Hepatitis C und Niere

NEWSLETTER SEPTEMBER 2015
vernetzt Sie mit Experten
Foto: Gunther Willinger
Hepatitis C und Niere
Dr. med. Ansgar Rieke, Pharmazeutin Leonie Meemken
Weit über Veränderungen der Hepatitis
C an der Leber hinaus, führen extrahepatische Manifestationen zu Organdysfunktionen, die für sich eigenständig
eine Indikation zur antiviralen Therapie
der Hepatitis C darstellen.
In diesem Newsletter soll auf die
Veränderungen an der Niere fokussiert
werden.
Das renale Parenchym exprimiert
CD-81- und FR-B1-Rezeptoren, die es
Hepatitis C-Viren ermöglichen, an der
Zelloberfläche zu binden und mittels
Endozytose die Zellen der Niere zu infizieren. Tatsächlich lässt sich HCV-RNA in
Mesangiumzellen, Tubulusepithel, Endothelzellen des Glomerulum und dem
Tubulusapparat der Niere nachweisen.
Wahrscheinlich über Toll-like-Rezeptoren (TLRS) und über die Bildung von
Eiweißmolekülen wird eine Immunreaktion des Körpers ausgelöst, die ein
sehr variables Bild einer renalen Pathologie auslösen kann: So finden sich in
Nierenbiopsien bei Hepatitis C Mikrodissektionen im glomerulären Schlingenkonvolut als TLR3-Spezifität und Formen
einer membrano-proliferativen Glomerulonephritis (MPGN), als typische
Manifestationsform einer Hepatitis C
an der Niere. Besteht eine HCV-getriggerte Kryoglobulinämie (zirkulierende
Proteine, die bei Kälte präzipitieren),
kann dies als Vaskulitis an der Haut
(besonders der Extremitäten) Ulcera
induzieren. Die Proteine werden an
der Niere, im Bereich der mesangialen
Matrix oder den glomerulären Kapillaren angelagert und lösen eine Immunreaktion aus. Hepatitis C und Kryoglobuline können so eine „Endotheliitis“
induzieren und durch anti-endotheliale
Antikörper und Komplementaktivierung
einen renalen Schaden anrichten, der
alle Formen einer Glomerulonephritis
nach sich ziehen kann: Dies sind neben
der Immunkomplexglomerulonephritis
die membrano-proliferative Glomerulonephritis (MPGN), die membranöse
GN, die fokal segmentale Glomerulosklerose (FSGS), die IgA-Nephritis,
Formen einer fibrillären oder immunotaktoiden Glomerulonephritis und
Nierenbeteiligung im Rahmen einer
Polyarteriitis nodosa (PAN).
Klinik
Verlaufskontrollen haben gezeigt, dass
eine Niereninsuffizienz bei Hepatitis C
oft unspektakulär und ohne das typische Bild einer akuten Glomerulone-
phritis mit Hämaturie und Proteinurie
(dies nur in W der Fälle) ablaufen kann.
Eine „stille Schädigung“ der Nieren zeigt
sich dann ausschließlich in einem Anstieg der Retentionswerte bzw. (besser)
im Abfall der GFR, das gilt sowohl für
die Berechnung nach Cockcroft Gault,
MDRD oder CKD-EPI. Wegen der Vielgestaltigkeit der renalen Schädigung muss
bei der Abklärung einer Niereninsuffizienz grundsätzlich immer auch eine Hepatitis-Serologie geprüft werden. Durch
weitere Co-Faktoren wie unzureichende
Blutdruckeinstellung, Einnahme von
NSAR bei HCV-assoziierten Arthritiden,
Nikotin oder Diabetes mellitus, wird die
Nierenfunktion negativ beeinflusst. In
einer retrospektiven Kohortenanalyse
(Torontino, 1995) mit mehr als 470.000
Personen konnte gezeigt werden, dass
die Inzidenz einer terminalen Niereninsuffizienz (ESRD) bei Hepatitis C deutlich erhöht ist (4,3/1000 Patientenjahre
versus 3,1/1000 Patientenjahre). Eine
Metaanalyse von 14 Studien mit 336.227
Hepatitis C-Patienten gegenüber einer
Kontrollgruppe mit 2.665.631 HCVnegativen Personen bestätigt diesen
Trend mit einem um 23% erhöhten Risiko für eine dialysepflichtige Niereninsuffizienz bei chronischer Hepatitis C
(Park et al, 2015).
