woran fusionen wirklichscheitern.

WORAN FUSIONEN WIRKLICH SCHEITERN.
Woran Fusionen wirklich scheitern.
Worauf es bei Fusionen ankommt
Egal ob freundliche Übernahme, feindlicher Takeover, Fusion auf Augenhöhe, Verschmelzung oder Integration. Das Ziel jeder Unternehmenszusammenführung ist das Realisieren von Synergien. Allerdings beträgt die Misserfolgsquote bei Unternehmenszusammenschlüssen laut einer Studie der
Zeppelin University Friedrichshafen ca. 60 %. Bei börsennotierten Unternehmen konnte innerhalb von fünf Jahren ein Rückgang des Börsenwerts um
über zehn Prozent festgestellt werden. Der Hauptgrund dafür ist, dass der
Erfolg einer Fusion nicht alleine von den zu klärenden Sachfragen oder der
Gestaltung des Zusammenführungsvertrages abhängt. Für eine gelungene
Integration kommt es auf mehr an.
Beispiele für gescheiterte Fusionen
Beispiel 1: IT-Serviceunternehmen
Zwei konkurrierende Unternehmen gehen aufeinander zu. Die Aufsichtsräte
beider Gesellschaften sehen in einem Zusammenschluss die beste Aussicht
auf Stärkung der Marktposition beider Unternehmen. Es geht um annähernd
4.000 Mitarbeiter in beiden Firmen. Nicht Übernahme, sondern Fusion auf
Augenhöhe ist angesagt.
Die Vorstände beider Aktiengesellschaften treten in mehrstufige Verhandlungen ein. In den ersten Verhandlungen scheint es zügig voranzugehen. Rechtsform, Standortfragen, Termine für Hauptversammlungen und Aufsichtsratssitzungen, all das ist schnell geklärt.
Bis man an einen Knackpunkt kommt: die stark voneinander abweichende
Bezahlung in beiden Unternehmen. Es geht nicht weiter. In der Belegschaft
beider Unternehmen wird der stockende Prozess als „unerträglicher Zustand“
empfunden. Zudem ist längst durchgesickert, dass der Zusammenschluss
über 1.000 Stellen kosten wird. Es breitet sich leistungsvernichtende Unruhe
in beiden Organisationen aus.
Die Vorstände lassen nach außen ein Bild von Streithahnkultur erkennen.
Und das Bild trügt nicht: sie sind Streithähne. Die Führungskräfte lassen
ihre Mitarbeiter mit Informationen im Regen stehen. Sie können nicht an-
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ders. Alle warten darauf, dass endlich Klarheit herrscht und die Pflöcke des
Fusionsprozesses stabil verankert werden, damit man den wartenden Mitarbeitern Informationen geben und Perspektiven aufzeigen kann. Inzwischen
machen sich die besten Leute auf den Weg, nach Alternativen am Arbeitsmarkt zu suchen. Die Verbliebenen konzentrieren sich auf das Sichern ihrer
Besitzstände und Grabenkämpfe zwischen den Bereichen, aus denen sie als
Sieger hervorgehen wollen, um sich so ihren Platz in der neuen Organisation
zu sichern. Ob die Fusion je durchgeführt wird, ist unklar.
Beispiel 2: Medienunternehmen
Ein europaweit tätiger Medienkonzern beschließt die Zusammenführung von
Teilen zweier Konzerntöchter. Aus bestimmten Bereichen der IT-Servicetochter, die sich seit Jahrzehnten um die komplette interne Infrastruktur kümmert, soll in Verbindung mit Teilen der Direktmarketingeinheit des Konzerns
ein neuer starker Anbieter im Markt für Kundenmanagement Software werden. Das Geschäftsmodell wird mit Hilfe einer Strategieberatung in wenigen
Wochen erstellt. Ein Businessplan wird dazu geliefert. Der Konzernvorstand
ist überzeugt.
Die Juristen bekommen grünes Licht. Wenige Monate nach dem Aufkeimen
der Idee ist die neue Gesellschaft gegründet. Die Leitung des Unternehmens
wird vorerst kommissarisch von den Geschäftsführern der ursprünglichen
Einheiten übernommen. 100 Mitarbeiter – je ca. 50 aus beiden Bereichen –
beziehen neue Räumlichkeiten. Das Desaster beginnt.
