilt. Jeden Vormittag werden in den einzelnen Klassen Lerninhalte erarbeitet. In der Gruppe oder individuell. Nach einer Pause mischen sich die KinderzugemeinsamenAktivitäten. Motivationshilfe In der Zeit bis 10.15 Uhr hat jederSchülereinenindividuellen Wochenplan und ein Lerntagebuch. Frontalunterricht gibt es hier nicht. Mittels Farbcode wissen die Kinder, welche Aufgaben ihrem Level entsprechen. In der „Sprachenwelt“ stecken Buchstaben an Wäscheklammern, stehen Lernangebote in den Regalen bereit, sitzen Kinder über ihreWochenplänegebeugt.Manche summen vor sich hin, die Szene wirkt total entspannt. So macht lernen Spaß, auch wenn man ansteht. „Ich kapier die Rechnungnochimmernicht.317 und wie viel ist 333? Das ist aber auch wirklich schwierig“, meint LiliundbittetumHilfe.„Möchtest du ein Rechenbrett?“ fragt die Pädagogin. Mit der Rechenhilfe kann die Aufgabe rasch bewältigtwerden.DieLösungselbst herauszufinden, ist immer der erste Schritt. „Wenn Kinder Erfolgserlebnisse haben, gerne ihreAufgabenlösen,fördertdasdie intrinsische Motivation“, ist Rieger überzeugt. Der achtjährige Luca ist kaum zu bremsen. „Das Lösen der Aufgaben des Wochenplans macht mir so viel Spaß. Meistens bin ich so schnell, dass ich schon früher fertig bin. Nicht erst am Freitag.“ Und trotz aller Motivation ist das Zusammenspiel zwischen den Kindern nicht immer einfach. Jeder hat seinen eigenen Rhythmus, eigene Bedürfnisse. Auch, dass ein Kind ausflippt oder einen epileptischen Anfall hat – damit muss man hier immer rechnen. Rückzug ist daher jederzeit möglich und wichtig. „Die Kinder mit einer Lernverzögerung brauchen oft schneller Ruhe“, so die Direktorin. Doch auch die Schützlinge der Birkengruppe dürfen sich eine Auszeit nehmen, wenn sie wollen. Dafür gibt es nicht nur in deneinzelnenRäumenSofasund KissenzumAusspannen,sondern auchdenSnoezelenraum.Eigens für Kinder mit Behinderungen konzipiert, birgt er ein Wasserbett, Lichteffekte und einen Projektor, der eine Unterwasserwelt auf die Wände projiziert. Der RaumstehthierallenKindernzur Verfügung. Schließlich geht es auchumgemeinsameErfahrungen, die man teilt. Egal, ob beim Werken, Theaterspielen oder beim Lernen. Inklusion muss eben auf beiden Seiten gelebt werden können. – BARBARA STIEGER FOTOS: GERHARD DEUTSCH Für weitere Informationen zu der Caritas Inklusionsschule diese Seite mit der Shortcut-App scannen v. li. n. re.: Lernen in entspannter Atmosphäre. Kinder beim spontanen Aufsagen eines Nikolaus-Gedichtes. Ebenfalls spontane „Liebesbekundung“ für Direktorin Andrea Rieger. Kinder beim Basteln mit Ton im Werkunterricht SERVICE INKLUSION Freitag 11. Dezember 2015 EINE PRODUKTION DER MEDIAPRINT 6 „Ich kann alles tun, was ich will“ Frohnatur. Lisa fehlen das Kreuz- und Steißbein und drei Wirbel. Lebensmut hingegen fehlt ihr nicht J reichen. Eine tolle Leistung, vor allem, wenn man bedenkt, wie wichtig Beine in der Reiterei sind. „Ich nehme halt viel die Stimme in Anspruch und arbeite mit meinem Körpergewicht“, sagtLisaundlacht.„DasEinzige, was mir nicht so gut gelingt, ist der Galopp, da hört Riff-Raff immer auf. Aber bis zum nächsten Sommer kann ich das auch.“ Es ist diese Unbeschwertheit, die Lisa auszeichnet. Dass sie im Rollstuhl sitzt, bereitet ihr keine Kopfzerbrechen. „Wenn jemand durch einen Autounfall nicht mehr gehen kann, kann ich mir schon vorstellen, dass es für ihn ein Problem ist“, sagt sie. „Ich kenne mein Leben nur im Rollstuhl–undichhabemichnochnie benachteiligt gefühlt. Ich kann doch alles tun, was ich will.“ Kleine Einschränkungen Auch ihre Mutter hat bislang nur positive Erfahrungen gemacht. Wenn wer Lisa im Weg steht, dann sei sie es selbst, erzählt Jutta und lächelt. „Ich VORBILDLICH BARRIEREFREI sehe manchmal Probleme, die gar nicht vorhanden sind“, sagt sie fast ein bisschen schuldbewusst. „Dinge, die passieren könnten. Aber bis jetzt hat sich alles immer gut ergeben.“ Auch damals, als Lisa zum ersten – und bisher einzigen – Mal wütend auf ihre Beine war. Das war im Familien-Skiurlaub. Alle machten sich auf den Weg zur Piste. Nur Lisa nicht. „Da hat sie gesagt, dass sie ihre blödenBeinenichtmag“,erzählt Jutta. Die Mutter recherchierte und fand eine Skischule, die sich auf Menschen mit Benachteiligungen spezialisiert hat. Seither ist Lisa in den Semesterferien auf der Piste anzutreffen. „DieSkischuleheißt,Gehtnicht, gibt’s nicht‘“, erzählt Lisa. „Das hat mir so gut gefallen, dass ich den Satz zu meinem Motto gemacht habe.