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Therapie
Die Therapie der Hepatitis C-assoziierten Glomerulonephritis orientiert sich
zunächst an den allgemeinen Prinzipien
einer GN-Therapie mit Blutdruckeinstellung auf Zielwerte um 120/80
mmHg mit antiproteinurisch wirkenden ACE-Hemmern oder Sartanen, in
Kombination mit Diuretika und lang
wirkenden Calcium-Antagonisten. Der
Einsatz von Antikoagulantien bei großer
Proteinurie (nephrotisches Syndrom)
muss angesichts einer oft fortgeschrittenen Lebererkrankung mit Thrombopenie und portaler Hypertension kritisch
gesehen und gegenüber dem Thromboserisiko individuell abgewogen werden.
Als einzige kausale Therapie bleibt die
antivirale Therapie der Hepatitis C als
Grunderkrankung.
Hepatitis C bei Niereninsuffizienz
Die Prävalenz einer Hepatitis C bei
niereninsuffizienten Patienten vor
Dialyse ist höher als in der Normalbevölkerung (Lemos et al, 2007). Eine
akute Hepatitis C verläuft überwiegend
anikterisch und nur mit milder Erhöhung der GPT (= ALT), meist unterhalb
einer 10-fachen Erhöhung der Norm. Mit
einer Serokonversion zu Anti-HCV ist
zwischen 1 und 7 Monate bei Dialysepatienten zu rechnen und tritt in 90%
der Fälle auf (Lemos et al, 2007). Der
Verdacht einer Infektion muss durch
eine quantitative HCV-PCR Bestimmung
bestätigt werden. In einer Studie mit
monatlichen Kontrollen an 281 Dialysepatienten konnte gezeigt werden, dass
in 3 Fällen die HCV-RNA der einzige
Marker einer Infektion war (Moreira et
al, 2003). Eine monatliche Kontrolle der
GPT und 6-monatliche Kontrolle auf
Anti-HCV ist als Screening für Dialysepatienten zu fordern. Eine spontane
Elimination des Virus ist bei Dialysepatienten noch unwahrscheinlicher als bei
Patienten mit normaler Nierenfunktion
und tritt nur in etwa 5% der Fälle auf
(Lemos et al, 2008). Deshalb muss mit
einer Therapie nicht erst auf die Chance
einer Spontanheilung gewartet werden.
Bei Dialysepatienten ist Hepatitis C ein
Faktor für Morbidität und Mortalität
sowohl durch leberbezogene (wie z. B.
HCC oder Leberzirrhose) als auch kardiovaskuläre Ereignisse. Möglicherweise
ist Hepatitis C – mit der Begünstigung
einer Insulinresistenz, einem metabolischen Syndrom oder einer chronischen
Inflammation – Ursache einer verstärkten Atherogenese (Fabrici et al, 2012). Bei
Dialysepatienten sind GPT (= ALT)-Werte
oft nicht so erhöht und eignen sich
deshalb nicht zur Abschätzung einer hepatischen Inflammation, ein Übergang
zur Leberzirrhose erscheint vermindert
(Okuda et al, 2004). Die Bestimmung der
HCV-PCR ist durch Dialyse beeinflusst
und zeigt insgesamt niedrigere Werte,
ja oft sogar nicht messbare Ergebnisse
(33% bis 67%, Fabrici, 2000), was möglicherweise durch Adhäsion von Viruspartikeln an Dialysemembranen zu erklären
ist. Dieser Effekt scheint bei einer chronischen Hämofiltration ausgeprägter zu
sein als bei reiner Hämodialyse. So sind
auch falsch negative PCR-Untersuchungen bei Dialysepatienten möglich. Nach
einer Nierentransplantation zeigen die
meisten Studien eine Beschleunigung
der Fibroseprogression und eine erhöhte
leberbedingte Mortalität (Singh, 2012).
Auch das Transplantatüberleben ist
negativ beeinflusst.