Denn es treffen zwei Welten aufeinander: Die „alte Welt“ der beamtenmäßigen Konzern-IT-Abteilung mit einer durchschnittlichen Betriebszugehörigkeit von über 15 Jahren und die „neue Welt“ in Form junger Kreativer, deren
Handeln von Dynamik, Zeitgeist und Experimentierfreude geprägt ist.
Man versteht sich nicht. Und konzentriert sich deshalb auf das gegenseitige
Bekämpfen. Nicht erreichte Planzahlen und ansteigende Kundenbeschwerden bieten hierfür ausreichend Treibstoff. Der Grund: Das Thema „Zusammenführung“ zweier Kulturen kam im Businessplan nicht vor. Die Sichtweise der Geschäftsführer war einfach: Was man nicht in Zahlen beschreiben
kann, kann man nicht managen. Und was sich nicht managen lässt, ist nicht
relevant. Ein neuer Geschäftsführer von außen wird eingestellt. Auf ihm ru-
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Woran Fusionen wirklich scheitern.
hen alle Hoffnungen. Nach zwei Monaten trennt man sich wieder. Es folgen
drei weitere Geschäftsführer. Nach fünf Jahren vergeblichen Bemühens wird
die Gesellschaft wieder aufgelöst und in die alten Konzernstrukturen reintegriert. Das vernichtete Kapital bewegt sich im zweistelligen Millionenbereich.
Zurück bleiben frustrierte Mitarbeiter, die aus welchen Gründen auch immer
nicht wechseln wollten oder konnten. Denn die Besten sind längst bei anderen Unternehmen außerhalb des Konzerns untergekommen.
Die Ursachen des Scheiterns
In beiden Fällen scheiterte die Zusammenführung trotz sorgfältiger Beratung
und Begleitung durch Juristen, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Strategieexperten. Im ersten Fall kam es nicht einmal zu einer Fusion.
Die Gründe sind auf den ersten Blick unterschiedlich: Konflikte auf der
obersten Führungsebene, nicht thematisierte kulturelle Unterschiede zwischen den beiden Unternehmen, Ängste und Widerstand in der Belegschaft.
Es gibt jedoch einen gemeinsamen Nenner: In beiden Fällen sind die Emotionen der beteiligten Personen die tiefer liegende Ursache.
Diese „weichen“ Faktoren führen dazu, dass die „harten“ Ziele nicht erreicht
werden. Erfolgreiche Fusionen zeichnen sich dadurch aus, dass die Trennung
zwischen „weich“ und „hart“ aufgehoben wird. Diese Notwendigkeit zu ignorieren, bedeutet das Risiko des Misserfolgs massiv zu erhöhen. Es ist so leicht
nachvollziehbar und wird dennoch so oft verdrängt: Vom ersten Moment an,
wo die ersten Gerüchte durch das Haus geistern, ist für Mitarbeiter und Führungskräfte nichts mehr, wie es war. Dass von jetzt auf gleich die Grundlage
der eigenen Tätigkeit in Frage gestellt wird, ist für die meisten Menschen
ein Schock. Und damit beginnt eine Achterbahnfahrt der Gefühle, an deren
Ende ein erfolgreicher Zusammenschluss oder das Trümmerfeld geplatzter
Synergien steht.
Diese emotionale Berg- und Talfahrt zu erkennen und damit umzugehen,
sollte Fusionsmanager und Integrationsexperten genauso beschäftigen, wie
die Berechnung von Synergieeffekten und Feinheiten der Vertragsgestaltung.
Dabei sollte die benötigte Kompetenz auf mehrere Köpfe verteilt werden.
Denn eine Unternehmenszusammenführung ist ein hochkomplexer Prozess,
bei dem viel auf dem Spiel steht. Bereits kleine Fehler führen zu hohen Kosten.
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Typische Fehler und wie sie sich vermeiden lassen
Fehler Nr. 1: Unzureichend kommunizieren
Die Kommunikation bei Fusionen und Übernahmen ist eine permanente
Gradwanderung. Insbesondere in den ersten Wochen – wo die Juristen am
liebsten gar nichts verkünden würden – ist der Informationsbedarf der Mitarbeiter am höchsten. Bei börsennotierten Unternehmen stellt sich dieses Problem in besonderem Maße. Die Betroffenen nicht oder wenig zu informieren,
geht in aller Regel nach hinten los. Nichts schürt Gerüchte und damit Ängste
und Widerstände mehr, als die Zurückhaltung von Informationen in den
ersten Wochen. Deswegen gilt der Grundsatz: So direkt, klar und schnell wie
möglich informieren.