“ – ANJA GEREVINI Für weitere Informationen zu dem Reitstall & der Skischule diese Seite mit der Shortcut-App scannen INFO ANZEIGEN Der Stammgast hier ist Lebensfreude GENUSS | TRADITION | QUALITÄT JägerTEE hat einen wichtigen Schritt in Richtung Zukunft getan und den Eingangsbereich für Sie barrierefrei gestaltet. Die Neugestaltung des barrierefreien Eingangs wurde vom 15. bis 20. Juni 2015 durchgeführt. Trotz dieses Umbaus konnte das Geschäft durchgehend offen gehalten werden. Der Zutritt wurde in dieser Zeit durch einen Glaseingang (rechts vom Geschäft) ermöglicht. Vor allem Menschen mit besonderen Bedürfnissen, wie z.B. Rollstuhlbenutzer/innen, ältere Personen aber auch Familien mit Kinderwagen, die den kleinen aber feinen Eingang bis dato nur schwer nutzen konnten, erfreuen sich nun am breiteren Eingangsbereich mit Zutrittsrampe und automatisch öffnender Türe. Wenn es um Barrierefreiheit im Wiener Tourismus geht, gilt das Hotel Zeitgeist Vienna beim Hauptbahnhof als Vorreiter. »Wir setzen uns aktiv für das Thema ein, sowohl bei Ausstattung als auch beim Service«, erklärt General Manager Andreas Purtscher (im Bild links). Der Betrieb verfügt über zehn Zimmer, die für Gäste im Rollstuhl komplett ohne fremde Hilfe nutzbar sind. Ebenso ist die im Erdgeschoss gelegene Lokal-Café-Bar »Pergola« zu 100% barrierefreies Terrain mit überraschenden Gaumenfreuden inklusive! Für seine Maßnahmen erhielt das 4-Sterne-Haus heuer von der Plattform Roomchooser.com Auszeichnung und Gütesiegel. JägerTEE – Operngasse 6, 1010 Wien Einfach online bestellen: www.jaegertee.at Hotel ZEITGEIST Vienna, Sonnwendgasse 15, 1100 Wien www.zeitgeist-vienna.com Foto/© ZEITGEIST Vienna Wiens ältestes Teefachgeschäft mit Vorreiterrolle Eingespieltes Team: Lisa und ihr Islandpferd Riff-Raff. Beim ersten Turnierstart konnten sich die beiden sogar platzieren (beide unteren Bilder rechts) DIAB AB 16.12. NEU in Ihrer Trafik und im Handel um € 7,50 Magazin DIABETES IN DER SCHWANGERSCHAFT Eine betroffene Ärztin sagt, wie sie damit umgeht. VORSICHT, ZUCKERFALLEN! S Preis: € 7 NEUE WAFFEN IM KAMP F GEGEN DIABETES In welchen Lebensmitte ln eine Überdosis Zucker lauert. „DIABETES KANN MICH NICHT STOPPEN“ Gewichtheber MATTHIAS STEINER wurde als Diabe tiker Olympiasieger. Im Interv iew spricht der einst stärks te Mann der Welt über sein Leben mit der Krankheit. FOTO: CHRISTIAN BRUNA Hindernisse bewältigen Und voller Tatendrang ist Lisa wirklich. Sobald sie Riff-Raff lenken und in verschiedenen Gangarten reiten konnte, machte sich das Mädchen an die Umsetzung ihres großen Traums. „Ich wollte unbedingt bei einem Turnier mitmachen“, erzählt sie. „Alle, denen ich das erzählt habe, haben gesagt, dass das eine gute Idee ist – also habeichfleißigtrainiert.“Heuer im Sommer war es endlich so weit: Lisa meldete sich für eine Islandpferde-Turnierserie an – und konnte bei ihren beiden Starts einen Platz unter den ersten Fünf in ihrer Altersklasse er- FOTOS: FRANZ GRUBER (2), PRIVAT (2) etzt, im Winter, muss sich Lisa mehr plagen. Der Gatsch im Reitstall macht es ihr schwerer, ihr Islandpferd alleine vom Paddock zu holen. Denn manchmal bleiben die Rollstuhlräder stecken. Sonst braucht die 10-Jährige aber keine Hilfe. Sie führt Riff-Raff zum Putzplatz und macht ihn fertig zum Reiten. „Ich habe frühermeinerSchwesterimmerzugeschaut“, erzählt Lisa. „Und weil ich Pferde so gerne mag, wusste ich: Ich will auch Reiten lernen.“ Gesagt, getan: Heute lenktsieRiff-Raffganzselbstverständlich in die Bahn und reitet ihn im Schritt, Trab oder Tölt. Lisa kam mit ihrer BehinderungzurWelt.„IchhabeeineselteneKrankheit“,erzähltsie.„Mir fehlen das Kreuz- und das Steißbein und drei Wirbel. Deshalb sitze ich im Rollstuhl.“ Für die Mutter war es ein Schock, als ihr die Krankenschwester nach der Geburt ihre kleine Tochter in die Arme legte. Die Beine des Neugeborenen waren quasi an den Körper gefaltet. Doch dann erwachte ihr Kämpferherz. „Natürlich ist es etwas anderes, wenn man ein Kind hat, das im Rollstuhl sitzt“, sagt Jutta. „Aberichwollteimmer,dassLisa ein normales Leben führt. Deshalb habe ich sie in ihrem Tatendrang immer unterstützt.“ 9 0 4700 000499 03 KURIER.at
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