Therapie mit den neuen direkt
antiviralen Substanzen (DAAs)
Nach Markteinführung der DAAs
Sofosbuvir (SOF), Simeprevir (SMV),
Daclatasvir (DCV), Fix-dose Kombinationen Ledipasvir/Sofosbuvir (LDV/SOF)
oder Ombitasvir/Paritaprevir/Ritonavir
(OBV/PTV/r) (=3D) und Dasabuvir (DSV)
ergeben sich neue Möglichkeiten einer
Interferon- und häufig Ribavirin-freien
Therapie. Die Medikamente haben wesentlich weniger Nebenwirkungen und
ein deutlich besseres Sicherheitsprofil
und werden in ersten Studien auch von
Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz sehr gut vertragen. Allerdings muss
die renale Clearance der Einzelsubstanzen beachtet werden.
So kann Sofosbuvir (gem. Zulassung) in
üblicher Dosis nur bis zu einer GFR > 30
ml/min./1,73 m2 eingesetzt werden. Bei
einer GFR < 30 ml/min./1,73 m2 gibt es
für Sofosbuvir keine Daten, daher kann es
nicht eingesetzt werden. Für Simeprevir
ist eine Spiegelerhöhung bei einer GFR
von < 30 ml/min./1,73 m2 zu erwarten
und deshalb Vorsicht geboten. Deshalb
bieten sich vor allem Simeprevir, Daclatasvir und die 3D-Substanz-Kombination
für den Einsatz bei Niereninsuffizienz an.
Nach heutigen Erkenntnissen darf
sich die Dauer der Therapie auch bei
Niereninsuffizienz an den üblichen
Leitlinien der Hepatitis C-Therapie mit
DAAs orientieren und so übernommen
werden. Ribavirin sollte dabei sehr vorsichtig anhand der GFR dosiert werden
und das Blutbild regelmäßig kontrolliert
werden. Bei Dialysepatienten besteht
das Risiko einer schweren und u. U.
anhaltenden Anämie.
Extrahepatische Manifestationen der Hepatitis C
als Indikation einer Therapie
Endokrin
autoimmune Schilddrüsenerkrankungen (insb. Hashimoto-Thyreoiditis), Insulinresistenz (Diabetes mellitus),
Störungen der Wachstumshormone (GH-Insuffizienz)
Hämatologisch
lymphoproliferative Erkrankungen, Non Hodgkin-Lymphome, idiopathische Thrombozytopenie, monoklonale
Gammopathie, autoimmun-hämolytische Anämie
Dermatologisch
Lichen ruber planus, Porphyria cutanea tarda, uncharakteristische palpable Purpura und Pruritus
Rheumatologisch
gemischte Kryoglobulinämie, positive Rheumafaktoren, Gelenkbeschwerden mit Oligo- und Polyarthritis und
Sicca-Syndrom in Vaskulitiden (abdominell als Angina abdominalis, an der Haut als Ulcera, an der Niere als
Glomerulonephritis)
Kardio-pulmonal
Formen einer Myopathie, Myocarditis, Kardiomyopathie und idiopathische Pulmonalfibrosen
Psychiatrisch
chronische Depression, psychomotorische Verlangsamung, Müdigkeit
Die Kombination der neuen DAAs mit
der Polypharmakotherapie eines Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz
ist nicht trivial, das gilt inbesondere
für Antihypertensiva, Lipidsenker und
die neuen Antikoagulantien. Trotz der
neuen Möglichkeiten in der Hepatitis
C-Therapie ist die Rate der Hepatitis C
behandelten Dialysepatienten weiter
erschreckend niedrig, selbst im Zeitalter der neuen DAAs noch unter einem
Prozent.
Furosemid)
• Pantoprazol 40 mg 1-0-0 (Wirksamkeit beobachten, ggf. Dosiserhöhung
Pantoprazol)
• Candesartan 16 mg V-0-V (Überprüfung des Blutdruckprofils, ggf.