Beispiel aus der Beratungspraxis der SAAMAN AG:
Das Kommunikations-Skript
Nach Analyse der Ausgangssituation erstellt die SAAMAN AG ein Kommunikations-Skript, in denen sämtliche notwendigen internen und externen kommunikativen Maßnahmen beschrieben sind.
Dadurch erhalten alle Akteure (Geschäftsführung, Unternehmenskommunikation, Personalbereich,
Führungskräfte) aufeinander abgestimmte Sprachregelungen. Es wird genau definiert, wer welchen
Part in der internen und externen Kommunikation hat.
Einzelne Schlüsselpersonen werden im Rahmen von Einzel- oder Gruppengesprächen detailliert vorbereitet, wie sie kritische Situationen – z. B. die Präsentation des Fusionskonzeptes im Rahmen einer
Betriebsversammlung – bestmöglich meistern können. Das Skript wird in der Integrationsphase fortlaufend aktualisiert.
Fehler Nr. 2: Das Unternehmen durch ein
Stellenbesetzungsverfahren lähmen
Stellenbesetzungsverfahren bei Fusionen oder Umstrukturierungen bieten
massiven Zündstoff. Die ersten drei bis fünf Führungsebenen werden oft erst
einige Monate nach Ankündigung der Fusion definiert. Dies erzeugt Unsicherheit und Stress. Was passiert mit mir und meinem Arbeitsplatz?
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Woran Fusionen wirklich scheitern.
Was wird aus meinen Mitarbeitern? Werde ich meine begonnenen Projekte
fortführen können? Das Beschäftigen mit diesen Fragen vernichtet Leistung
und führt dazu, dass Unternehmen sich über Monate mit sich selbst beschäftigen – und als sichtbares Ergebnis als erstes die Kunden vernachlässigen. Die Besetzung der obersten Führungsebenen sollte deshalb idealerweise
nach 2 Monaten abgeschlossen sein. Spätestens nach drei Monaten sollte mit
jedem Mitarbeiter ein Gespräch über seine Zukunft im Unternehmen geführt
worden sein.
Beispiel aus der Beratungspraxis der SAAMAN AG:
Die Führungsauswahlkonferenz
Die Auswahl des passenden Besetzungsverfahrens ist eine der sensibelsten Entscheidungen in der
Integrationsphase. Eine Möglichkeit ist die von der SAAMAN AG vor mehreren Jahren entwickelte
Führungsauswahl-Konferenz. Das Verfahren ist auf höchstmögliche Effizienz bei gleichzeitig hoher
Durchsetzungsgeschwindigkeit ausgelegt. Pro Kandidat, der sich für eine ausgeschriebene Stelle bewirbt bzw. als möglicher Kandidat identifiziert wurde, beträgt die Zeitinvestition 3 Stunden. Enthalten
sind ein Pre-Meeting, Interview, Profilerstellung, Empfehlungen zur Besetzungsentscheidung sowie
ein Feedbackgespräch. Der Zeitrahmen des Projektverlaufs beträgt bei bis zu 500 Führungskräften
ca. 2 Monate.
Fehler Nr. 3: Widerstand ignorieren
Widerstand, Ängste, Verleugnungen etc. sind die ganz normale Begleitmusik
jedes Veränderungsprozesses. Auch Zusammenschlüsse scheitern nicht an
Widerständen, sondern am falschen Umgang mit ihnen. Die beiden häufigsten Fehler im Umgang mit Widerständen sind mangelnde Entschlossenheit
(möglichst niemandem wehtun wollen) und mangelnde Einfühlung (unnötige Härten bzw. Grobheiten im Vorgehen). Es sind selten die (vorgeschobenen) sachlichen Bedenken, die dem Widerstand hinterlegt sind. Es sind
fast immer egozentrierte Interessen oder begründete Ängste. Überzeugende
Sachargumente helfen deshalb nicht weiter.