Dosisreduktion Candesartan)
• Nebivolol 5 mg V-0-0 (Überprüfung
des Blutdruckprofils, ggf. Dosisreduktion Nebivolol)
• Sevelamer 0-1-0 (nach Beendigung
der Therapie, also Wo 13, wieder 1-1-1)
Erstmals im April 2015 konnten beim
diesjährigen EASL Daten der RUBY-Studie gezeigt werden, die den Einsatz von
OBT/PTV/r und DSV bei Dialyse-Patienten mit einer angepassten Ribavirin-Dosis je nach Genotyp an SVR-Raten
erinnern lässt, die auch in Zulassungsstudien ohne Niereninsuffizienz gezeigt
werden konnten. Weitere Studien laufen
ohne Ribavirin.
Hintergrund der Empfehlungen:
Fallbeispiel
Eine junge Patientin mit einer Niereninsuffizienz und einem sekundären Hyperparathyreoidismus hat sich zwischen
1984 und 1995 mit einer Hepatitis C
GT 1b infiziert. Unter der Therapie mit
Interferon alpha 2a und Ribavirin wurde
2009 nie eine komplette Viruseradikation beobachtet, so dass wegen erheblicher Nebenwirkungen die Therapie in
Woche 12 abgebrochen werden musste.
Da die Patientin dialysepflichtig wurde,
ergab sich erst nach Zulassung der 3D
Substanz Kombination, die nicht renal
eliminiert wird, eine neue Therapieoption. Bewusst wurde auf die Daten
der RUBY-Studie gewartet. In dieser
Studie wurden Dialysepatienten ohne
wesentliche Komplikationen mit der
Triple D Substanz in der Standard-Dosis
erfolgreich behandelt. Allerdings ist das
Interaktionspotential von OBV/PTV/r
und DSV mit der Dauertherapie sorgfältig zu beachten.
Für die Begleitmedikamente wurden
mit OBV/PTV/r und DSV folgende Empfehlungen abgegeben:
• L-Thyroxin 125 mg 1-0-0 (Kontrolle
der Schilddrüsenwerte, ggf. Dosisreduktion L-Thyroxin)
• Furosemid 20 mg 1-1-0 (Kontrolle auf
Verträglichkeit, ggf. Dosisreduktion
OBV/PTV/r und DSV hemmt den Abbau
einiger Medikamente über die Enzyme
CYP 3A4, UGT1A1, und die Transporter
OATP1B1 und BCRP. Daher können die
Spiegel von L-Thyroxin, Furosemid,
Candesartan und Nebivolol ansteigen.
Eine Dosisreduktion ist evtl. notwendig.
Im Gegensatz dazu können die Protonenpumpenhemmer wie in diesem Fall
das Pantoprazol über eine Induktion
des Isoenzyms CYP2C19 beschleunigt
abgebaut werden. Die Dosis ist evtl.
anzupassen. Es handelt sich hier um
keine pH-Wert abhängige Interaktion.
Zwischen Sevelamer und OBV/PTV/r
und DSV werden keine Interaktionen
beschrieben. Es ist eventuell zu beachten, dass einige Medikamente aufgrund
von Bioverfügbarkeitsproblemen mit
Sevelamer in einem gewissen zeitlichen
Abstand eingenommen werden müssen. Da es zu Sevelamer und den DAAs
keine PK-Studien gibt, ist dieser Effekt
evtl. zu berücksichtigen.
Die Patientin ist inzwischen am Ende
der Therapie und war problemlos ohne
Nebenwirkungen in Wo 2 und Wo 12
mit HCV unter der Nachweisgrenze. Bei
dieser Patientin musste keine Dosisreduktion vorgenommen werden.
Interaktionspotentiale der DAAs
Interaktionen treten während des
Transportes bzw. während des Metabolismus in der Leber auf. Alle DAAs
werden über das Transporterprotein
P-Glycoprotein (P-gp) transportiert
und hemmen es gleichzeitig, sodass
die Spiegel vieler Begleitmedikamente
theoretisch ansteigen können. Teilweise
werden auch noch andere intestinale
Transporterproteine wie z. B. OATP1B1/3
oder BCPR gehemmt, wodurch sich bei
weiteren Medikamenten die Blutspiegel
erhöhen können. OBV/PTV/r und DSV
werden intensiv über die Leber metabolisiert und können neben den Interaktionen über die Transporterproteine
auch diverse Enzyme wie z. B. CYP3A4,
CYP2C19, CYP2B6 und UGT1A1 beeinflussen. Dadurch kann es auch zu Spiegelschwankungen der Begleitmedikation
kommen. Die Wirksamkeit der DAAs
ist durch Johanniskraut und die alten
Antiepileptika bzw. Antituberkulostatika vermindert. Daclatasvir wird durch
starke CYP3A4-Inhibitoren beeinflusst.
Eine Dosisanpassung von Daclatasvir
wird teilweise empfohlen.
Da es für viele Kombinationen noch
keine pharmakokinetischen Daten gibt,
werden theoretische Überlegungen hinzugezogen, die in den unterschiedlichen
Datenbanken verschieden interpretiert
werden. Deshalb ist eine engmaschige
Kontrolle immer sinnvoll.
Bei Patienten, die Amiodaron und LDV/
SOF bzw. SOF/DCV erhielten, wurden
8 Fälle von schwerer Bradykardie oder
Herzblock berichtet. Bei einem Fall kam
es zu einem letalen Herzstillstand, bei 2
Fällen war eine Intervention mit Herzschrittmachern erforderlich. Aufgrund
des Risikos von klinisch signifikanten
Herzrhythmusstörungen sollten die
Kombinationen LDV/SOF, DCV/SOF und
SIM/SOF nur dann angewendet werden,
wenn keine Alternativen möglich sind.
Auch bei SIM ohne SOF ist Vorsicht
geboten und ein TDM für Amiodaron
oder klinisches Monitoring sinnvoll.
OBV/PTV/r und DSV ist kontraindiziert.
Der Interaktionsmechanismus ist noch
ungeklärt. Digoxin wird über das P-gp
transportiert. Für Daclatasvir, Simeprevir
und Ledipasvir werden erhöhte Digoxin-Spiegel beschrieben, die engmaschig monitoriert werden sollten. OBV/
PTV/r und DSV interagieren nicht mit
Digoxin, nur unter OBV/PTV/r alleine
wird eine 30–50% Dosisreduktion von
Digoxin empfohlen.
Calcium-Kanal-Blocker werden alle über
CYP3A4 abgebaut, sodass die Dosis unter OBV/PTV/r und DSV wahrscheinlich
gesenkt werden kann. Amlodipin, Felodipin und Diltiazem werden über das
P-gp transportiert. Die Spiegel dieser
Calcium-Kanal Blocker können theoretisch bei allen DAAs ansteigen, sodass
Blutdruck und Puls kontrolliert werden
sollte. Die ACE-Hemmer verhalten sich
interaktionsarm. Nur mit Enalapril
wird eine Dosisreduktion unter OBV/
PTV/r und DSV empfohlen. Für Lisinopril
werden erhöhte Spiegel bei Zirrhotikern
beschrieben.
Bei den ß-Blockern werden erhöhte
Bisoprolol- und Nebivolol-Spiegel unter
OBV/PTV/r und DSV als CYP3A4-Inhibitor erwartet. Die Dosis ist wahrscheinlich zu senken. Metoprolol, Atenolol,
Carvedilol und Propanolol sind ohne
Dosisanpassung mit OBV/PTV/r und
DSV möglich. Für Carvedilol wird ein
inhibierender Effekt auf das P-gp beschrieben, sodass theoretisch erhöhte
Sofosbuvir-Spiegel erwartet werden
können. Ansonsten werden keine Interaktionen mit ß-Blockern beschrieben. Es
wird aber darauf hingewiesen, dass bei
schwerer Leberinsuffizienz die Bisoprolol-Dosis auf 10 mg bzw. bei moderater
Leberinsuffizienz auf 2,5 mg reduziert
werden sollte. Auch für Valsartan ist bei
einer milden bis moderaten Leberinsuffizienz laut Europäischen Guidelines
80 mg empfehlenswert. Außerdem
wird Valsartan über das organische
Anionen-Transporterpolypeptid (OATP)
transportiert und von OATP-Inhibitoren
in seinem Transport gehemmt. Das gilt
theoretisch für alle DAAs. Auf potentielle Nebenwirkungen wie Hypotension,
Kopfschmerzen und Schwindel ist zu
achten.