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Beispiel aus der Beratungspraxis der SAAMAN AG:
Moderne Dialoggruppen
Ziel ist es, die Veränderungsbereitschaft der Teilnehmer positiv zu beeinflussen und ihnen den Umgang mit der eigenen Betroffenheit zu ermöglichen. Hierzu treffen sich Gruppen von 5-10 Personen,
die unter Moderation eines Beraters verschiedene Themen bearbeiten. Die zuständige Führungskraft
ist ebenfalls anwesend.
Die Dialoge folgen einem dreistufigen Konzept:
1. Vorgespräche des Moderators mit der Führungskraft zur Schaffung eines gemeinsamen Verständnisses bezüglich der Rolle der Führungskraft im Veränderungsdialog
2. Durchführung:
a. Stimmungsbild abfragen
b. Sachinformation zum Fusionsprozess, wenn notwendig
c. Moderierter Dialog Mitarbeiter-Führungskraft: Bedenken erörtern, Ängsten Raum geben, Mut machen, Verzerrungen in der Wahrnehmung aufzeigen, alternative
Denkmodelle anbieten; Mutmaßungen, Realitäten und Interpretationen voneinander
trennen etc.
c. Sammeln offener Fragen, Kommentare etc.
3. Auswertungsgespräch mit der Führungskraft und Beratung durch den Moderator
Fehler Nr. 4: Planlos vorgehen
Die meisten Unternehmen haben einen Plan, wie sie mit Sachfragen umgehen
werden. Es werden Projektstruktur-Organigramme gezeichnet, Lenkungsausschüsse besetzt und fachbereichsspezifische Arbeitsgruppen gebildet. Dennoch
gehen sie – zumindest aus Sicht der Mitarbeiter – planlos vor. Denn oft existiert
kein Konzept, wie – parallel zu den Sachfragen – mit den Hinter- und Untergründen der Psyche der beteiligten Personen umgegangen werden wird. Mitarbeiter spüren das. Dabei kann das Management noch so sehr beteuern, über
einen detaillierten Master-Plan zu verfügen, der eine sanfte und schmerzfreie
Umsetzung ermöglicht. Wenn jedoch zeitgleich aus Sicht der Mitarbeiter ihnen
persönlich wichtige Fragen nicht beantwortet werden können, ist die Glaubwürdigkeit der Unternehmensspitze dahin.
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Woran Fusionen wirklich scheitern.
Beispiel aus der Beratungspraxis der SAAMAN AG:
Das Change Radar
Über verschiedene Kanäle, wie z. B. eine Fusionshotline (Mail, Intranet, Tel.), Berichte von Führungskräften, Dokumentationen aus den Dialoggruppen und Rückmeldungen von Kunden werden
Fragen, Kommentare, Sorgen, Vorschläge, Meinungen, Bedenken und Wünsche von Mitarbeitern und
Führungskräften aufgenommen.
Diese werden von den Beratern der SAAMAN AG ausgewertet und interpretiert (Was ist echter Widerstand – was sind nachvollziehbare Bedürfnisse? Wo lauern Gefahren für den Erfolg des Prozesses?
Wo sind Einzelne oder ganze Gruppen überfordert?). Im Anschluss werden sie im Steuerungskreis
durchgesprochen. Das Ergebnis sind auf die Situation exakt abgestimmte Maßnahmen, wie z. B.
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Handlungsempfehlungen zu Präsenz und Kommunikation des Vorstands
Schnittstellen-Workshops zwischen einzelnen Bereichen
Schulung der Führungskräfte zum Umgang mit Konflikten und Krisen
Zentralbotschaften via Video-Clips oder Web-Video-Sessions
Einzelgespräche zwischen Mitarbeiter und Führungskraft, auf Wunsch begleitet durch ChangeModeratoren
• Standortspezifische Informationsveranstaltungen
• Großgruppenveranstaltungen mit Dialogteilen
• Gezielte Bearbeitung einzelner Themen im Rahmen von Strategieklausuren,
Führungskräfte-Treffen, etc.
Das Anspruchsvolle an Fusionsprozessen ist, dass trotz noch so guter Planung der Umgang mit Unvorhergesehenem zum Tagesgeschäft wird. Deshalb sind die genannten Lösungsvorschläge auch nur als beispielhafte Ansätze zu verstehen.
Kontakt:
Markus Zimmermann, Mitglied des Vorstands
SAAMAN AG
Munzinger Straße 5 a
79111 Freiburg
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Tel. +49 761-21680-0
Fax +49 761-21680-29
[email protected]
www.saaman.de
www.leistungskultur.eu