Die Statine werden über P-gp, BCRP
und OATP1/3 transportiert, die von allen
DAAs gehemmt werden. Deshalb gilt,
die niedrigste mögliche Statin-Dosis zu
wählen und den Patienten zu monitorieren. LDV/SOF ist mit Rosuvastatin kontraindiziert. Für OBV/PTV/r und DSV gibt
es PK-Studien und klare Empfehlungen.
RTV hemmt zusätzlich das Isoenzym
CYP3A4, sodass Atorvastatin, Lovastatin
und Simvastatin mit OBV/PTV/r kontraindiziert sind. Die Pravastatin Dosis
ist um die Hälfte zu senken und Rosuvastatin bis zu 5 mg zu dosieren. Ohne
DSV kann die Dosis von Rosuvastatin auf
10 mg erhöht werden. Bei Simeprevir
verhält es sich ähnlich. Die Rosuvastatin
Dosis sollte nicht 10 mg überschreiten.
Die NOACs Rivaroxaban und Apixaban
werden intensiv über CYP3A4 abgebaut,
sodass sie aufgrund des Spiegelanstieges unter OBV/PTV/r und DSV verstärkt
Blutungen auslösen können. Rivaroxaban ist kontraindiziert mit OBV/PTV/r
und DSV. Patienten unter Apixaban in
einer Dosis von 5 mg BID sind auf Apixaban 2,5 mg BID zu reduzieren. Patienten, für die 2,5 mg BID ausreichend ist,
dürfen die Kombination nicht erhalten.
Dabigatran ist ein Substrat von P-gp,
sodass alle DAAs die Dabigatran-Spiegel erhöhen können. P-gp-Inhibition
und Niereninsuffizienz sind die zwei
Parameter, die die Dabigatran-Spiegel
ansteigen lassen. Bei Patienten mit
Daclatasvir und einer Niereninsuffizienz
von ClCr < 50 ml/min. ist die Kombination zu vermeiden.
In der Gruppe der Thrombozytenaggregationshemmer ist Ticagrelor weniger
empfehlenswert. Es ist ein CYP3A4-Inhibitor, der die Daclatasvir-Spiegel ansteigen lässt. Auf Nebenwirkungen wie
Kopfschmerzen, Müdigkeit und Übelkeit
ist zu achten. Eine Dosisreduktion von
Daclatasvir wird nicht empfohlen. Da
Ticagrelor aber auch ein P-gp-Substrat
ist, können die Ticagrelor-Spiegel auch
unter den anderen DAAs ansteigen.
Mit OBV/PTV/r und DSV sind erhöhte
Blutungen aufgrund einer CYP3A4
Inhibition durch Ritonavir auf Ticagrelor
zu erwarten.
Bei den Antidiabetika wird auf Repaglinid hingewiesen, das als OATP-Substrat
verstärkt wirksam sein könnte. Der
hemmende Effekt auf Repaglinid wird
für Daclatasvir beschrieben, gilt wahrscheinlich auch für die anderen DAAs.
Die hier aufgeführten Interaktionen
sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst. Da es für viele Kombinationen noch keine pharmakokinetischen
Daten gibt, werden theoretische Überlegungen hinzugezogen. Bei weiteren
Fragen oder Anmerkungen kontaktieren
Sie uns unter www.inxfo.de.
Interaktionspotential der DAAs
mit der Begleitmedikation
SOF + LDV
PTV/r + OMV/+DCS
SMV
DCV
SOF
Amlodipin
Amlodipin* [
Amlodipin [
(V Dosis)
Amlodipin* [
Amlodipin* [
keine IA*
Lercandipin
keine IA*
Kontraindiziert
keine IA*
keine IA*
keine IA*
Enalapril
keine IA*
Enalapril [
keine IA*
keine IA*
keine IA*
Ramipril
keine IA*
keine IA
keine IA*
keine IA*
keine IA*
Valsartan
Valsartan* [
Valsartan [
Valsartan [
Valsartan [
keine IA*
Olmesartan
keine IA*
keine IA*
keine IA*
keine IA*
keine IA*
Eprosartan
keine IA*
keine IA*
keine IA*
keine IA*
keine IA*
Atorvastatin (Ator)
evtl. Ator* [
Kontraindiziert*
Ator [ (AUC 2,12 \)
niedrigste Dosis
Ator* [
keine IA*
Pravastatin (Pra)
Pra* [
Pravastatin [
(V Dosis)
Pra* [
niedrigste Dosis
Pra* [
keine IA*
Simvastatin (SIM)
SIM* [
Kontraindiziert
SIM [ (AUC 1,5 \)
niedrigste Dosis
Sim* [
keine IA*
Lovastatin (Lov)
Lov* [
Kontraindiziert
Lov* [
niedrigste Dosis
Lov* [
keine IA*
Rosuvastatin (Ros)
Kontraindiziert
Viekirax + Exviera:
5 mg; Viekirax ohne
Exviera: 10 mg
Ros 5 mg (AUC 2,81 \)
(10 mg nicht
überschreiten)
Ros [ (AUC 1,6 \)
niedrigste Dosis
keine IA*
keine IA*
keine IA
keine IA*
keine IA
keine IA*
Calcium-Blocker
ACE-Hemmer
Sartane
Lipidsenker
Diuretika
Hydroclorothiazid
Furosemid
keine IA*
Furosemid [
keine IA*
keine IA*
keine IA*
Triamteren
keine IA*
keine IA
keine IA*
keine IA*
keine IA*
Spironolacton
keine IA*
keine IA
keine IA*
keine IA*
keine IA*
keine IA*
keine IA*
keine IA*
keine IA*
keine IA*
Apixaban
keine IA*
Apixaban > 2,5 mg BID:
50% Dosisreduktion;
2,5 mg BID: vermeiden
keine IA*
keine IA*
keine IA*
Rivaroxaban
Rivaroxaban-Spiegel \
(auf Blutungssymptome achten)
Kontraindiziert
(Rivaroxaban AUC 150%
\)
keine IA*
keine IA*
keine IA*
Dabigatran
Dabigatran* [
Dabigatran* [
Dabigatran* [
Dabigatran* [
keine IA*
Amiodaron
Kontraindiziert
Kontraindiziert
Kontraindiziert
Kontraindiziert
Kontraindiziert
Digoxin
Digoxin* [
keine IA (ohne Exviera
30–50% der Dosis)
Digoxin [ (AUC 1,39
\) niedrigste Dosis
Digoxin [ (AUC 1,27
\) niedrigste Dosis
keine IA*
keine IA
keine IA
keine IA*
keine IA*
keine IA*
keine IA*
Phosphatsenker
CaCarbonat
Antikoagulantion
Antiarrhythmika
Betablocker
Metoprolol
Bisoprolol
keine IA
Bisoprolol* [
Nebivolol
keine IA
Nebivolol* [
keine IA*
keine IA*
keine IA*
keine IA*
keine IA*
keine IA*
keine IA*
keine IA*
Vasodilatatoren
Dihydralazin
keine IA*
* keine PK-Daten vorhanden, nur theoretische Überlegungen; IA = Interaktionen; DA = Dosisanpassung
Hepatitis C Medikamente und Niereninsuffizienz
Substanz
Standarddosierung
CrCl (ml/min.)
Dosierung
SOF
1 ô 400 mg
> 80
Standard
≥ 30–80
Standard, aber 61% höhere Exposition
≤ 30
nicht untersucht
HD
keine Daten
> 80
Standard
≥ 30–80
Standard
< 30
nicht untersucht
HD
keine Daten
> 80
Standard
≥ 30–80
ca. 40% Anstieg der AUC
< 30
ca. 51% höhere AUC
HD
ca. 20% höhere AUC
> 80
Standard
≥ 30–80
Standard
< 30
Standard
HD
Standard
> 80
Standard
≥ 30–80
Standard
< 30
Standard
HD
Standard
> 80
Standard
> 30–80
Standard, höhere AUC
< 30 oder HD
nicht untersucht
≥ 90
Standard
60–89
600–800 mg/die
30–59
400–600 mg/die
15–29
200 mg/die
< 15 oder HD
austitrieren nach Verträglichkeit, Start 200 mg/3 ô Woche
SOF/LDV
DCV
PTV/r + OMV
DSV
SMV
RBV
1 ô 90/400 mg
1 ô 60 mg
2 ô 12,5/75/50
2 ô 1 250 mg
1 ô 150 mg
800–1200 mg
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